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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 03.11.2004
Aktenzeichen: 8 ME 80/04
Rechtsgebiete: ApBetrO, ApoG, VwGO
Vorschriften:
ApBetrO § 24 | |
ApoG § 16 | |
ApoG § 17 | |
VwGO § 123 I 2 | |
VwGO § 123 III |
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg, weil das Verwaltungsgericht seinen Antrag, ihm ab dem 15. März 2004 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache weiterhin den Betrieb der Apotheke C., Gemeinde D., Landkreis E., als Zweigapotheke der F. -Apotheke in G., Ortsteil H., zu gestatten, zu Recht abgelehnt hat.
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass dem Antragsteller der nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO erforderliche sog. Anordnungsanspruch fehle, d. h. ein materielles Recht auf die von ihm erstrebte Erlaubnis. Die Voraussetzungen für die allein in Betracht kommende Rechtsgrundlage des § 16 Abs. 1 des Apothekengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 1980 (BGBl. I S. 1993), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190) - ApoG -, seien nicht gegeben. Danach "kann die zuständige Behörde dem Inhaber einer nahegelegenen Apotheke auf Antrag die Erlaubnis zum Betrieb einer Zweigapotheke erteilen, wenn infolge Fehlens einer Apotheke ein Notstand in der Arzneimittelversorgung eintritt und der Apotheker die für den Betrieb einer Zweigapotheke vorgeschriebenen Räume nachweist." Ein solcher Notstand sei nur dann gegeben, wenn in einem Gebiet ohne die Zweigapotheke Arzneimittel auch in Notfällen nur unter ganz ungewöhnlichen Schwierigkeiten beschafft werden können, so dass latente Gefahren für Leib und Leben einer nicht unerheblichen Zahl betroffener Personen bestehen. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben. Die von dem Antragsteller betriebene "Hauptapotheke" liege nur etwa 7 km von C. entfernt und könne über eine Landesstraße mit einem Kraftfahrzeug in wenigen Minuten erreicht werden. Zudem befinden sich weitere acht Apotheken in einer Entfernung von 8 bis 10,6 km im Umkreis von C.. Diese zutreffenden Ausführungen werden durch die von dem Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu prüfende Begründung der Antragsschrift nicht in Frage gestellt.
Es ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung nicht an einer Abwägung der widerstreitenden Interessen, sondern an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientiert hat. Vorliegend kann dahinstehen, inwieweit die hier begehrte sog. Regelungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, wonach einstweilige Verfügungen zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig sind, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint, überhaupt auf eine Interessenabwägung gestützt werden kann, soweit es um den Anordnungsanspruch, d. h. die Sicherung des geltend gemachten materiellen Anspruchs geht (vgl. ablehnend Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, § 123, Rn. 65; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., Rn. 163; Happ in Eyermann, VwGO, Kommentar, § 123, Rn. 48, 50, jeweils m. w. N.). Selbst wenn man nämlich eine solche Interessenabwägung grundsätzlich für zulässig hält, sind die Gerichte dadurch jedenfalls nicht gehindert, die Entscheidung an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, wenn sie die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes - bei Nachteilen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre - auf eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage stützen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.10.1988 - 2 BvR 745/98 -, BVerfGE 79, 69, 74; Beschl. v. 19.3.2004 - 1 BvR 131/04 - GesR 2004, 246 f., m. w. N.). Eine solche eingehende Prüfung hat das Verwaltungsgericht vorgenommen, die Erfolgsaussichten eines Hauptsacheverfahren aber mangels eines "Notstandes in der Arzneimittelversorgung" als Tatbestandsvoraussetzung des § 16 Abs. 1 ApoG - aus den nachfolgend angeführten Gründen zu Recht - verneint.
Daher kann dahinstehen, ob der vom Antragsteller begehrten vorläufigen Gestattung des Betriebs der Zweigapotheke im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO nicht ohnehin entgegensteht, dass der Antragsgegnerin nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 ApoG selbst bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ein Ermessen zusteht und daher - soweit nicht die Voraussetzungen für eine Ermessensreduzierung auf Null zugunsten des Antragstellers gegeben sind - der Erlass der begehrten Anordnung über die im Hauptsacheverfahren nur mögliche Verpflichtung zur Neubescheidung gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO hinausgeht (vgl. Finkelnburg/Jank, a. a. O., Rn. 236 ff., m. w. N.).
Wann ein "Notstand in der Arzneimittelversorgung" vorliegt, ist im Apothekengesetz nicht legaldefiniert. Der Inhalt dieses Begriffes kann jedoch aus dem allgemeinen juristischen Begriffsverständnis von einem Notstand sowie aus dem Sinn und Zweck sowie der Systematik des Apothekengesetzes abgeleitet werden. Kennzeichnend für den Begriff des Notstandes im juristischen Sinne ist, dass eine Gefahr droht, die mit den von der Rechtsordnung für den Normalfall vorgesehenen Mitteln nicht wirksam verhindert oder bekämpft werden kann, so dass die Handlungsbefugnisse des Einzelnen oder der zuständigen Behörde entsprechend erweitert werden. Dies kommt etwa in den bundesrechtlichen Bestimmungen des Art. 81 GG und der §§ 228 und 904 BGB, § 34 StGB, § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO sowie des § 20 Abs. 1 BGSG zum Ausdruck. Eine Notstandslage setzt also eine Gefahr und außergewöhnliche Verhältnisse voraus. Diese Gefahr muss vorliegend für die Arzneimittelversorgung in der Bevölkerung gegeben sein, d.h. es muss die begründete Befürchtung bestehen, dass im Falle einer Erkrankung oder Verletzung die notwendige Versorgung mit Arzneimitteln nicht gewährleistet ist. Von dieser Gefahr muss eine nicht unerhebliche Anzahl von Personen betroffen sein, da die Errichtung einer Zweigapotheke nur für einzelne Bewohner schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht in Betracht kommt und dazu auch nicht bestimmt ist. Ob die weiterhin erforderlichen außergewöhnlichen Verhältnisse (vgl. Schiedermair/Pieck, ApoG, Kommentar, § 16 Rn. 4: "nur in Ausnahmesituationen") vorliegen, ist durch einen Vergleich mit dem durchschnittlich im Bundesgebiet erforderlichen Aufwand, um zur nächstgelegenen Apotheke zu gelangen, zu ermitteln (vgl. Hoffmann, ApoG, Kommentar, § 16 Rn. 12: "bei Siedlungsgebieten, die im Vergleich zu anderen eine weit unter dem Durchschnitt liegende Apothekendichte aufweisen"). Dass nur außergewöhnlich ungünstige Verhältnisse den Betrieb einer Zweigapotheke rechtfertigen, bestätigt auch die Verwaltungspraxis. So hat es nach den Angaben von Schiedermair/Pieck, a.a.O., um die Jahreswende 1980/1981 im Bundesgebiet nur 28 Zweigapotheken gegeben; die Zahl war weiterhin rückläufig.
Diese aus dem Wortlaut des Begriffes "Notstand" abgeleiteten Voraussetzungen stehen auch mit Sinn und Zweck und Systematik des Apothekengesetzes in Einklang. Das Apothekengesetz geht davon aus, dass die Arzneimittelversorgung am besten durch einen Apotheker in einer öffentlichen Apotheke mit Betriebsräumen, die den Anforderungen des § 4 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 1995 (BGBl. I S. 1195), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 2031), entsprechen, gewährleistet wird. Von diesem Leitbild weicht die Zweigapotheke ab, weil sie nach § 4 Abs. 3 ApBetrO lediglich aus einer Offizin, ausreichendem Lagerraum und einem Nachtdienstzimmer bestehen muss. Eine Zweigapotheke ist also von der gemäß § 4 Abs. 2 ApBetrO bestehenden Verpflichtung freigestellt, ein Laboratorium vorzuhalten. Außerdem muss eine Zweigapotheke die in § 4 Abs. 2 Satz 5 ApBetrO vorgeschriebene Mindestgrundfläche für die Apothekenbetriebsräume von 110 qm nicht wahren. Der Verzicht auf die ansonsten für notwendig erachteten Mindestanforderungen an die Apothekenbetriebsräume lässt sich jedoch nur rechtfertigen, wenn hierfür besondere Gründe gegeben sind, also ansonsten eine hinreichende Arzneimittelversorgung nicht gewährleistet wäre. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass bei einer großzügigen Zulassung von Zweigapotheken die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 15, 1525, S. 160) unterlaufen würde, nach der die gemäß § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 5 ApoG bis zu drei zulässigen Filialapotheken in vollem Umfang den Anforderungen des § 4 ApBetrO an die Betriebsräume entsprechen müssen.
Geringere Anforderungen für einen "Notstand in der Arzneimittelversorgung" lassen sich auch nicht im Wege der systematischen Auslegung aus § 24 Abs. 1 ApBetrO entnehmen, wie dies der Antragsteller mit der Beschwerde geltend macht. § 24 Abs. 1 ApBetrO regelt die Voraussetzungen für Einrichtungen zum Sammeln von Verschreibungen (Rezeptsammelstellen). Dafür bedarf es der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis ist dem Inhaber einer Apotheke auf Antrag zu erteilen, wenn zur ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von abgelegenen Orten oder Ortsteilen ohne Apotheken eine Rezeptsammelstelle erforderlich ist. Ein Rückgriff auf § 24 Abs. 1 ApBetrO zur Auslegung des § 16 ApoG ist jedoch schon deshalb fraglich, weil es sich bei der ApBetrO um eine Verordnung handelt, während die hier maßgeblichen Voraussetzungen für den Betrieb einer Zweigapotheke bereits im Apothekengesetz selbst, nämlich in § 16 Abs. 1 geregelt sind. Außerdem verlangt § 16 Abs. 1 ApoG mit einem "Notstand in der Arzneimittelversorgung" mehr als § 24 Abs. 1 Satz 2 ApBetrO, der darauf abstellt, dass eine solche Sammelstelle zur ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von abgelegenen Orten oder Ortseilen erforderlich ist. Dementsprechend kann die bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu den Voraussetzungen für eine Unterhaltung von Rezeptsammelstellen (vgl. Urt. v. 9.7.1974 - 1 C 24/73 - Buchholz 418.21 ApBO Nr. 1) nicht - wie von dem Antragsteller begehrt - auf das Vorliegen eines "Notstandes" im Sinne des § 16 Abs. 1 ApoG übertragen werden. Nach dieser Rechtsprechung ist ein Ort oder Ortsteil abgelegen und die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung dieses Ortes oder Ortsteils nicht mehr "ordnungsgemäß" i.S.v. § 24 Abs. 1 Satz 2 ApBetrO, wenn die Entfernung zur nächstgelegenen oder erreichbaren Apotheke als grobes Richtmaß, das auch unterschritten werden kann, mehr als ungefähr 6 km beträgt und werktäglich während der Öffnungszeiten der Apotheke nicht mindestens je einmal vormittags und nachmittags die Möglichkeit besteht, den Weg zur Apotheke und zurück mit öffentlichen Verkehrsmitteln innerhalb etwa einer Stunde zurückzulegen. Würde man diesen Maßstab auf das Vorliegen eines Notstandes in der Arzneimittelversorgung im Sinne des § 16 Abs. 1 ApoG übertragen, so wären insbesondere in ländlichen Regionen in einer Vielzahl von Fällen die Voraussetzungen für die Errichtung einer Zweigapotheke gegeben. Dies widerspräche aber ersichtlich dem Sinn und Zweck der Regelung, Zweigapotheken nur in Ausnahmefällen zuzulassen. Nur wenn an das Vorliegen eines "Notstandes" im Sinne des § 16 ApoG hohe Anforderungen gestellt werden, kann es im Übrigen auch gerechtfertigt sein, dass anderenfalls nach § 17 ApoG eine Gemeinde oder ein Gemeindeverband eine Notapotheke betreiben kann. Die zuständige Behörde kann nämlich einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband die Erlaubnis zum Betrieb einer solchen Notapotheke unter Leitung eines von ihr anzustellenden Apothekers in den vorgeschriebenen Räumen und Einrichtungen erteilen, wenn binnen sechs Monaten nach öffentlicher Bekanntmachung eines "Notstandes in der Arzneimittelversorgung" weder ein Antrag auf Betrieb einer Apotheke noch einer Zweigapotheke gestellt worden ist.
Dass mangels außergewöhnlicher Versorgungsverhältnisse auch in kleineren Ortschaften nur eine "Vollapotheke" (und keine Zweigapotheke) betrieben werden darf, die "Orts-"Apotheke also vollständig den Anforderungen des § 4 ApBetrO entsprechen, insbesondere auch ein Laboratorium enthalten muss, stellt eine gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zulässige Berufsausübungsregelung für die betroffenen Apotheker dar. Das Laboratorium ist nämlich zur Herstellung von Arzneimitteln, sowie diese nicht in der Rezeptur erfolgt, zur Herstellung von Prüfmitteln und zur Prüfung und Untersuchung von Arzneimitteln und Prüfmitteln bestimmt (Pfeil/Pieck, ApBetrO, Kommentar, § 4 Rn. 57). In einer Zweigapotheke, die über kein solches Laboratorium verfügt, ist daher u.a. keine Überprüfung von Arzneimitteln möglich. Daher stellt es eine - die Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit rechfertigende (vgl. BVerfG, Urt. v. 16.1.2002 - 1 BvR 1236/99 -, BVerfGE 104, 357, 364 f.; Beschl. v. 17.4.2000 - 1 BvR 1538/98 -, NVwZ 2000, 1033) - vernünftige Erwägung des Gemeinwohls dar, den Betrieb einer (Zweig-)Apotheke ohne Laboratorium nur zu gestatten, wenn außergewöhnliche Versorgungsverhältnisse dies erfordern.
Dem Antragsteller ist einzuräumen, dass wegen der geringeren Anforderungen an die Zulässigkeit einer Rezeptsammelstelle im Vergleich zur Errichtung einer Zweigapotheke ein Anspruch auf Errichtung einer solchen Rezeptsammelstelle bestehen kann, eine Zweigapotheke aber nicht errichtet werden darf, obwohl - im Vergleich zu der Abgabe eines Medikaments über eine Rezeptsammelstelle - in einer Zweigapotheke insoweit eine bessere Arzneimittelversorgung geboten wird, als dort ein approbierter Apotheker für Beratung und Nachfragen zur Verfügung stellt. Aus den vorgenannten Gründen kann dies aber nicht dazu führen, dass die Anforderungen an den zum Betrieb einer Zweigapotheke notwendigen "Notstand in der Arzneimittelversorgung" im Sinne des § 16 ApoG abgesenkt werden. Vielmehr hat der Verordnungsgeber zu überprüfen, ob an den Rezeptsammelstellen in der bisherigen Form gemäß § 24 ApBetrO festgehalten werden soll. Dies erscheint schon deshalb angezeigt, weil gemäß § 11 a ApoG ab Jahresbeginn auf telefonische und elektronische Bestellung auch ein Versandhandel von apothekenpflichtigen Arzneimitteln zulässig ist. Jedenfalls für diejenigen Patienten, die sich auf diese Weise mit Medikamenten versorgen, besteht deshalb schon kein Bedürfnis mehr für die Benutzung von Rezeptsammelstellen. Der Gesetzgeber sieht in dem Versandhandel gerade auch ein Angebot für "immobile Patienten" (vgl. BT-Drs. 1525, S. 160 f.). Außerdem hat der Gesetzgeber in § 11a ApoG ausführlich die Anforderungen an die Qualitätssicherung bei dem Versand von Arzneimitteln geregelt, während vergleichbare Regelungen in § 24 ApBetrO für die Auslieferung von Arzneimitteln, für die die Verschreibung über eine Rezeptsammelstelle bei der Apotheke eingegangen ist, fehlen.
Für die Annahme eines "Notstandes in der Arzneimittelversorgung" kommt es vorliegend daher darauf an, ob der Zugang zur nächstgelegenen Apotheke außergewöhnlich erschwert ist. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Bewohner eines abgelegenen Ortes auf eine bestimmte, witterungsabhängige Verkehrsverbindung angewiesen sind, wie etwa Inseln oder Dörfer, die nur auf dem Wasser oder in der Luft erreichbar sind. Gleiches gilt für Bergdörfer, die damit rechnen müssen, im Winter durch Schnee und Eis von der Umwelt abgeschnitten zu werden (vgl. Hoffmann, a.a.O., § 16 Rn. 12). Ob darüber hinaus ein "Notstand in der Arzneimittelversorgung" auch dann angenommen werden kann, wenn die nächstgelegene Apotheke zwar mit den üblichen Verkehrsmitteln wie PKW und Bus auf einer Strasse erreicht werden kann, die Entfernung oder der Zeitaufwand dafür aber überdurchschnittlich groß ist (unklar insoweit Schiedermair/Pieck, a.a.O., die einerseits eine "Ausnahmesituation" voraussetzen, andererseits aber annehmen, ein "Notstand könne auch in einer Stadtrandsiedlung gegeben sein"), kann vorliegend offen bleiben. Jedenfalls kann bei der Prüfung nicht auf städtische Verhältnisse abgestellt werden, bei denen die nächstgelegene Apotheke häufig sogar zu Fuß erreichbar ist (vgl. so schon für Rezeptsammelstellen BVerwG, Urt. v. 9.7.1974, a.a.O.). Maßgeblich sind vielmehr die auch in ländlichen Regionen üblichen Verhältnisse. Von C., Gemeinde D., aus können jedoch mehrere in der Nähe gelegene Apotheken ohne einen für eine ländliche Region überdurchschnittlichen Aufwand erreicht werden. Der für die Errichtung einer Zweigapotheke notwendige "Notstand in der Arzneimittelversorgung" ist daher nicht gegeben.
Dafür spricht bereits, dass die Gemeinde D. - auch ohne Berücksichtigung der streitigen Zweigapotheke und der außerhalb des Gemeindegebiets gelegenen Apotheken u.a. des Antragstellers - mit den zwei Apotheken in I. und J. eine überdurchschnittliche Apothekendichte aufweist. Nach den Angaben der Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände gab es im Jahr 2003 im Bundesgebiet 21.305 Apotheken, d. h. im Bundesdurchschnitt versorgte eine Apotheke je 3.875 Einwohner. In der Gemeinde D. kommen hingegen bei einer Einwohnerzahl im Jahr 2003 - nach den Angaben des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik - von 6.593 und zwei Apotheken rechnerisch nur je (aufgerundet) 3.297 Einwohner auf eine der beiden Apotheken. Da das Bundesgebiet nicht gleichmäßig dicht besiedelt ist, kann allerdings allein aus der Anzahl der im Einzugsbereich einer Apotheke lebenden Personen noch nicht auf das Vorliegen oder Fehlen eines "Notstandes" geschlossen werden; vielmehr ist auch die Siedlungsdichte zu berücksichtigen. In dünn besiedelten Gebieten steigt auch bei rechnerisch durchschnittlicher Apothekenversorgungsdichte der Aufwand für die einzelnen Kunden entsprechend an. Auch insoweit weist die Gemeinde D. mit einer Besiedlungsdichte von 51 Personen pro qkm im Gemeindegebiet (6.593 Personen bei einer Gemeindefläche von 129 qkm) jedoch keine außergewöhnlichen Besonderheiten auf. Zwar liegt der Bundesdurchschnitt nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes mit 231 Einwohnern pro qkm deutlich höher. Schon der Vergleich zu den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg mit 75 bzw. 87 Einwohnern je qkm zeigt jedoch, dass es sich bei der Gemeinde D. - bezogen auf ein Gemeindegebiet - nicht um eine außergewöhnlich dünn besiedelte Region handelt.
Von C. aus können dementsprechend mehrere Apotheken mit einem jedenfalls für ländliche Regionen durchschnittlichen Aufwand mit einem PKW oder auch einem Bus erreicht werden. So liegt die über eine Landesstrasse erreichbare Hauptapotheke des Antragstellers etwa 7 Kilometer von C. entfernt. Weitere acht Apotheken befinden sich im Umkreis von 8 bis 10,6 Kilometern. Besondere Schwierigkeiten, diese Apotheken mit einem PKW zu erreichen, sind nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Nach den Fahrplangaben aus dem internet (weser-ems bus) bestehen außerdem von montags bis freitags zur Zeit täglich mindestens fünf Busverbindungen der Verkehrsbetriebe E. von C. nach H. mit einer Fahrzeit von etwa 10 Minuten, nach I. mit einer Fahrzeit von etwa 15 Minuten und bis zum Bahnhof von G. mit einer Fahrzeit von 20 Minuten.
Dass mit öffentlichen Verkehrsmitteln von C. aus nicht regelmäßig binnen einer Stunde ein Arzneimittel aus einer Apotheke geholt werden kann, ist nach den vorgenannten Ausführungen für das Vorliegen eines "Notstandes" unerheblich. Außerdem hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass nach Aktenlage 55% der etwa 1.600 Einwohner von C. in Streusiedlungen außerhalb des Ortskerns wohnen und daher ggf. sogar näher an einer der umliegenden "Vollapotheken" als an der bislang in C. betriebenen Zweigapotheke wohnen. Außerdem können sie auch von ihrer Wohnung aus nicht binnen einer Stunde mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu der Apotheke in C. und nach Hause zurück gelangen. Schließlich ergibt sich auch nichts anderes daraus, dass in C. ein Pflegeheim betrieben wird und dem Antragsteller der Betrieb der streitigen Zweigapotheke in C. in der Vergangenheit mehrfach erlaubt worden ist. Insoweit wird gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die zutreffende Begründung des Verwaltungsgerichts verwiesen.
Dem grundsätzlich begrüßenswerten Anliegen des Antragstellers, in C. für die dortigen Einwohner weiterhin eine Zweigapotheke zu betreiben, kann daher nach der geltenden Rechtslage nicht Rechnung getragen werden. Dem Antragsteller bleibt allenfalls die Möglichkeit, die bisherige Zweigapotheke in C. als Filialapotheke fortzuführen.
Ende der Entscheidung
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