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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 18.06.2009
Aktenzeichen: 8 LC 9/07
Rechtsgebiete: HPG, Nds SOG


Vorschriften:

HPG § 1
Nds SOG § 11
Synergetik-Therapeuten bzw. -profiler üben (unerlaubt) Heilkunde i. S. d. § 1 Heilpraktikergesetzes aus.
Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob es sich bei der Ausübung der sog. Synergetik-Therapie und des sog. Synergetik-Profiling um eine heilkundliche und damit erlaubnispflichtige Tätigkeit im Sinne des Heilpraktikergesetzes handelt. Begründer der Synergetik-Therapie und des Synergetik-Profiling ist der Kläger im Parallelverfahren mit dem Aktenzeichen 8 LC 6/07. Basis dieser Methoden sei die Synergetik-Theorie zur mathematischen Beschreibung der Selbstorganisation makroskopischer Systeme von Hermann Haken. Dessen Erkenntnisse seien auf die Selbstorganisationsfähigkeit der Psyche in Tiefenentspannung übertragbar. Dem Klienten werde es durch eine Veränderung der neuronalen Informationsstruktur ermöglicht, seine Selbstheilungskräfte aktiv zu mobilisieren. Begleitet durch den Therapeuten solle sich der Klient im Rahmen einer sog. Innenweltreise auf seine Bilderwelt einlassen, die vorgefundene Energie nutzen und so die notwendige Energie zur Erreichung des "Kipppunktes für eine Symetriebrechung " aufbauen, die dann als Selbstorganisationsprozess in einer Neustrukturierung auf höherer Ebene münde. Jeder könne so in seiner Innenwelt aufräumen und dadurch in Eigenleistung Selbstheilung als neue stabile Ordnung erzeugen. Die Synergetik-Methode sei Anleitung zur Selbstheilung bei nahezu allen seelischen und körperlichen Krankheiten, auch bei Krebs. Heilung müsse also nicht durch die Symptombekämpfung, sondern als Ergebnis einer aktiven Bewältigungsarbeit im Inneren des Klienten durch ihn selbst vorgenommen werden. Nach den ursprünglichen Angaben auch der Klägerin aus dem Jahr 2004 liege der Unterschied zwischen der Synergetik-Therapie und dem Synergetik-Profiling in der Fragestellung. Die Therapie betone eher den Selbstheilungsprozess, das Profling das Auffinden der Informationsstruktur. Die Klägerin sei für beide Tätigkeiten ausgebildet, vertrete hier aber die Berufsgruppe der Therapeuten.

Die nach ihren Angaben im D.-Kreis wohnhafte und überwiegend dort beruflich tätige Klägerin eröffnete zum Jahresbeginn 2004 im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten ein sog. Informationscenter, in dem durch die Klägerin und den Kläger im Parallelverfahren (8 LC 6/07) sowohl Synergetik-Therapie als auch Synergetik-Profiling angeboten wurden.

Der Beklagte untersagte der Klägerin mit Bescheid vom 8. Januar 2004 unter Androhung eines Zwangsgeldes von 5.000 € die selbständige Ausübung der Synergetik-Therapie und des Synergetik-Profling, forderte sie auf, das in E. befindliche Hinweisschild auf die Synergetik-Therapie-Praxis zu entfernen und die Angebote für die Durchführung der Synergetik-Therapie im Internet zu löschen. Der Bescheid wurde für sofort vollziehbar erklärt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin durch ihre Tätigkeit gegen § 1 des Heilpraktikergesetzes (HPG) verstoße, weil sie eigenverantwortlich Heilkunde ausübe, ohne im Besitz einer ärztlichen Approbation oder einer Heilpraktikererlaubnis zu sein. Vorliegend werde Heilkunde ausgeübt. Erstens gebe es für die im Rahmen der Synergetik-Sitzungen durchgeführte Tiefenentspannung Kontraindikationen; so komme es akut zu schwersten psychischen Veränderungen und Krisensituationen, ggf. auch zu Notfällen bei körperlichen Erkrankungen wie Asthma oder Diabetes. Da nach den Angaben, die zur Ausbildung von Synergetik-Therapeuten verwandt werden, 17% der Klienten körperlich und 26 % psychisch krank seien, bedürfe es zur Verhinderung entsprechender Gefahren sowohl vor als auch während der Therapie einer fachkundigen Ausschlusskontrolle, zu der die Klägerin mangels Vorbildung außer Stande sei. Zweitens werde der Eindruck erweckt, mit den angewandten Methoden sei nahezu jede Krankheit heilbar und folglich der Besuch eines Arztes überflüssig. Da die Klägerin somit in ihrer Praxis in E. zu Unrecht Heilkunde ausübe, sei deren Betrieb einzustellen und das Praxisschild zu entfernen.

Auf den von der Klägerin am 15. Januar 2004 eingelegten Widerspruch hob die Bezirksregierung F. den Ausgangsbescheid insoweit auf, als der Klägerin die Löschung im Internet aufgegeben worden war, und wies am 15. April 2004 ihren Widerspruch im Übrigen unter Vertiefung der Begründung des angefochtenen Bescheides zurück. Dabei wurde die umstrittene Synergetik-Methode als ein psychotherapeutisches Verfahren eingestuft, das fließende Übergänge zur hypnotischen Induktion enthalte. Es ähnele sehr dem sog. "katathymen Bilderleben". Ohne fachkundige Begleitung könne es dabei zu massiven Komplikationen bis hin zum Auftreten von psychischen Schüben, d.h. zu unmittelbaren Schäden kommen. Die Durchführung der Synergetik-Therapie bzw. des Synergetik-Profiling verursache aber auch mittelbare Gesundheitsgefahren, indem - auch in dem von der Klägerin verwendeten Informationsblatt - Hintergrundauflösung durch Synergetik-Therapie statt Bekämpfung der Krankheit (z. B. durch Ärzte) empfohlen werde. Dementsprechend würden aus synergetischer Sicht die mit etwaigen Nebenwirkungen verbundenen schulmedizinischen Behandlungen nicht nur als unnötig, sondern als schädlich angesehen werden. Diese Gefahr werde noch dadurch erhöht, dass der Anspruch auf Selbstheilung nahezu aller Krankheiten erhoben werde.

Die Klägerin wandte sich in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung. Zur Begründung nahm sie u. a. Bezug auf ein zur Information ihrer "Klienten" verwendetes Merkblatt nach dem Stand vom September 2002, die Angaben von Teilnehmern sowie umfangreiche Ausdrucke von Eigendarstellungen im Internet. Weiterhin wurde eine Stellungnahme von G. vom 19. März 2003 vorgelegt und zu den wahren Ursachen von Krebserkrankungen auf die Erklärungen von H. verwiesen. Die Klägerin betonte nochmals, lediglich einen Selbstheilungsprozess einzuleiten. Damit sei keine Gefahr verbunden. Entsprechende Schadensfälle habe es nicht gegeben. Der Beklagte berief sich u. a. auf eine Stellungnahme von I. vom 27. Juni 2003. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes blieb - soweit hier noch streitig - in erster Instanz erfolglos (vgl. Beschluss des VG Braunschweig vom 13. Februar 2004 - 5 B 7/04 -). Auf die Beschwerde der Klägerin stellte der Senat mit Beschluss vom 27. Mai 2004 (- 8 ME 41/04 -) die aufschiebende Wirkung auf Grund einer Interessenabwägung wieder her. Es sei nicht hinreichend geklärt, ob für die Ausübung der Synergetik-Therapie bzw. des Synergetik- Profiling medizinische Fachkenntnisse erforderlich seien. Kontraindikationen seien bislang nicht hinreichend nachgewiesen. Ebenso wenig offensichtlich seien mittelbare Gefahren zu besorgen, da nach den Angaben der Klägerin die Klienten vor Beginn der Tätigkeit auf die Zusammenarbeit mit dem Arzt ihres Vertrauens hingewiesen würden. Außerdem werde die Gefahr, notwendige ärztliche Hilfe zu versäumen, eher vergrößert, wenn die Synergetik-Therapie als Teil der Berufsausübung von Heilpraktikern angesehen werde.

Am 22. April 2004 hat die Klägerin auch in der Hauptsache den Verwaltungsrechtsweg beschritten. In Ausübung der Synergetik-Methode würden weder Suggestionen vorgenommen noch erfolge eine Hypnose. Insoweit werde auf eine Stellungnahme des - an einem Institut für Pädagogik der Naturwissenschaften tätigen - Psychologen J. vom 8. Februar 2005 Bezug genommen. Üblicherweise seien alle Klienten in ärztlicher Behandlung. Auf das Verhältnis zu Herrn H. angesprochen hat die Klägerin angegeben, dessen Ansatz zu teilen, dass eine Krebserkrankung konfliktbedingt sei. Im Gegensatz zu Herrn H. setze die Synergetik allerdings nicht auf natürliche Heilkräfte, sondern fordere den Klienten auf, selbst etwas gegen die Krankheit zu tun. Den Vorwurf, nur mit bestimmten Ärzten zusammenzuarbeiten, weise sie ebenso wie die Annahme zurück, die Synergetik-Therapie sei darauf ausgerichtet, schulmedizinische Behandlungen zu verhindern. Beschwerden von ehemaligen Ausbildungsteilnehmern seien auf deren persönliches Scheitern zurückzuführen und enthielten unzutreffende bzw. verzerrte Darstellungen. Ergänzend zum klägerischen Vorbringen sind Schreiben von K., Psychologischer Psychotherapeut, vom 22. August 2006 sowie vom 25. Oktober 2006 und eine undatierte Stellungnahme von L., Jurist, vorgelegt worden. M. hat mit Schreiben vom 11. August 2004 eine Gutachtenerstellung abgelehnt. Ihm erscheine die Umsetzung der Synergetik in die auch von der Klägerin befürworteten Formen der Therapie und Selbsterfahrung höchst zweifelhaft.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 8. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung F. vom 15. April 2004 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat unter Auseinandersetzung mit dem Senatsbeschluss vom 27. Mai 2004 zur Verteidigung seines Bescheides vorgetragen, dass die Einstufung der Synergetik-Therapie als suggestives Verfahren von N. stamme, der als Amtsarzt im Gesundheitsamt des Beklagten tätig sei und über eine psychotherapeutische Zusatzausbildung verfüge. Seine Einschätzung werde von I. geteilt. Aus dem Schreiben von O. ergebe sich keine abweichende Bewertung. Dass es bei Teilnehmern an therapeutischen Sitzungen zu Schäden gekommen sei, ergebe sich aus den Schilderungen der ehemaligen Auszubildenden im Synergetik-Therapie-Zentrum Witscher, P., Q. und R.. Dass es bei falscher Anwendung der Synergetik zu Schäden kommen könne, werde auch vom Kläger im Parallelverfahren, dem Begründer dieser Methode, sowie bezogen auf Personen mit akuten oder psychiatrisch vorbehandelten Psychosen und Borderline-Störungen von K. eingeräumt. Immerhin liege der Anteil der so Erkrankten an der Gesamtbevölkerung bei 2,5 bis 3%. Im Übrigen disqualifiziere sich K. selbst, wenn er die Synergetik-Therapie - auch etwa bei Krebsbehandlungen - für ungefährlicher als die Schulmedizin halte. Da in den Eigendarstellungen der Synergetiker wiederholt vor schulmedizinischen Behandlungen, gerade auch bei Krebserkrankungen, gewarnt werde und dies weiterhin geschehe, bestehe die naheliegende Gefahr, dass ärztliche Hilfe nicht oder zumindest nicht rechtzeitig in Anspruch genommen werde und dadurch die bei schulmedizinischer Behandlung gegebenen Heilungs- oder Überlebenschancen entfielen. Der eigenen synergetischen Methode auch bei der Krebsbehandlung den Vorzug zu geben, entspreche der Überzeugung der Klägerin, Krebs habe rein psychische Ursachen bzw. sei auf ein traumatisches Erlebnis zurückzuführen. Maßgebend sei das erklärte Selbstverständnis der Synergetik-Therapeuten sowie der Synergetik-Profiler und nicht andere, davon ggf. abweichende Hinweise in den vorgelegten Informationsblättern.

Mit Urteil vom 23. November 2006 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin übe eine heilkundliche Tätigkeit i. S. v. § 1 HPG aus. Bei der Synergetik-Therapie nehme der Therapeut eine wesentliche, als Begleitung bezeichnete Aufgabe wahr und werde damit selbst i. S. d. § 1 HPG tätig, und zwar mit dem Ziel der Krankheitsbehebung bzw. -linderung. Gleiches gelte für das Synergetik- Profiling, da jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung der Bezirksregierung F. nicht nach außen erkennbar zwischen der sog. Therapie und dem sog. Profiling unterschieden worden sei. Die Ausübung der Synergetik sei unmittelbar und mittelbar mit Gefahren verbunden. Unmittelbar gefährlich sei sie insoweit, als für sie - wie für andere psychotherapeutische Verfahren bzw. solche der Hypnose - Kontraindikationen bei psychischen Erkrankungen bestünden. Aber auch die sachgerechte Durchführung selbst setze hier fehlendes medizinisches Fachwissen voraus. Zudem sei die Synergetik-Therapie mittelbar gefährlich, weil die Behandelten die Anwendung gebotener medizinischer Heilmethoden ggf. unterlassen oder verzögern. Die Klägerin berufe sich anders als ein Geist- oder Wunderheiler gerade auf einen naturwissenschaftlichen Zusammenhang zwischen ihrer Tätigkeit und der Heilung und nehme für sich in Anspruch, den wahren Grund für Krankheiten erkannt zu haben. Personen, die sich der Klägerin anvertrauen, liefen deshalb Gefahr, eine schulmedizinisch ggf. dringend benötigte Hilfe nicht oder zu spät in Anspruch zu nehmen. Dies zu verhindern, d .h. einem heilkundlich Tätigen die Grenzen seiner eigenen Kompetenzen aufzuzeigen und ihm aufzugeben, sich daran zu halten, sei der Sinn der Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz.

Gegen das am 14. Dezember 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12. Januar 2007 Berufung eingelegt und diese am 14. Februar 2007 begründet. Die Klägerin bestreitet, als Therapeutin überhaupt heilkundlich tätig zu sein. Mit Krankheiten oder Kranken werde im Bereich der Synergetik Therapie nicht gearbeitet. Dies sei den Synergetik-Profilern vorbehalten. Der Unterschied zwischen beiden Tätigkeiten sei im angefochtenen Bescheid unberücksichtigt geblieben. Die Klienten würden auch nicht in einem hypnotischen Zustand versetzt. I. habe sich vor Abgabe seiner Stellungnahme nicht hinreichend sachkundig gemacht. Unmittelbar gefährlich sei die synergetische Tätigkeit nicht. In der Praxis von ordnungsgemäß ausgebildeten Synergetikern sei es deshalb auch zu keinen Schäden gekommen. Die von I. und Herrn S. vertriebenen Anleitungen zur Tiefenentspannung oder Selbsthypnose seien mindestens genauso gefährlich wie die hier umstrittene Tätigkeit. Personen mit Kontraindikationen würden nicht zur Therapie zugelassen oder auf die Gefahren hingewiesen. Eine mittelbare Gefahr bestehe bei ordnungemäßer Information ebenfalls nicht. Die Klägerin möchte ihre Methode auch nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zur üblichen (schulmedizinischen) Methode verstanden wissen. Von ihr könne aber nicht verlangt werden, ihre Tätigkeit entgegen ihrer Überzeugung als sinnlosen Versuch darzustellen und die Schulmedizin zu loben. Deshalb werde Hintergrundauflösung statt (Symptom-)Bekämpfung empfohlen. Im internet veröffentlichte "Forschungsergebnisse" von Herrn T. seien für das vorliegende Verfahren nicht maßgeblich. Es komme allein auf das Verhältnis der Klägerin zu ihren Klienten an. Ihre Klienten hätten sich bislang nicht beschwert.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 5. Kammer - vom 23. November 2006 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 8. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung F. vom 15. April 2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Urteil sei zu Recht davon ausgegangen, dass für den Betrachter ein Unterschied zwischen der Synergetik-Therapie und dem Synergetik -Profiling nicht erkennbar (gewesen) sei und nunmehr allenfalls graduell in der Zielrichtung der Tätigkeit bestehen solle. Wie sich aus dem Schriftverkehr mit U. ergebe, seien ihm vor seiner Stellungnahme aus dem Jahr 2003 die wesentlichen Kennzeichen der Synergetik-Therapie bekannt gewesen. Von ihm sei bestätigt worden, dass es Kontraindikationen gebe. Dies belegten ferner Artikel aus dem Deutschen Ärzteblatt, das Schreiben von V. an das Verwaltungsgericht und selbst der von der Klägerin als Gutachter hinzugezogene W., der im Übrigen die Erfolge der Schulmedizin verkenne. Aus den Berichten ehemaliger Auszubildender ergebe sich weiterhin, dass es im Einzelfall auch tatsächlich zu massiven psychischen Problemen bei Betroffenen im Rahmen der Synergetik gekommen sei. Die Behauptung der Klägerin, nur bei einer Parallelbehandlung durch einen Arzt werde mit einer Synergetik-Therapie oder einem Synergetik-Profling begonnen, stehe im Widerspruch zu vielfältigen Aufrufen des Synergetik-Therapie-Instituts, in dem auch die Klägerin tätig sei. Zudem werde darin die Synergetik als gegenüber der Schulmedizin vorrangige Alternative auch und gerade bei schwersten Krankheiten dargestellt. Diese aus dem internet stammenden Zitate des Berufsverbandes der Synergetik-Therapeuten oder des Synergetik-Therapie-Instituts richteten sich erkennbar auch an Klienten und stellten nicht nur die persönliche Auffassung des Klägers im Parallelverfahren dar. Auch die Klägerin empfehle Hintergrundauflösung statt Symptombekämpfung. Deshalb müsse befürchtet werden, dass um Hilfe suchende Klienten der Klägerin von der gebotenen ärztlichen Hilfe ferngehalten würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten in diesem und im Parallelverfahren (8 LC 6/07) verwiesen, die Gegenstand der gemeinsamen mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der angefochtene Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides rechtmäßig ist.

Der angefochtene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in der gefahrenabwehrrechtlichen Generalklausel des § 11 Nds. SOG. Denn weder das Heilpraktikergesetz selbst noch die dazu ergangenen Durchführungsverordnungen enthalten eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Untersagungsverfügung im Falle einer unzulässigen Heilkundeausübung. Zur Verhinderung von gegenwärtigen oder zukünftigen Gesetzesverstößen durch Ausübung der Heilkunde ohne entsprechende Erlaubnis bedarf es daher einer auf die angeführte Generalklausel gestützten Verfügung (vgl. Senatsurt. v. 20.7.2006 - 8 LC 185/04 - GewArch 2007, 28 ff., unter Bezugnahme auf BVerwG, Urt. v. 11.11.1993 - 3 C 45/91 -, BVerwGE 94, 269 ff.; OVG Münster, Beschl. v. 28.4.2006 - 13 A 2495/03 -, GewArch 2006, 331 ff., m. w. N.). Die sachliche Zuständigkeit des Beklagten zum Erlass einer solchen Untersagungsverfügung ergab sich aus § 101 Abs. 4 Nds. SOG i. d. F. des Gesetzes vom 11. Dezember 2003 (Nds. GVBl. S. 414, vgl. heute § 97 Abs. 2 Nds. SOG) in Verbindung mit den fortgeltenden (vgl. OVG Münster, a. a. O., m. w. N.) §§ 3, 11 Abs. 2 der 1. Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz vom 18. Dezember 1939 (RGBl. I S. 259) und Ziffer 1.1 der Richtlinie zur Durchführung des Verfahrens zur Erteilung einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz (Runderlass des Niedersächsischen Sozialministeriums vom 22.2.1995 (Nds. MBl. S. 375)).

Der für den Erlass der angefochtenen Untersagungsverfügung erforderliche Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz (nachfolgend: HPG) ist gegeben. Gemäß § 1 Abs. 1 HPG bedarf der Erlaubnis, wer die Heilkunde ausüben will, ohne als Arzt bestallt zu sein. § 1 Abs. 2 HPG enthält eine Legaldefinition des Begriffes "Heilkunde". Heilkunde im Sinne des Gesetzes ist danach jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Das Gesetz macht dabei keinen Unterschied, ob es sich bei den Krankheiten und Leiden um rein körperliche oder aber um solche auch oder ausschließlich seelischer Natur handelt. Ebenso wenig stellt es auf die Behandlungsweise und -methode ab. Die vorgenannte Legaldefinition drückt allerdings das Ziel des Gesetzes, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, nur unzureichend aus und bedarf deshalb einerseits der einschränkenden Auslegung, andererseits der erweiternden Anwendung (vgl. Pelchen, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, H 54, Heilpraktikergesetz § 1 Rn. 5).

So fallen dem Wortlaut nach Maßnahmen zur Schönheitspflege, soweit sie sich in rein kosmetischer Behandlung erschöpfen, nicht unter die Erlaubnispflicht, und zwar nicht einmal chirurgische oder operative Eingriffe aus kosmetischen oder ästhetischen Gründen. Im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Regelung, nämlich den Schutz der menschlichen Gesundheit, findet jedoch zumindest bei den letztgenannten Eingriffen § 1 Abs. 1 HPG ergänzend Anwendung. Die fachgerechte Durchführung entsprechender Eingriffe setzt ungeachtet des Ziels ärztliche Fachkenntnisse voraus und kann bei unsachgemäßer Ausführung zu erheblichen Körperschäden führen. Demnach bedarf es etwa für das so genannte Faltenunterspritzen im Lippenbereich einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 28.4.2006, a. a. O., sowie BVerwG, Beschl. v. 25.6.2007 - 3 B 82/06 -, NVwZ-RR 2007, 686, jeweils m. w. N.).

Andererseits bedarf die Legaldefinition des § 1 Abs. 2 HPG in zweierlei Hinsicht der einschränkenden Auslegung. Zum einen werden dadurch nicht die so genannten Heilhilfsberufe wie Krankenpfleger, Masseure, Logopäden, Medizinisch Technische Assistenten, Ergotherapeuten und Diätassistenten erfasst, jedenfalls soweit sie auf ärztliche Anordnung hin therapeutisch tätig werden. Sie gelten insoweit als "verlängerter Arm des Arztes" und üben auf erlaubte Weise Heilkunde aus (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.6.1970 - 1 C 53/66 -, BVerwGE 35, 308 ff.; Kurtenbach, in: Das Deutsche Bundesrecht, Heilpraktikergesetz, § 1, S. 6). Zum anderen erfordert im hier maßgeblichen Zusammenhang die mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG gebotene verfassungskonforme Auslegung, dass vom Ausübungsverbot des § 1 HPG nur solche Tätigkeiten erfasst werden, die einerseits ärztliche Fachkenntnisse voraussetzen und andererseits gesundheitliche Schädigungen zur Folge haben können. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit reicht dabei ein nur geringfügiges Gefahrenmoment nicht aus. Deshalb scheiden heilkundliche Verrichtungen aus, die keine nennenswerte Gesundheitsgefahr zur Folge haben können. Andererseits genügt auch eine nur mittelbare Gesundheitsgefährdung, die etwa darin bestehen kann, dass das frühzeitige Erkennen ernster Leiden, das ärztliches Fachwissen voraussetzt, verzögert werden kann, wenn die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Gefahreneintritt nicht nur geringfügig ist (vgl. zuletzt etwa OVG Münster, Beschl. v. 13.11.2008 - 13 B 1488/08 -, GewArch 2009, 35 f., m. w. N.).

Hingegen reicht es für die Bejahung der Erlaubnispflicht gemäß § 1 Abs. 1 HPG nicht aus, wenn an einer Person Tätigkeiten ausgeübt werden, die lediglich nach dem subjektiven Empfinden des Betroffenen als Heilkunde aufgefasst werden, insbesondere wenn der Betroffene von körperlichen Schmerz- und Leidenszuständen mit vermeintlich übersinnlichen Kräften befreit werden soll. Hinzukommen muss auch bei einer so verstandenen heilkundlichen Tätigkeit für die Bejahung der Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 1 HPG, dass dadurch unmittelbar oder mittelbar gesundheitliche Schäden verursacht werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.11.1993 - 3 C 45/91 -, BVerwGE 94, 269 ff.). Das Bundesverfassungsgericht hat dementsprechend mit Beschlüssen vom 2. März 2004 (- 1 BvR 784/03 -, GewArch 2004, 329 ff. = NordÖR 2004, 292 ff.) und 3. Juni 2004 (- 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890 f.) zu sogenannten Wunder- bzw. Geistheilern entschieden, dass allein das Gefährdungspotential der in Rede stehenden Tätigkeit geeignet ist, die Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz auszulösen. Bei Wunder- bzw. Geistheilern komme nur eine mittelbare Gefahr durch das Versäumen ärztlicher Hilfe in Betracht. Zur Abwendung einer solchen mittelbaren Gefahr bedürfe es aber allein einer hinreichenden Aufklärung durch den Behandelnden sowie einer entsprechenden gewerberechtlichen Überwachung durch die Behörden, nicht aber der Ablegung einer "Kenntnisprüfung auf der Grundlage des Heilpraktikergesetzes" (vgl. dazu kritisch Hübner, NordÖR 2004, 293 f., sowie zur praktischen Handhabung der Überwachung den Bericht über die Herbstsitzung 2004 des Bund-Länder-Ausschusses "Gewerberecht" im GewArch 2005, 235, 239). Mit weiterem Beschluss vom 20. März 2007 (- 1 BvR 1226/06 -, BVerfGK 10, 464 ff.) hat das Bundesverfassungsgericht ergänzend klargestellt, dass sich die vorgenannten Beschlüsse auf heilkundlich tätige Personen beziehen, deren Behandlung gerade nicht auf (behaupteten) naturwissenschaftlichen Erkenntnissen beruht.

Für die vorliegend zu beurteilende Fallgestaltung ist daher eine erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde i. S. d. § 1 Abs. 2 HPG zu bejahen, wenn die selbständige Tätigkeit aus Sicht des Empfängers der Dienstleistung auf eine Heilbehandlung gerichtet ist, mit naturwissenschaftlicher Begründung wesentlich zur Heilung beitragen soll und zudem nach allgemein anerkanntem, d.h. schulmedizinischen Erkenntnisstand mit einer Gefahr verbunden ist. Diese Gefahr kann unmittelbar oder mittelbar sein. Für die Bejahung einer unmittelbaren Gefahr reicht es etwa aus, wenn bestimmte Personen zur Abwendung von Gesundheitsschäden einer bestimmten Behandlung nicht unterzogen werden dürfen und ein Ausschluss dieses Personenkreises nicht sichergestellt ist.

Hieran gemessen ist der Ansicht des Verwaltungsgerichts zu folgen, dass die Klägerin heilkundlich tätig ist und ihrer Tätigkeit auch die für die Erlaubnispflicht gemäß § 1 Abs. 1 HPG zusätzlich notwendige Gesundheitsgefahr inne wohnt (ebenso VGH München, Beschl. v. 5.7.2005 - 21 CS 04.2729 -).

Die der Klägerin untersagte Tätigkeit ist im Bescheid ohne nähere Differenzierung als Synegetik-Therapie bzw. Synergetik-Profiling bezeichnet worden. Zur Wahrung der gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG notwendigen Bestimmtheit war eine solche Differenzierung auch nicht geboten, weil im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, d.h. im März 2004, der nunmehr von der Klägerin geltend gemachte Unterschied zwischen der sog. Therapie und dem Profiling objektiv nicht bestand. Insbesondere ist damals - anders als heute - weder von der Klägerin noch von den sog. Berufsverbänden geltend gemacht worden, die sog. Synergetik-Therapie befasse sich gar nicht mit Kranken und ziele auch nicht auf deren Heilung, sondern betrachte die "Auflösung von Krankheitssymptomen" nur als Nebeneffekt. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist auf ausdrückliche Nachfrage vielmehr vorgetragen worden, die Synergetik-Therapie betone eher den Selbstheilungsprozess, das Synergetik-Profiling das Auffinden der Informationsstruktur. Dass nach dem damaligen Selbstverständnis auch und gerade die sog. Synergetik-Therapie auf Selbstheilung durch eine von dem Therapeuten angeleitete "Innenweltreise" ausgerichtet war, belegt zudem die Broschüre zur Eröffnung des sog. "Infocenter für ganzheitliche Therapie" in E.. Darin wurde auch von der Klägerin dazu aufgerufen, sich im dem "Infocenter" über Selbstheilung durch Synergetik-Therapie, "die Innovation im Gesundheitswesen", zu informieren. Das auch von der Klägerin im Februar 2004 vorgelegte Informationsschreiben für die Klienten bezeichnete die Synergetik-Therapie ebenfalls als "Anleitung zur Selbstheilung". Den Klienten wurde zur Heilung die sog. "Hintergrundauflösung" durch eine Synergetik-Therapie empfohlen. Die jedenfalls bis zum Jahr 2004 objektiv nicht erkennbare Trennung zwischen der Therapie und dem Profiling wird auch dadurch deutlich, dass die Klägerin nach ihrem Berufungsvorbringen in diesem Verfahren für die Gruppe der Therapeuten "stehe" und stellvertretend für deren Berufsverband auftrete, ihren Antrag in dem vorausgegangen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes aber mit der Bezeichnung "Synergetik-Profilerin" unterzeichnet hat. Erst in Reaktion insbesondere auf die zuvor zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes München ist der Synergetik-Therapie dann im Jahr 2005 eine andere Zielrichtung zugeschrieben und in der Folge ein getrennter Berufsverband für die Profiler gegründet worden. Dies wird auch durch den Vergleich der von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten neueren Darstellung der Synergetik-Therapie aus der Sicht des Berufsverbandes mit den von der Beklagten eingereichten Darstellungen aus der Zeit bis zum Frühjahr 2004 deutlich. Die zeitliche Entwicklung danach ist aber für das Verständnis des angegriffenen Bescheides aus dem Jahr 2004 unerheblich. Denn der Klägerin ist die Ausübung der Synergetik-Therapie und des Synergetik-Profiling so, wie sie im Frühjahr 2004 objektiv zu verstehen war, untersagt worden. Dadurch, dass diesen Begriffen nachträglich vom Kläger im Parallelverfahren bzw. den Berufsverbänden ein anderer, von der Klägerin übernommener Bedeutungsinhalt gegeben wird, wird der Untersagungsbescheid des Beklagten weder nachträglich unbestimmt noch hat er seinen Regelungsinhalt geändert oder sich erledigt.

Ebenso wenig greift der sinngemäße Einwand der Klägerin durch, jedenfalls sie selbst vertrete ein abweichendes Verständnis der Synergetik-Therapie und des Synergetik-Profiling. Wie dargelegt, kommt es für die Auslegung des angefochtenen Bescheides i. d. F. des Widerspruchsbescheides auf die Verhältnisse im Zeitpunkt seines Erlasses an. Die Klägerin legt aber nicht dar, von welchen der zahlreichen, vom Beklagten im Einzelnen angeführten Darstellungen der Synergetik, die für die Allgemeinheit einschließlich potenzieller Klienten bestimmt waren und sich auch auf die Behandlung von lebensgefährlich erkrankten Personen beziehen, aus der Zeit bis zum Erlass des Bescheides sie abgewichen und für welches abweichendes Verständnis sie damals eingetreten sein will. Jedenfalls die Darstellungen des Berufsverbandes der Synergetik-Therapeuten wurden im Jahr 2004 erkennbar von ihr geteilt, wenn nicht gar tragend verantwortet. Denn sie war von 2002 bis 2005 nicht nur Gründungsvorsitzende des Verbandes, sondern führt diesen Prozess auch stellvertretend für den Verband. Da sie in dem Synergetik-Therapie-Institut langjährig zumindest bis zum Jahr 2004 tätig war, ist auch nicht zu erkennen, dass sie das dort vertretene Selbstverständnis der Synergetik ablehnt. Dass die Klägerin die Grundannahmen der Synergetik unverändert teilt, wird vielmehr aus ihrer "persönlichen Anmerkung" in dem Schreiben vom 25. Oktober 2006 deutlich.

Die im zuvor bezeichneten Sinn verstandene, berufsmäßig ausgeübte synergetische Tätigkeit der Klägerin zielt auf die Behebung von Krankheiten. Ob die synergetische Methode nach medizinischem Kenntnisstand zur Behebung von Krankheiten geeignet ist, ist nach dem Schutzzweck des Heilpraktikergesetzes ebenso unerheblich wie die Tatsache, dass das Verfahren nach dem Vorbringen der Klägerin keine Ähnlichkeit mit einer medizinischen oder psychotherapeutischen Behandlung aufweise. Denn das Heilpraktikergesetz soll gerade vor unqualifizierter Hilfe schützen. Ausgenommen sind demnach - wie dargelegt - lediglich Heilungsversprechen, die sich nicht auf einen naturwissenschaftlichen, sondern etwa auf einen religiösen oder rituellen Ursachenzusammenhang berufen. Der Kläger im Parallelverfahren als Begründer der Methode und ihm folgend auch die Klägerin heben aber gerade den neu entdeckten und naturwissenschaftlich begründeten Zusammenhang zwischen ihrer Tätigkeit und der Heilung von Krankheiten hervor. Der auch von der Klägerin als Klient bezeichnete Empfänger der synergetischen Behandlung erwartet davon also die naturwissenschaftlich begründete Heilung oder zumindest Linderung von Krankheiten, d.h. eine Heilbehandlung.

Die Klägerin wird auch selbst im Sinne des § 1 HPG tätig. Denn nach dem insoweit zu Grunde zu legenden Selbstverständnis der Synergetik ist die Be- bzw. Anleitung durch einen Therapeuten bzw. Profiler auch zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte des Klienten unverzichtbar. Die Aufgabe des Profilers besteht danach darin, eine Übersicht über die auftauchenden Informations- und Strukturelemente zu erhalten, den Klienten immer wieder zur Rückkoppelung aufzufordern sowie ihn durch Vorschläge und Einspielen von Musik und Geräuschen zu unterstützen. Auch der Synergetik-Therapeut nimmt für sich in Anspruch, Selbstorganisationsprozesse auf der neuronalen Informationsebene in Gang zu setzen.

Die synergetische Tätigkeit der Klägerin ist zudem sowohl unmittelbar als auch mittelbar gefährlich. Für die Beurteilung der mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren ist dabei nicht das Selbstverständnis der Synergetik-Therapeuten und Synergetik-Profiler über die behaupteten naturwissenschaftlichen Ursachen von Krankheiten und ihre Behebung durch Selbstheilung, sondern die allgemein anerkannte medizinische Ansicht maßgebend. Eine zusätzliche Berücksichtigung von sog. Außerseitermethoden kommt allenfalls in einer hier ersichtlich nicht gegebenen Ausnahmesituation in Betracht (vgl. insoweit allgemein BVerfG, Beschl. v. 6.12.2005 - 1 BvR 347/98 -, BVerfGE 115, 25 ff., sowie zur wissenschaftlichen Anerkennung von psychotherapeutischen Behandlungsmethoden BVerwG, Urt. v. 30.4.2009 - 3 C 4/08 -, hier zit. nach der Pressemitteilung Nr. 25/2009).

Nach anerkannter medizinischer Ansicht bestehen aber für die hier objektiv gegebene Beeinflussung des Gesundheitszustandes der Klienten eines synergetisch tätigen Therapeuten bzw. Profilers Kontraindikationen jedenfalls bei psychischen Erkrankungen wie Psychosen oder Borderline-Erkrankungen, d. h. an diesen Personen darf eine synergetischen Behandlung nicht vorgenommen werden. Auf diese Kontraindikationen hat I. bereits in seinem Schreiben vom 27. Juni 2003 hingewiesen. Dass ihm dabei die wesentlichen Gründzüge der synergetischen Methode bekannt waren, ergibt sich schon aus der vom Beklagten vorgelegten Anfrage. Zudem hat I. an seiner Einschätzung auch nachfolgend auf wiederholte Nachfrage von Seiten synergetisch Tätiger festgehalten. In dem Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung F. vom 23. März 2004 wurde das Vorliegen dieser Kontraindikationen näher begründet. Dabei wurde nachvollziehbar auf einen Vergleich der synergetischen Methode mit dem inzwischen für einen allerdings eng begrenzten Bereich von Krankheiten anerkannten psychotherapeutischen Verfahren des sog. "katathymen Bilderlebens" bzw. heute der sog. katathym-imaginativen Psychotherapie und der diesbezüglich gegebenen Ausschlüsse abgestellt. W. sieht ebenfalls die Nähe der Synergetik zu dieser psychotherapeutischen Behandlungsmethode und weist ausdrücklich auf eine unmittelbare Gefahr hin, wenn das synergetische Verfahren bei Personen mit akuten oder psychiatrisch vorbehandelten Psychosen zur Anwendung kommt. X. kann und will als Jurist in seiner Stellungnahme zu den medizinischen Gefahren der Synergetik-Methode schon keine medizinisch sachverständige Stellungnahme abgegeben. Im Übrigen geht er bei seiner rechtlichen Bewertung des Gefahrenpotentials unzutreffend nicht von dem anerkannten medizinischen Kenntnisstand, sondern von dem Selbstverständnis der Synergetik aus. J. nimmt zu Kontraindikationen bei der Synergetik-Therapie nicht Stellung und ist dazu ohne medizinische oder psychotherapeutische Ausbildung auch nicht sachverständig in der Lage. Aus sonstigen allgemein zugänglichen Informationen etwa im Internet oder in den vom Beklagten vorgelegten Auszügen aus dem Ärzteblatt über Ausschlüsse bei psychotherapeutischen Verfahren oder speziell bei der sog. katathym-imaginativen Psychotherapie ergibt sich keine andere Bewertung.

Es handelt sich insoweit auch nicht nur um eine geringfügige, theoretische oder allgemeine (Lebens-)Gefahr. Denn die synergetisch Tätigen wenden sich mit ihren Ankündigungen gezielt an Personen mit Problemen auch psychischer Art. Nach eigenen Angaben sollen sich deshalb unter ihren Klienten zu 26 % Personen mit psychischen Erkrankungen befinden. Der Beklagte hat außerdem belegt, dass allein 2,5 bis 3% der Bevölkerung an psychischen Erkrankungen leiden, bei denen eine synergetische Behandlung nach den vorstehenden Angaben kontraindiziert ist. Der Annahme einer Gefahr jedenfalls für den genannten Personenkreis kann auch nicht erfolgreich entgegengehalten werden, dass es in jahrelanger Anwendung nicht zu Komplikationen gekommen sei. Diese Annnahme ist objektiv nicht nachprüfbar und im Übrigen auch sehr zweifelhaft. Denn Synergetik-Therapeuten oder Synergetik-Profiler, die über keine medizinischen Kenntnisse verfügen, sind gar nicht in der Lage, entsprechende psychische Erkrankungen und die Symptome einer unsachgemäßen Behandlung zu erkennen. Zudem widersprechen die vom Beklagten vorgelegten Darstellungen ehemaliger Auszubildender der Angabe, es komme nicht zu entsprechenden Komplikationen. Darin wird vielmehr nicht nur über eigene negative Erfahrungen, sondern auch über schwerwiegende psychische Probleme bei anderen Personen insbesondere in Folge von sog. Provokationen berichtet. Diese sog. Provokationen werden nach Darstellung des Klägers im Parallelverfahren als Begründer der Methode auch im Rahmen der synergetischen Behandlung von Klienten angewendet. Schließlich wird der Gefahr, dass psychisch erkrankte Personen durch die Anwendung der Synergetik Schaden erleiden können, auch nicht dadurch wirksam begegnet, dass sie von einer Therapie bzw. einem Profiling ausgeschlossen sind. Weder gibt es einen so lautenden Ausschlussgrund noch wäre die Klägerin in der Lage, selbst eine solche Erkrankung festzustellen. Dass jeder Klient vor einer Behandlung ein fachärztliches Unbedenklichkeitszeugnis vorzulegen hat, ist ebenfalls nicht zu erkennen und dürfte zudem lebensfremd sein. Schließlich hat die Klägerin selbst angegeben, einen Klienten in Kenntnis seiner Zwangsvorstellungen synergetisch behandelt und erst auf dringenden ärztlichen Rat davon abgesehen zu haben, und im Übrigen lediglich auf die Gefahren ihrer Tätigkeit hinzuweisen. Ein solcher Hinweis ist aber jedenfalls bei Personen mit den genannten Krankheiten zur Abwendung einer Gesundheitsgefahr unzureichend.

Es kann deshalb offen blieben, ob mit der Durchführung einer synergetischen Heilbehandlung weitere unmittelbare Gefahren verbunden sind, weil die Klägerin - wie vom Beklagten zusätzlich geltend gemacht worden ist - weder in der Lage sei, Komplikationen bei der Durchführung der Heilbehandlung zu erkennen und sachgerecht zu reagieren, noch die bei der Rückführung der Klienten aus der Tiefenentspannung möglichen Gefahren beherrsche. Ebenso wenig ist der Frage näher nachzugehen, welche psychischen Folgen es für schwer erkrankte Klienten der Klägerin hat, wenn ihnen der Eindruck vermittelt wird, sie selbst seien für den Fortbestand ihrer Krankheit verantwortlich, da sie den zu Grunde liegenden Konflikt bislang nicht hinreichend selbst bereinigt hätten.

Darüber hinaus ist die synergetische Heilbehandlung auch mittelbar gefährlich, weil sie diejenigen, die daran glauben, davon abhält, die insbesondere bei schweren, etwa lebensbedrohlichen Krankheiten gebotene schulmedizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Denn auch die Klägerin vertrat im Jahr 2004 die Ansicht, dass wahre Heilung nicht durch die schulmedizinischen Methoden der von ihr sog. Symptombekämpfung, sondern durch die sog. Hintergrundauflösung im Wege der von ihr angewandten synergetischen Verfahren erfolge. An dieser Ansicht hält sie bis heute fest und empfiehlt deshalb in dem von ihr wiederholt vorgelegten Informationsblatt "Hintergrundauflösung" statt "Symptombekämpfung". Wer dies glaubt und sich deshalb auf eine synergetische Heilbehandlung einlässt, setzt sich jedoch der naheliegenden und bei einer lebensgefährlichen Erkrankung auch schwerwiegenden Gefahr aus, deshalb auf die dann nicht nur als nutzlos, sondern geradezu als schädlich angesehene schulmedizinische Behandlung zu verzichten. Dass die Klägerin ungeachtet dessen behauptet, auf eine Zusammenarbeit mit allen Ärzten bewusst hinzuwirken, widerspricht dem dargelegten Selbstverständnis und ist für den Senat daher nicht überzeugend. Allenfalls eine Zusammenarbeit mit nicht schulmedizinisch orientierten Ärzten wird angestrebt, wie sich etwa aus den bereits vom Beklagten zitierten Darstellungen im Internet ergibt. Auch den Ausführungen in den vorgelegten Informationsblättern für Klienten misst der Senat keine wesentliche Bedeutung zu. Zwar wird darin auf die fehlende heilkundliche Ausbildung des jeweiligen Therapeuten bzw. Profilers und die Notwendigkeit, ggf. fachkundige Hilfe in Anspruch zu nehmen, hingewiesen. Damit wird aber nicht der für die Inanspruchnahme einer synergetischen Behandlung zentrale Anspruch aufgehoben, Krankheiten besser als die Schulmedizin heilen zu können und insoweit keine Ergänzung, sondern eine echte Alternative zur Konsultation eines schulmedizinisch handelnden Arztes darzustellen. Die Klägerin spricht selbst davon, dass sie ihre Tätigkeit als "gute Alternative und Ergänzung zur Schulmedizin" ansieht. Es drängt sich der Eindruck auf, dass mit dem Informationsblatt lediglich formal der Versuch unternommen wird, sich von einer erlaubnispflichtigen Tätigkeit i. S. d. § 1 HPG abzugrenzen. Die Gefahr, dass insbesondere lebensbedrohlich erkrankte Personen im Vertrauen auf den auch von der Klägerin vertretenen Kausalzusammenhang von der Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe abgehalten werden, ist durchaus real. So beruft sich der Kläger im Parallelverfahren in seinen Ausführungen etwa zur Entstehung von Krebs ausdrücklich auf Herrn Y., der - wie der Kläger im Parallelverfahren - die These vertritt, Krebspatienten würden gerade durch schulmedizinische Behandlung sterben. Es wird zielgerichtet damit geworben, dass in dem Therapiezentrum auch Personen erfolgreich behandelt werden, die als Anhänger der sog. Neuen Medizin von Herrn H. eine schulmedizinische Krebsbehandlung ablehnen und stattdessen auf die Synergetik setzen. In dem Therapiezentrum, in dem auch die Klägerin langjährig tätig war, hat sich zudem eine aus der Schweiz stammende Frau aufgehalten, die an Herzrhythmusstörungen litt, ihre ärztlich verordneten Beta-Blocker abgesetzt hat und an den Folgen verstorben ist. Auch wenn die Empfehlung zum Absetzen der Beta-Blocker nicht von einem synergetisch Tätigen, sondern von der Schweizer Heilpraktikerin der Verstorbenen stammt, so macht dieses Beispiel doch deutlich, welchen Risiken sich Klienten aussetzen, die ausschließlich auf den Erfolg der Synergetik vertrauen. Zudem wird aus dem Beispiel deutlich, dass das Angebot der Synergetik nicht ausschließlich von Personen in Anspruch genommen wird, die sich parallel in ärztlicher Behandlung befinden oder austherapiert sind. Da es um Abwendung von Gefahren auch für das Leben geht und eine solche Gefahr aus den genannten Gründen jedenfalls in bestimmten Einzelfällen besteht, braucht nicht näher auf die Frage eingegangen zu werden, zu welchem Prozentsatz genau entsprechend gefährdete Personen sich in der Vergangenheit unter den Klienten synergetisch tätiger Therapeuten oder Profiler befunden haben.

Schließlich ist das Verbot der Ausübung der synergetischen Tätigkeit ein geeignetes und auch im Übrigen verhältnismäßiges Mittel zum Schutz der Bevölkerung. Die Klägerin geht insoweit von unzutreffenden Voraussetzungen aus, wenn sie annimmt, durch den Besitz einer Heilpraktikererlaubnis werde der von ihr bewusst vermiedene Eindruck erst verursacht, sie verfüge über heilkundliche Kenntnisse und Fähigkeiten. Zum einen kommt der Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz eine solche Wirkung schon nicht zu. Sie bescheinigt dem Inhaber lediglich zu wissen, wie er seinen Kunden nicht schadet, sagt aber bewusst nichts darüber aus, ob er ihnen auch helfen kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.7.2008 - 3 B 18/08 -, juris, m. w. N.). Ob sich für Heilpraktiker, die eine nach § 161 Abs. 2 NSchG anerkannte Schule erfolgreich besucht haben, etwas anderes ergibt, kann offen bleiben. Die Klägerin hat eine solche Schule nicht durchlaufen. Im Übrigen darf der Klägerin bei dem von ihr vertretenen Ansatz zum wahren Entstehungsgrund von Krankheiten ohnehin keine Erlaubnis nach § 1 HPG erteilt werden. Denn auch ein Heilpraktiker darf das Unterlassen der Inanspruchnahme notwendiger ärztlicher Hilfe nicht veranlassen oder stärken (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 2.10.2008 - 9 S 1782/08 -, NJW 2009, 458 ff.), wie dies aber geschieht, wenn man - wie die Klägerin - annimmt, Krankheiten seien nicht schulmedizinisch, sondern synergetisch zu heilen. Einem Bewerber, der im medizinischen Bereich solchen Fehlvorstellungen unterliegt und dementsprechend eine Gefahr für die Volksgesundheit darstellt, darf keine Erlaubnis nach § 1 HPG erteilt werden (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 20.11.2007 - 13 A 3786/05 -, DVBl. 2008, 124 ff.). Das insoweit erforderliche Wissen ist deshalb auch zu Recht Gegenstand der gefahrenabwehrrechtlichen Prüfung nach dem Heilpraktikergesetz (vgl. Ziffer 5.7.2 der Richtlinie des Niedersächsischen Sozialministeriums zur Durchführung des Verfahrens zur Erteilung einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz in der aktuellen Fassung vom 1. März 2007 (Nds. MBl. S. 253)).

Das Verbot der nach § 5 HPG strafbewehrten unerlaubten Ausübung der Heilkunde kann nicht auf einzelne Tätigkeitsbereiche bzw. einen bestimmten Personenkreis, etwa gesunde Klienten, begrenzt werden. Denn der Therapeut bzw. Profiler untersucht den Klienten vor dem Beginn der Behandlung nicht. Er ist dazu mangels Fachkenntnissen auch nicht in der Lage. Weiterhin ist - wie bereits zuvor ausgeführt - auch nicht sichergestellt, dass eine solche fachkundige Untersuchung vor der synergetischen Behandlung anderweitig erfolgt ist.

Das Verbot der Ausübung der Synergetik-Therapie und des Synergetik-Profiling ist ferner ermessensfehlerfrei erfolgt. Der Verstoß gegen § 1 HPG konnte im vorliegenden Fall nicht hingenommen werden. Denn es handelt sich dabei gemäß § 5 HPG um eine Straftat. Außerdem wendet sich die Klägerin zielgerichtet auch an Personen, die nach medizinischen Erkenntnissen an lebensbedrohlichen Erkrankungen wie etwa Krebs leiden. Sie beansprucht, mit der synergetischen Methode nahezu alle Krankheiten erfolgreich behandeln zu können. Da die Klägerin ihre Tätigkeit nicht als Ausübung von Heilkunde i. S. d. § 1 HPG versteht, fühlt sie sich im Übrigen nicht einmal an diejenigen Grenzen gebunden, die für die heilkundliche Tätigkeit von Heilpraktikern gelten, wie etwa die nach § 24 des Infektionsschutzgesetzes untersagte Behandlung der dort aufgeführten Krankheiten. Schließlich hat die Klägerin stellvertretend für ihren Berufsverband mit dem Kläger im Parallelverfahren im Zuständigkeitsbereich des Beklagten bewusst das inzwischen aufgegebene Informationscenter in E. eröffnet, um die berufsrechtliche Zulässigkeit ihrer Tätigkeit verwaltungsrechtlich klären zu lassen. Hätte der Beklagte - wie offenbar die für den Wohnsitz der Klägerin zuständige Behörde - diesen Zustand toleriert, so wäre der unzutreffende Eindruck entstanden, als sei die synergetische Tätigkeit auch der Klägerin erlaubt und könne - wozu der Kläger im Parallelverfahren in der Vergangenheit bewusst aufgerufen hat - auch von Personen, die Schwierigkeiten mit dem Heilpraktikergesetzes haben, rechtmäßigerweise ausgeübt werden.

Die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000 € findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 64, 65 und 67 Nds. SOG und trägt dem nach § 67 Abs. 1 Satz 2 Nds. SOG zu berücksichtigenden wirtschaftlichen Interesse der Klägerin an der Nichtbefolgung des Bescheides Rechnung.

Schließlich war der Beklagte nach §§ 2 Nr. 1a, 11, 101 Abs. 4 Satz 1 Nds. SOG (a. F.) auch berechtigt, der Klägerin als Folgemaßnahme zum Verbot der synergetischen Heilbehandlung die Entfernung des vormals in E. befindlichen Hinweisschildes auf die Synergetik-Praxis aufzugeben. Eine vorrangige sachliche Zuständigkeit einer anderen Behörde etwa nach dem Heilmittelwerbegesetz bestand nicht. Wäre das Schild dort verblieben, so hätte die Gefahr bestanden, dass die Klägerin weiterhin um eine synergetische Behandlung gebeten worden wäre und sie - wie von ihr ursprünglich bereits angekündigt - zumindest unter einer anderen Bezeichnung auch gewährt hätte.

Ende der Entscheidung

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