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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 29.07.2008
Aktenzeichen: 8 PA 46/08
Rechtsgebiete: AufenthG, AuslG


Vorschriften:

AufenthG § 25 Abs. 5
AufenthG § 104 a
AuslG
Ein "Kosovo-Albaner" mit einem Ende April 1999 erteilten und Ende Juni 1999 verlängerten Besuchsvisum kann sich nicht erfolgreich darauf berufen, dass diese Aufenthaltszeiten im Sinne der Altfallregelung des § 104a Abs. 1 AufenthG zu berücksichtigen sind.
Aktenz.: 8 PA 46/08

Datum: 29.07.2008

Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass der Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg zukommt, § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO. Gemäß § 104a AufenthG kann der Klägerin schon deshalb keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, weil sie sich erst nach Ablauf des insoweit maßgeblichen Stichtages, des 1. Juli 1999, "geduldet" im Bundesgebiet aufhält. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, lässt § 104a AufenthG auch nicht die sinngemäß von der Klägerin geltend gemachte Gleichstellung der in § 104a AufenthG ausdrücklich genannten, berücksichtigungsfähigen Voraufenthaltszeiten mit denen zu, die ein Ausländer - wie die Klägerin in der Zeit vom 1. Mai 1999 bis zum 30. Juli 1999 - mit einem Besuchsvisum im Bundesgebiet verbracht hat. Dagegen spricht schon der bewusst eng gehaltene Wortlaut dieser Ausnahmeregelung. Der Klägerin kann auch nicht in ihrer Annahme gefolgt werden, dadurch werde sie benachteiligt, obwohl sie sich rechtmäßig verhalten habe. Letzteres trifft nicht zu. Wenn sie sich - wie sie nunmehr vorträgt - bereits ursprünglich nicht lediglich zu Besuchszwecken vorübergehend im Bundesgebiet aufhalten, sondern dort Schutz vor den Verhältnissen in ihrem Heimatland suchen wollte, hätte sie kein Besuchsvisum beantragen dürfen, sondern etwa die Aufnahme als "Flüchtling" aus dem Kosovo (vgl. zu der entsprechenden Aufnahmepraxis BT-Drs. 14/1445) gemäß § 32a AuslG beantragen müssen. Wer im Frühjahr/Sommer 1999 außerhalb dieser Quote als Schutzsuchender aus dem Kosovo einreisen wollte, konnte dies hingegen nicht legal unter Vorgabe eines angeblich von vornherein befristeten Besuchszwecks tun. Insoweit galten die dem entgegenstehenden, allgemeinen ausländerrechtlichen Vorschriften uneingeschränkt (vgl. die o.a. BT- Drs., S. 6, Ziffer 14). Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass eine abweichende Verfahrensweise auch mit den durch Abschluss des Schengener Durchführungsabkommens eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen unvereinbar gewesen wäre.

Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob die Klägerin durch ihre im Jahr 1999 gemachten Angaben zum Aufenthaltszweck bei der Erteilung und/oder der einmaligen Verlängerung des Besuchsvisums den Ausschusstatbestand des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verwirklicht hat oder eine Täuschungshandlung im Sinne dieser Vorschrift in den wechselnden Angaben zu ihrer Volkszugehörigkeit zu sehen ist.

Hinreichende Erfolgsaussichten bietet die Rechtsverfolgung der Klägerin auch nicht insoweit, als sie ihr Begehren ergänzend auf § 25 Abs. 5 AufenthG stützt.

Zwar ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (beginnend mit Beschl. v. 7.9.2007 - 8 PA 83 und 84/07 -, jüngst Beschl. v. 14.7. 2008 - 8 ME 39/08 - und v. 17.7.2008 - 8 ME 42/08 -, jeweils m. w. N., veröffentlicht in juris und in der Rechtsprechungsdatenbank der Niedersächsischen Verwaltungsgerichtsbarkeit im Internet) eine Prüfung auch dieser Rechtsgrundlage im gerichtlichen Verfahren angezeigt. Hinzu kommt, dass die Klägerin bereits am 25. Januar 2005, erneut am 20. September 2005 und nochmals am 11. September 2007 einen ausdrücklich (auch) auf diese Bestimmung gerichteten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus "humanitären" Gründen gestellt hatte, der aber nach Aktenlage offenbar vorübergehend in Vergessenheit geraten und über den deshalb bis zum Erlass des hier umstrittenen Bescheides vom 25. September 2007 noch nicht förmlich entschieden worden war. Die demnach gebotene Prüfung des Vorliegens auch der Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG geht aber in der Sache zu Lasten der Klägerin aus. Die Ausreise in ihr Heimatland bzw. ihre Heimatländer ist weder tatsächlich noch rechtlich unmöglich i. S. d. § 25 Abs. 5 AufenthG.

Soweit die Klägerin sich in der Vergangenheit auf eine an ihre Volkszugehörigkeit bzw. an Aktivitäten ihres Bruders anknüpfende Verfolgungsgefahr und Benachteiligungen berufen hat, handelt es sich materiell um Asylgründe, über die ausschließlich im Asylverfahren zu entscheiden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 3.3.2006 - 1 B 126/05 -, DVBl. 2006, 850 f.).

Inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse sind zwar von der Beklagten als Ausländerbehörde zu prüfen, hier aber nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gegeben. Die Klägerin ist reisefähig. Gleiches gilt für die Mutter der Klägerin, soweit sie durch ein Kind begleitet wird. Eine solche Begleitung ist jedenfalls der ausreisepflichtigen Klägerin möglich. Im Übrigen steht der Klägerin, sollte ihre Mutter zukünftig einen Aufenthaltstitel erhalten, auch kein Anspruch darauf zu, dass gerade sie, die Klägerin, und nicht ihr im Bundesgebiet lebender Bruder die Betreuung der Mutter übernimmt.

Ende der Entscheidung

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