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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 20.07.2006
Aktenzeichen: 8 LC 12/05
Rechtsgebiete: ASO, GG, HKG, NVAG, VAG, VwGO, VwVfG


Vorschriften:

ASO § 12
ASO § 12 ff.
ASO § 12a
ASO § 12c
ASO § 28
ASO § 29
GG Art. 14 I
HKG § 12
HKG § 9
NVAG § 1
NVAG § 2
VAG § 54
VwGO § 113 V
VwVfG § 35
VwVfG § 43
1. § 12 c ASO i. V. m. §§ 12 a Abs. 1, 29 Abs. 2 ASO sind wegen Verstoßes gegen § 12 HKG unwirksam (siehe Senatsurteil vom 20.7.2006 - 8 LC 11/05 -).

2. Rentnern des Altersversorgungswerks der Zahnärztekammer Niedersachsen steht auch für das Jahr 2003 (vgl. für das Jahr 2004 das Senatsurteil vom 20.7.2006 - 8 LC 11/05 -) nur ein Anspruch auf Neubescheidung ihres Begehrens zu, eine höhere als die vom Leitenden Ausschuss beschlossene Rentenanpassung zu erhalten.


Tatbestand:

Der Kläger begehrt für das Jahr 2003 - ähnlich wie im Parallelverfahren 8 LC 11/05 bezogen auf das Jahr 2004 - die Zahlung einer Rentenanpassung in Höhe von 835,- EUR monatlich.

Dem 1925 geborenen Kläger wurde durch Bescheid vom 7. November 1990 eine (Grund-) Altersrente gemäß § 12 a der Alterssicherungsordnung für den Beklagten (ASO) in Höhe von 1.459,- DM (= 746,- EUR) bewilligt. Hinzu kamen bis zum Jahr 2002 jährlich erhöhte Rentenanpassungen, und zwar anfänglich im Jahr 1990 in Höhe von 978,- DM (= 501,- EUR) und zuletzt im Jahr 2002 in Höhe von 835,- EUR monatlich. Der Kläger erhielt somit für das Jahr 2002 eine Gesamtaltersversorgungsleistung in Höhe von 1.581,- (746,- + 835,-) EUR.

Der Leitende Ausschuss des Beklagten fasste am 23. November 2002 einen Beschluss zur Rentenanpassung gemäß § 12 c ASO für das Jahr 2003. Danach waren "die laufenden Renten im Jahr 2003 mit 90 % der Sätze anzupassen, um die die Nominalrenten im Jahr 2002 angehoben" worden waren, d.h. der Rentenanpassungsbetrag für 2003 war um 10% niedriger als der im Jahr 2002 geleistete Betrag. Das Aufsicht führende Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr genehmigte diesen Beschluss mit Schreiben vom 12. Dezember 2002.

90% des "Satzes" von 835,- EUR, um den die "Nominalrente" des Klägers im Jahr 2002 angehoben worden war, ergaben 752,- EUR als Rentenanpassung für 2003. Unter Einbeziehung der "Nominalrente" von 746,- EUR setzte der Beklagte deshalb mit Bescheid vom 16. Dezember 2002 den (Gesamt-)Rentenbetrag des Klägers für das Jahr 2003 auf 1.498,- EUR fest. Hiergegen legte der Kläger am 16. Januar 2003 Widerspruch ein, der durch Bescheid der Zahnärztekammer Niedersachsen vom 28. April 2003, zugestellt am 2. Mai 2003, zurückgewiesen wurde.

Der Kläger hat daraufhin am 2. Juni 2003 den Verwaltungsrechtsweg beschritten. Seine Klage hat er im Wesentlichen auf die auch im Parallelverfahren 8 LC 11/05 zur Rentenanpassung im Jahr 2004 vorgetragenen Argumente gestützt, dass nämlich eine Rentenkürzung, wie sie hier im Ergebnis erfolgt sei, schon grundsätzlich unzulässig sei. Bezogen auf die speziellen Verhältnisse im Jahr 2003 ist ergänzend geltend gemacht worden, dass die genauen Gründe für die Kürzung um 10 % nicht nachvollziehbar seien. Wenn nach dem vom Beklagten geltend gemachten Erkenntnisstand des Leitenden Ausschusses bei seiner Beschlussfassung im November 2002 auch ohne weitere Zinsüberschüsse bis zum Jahr 2007 Mittel für eine Rentenanpassung vorhanden gewesen seien, so stelle sich die Frage, welche Veränderung zu der dramatischen Lage zum Jahresende 2003 geführt habe.

Der Kläger hat beantragt,

den Rentenbescheid des Beklagten vom 16. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Zahnärztekammer Niedersachsen vom 28. April 2003 aufzuheben, soweit die monatliche Rentenanpassung für das Jahr 2003 auf 752,- EUR festgesetzt worden ist, und den Beklagten zu verpflichten, den Betrag für die Rentenanpassung für das Jahr 2003 auf 835,- EUR festzusetzen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich des Vorbringens zu den allgemeinen Voraussetzungen für die Gewährung der Rentenanpassung wird ebenfalls auf die Ausführungen des Beklagten in dem Parallelverfahren 8 LC 11/05 Bezug genommen. Zu seiner wirtschaftlichen Lage im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Leitenden Ausschusses im November 2002 hat der Beklagte ergänzend vorgetragen: Nach der Berechnung des Versicherungsmathematikers wären die Rentenanpassungen in der beschlossenen Höhe bis zum Jahr 2007 abgesichert gewesen. Denn die bis zum Jahr 2002 für die Rentenanpassung aufgebaute Rücklage in Höhe von 75 Millionen EUR hätte bereits ohne weitere Überschüsse ausgereicht, um die Rentenanpassung in Höhe von jährlich etwa 13 Millionen EUR mehrere Jahre lang zu finanzieren. Zudem habe die durchschnittliche Nettorendite im Jahr 2001 noch über 5 % gelegen. Ungeachtet dessen sei eine Absenkung der Rentenanpassung um 10 % erfolgt, um die in die versicherungsmathematische Bilanz für das Jahr 2001 noch nicht eingeflossenen mutmaßlichen "Mitnahmeeffekte" durch missbräuchliche Inanspruchnahme einer Berufsunfähigkeitsrente abzudecken. Im Übrigen habe sich nach Kenntnis der Zahlen über das Wirtschaftsjahr 2002 gezeigt, dass die aufgezeigte Einschätzung der wirtschaftlichen Lage des Beklagten durch den Leitenden Ausschuss im November 2002 noch zu positiv gewesen sei. Rapide Kursabfälle auf dem Aktienmarkt für das Jahr 2002 hätten zu einem erhöhten Abschreibungsbedarf geführt. Deshalb habe die versicherungstechnische Rückstellung von 75 Millionen EUR zum Jahresende 2001 auf 14,4 Millionen EUR zum Jahresende 2002 reduziert werden müssen. In Kenntnis dieser Marktentwicklung und unter Berücksichtigung des Gebotes der langfristigen Planung gemäß § 12 c Abs. 3 ASO wäre es daher sogar gerechtfertigt gewesen, die Rentenanpassung bereits im Jahr 2003 noch stärker als tatsächlich erfolgt zu kürzen, um einen erträglichen Übergang zu gewährleisten.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 15. Dezember 2004 abgewiesen. Es ist davon ausgegangen, dass dem Leitenden Ausschuss bei seiner nach § 12 c Abs. 2 ASO zu treffenden Entscheidung über die Höhe der jährlichen Rentenanpassung ein sog. Beurteilungsspielraum zustehe, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden könne. Die zukünftige Entwicklung der finanziellen Verhältnisse des Versorgungswerks einschließlich der Risikoermittlung und -bewertung erfordere in einem so erheblichen Maße wertende und zukunftsbezogene Entscheidungen, dass es nicht nur eine richtige, von den Gerichten eventuell festzustellende Entscheidung für die jährliche Beschlussfassung geben könne. Unter Berücksichtigung dieses Prüfungsansatzes seien Fehler bei der Beschlussfassung des Leitenden Ausschusses über die Festsetzung der Rentenanpassung für das Jahr 2003 nicht zu erkennen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht u. a. auf die wirtschaftliche Lage des Beklagten Bezug genommen, wie sie sich aus dem versicherungsmathematischen Gutachten von Breith/Velten nach dem Stand zum Jahresende 2002 ergeben habe.

Nach Zustellung dieses Urteils am 27. Dezember 2004 hat der Kläger fristgerecht die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und fristgerecht beim erkennenden Gericht begründet. Über die allgemeinen, nicht spezifisch auf die Verhältnisse des Beschlussjahres 2003 bezogenen Ausführungen hinaus rügt der Kläger, dass der Leitende Ausschuss bei der Beschlussfassung über die Rentenanpassung für das Jahr 2003 nicht nachprüfbar angegeben habe, von welcher Leistungsfähigkeit des Beklagten ausgegangen worden sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 5. Kammer - vom 15. Dezember 2004 zu ändern, den Bescheid des Beklagten vom 16. Dezember 2002 und den Widerspruchsbescheid der Zahnärztekammer Niedersachsen vom 28. April 2003 aufzuheben, soweit darin die monatliche Rentenanpassung für das Jahr 2003 auf 752,- EUR festgesetzt worden ist, und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger für das Jahr 2003 eine Rentenanpassung in Höhe von 835, - EUR monatlich zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Berufungsbegründung auch in diesem Verfahren schon für unzureichend, jedenfalls aber in der Sache nicht für durchschlagend. Der Leitende Ausschuss habe gerade unter Berücksichtigung der für ihn maßgebenden Kriterien, d. h. insbesondere unter Einbeziehung der Entwicklung auf dem Kapitalmarkt, die Rentenanpassung im Jahr 2003 um 10 % gekürzt, um wirtschaftlichen Schaden vom Beklagten abzuwenden und die Zahlung der Grundleistungen auf Dauer zu gewährleisten. Trotzdem habe er nicht verhindern können, dass die Rentenanpassung im Jahr 2004 auf Null habe reduziert werden müssen. In einen grundrechtlich durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Besitzstand hinsichtlich der im Jahr 2002 erreichten Rentenanpassungshöhe sei nicht eingegriffen worden. Diese Leistungen seien für den Kläger erkennbar immer auf ein Jahr befristet gewesen und unterfielen daher für das Folgejahr nicht dem Eigentumsschutz gemäß Art. 14 Abs. 1 GG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der Beiakten in diesem Verfahren und im Parallelverfahren 8 LC 11/05 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere aus den bereits im Parallelverfahren 8 LC 11/05 angeführten und vorliegend entsprechend geltenden Gründen auch hinreichend gemäß § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO begründet worden. Die Berufung ist teilweise auch begründet, im Übrigen aber unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat zwar das vorrangige Begehren des Klägers, ihm für das Jahr 2003 eine Rentenanpassung in Höhe von 835, - EUR monatlich zu bewilligen, zu Recht abgewiesen (1.). Dem darin enthaltenen (Hilfs-)Begehren des Klägers, über die Höhe der Rentenanpassung für das Jahr 2003 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, ist hingegen unter Änderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu entsprechen (2.).

1.1 Dem Kläger steht nicht bereits unabhängig von der sich aus der Alterssicherungsordnung und sonstigem höherrangigen Recht ergebenden Rechtslage aus einem bestandkräftigen und wirksamen Bescheid ein Anspruch auf die geltend gemachte Rentenanpassung in Höhe von 835, - EUR für das Jahr 2003 zu. Insoweit käme allenfalls ein Anspruch aus der "Mitteilung an alle Rentenempfänger" vom Dezember 2001 an ihn in Betracht. Danach steht ihm ein Rentenbetrag einschließlich der Anpassung in Höhe von 1.581,- EUR monatlich zu. Darin ist eine Rentenanpassung in der hier geltend gemachten Höhe von 835,- EUR enthalten. Es ist schon sehr fraglich, ob es sich bei dieser Mitteilung um einen Bescheid handelt, der allein Grundlage für ein entsprechendes Begehren des Klägers sein könnte. Diese Frage braucht aber nicht geklärt zu werden. Denn ein solcher Bescheid hätte sich jedenfalls aus den bereits im Parallelverfahren 8 LC 11/05 dargelegten Gründen mit dem Ablauf des Jahres 2002 erledigt, wäre also unwirksam geworden. Er kann daher nicht mehr Grundlage für das vorliegende, auf das Jahr 2003 bezogene Begehren des Klägers sein.

1.2 Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf eine höhere als die ihm für das Jahr 2003 bewilligte Rentenanpassung ebenso wenig gemäß § 12 c ASO zu.

Dass ihm für das Jahr 2003 eine Rentenanpassung in Höhe von "nur noch" 752,- EUR bewilligt worden ist, beruht auf Ziffer 2 des Beschlusses des Leitenden Ausschusses vom 23. November 2002 i. V. m. § 12 c Abs. 2 ASO. Danach war seine laufende Rente im Jahr 2003 um 90 % des Satzes anzupassen, um den seine Nominalrente im Jahr 2002 angehoben worden war. Seine Nominalrente war im Jahr 2002 um 835,- EUR angehoben worden. 90 % hiervon betragen (aufgerundet) 752,- EUR. Ein Betrag in dieser Höhe ist ihm bewilligt worden. Somit steht die Höhe der ihm für das Jahr 2003 bewilligten Rentenanpassung im Einklang mit dem Beschluss des Leitenden Ausschusses vom 23. November 2002. Dies wird vom Kläger auch nicht bestritten.

Soweit er geltend macht, dieser Beschluss sei rechtswidrig, kann ihm nicht gefolgt werden. Zunächst ergebe sich daraus schon nicht die offenbar von ihm gezogene Schlussfolgerung, dass ihm nämlich bei Rechtswidrigkeit des vorgenannten Beschlusses ein Anspruch auf eine Rentenanpassung mindestens in Höhe des im Jahr 2002 bewilligten Satzes zustehe. Vielmehr bedürfte es dazu gemäß § 12 c ASO eines entsprechend lautenden Beschlusses des Leitenden Ausschusses. Einen solchen Beschluss gibt es aber nicht. Außerdem ist der Beschluss vom 23. November 2002 gemessen an § 12 c ASO jedenfalls auch nicht zu Lasten des Klägers rechtswidrig gewesen. Vielmehr spricht aus den nachfolgenden Gründen mehr dafür, dass der für das Jahr 2003 beschlossene Rentenanpassungssatz von 90% des Vorjahreswertes noch zu hoch gewesen ist.

Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 1. Februar 2005 (- 8 ME 324/04 -, NdsRpfl 2005, 127) und ergänzend mit Urteil vom heutigen Tag im Parallelverfahren 8 LC 11/05 ausgeführt hat, setzt die Gewährung einer Rentenanpassung nach § 12 c ASO die Leistungsfähigkeit des Beklagten voraus. Bei mangelnder Leistungsfähigkeit darf keine Rentenanpassung gemäß § 12 c Abs. 1 ASO erfolgen. Ob und ggf. in welchem Umfang der Beklagte "leistungsfähig" ist, hat der Leitende Ausschuss bei seiner Beschlussfassung nach den ihm vorliegenden aktuellen Erkenntnissen zu beurteilen. Grundsätzlich ist dazu auf den aktuellen, nämlich auf den Jahresabschluss des Vorjahres zurückzugreifen. Dies war im Zeitpunkt der Beschlussfassung im November 2002 der damals bereits vorliegende und zeitlich parallel von der Kammerversammlung nach § 3 Abs. 2 ASO gebilligte Jahresabschluss für das Jahr 2001. Er wies zum Jahresende 2001 eine "sonstige versicherungstechnische Rückstellung" in Höhe von über 75 Millionen EUR aus. Danach wäre eine zur Finanzierung von Rentenanpassungen in zumindest unverminderter Höhe grundsätzlich hinreichende Leistungsfähigkeit des Beklagten anzunehmen gewesen. Denn die für die Rentenanpassung erforderlichen Beträge betrugen, wenn auch mit steigender Tendenz, zuletzt (2001) etwa 13 Millionen EUR jährlich.

Bei dieser Betrachtungsweise würde allerdings übersehen, dass der Jahresabschluss aus dem Vorjahr die aktuellen Verhältnisse des Beklagten im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Leitenden Ausschusses im November 2002 bereits nicht mehr hinreichend wiedergab. Nach den Ausführungen des Finanzsachverständigen Mund (wiedergegeben in den Zahnärztlichen Nachrichten Niedersachsen 2003, Heft 12, S. 9) hatte nämlich der Einbruch der Aktienkurse im Jahr 2002 bereits zum Ende Oktober 2002, d.h. im Monat vor der Beschlussfassung des Leitenden Ausschusses, bei den vom Beklagten gehaltenen Wertpapierspezialfonds zu einem Abschreibungsbedarf in Höhe von 44 Millionen EUR geführt. Bedingt durch den im letzten Quartal des Jahres 2002 noch fortschreitenden Verlust an den Aktienmärkten hat sich der Abschreibungsbedarf danach um weitere 7 Millionen erhöht. Diese Entwicklung durfte der Leitende Ausschuss bei der Beschlussfassung im November 2002 nicht außer Acht lassen. Denn er hat gemäß § 12 c Abs. 2 und 3 ASO langfristig zu planen. Dies schließt es ein, eine im laufenden Jahr erfolgte, ganz erhebliche Verschlechterung der Leistungsfähigkeit bei der Beschlussfassung über die Rentenanpassung für das Folgejahr mit zu berücksichtigen, auch wenn insoweit mangels Vorliegens des förmlichen Jahresabschlusses noch keine sichere abschließende Beurteilung möglich ist. Die vorgeschriebene langfristige Planung gebietet es außerdem, dass Mittel für eine zu beschließende Rentenanpassung voraussichtlich noch deutlich länger als für ein Jahr vorhanden sind bzw. wieder sein werden. Andernfalls müsste nämlich im darauf folgenden Jahr mangels Leistungsfähigkeit die Rentenanpassung ausgesetzt oder zumindest stark eingeschränkt werden; dies stünde aber im Widerspruch zu der Zielvorgabe des § 12 c Abs. 3 Satz 2 ASO.

Der Leitende Ausschuss durfte deshalb bei seiner Beschlussfassung im November 2002 nicht mehr davon ausgehen, dass ihm eine sonstige versicherungstechnische Rückstellung in Höhe von 75 Millionen Euro für die Gewährung von Rentenanpassungsleistungen zur Verfügung steht. Vielmehr musste er zu diesem Zeitpunkt bereits mit der Entwicklung rechnen, die dann zum Jahresende auch eingetreten ist. Bedingt durch den hohen Abschreibungsbedarf für die vom Beklagten gehaltenen Wertpapierspezialfonds kam es nämlich zu einer negativen Nettokapitalrendite. Deshalb und zum Ausgleich der zuvor noch nicht berücksichtigten Risiken der Regeln über die Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente musste die Deckungsrückstellung für die Grundleistungen aus Mitteln der sonstigen versicherungstechnischen Rückstellung um insgesamt über 61 Millionen EUR aufgefüllt werden. Aus dieser Rückstellung standen deshalb nur noch die Mittel für den Bedarf der ohnehin schon abgesenkten Rentenanpassung des Jahres 2003 zur Verfügung.

Bei dieser Sachlage ist es gerichtlich nicht zu beanstanden, dass der Leitende Ausschuss in Ausübung des ihm - aus den zutreffend vom Verwaltungsgericht genannten Gründen - zustehenden und verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums keine höhere Rentenanpassung als erfolgt beschlossen hat. Näher liegend ist vielmehr die Annahme, dass die Kürzung noch stärker als erfolgt hätte ausfallen können und ggf. auch müssen, um im Folgejahr 2004 ein vollständiges Ausfallen der Rentenanpassung verhindern zu können. Ob und in welchem Umfang dies geboten gewesen ist, kann vorliegend dahinstehen. Denn hierauf kommt es für das Begehren des Klägers, im Jahr 2003 eine höhere als die ihm bewilligte Rentenanpassung zu erhalten, nicht an.

1.3 Ebenso wenig findet das klägerische Begehren seine Rechtsgrundlage unmittelbar in Art. 14 Abs. 1 GG, wie dies dem Kläger vorschwebt. Zwar ist anerkannt, dass unter dem Geltungsbereich des Grundgesetzes durch Eigenleistungen erworbene Rentenansprüche und - anwartschaften Eigentumsschutz genießen (vgl. zuletzt BVerfG, Beschl. v. 13.6.2006 - 1 BvL 9/00 -, Nds. MBl. 2006, 706, m. w. N.). Hierum geht es vorliegend aber nicht. Die eigentumsrechtlich geschützte (Grund-)Altersrente des Klägers gemäß § 12 a ASO bleibt vielmehr unangetastet. Der weitergehende, hier streitige Anspruch auf Anpassung einer solchen (Grund-)Altersrente eines berufsständischen Versorgungswerks kann hingegen nicht unmittelbar auf Art. 14 Abs. 1 GG gestützt werden, sondern bedarf nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einer landesrechtlichen Regelung (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.9.2005 - 6 C 3.05 -, NJW 2006, 711 ff., m. w. N.). Dem HKG, insbesondere dessen § 12, lässt sich nicht entnehmen, dass ein berufsständisches Versorgungswerk seinen Pflichtmitgliedern zwingend, d.h. unabhängig von der - hier jedenfalls für die vom Kläger geltend gemachte Höhe der Rentenanpassung fehlenden - Leistungsfähigkeit, dynamisierte Rentenleistungen zu erbringen habe. Erst recht enthält es keinen Maßstab für eine solche Anpassung. Dass § 12 HKG dem Satzungsgeber zumindest für die Wahl des Finanzierungssystems eines berufsständischen Versorgungswerks insoweit Grenzen setzt und ihm dabei das Ziel vorgibt, möglichst einen Inflationsausgleich zu erreichen (vgl. Senatsurteil vom heutigen Tag im Parallelverfahren 8 LC 11/05), reicht hingegen nicht aus. Ebenso wenig enthält § 12 c ASO die notwendige landesrechtliche Rechtsgrundlage für einen eigentumsrechtlich verfestigten Anspruch auf eine Rentenanpassung. Danach ist die Rentenanpassung vorrangig gerade von der Leistungsfähigkeit des Beklagten abhängig. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage auch wesentlich von der im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung, in der sich die Entwicklung der Rentenhöhe gemäß § 68 SGB VI bestimmt (vgl. zu der Frage, inwieweit der Eigentumsschutz eine Anpassung der gesetzlichen Rente umfasst, die Nachweise bei Bredt, DVBl. 2006, 871 - 873).

Im Übrigen würde sich ein aus Art. 14 Abs. 1 GG abgeleiteter Anspruch auf Rentenanpassung ohnehin nur auf den Werterhalt der Rente richten, nicht aber auf den Erhalt darüber hinausgehender Überschüsse. Dem Kläger ist im Jahr 2003 eine Rentenanpassung bewilligt worden, die mit 752, - EUR noch über die Höhe seiner (Grund-)Altersrente in Höhe von 746,- EUR hinausging. Die Lebenshaltungskosten sind seit seinem Rentenbezugsbeginn im Jahr 1990 bis zum Jahr 2003 um knapp ein Drittel gestiegen, ein etwaiger inflationsbedingter Wertverlust der (Grund-)Altersrente des Klägers ist also in jedem Fall durch die Höhe der ihm im Jahr 2003 gewährten Rentenanpassung ausgeglichen worden. Dem Kläger stünde deshalb auch bei der Annahme, nach Art. 14 Abs. 1 GG sei der reale Wert der bei Eintritt in den Ruhestand gewährten Grundrente zu wahren, für das Jahr 2003 kein weitergehender Anspruch auf Rentenanpassung zu.

Der Beklagte hat alle seine Mitglieder, auch den Kläger, seit 1988 jährlich über die von ihnen erworbenen Anwartschaften sowie bei Renteneintritt darüber informiert, dass die Fortzahlung der Rentenanpassung in den Folgejahren nicht garantiert ist, sondern langfristig von der Erzielung weiterer Überschüsse abhängt. Der Kläger kann sich deshalb auch nicht auf ein nach Art. 14 Abs. 1 GG schutzwürdiges Vertrauen darauf berufen, dass ihm auch im Jahr 2003 eine Rentenanpassung mindestens in Höhe der Leistung des Jahres 2002, d.h. in Höhe von 835,- EUR gezahlt wird.

Eine andere Rechtsgrundlage für das klägerische Begehren ist nicht ersichtlich. Das Verwaltungsgericht hat daher die Verpflichtungsklage zu Recht abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers ist zurückzuweisen.

2. Dem Kläger steht jedoch ein Anspruch auf Neubescheidung seines Rentenanpassungsbegehrens zu. Der Senat bezieht dabei die in § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO enthaltene Verpflichtung einer Behörde, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, nicht nur auf den Fall, dass dem Beklagten unmittelbar ein Ermessen oder ein Beurteilungsspielraum beim Erlass eines Verwaltungsaktes zusteht, von dem bislang noch nicht sachgerecht Gebrauch gemacht worden ist. Nach Ansicht des Senats umfasst § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO vielmehr auch den Fall, dass auf den Erlass eines Verwaltungsaktes geklagt wird, der auf einer - bislang fehlenden - untergesetzlichen Ermächtigungsnorm beruht, für deren Erlass dem untergesetzlichen Normgeber ein Gestaltungsspielraum zusteht. Die danach bestehenden Voraussetzungen für einen Anspruch des Klägers auf Neubescheidung sind hier gegeben.

Dem Kläger steht als Altersrentner des Beklagten aus den im Urteil vom heutigen Tag im Parallelverfahren 8 LC 11/05 genannten Gründen ein Anspruch darauf zu, dass über die Höhe seiner Rentenanpassung auch für das Jahr 2003 erneut durch einen als Verwaltungsakt zu qualifizierenden Bescheid entschieden wird. Zuvor hat die Kammerversammlung der Zahnärztekammer Niedersachsen anstelle des spätestens seit dem Jahr 2003 unwirksamen § 12 c ASO i. V. m. §§ 12 a Abs. 1 und 29 Abs. 2 ASO ein geändertes wirksames Finanzierungssystem zu beschließen und auf der Grundlage dieser "Systementscheidung" auch zu entscheiden, welche Bestimmungen rückwirkend für die Rentengewährung einschließlich der Rentenanpassung ab dem Jahr 2003 gelten sollen.

Die im Urteil vom heutigen Tag im Parallelverfahren 8 LC 11/05 genannten Gründe für die Unwirksamkeit des § 12 c ASO i. V. m. §§ 12 a Abs. 1 und 29 Abs. 2 ASO gelten auch für das hier streitige Jahr 2003. Der Senat hat zur Begründung ausgeführt, dass nach § 12 HKG ein bewährtes Finanzierungssystem gewählt werden muss, das nach den bisherigen Erfahrungen die Versorgung der Berechtigten sicherstellt. Die gebotene Sicherstellung schließt es ein, Kaufkraftverluste einer einmal gewährten Rente möglichst auszugleichen, d.h. möglichst den Realwert der Rente aufrechtzuerhalten. Soweit dazu auch auf die erst mit Wirkung ab dem 19. Dezember 2003 durch Gesetz von 11. Dezember 2003 (GVBl. S. 419) eingeführte Fassung des § 12 HKG und die Entstehungsgeschichte dieser Gesetzesänderung abgestellt worden ist, ergibt sich für das hier maßgebende Jahr 2003 keine abweichende Beurteilung der Rechtslage. Aus der Begründung des zu Grunde liegenden Gesetzentwurfes (LT-Drs. 15/355, S. 12 f.) folgt nämlich, dass diese Rechtsänderung vorrangig zur Wahrung des Gesetzesvorbehaltes erging. Damit sollten bereits zuvor geltende, ungeschriebene Vorgaben für den Satzungsgeber kodifiziert werden. Hingegen ist nicht ersichtlich, dass dessen Gestaltungsspielraum in den hier maßgebenden Bereichen erstmals mit Wirkung ab dem 1. Januar 2004 eingeengt werden sollte. Andernfalls wäre die Initiative zur Gesetzesänderung kaum von den betroffenen Kammern selbst als Satzungsgeber ausgegangen. Das in § 12 c ASO i. V. m. §§ 12 a Abs. 1 und 29 Abs. 2 ASO zum Ausdruck kommende Finanzierungssystem des Beklagten litt jedoch schon seit seiner Einführung an den aufgezeigten Systemmängeln. Seine Bewährung ist auch in den Jahren bis 2002 nicht eingetreten, so dass es auch für das hier maßgebliche Jahr 2003 nicht als "bewährt" angesehen werden kann. Diese mangelnde Bewährung hat die Unwirksamkeit des § 12 c ASO i. V. m. §§ 12 a Abs. 1 und 29 Abs. 2 ASO zur Folge.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Zwar kommt dem Rechtsstreit hinsichtlich der entscheidungserheblichen Frage, welches Finanzierungssystem ein berufsständisches Versorgungswerk in Niedersachsen wählen darf, grundsätzliche Bedeutung zu. Die maßgebende Antwort hieraus ergibt sich nach den vorstehenden Ausführungen jedoch aus § 12 HKG als Landesrecht und nicht - wie für die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erforderlich - aus Bundesrecht.

Ende der Entscheidung

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