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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 26.03.2003
Aktenzeichen: 9 KN 439/02
Rechtsgebiete: NAbfG, NKAG


Vorschriften:

GG Art. 3 I
NAbfG § 12 II 2
NAbfG § 12 IV
NAbfG § 12 VI
NKAG § 5 III 2
1. Der nicht die wirkliche, sondern nur die wahrscheinliche Inanspruchnahme des Abfallbeseitigungssystems wiedergebende Behältervolumenmaßstab ist grundsätzlich mit höherrangigem Recht vereinbar.

2. Die Verpflichtungen zum Vorhalten eines Mindestbehältervolumens und zur Durchführung von mindestens 16 Entleerungen im Jahr verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.

3. Die Erhebung einer unterschiedlich hohen Grundgebühr liegt nahe, wenn Gruppen von Gebührenpflichtigen deutlich unterschiedlich von den Vorhalte- und Bereitstellungsleistungen profitieren.

4. Die Quersubventionierung von Sperrmüll- und Altpapierentsorgung ist grundsätzlich durch § 12 Abs. 4 NAbfG gedeckt.


Gründe:

Der Antrag, die Abfallgebührensatzung des Antragsgegners vom 7. Juni 2002 für unwirksam zu erklären, ist unbegründet. Denn die Satzung erweist sich bei ihrer Überprüfung im Normenkontrollverfahren als rechtmäßig.

Den Antragstellern kann nicht darin gefolgt werden, dass die Leistungsgebühr nach dem Wirklichkeitsmaßstab des § 5 Abs. 3 Satz 1 NKAG erhoben werden müsse und vom Antragsgegner auch so erhoben worden sei. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 4 AGS bestimmt sich die Höhe der Leistungsgebühr nach der Anzahl, dem Volumen und der Leerungshäufigkeit der bereit gestellten Restabfallbehälter; es sind jährlich mindestens 16 Entleerungen in Anspruch zu nehmen (§ 2 Abs. 1 Satz 5 AGS). Der Gebührenpflichtige zahlt also nicht nach Menge oder Gewicht des tatsächlich überlassenen Restabfalls und damit der wirklichen Inanspruchnahme des Abfallbeseitigungssystems. Die Gebührenhöhe richtet sich vielmehr nach dem ihm zur Verfügung gestellten Behältervolumen, das er sowohl im Einzelfall als auch über das Jahr gesehen nicht voll ausschöpfen muss, weil das Behältervolumen unabhängig von der produzierten Abfallmenge vorzuhalten ist und mindestens 16 Entleerungen durchzuführen sind. Außerdem belegen schon die in der Anlage 1 zur Abfallgebührensatzung des Antragsgegners getroffenen Regelungen über die Zuordnung der Restabfallbehälter, dass das vorzuhaltende Behältervolumen nicht genau die pro Grundstück anfallende oder zu erwartende Abfallmenge wiedergibt. So kann ein Vierpersonenhaushalt einen 80 l Restabfallbehälter wählen, obwohl bei 16 Abfuhren pro Jahr ein notwendiges Abfallvolumen von 104 Liter errechnet ist.

Die vom Antragsgegner beschlossenen Regelungen über die Leistungsgebühr knüpfen somit nicht an die wirkliche, sondern an die wahrscheinliche Inanspruchnahme des Abfallbeseitigungssystems an. Die Größe des Behältervolumens gibt nicht den im Einzelfall bestehenden Bedarf wieder, sondern berücksichtigt nur eine vermutete wahrscheinliche Höchstinanspruchnahme. Damit hat der Antragsgegner sich für eine Wahrscheinlichkeitsmaßstab entschieden. Dies ist mit § 5 Abs. 3 Satz 2 NKAG und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, wenn eine Gebührenbemessung nach Art und Umfang der Inanspruchnahme schwierig oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist, der Wahrscheinlichkeitsmaßstab nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Inanspruchnahme steht und sachliche Gründe dafür sprechen, sich trotz des eintretenden "Realitätsverlustes" für einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu entscheiden (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.10.1994 - 8 C 21.92 -, NVwZ-RR 1995, 348 = KStZ 1995, 54 = NSt-N 1994, 323). Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen kann hier ausgegangen werden. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Urt. v. 29.3.1995 - 9 L 4417/94 - NVwZ-RR 1996, 289 m.w.N.; ähnlich VGH Kassel, Beschl. v. 31.1.1991 - 5 N 1388/88 - NVwZ-RR 1991, 578), dass ein Abstellen auf das Behältervolumen rechtlich nicht zu beanstanden ist, weil das verfügbare Volumen einen hinreichend sicheren und zuverlässigen Rückschluss auf die wahrscheinliche Inanspruchnahme der Hausmüllabfuhr zulässt. Das einen zusätzlichen "Realitätsverlust" bewirkende Abstellen auf ein Mindestbehältervolumen und auf eine Anzahl von Mindestentleerungen wird vom Antragsgegner ausweislich der Vorlage an den Ausschuss für Abfallwirtschaft (Drucks. Nr. 01/715-03) mit der Notwendigkeit einer gesicherten, wilde Ablagerungen verhindernden Abfallentsorgung und dem Vorteil einer hohen Kalkulationssicherheit gerechtfertigt. Diese Gesichtspunkte vermögen den eingetretenen Realitätsverlust sachlich zu rechtfertigen. Denn es handelt sich um so gewichtige Rechtsgüter, dass sie Einfluss auf Einzelheiten der Gebührengestaltung nehmen dürfen.

Die Verpflichtungen zum Vorhalten eines Mindestbehältervolumens und zur Durchführung von mindestens 16 Entleerungen im Jahr sind auch mit § 12 Abs. 2 Satz 2 NAbfG in der hier maßgeblichen Fassung des am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Änderungsgesetzes vom 12. Dezember 2002 (Nds.GVBl. 2002, 802) vereinbar. Das in dieser Vorschrift sowohl in seiner Alt- als auch in seiner Neufassung zum Ausdruck kommende Gebot, bei der Gebührengestaltung Anreize zur Abfallvermeidung und Abfallverwertung zu schaffen, zwingt nicht zu Gebührenregelungen, die diesem Gesichtspunkt in jeder Hinsicht Rechnung tragen. Dies gilt in noch verstärktem Maße, seitdem § 12 Abs. 2 Satz 2 NAbfG durch Art. 1 Ziff. 2 b) bb) des Änderungsgesetzes vom 12. Dezember 2002 von einer Muss-Vorschrift in eine Soll-Vorschrift abgewandelt worden ist. Bei der Ausgestaltung ihres Gebührensystems hat die abfallbeseitigungspflichtige Körperschaft ein weites Ermessen, innerhalb dessen sie auf unterschiedliche Maßstäbe zurückgreifen und auf verschiedene Gesichtspunkte abstellen kann. Sie hat neben dem Erfordernis, zur Abfallvermeidung und Abfallverwertung anzuhalten, auch zahlreiche andere Kriterien zu berücksichtigen, die - wie etwa die Notwendigkeit einer geordneten Abfallentsorgung sowie das Vorhandensein einer Kalkulationssicherheit - einer zu starken Gebührendifferenzierung je nach der Menge des tatsächlich anfallenden Abfalls entgegenstehen können (vgl. z. B. Urt. d. Senats v. 26.11.1997 - 9 L 173/96 -). So kann es sachgerecht sein, durch die Festlegung von Mindestentleerungen sicherzustellen, dass der Abfall in regelmäßigen Zeitabständen abgefahren und der Gebührenpflichtige nicht verleitet wird, sich seiner Restabfälle zwecks Minderung der Gebührenlast verbotswidrig zu entledigen (Urt. d. Senats v. 30.4.1996 - 9 K 526/96 -). Auch die Zulässigkeit einer Mindestgebühr nach § 12 Abs. 6 Satz 3 NAbfG verdeutlich, dass bei der Gebührengestaltung eine bestimmte Mindestinanspruchnahme durchaus unterstellt werden darf und der niedersächsische Gesetzgeber die Nachteile, die nach Angaben der Antragsteller im Hinblick auf eine Abfallvermeidung mit Mindestentleerungen verbunden sein können, durchaus in Kauf genommen hat. § 12 Abs. 2 Satz 2 NAbfG richtet sich daher nicht an jede einzelne Teilregelung einer Gebührensatzung, sondern ist bereits beachtet, wenn die Gebührengestaltung in ihrer Gesamtheit hinreichend Anreize zur Abfallvermeidung und Abfallverwertung bietet. Diese Anforderung ist vorliegend eingehalten, weil die Höhe der zu zahlenden Gebühr vom Gebührenpflichtigen durch die Wahl des vorzuhaltenden Behältervolumens und durch die Anzahl der Entleerungen hinreichend beeinflusst werden kann.

Die Antragsteller erblicken zu Unrecht einen zur Unwirksamkeit der Gebührensatzung führenden Verstoß gegen höherrangiges Recht darin, dass das mindestens vorzuhaltende Restabfallbehältervolumen nach § 2 Abs. 5 c AGS zwar bei Familien mit 7 oder 8 Personen, nicht aber auch bei größeren Haushalten auf 120 l reduziert werden könne. Ihnen ist zwar darin beizupflichten, dass eine umfassendere, sich auf alle Familien mit mehr als 7 Personen beziehende Billigkeitsregelung sachgerechter gewesen wäre. Diese Unzulänglichkeit führt indessen nicht zu einer rechtswidrigen, eine Gesamt- oder Teilnichtigkeit der Gebührensatzung zur Folge habenden Regelungslücke, weil nach dem auch im Abfallbeseitigungsgebührenrecht geltenden Grundsatz der Zulässigkeit von Typisierungen nur zahlenmäßig bedeutsame, nämlich 10% oder mehr der Gesamtfälle ausmachende Fallgestaltungen, speziell geregelt werden müssen (vgl z. B. BVerwG, Beschl. v. 5. 11. 2001 - 9 B 50.01 - NVwZ-RR 2002, 217). Für die relativ bedeutungslose Anzahl der Familien mit mehr als 8 Personen sind daher Sonderregelungen der nach § 2 Abs. 5 c AGS bestehenden Art nicht erforderlich. Dies gilt um so mehr, als der Antragsgegner eine Gebührenermäßigung beim Vorliegen einer unbilligen Härte auch unabhängig von seinem Satzungsrecht, nämlich nach den allgemeinen gesetzlichen Billigkeitsvorschriften, gewähren kann.

Die Angriffe der Antragsteller gegen die Regelung der Grundgebühr in § 3 Abs. 1 AGS greifen ebenfalls nicht durch. Den Antragstellern kann nicht darin beigepflichtet werden, dass schon vom Grundsatz her für 60, 80 und 120 l Restabfallbehälter unterschiedlich hohe Grundgebühren vorgesehen werden müssten. Nach der Rechtsprechung des Senats wäre der Antragsgegner sogar berechtigt gewesen, eine gleich hohe Grundgebühr für alle Grundstücke (vgl. Urt. des Senats v. 20.1.2000 - 9 L 2396/99 - ZMR 2000, 713) oder alle Wohnungen (vgl. Urt. des Senats v. 24.6.1998 - 9 L 2722/96 -) einzuführen, sofern sie vom Vorhalten und der Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft des Abfallbeseitigungssystems einen im Wesentlichen gleichen Vorteil haben. Dann aber kann es ihm bei Beachtung des Gesichtspunkts der im Wesentlichen gleichen Vorteilslage auch nicht verwehrt sein, nur bestimmte Gruppen von Gebührenpflichtigen, nämlich die Besitzer von 60, 80 und 120 l Restabfallbehältern, zu einer einheitlichen Grundgebühr zusammenzufassen. Er darf grundsätzlich zugleich auch für 240 l Restabfallbehälter und 1,1 m³ Umleerbehälter eine wesentlich höhere Grundgebühr als für die kleineren Restabfallbehälter vorsehen, weil es den von den Antragstellern behaupteten Grundsatz, dass im niedersächsischen Landesrecht nur lineare und degressive Gebührenbemessungsverfahren zulässig seien, nicht gibt (vgl. z.B. § 12 Abs. 6 Satz 2 NAbfG, wonach Abfallbeseitigungsgebühren auch progressiv gestaffelt sein können, soweit die Gebührenhöhe nicht außer Verhältnis zur Leistung der kommunalen Abfallentsorgung steht). Differenzierungen in der Höhe der Grundgebühr sind nach den §§ 5 Abs. 3 NKAG, 12 Abs. 6 NAbfG sowie nach Art. 3 Abs. 1 GG zulässig, sofern sich sachliche, am Wert der Vorhalteleistung und Betriebsbereitschaft orientierte Gesichtspunkte für sie finden lassen. Abzustellen ist insoweit darauf, dass die Höhe der Grundgebühr - verbrauchsunabhängig - an Art und Umfang der aus der Lieferbereitschaft folgenden abrufbaren Arbeitsleistung ausgerichtet sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 1.8.1986 - 8 C 112.84 - KStZ 1987, 11; Urteile des Senats v. 24.6.1998 - 9 K 6907/95 und 9 L 2722/96 - sowie vom 20.1.2000 - 9 L 636/99 -). Sind die für bestimmte Benutzergruppen zu erbringenden Vorhalte- und Bereitstellungskosten im Wesentlichen gleich hoch, so kann eine einheitliche Grundgebühr regelmäßig erhoben werden. Erst wenn bestimmte Gruppen von Gebührenpflichtigen deutlich stärker von Vorhalte- und Bereitstellungsleistungen profitieren und die dadurch entstehenden Mehrkosten letztlich ihnen zugerechnet werden können, liegt die Erhebung einer unterschiedlich hohen Grundgebühr nahe (vgl. Urt. des Senats v. 20.1.2000, aaO). Vorliegend kommt es also entscheidend darauf an, ob sich an den genannten Kriterien orientierte Gesichtspunkte dafür finden lassen, einerseits für 60, 80 und 120 l Restabfallbehälter eine einheitliche Grundgebühr und andererseits für 240 l Restabfallbehälter und 1,1 m³ Umleerbehälter jeweils eine deutlich höhere Grundgebühr vorzusehen. Der Antragsgegner hat die vorgenommenen Differenzierungen und Gleichbehandlungen damit gerechtfertigt, dass die über die Grundgebühr quersubventionierten Leistungsbereiche (die Entsorgung von Altpapier, Grünabfällen, Sperrmüll und Sonderabfällen) einerseits von den über 60 bis 120 l Abfallbehälter verfügenden Grundstücksbesitzern im Wesentlichen gleich, andererseits von den über 240 l Restabfallbehälter und 1,1 m³ Umleerbehälter verfügenden Bewohnern von Großwohnobjekten aber wesentlich stärker in Anspruch genommen würden. Diese aus sich heraus einleuchtende Erklärung, der die Antragsteller nicht substantiiert widersprochen haben, vermag die in § 3 Abs. 1 AGS gewählte Gebührengestaltung sachlich zu rechtfertigen.

Der von den Antragstellern vertretene Rechtsstandpunkt lässt sich mit ihrer Bezugnahme auf das zum baden-württembergischen Gebührenrecht ergangene Urteil des VGH Mannheim v. 30.1.1997 (- 2 S 1891/94 - VBlBW 1997, 271) nicht begründen. Das Gericht hat entschieden, dass eine leistungsbezogene, auch variable Kosten abdeckende Gebühr nicht nach der Zahl der auf dem Grundstück wohnenden Personen, sondern degressiv zu bemessen sei, weil die Menge des auf einem Wohngrundstück entstehenden Abfalls nicht entsprechend der Zahl der Grundstücksbewohner ansteige. Diese Rechtsprechung ist auf die von den Antragstellern beanstandete Regelung der Grundgebühr in § 3 Abs. 1 AGS schon deshalb nicht anwendbar, weil sie sich auf die Refinanzierung variabler Kosten bezieht, während es bei § 3 Abs. 1 AGS um fixe Kosten geht, die allein durch das Vorhalten und die Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft entstehen und daher jedem Bewohner eines Grundstücks vom Grundsatz her gleichermaßen zugeordnet werden können. Die Anwendbarkeit der in Bezug genommenen Rechtsprechung auf die in § 3 Abs. 2 AGS geregelte Leistungsgebühr scheitert daran, dass der VGH Mannheim über einen grundstücksbezogenen Personenmaßstab entschieden hat, während es bei § 3 Abs. 2 AGS um den Behältervolumenmaßstab geht. Die der Anlage 1 zur Abfallgebührensatzung des Antragsgegners zugrunde liegende Regelung, dass sich das vorzuhaltende Behältervolumen nach der Anzahl der auf dem Grundstück wohnenden Personen richtet, ist in Niedersachsen weitgehend üblich und rechtlich nicht zu beanstanden. Selbst wenn die Annahme, mit zunehmender Zahl der Grundstücksbewohner nehme die relative Menge an Abfall pro Person ab, zutreffen sollte, so fielen diese Unterschiede jedenfalls nicht derart stark aus, dass sie von der Sache her zwingend bei der Zuteilung der Restabfallbehälter zu den einzelnen Grundstücken berücksichtigt werden müssten.

Die Antragsteller können schließlich auch nicht mit ihrem Einwand durchdringen, dass die in § 3 Abs. 1 AGS vorgesehene Grundgebühr die von § 12 Abs. 2 Satz 2 NAbfG geforderten Anreize zur Abfallvermeidung nicht biete. Der Gesetzgeber hat die Einführung einer Grundgebühr auch im Abfallbeseitigungsgebührenrecht ausdrücklich in § 12 Abs. 6 Satz 3 NAbfG zugelassen. Er hat damit die nachteiligen Auswirkungen, die eine Grundgebühr in Bezug auf ein abfallvermeidendes Verhalten mit sich bringen kann, bewusst in Kauf genommen.

Ohne Erfolg bleiben auch die Angriffe der Antragsteller gegen die nach § 3 Abs. 1 Satz 2 AGS vorgenommene Quersubventionierung der Sperrmüll- und Altpapierentsorgung. Sie ist durch § 12 Abs. 4 NAbfG gedeckt. Nach dieser Vorschrift können die Aufwendungen für die Entsorgung getrennt überlassener Abfälle (hier Sperrmüll und Altpapier) einbezogen werden in die Ermittlung der Aufwendungen für die Entsorgung ungetrennt überlassener Abfälle, also der Restabfälle. Entgegen der Ansicht der Antragsteller läuft eine solche Regelung auch nicht den Zielsetzungen des § 12 Abs. 2 Satz 2 NAbfG zuwider. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile v. 30.4.1996 - 9 K 526/96 - und v. 20.1.2000 - 9 L 2396/99 - ZMR 2000, 713) dient § 12 Abs. 4 NAbfG gerade den von § 12 Abs. 2 Satz 2 NAbfG ebenfalls verfolgten Zwecken der Abfallvermeidung und Abfallverwertung. Denn es liege - so hat der Senat ausgeführt - auf der Hand, dass eine Gebührenfreistellung oder eine Gebührensenkung etwa für Sperrmüll und Altpapier, einen nachhaltigen Anreiz finanzieller Art dafür schafft, Abfälle getrennt zu überlassen, wodurch nicht nur die Verwertung der - getrennt überlassenen - Abfälle gefördert, sondern zugleich das anfallende - in der Regel nicht verwertbare - Restabfallvolumen reduziert werde. Die Ansicht der Antragsteller, dass die Gebührenfreistellung bei Sperrmüll und Altpapier gerade dazu verleite, Sperrmüll nicht gesondert zu entsorgen, sondern in den Restabfallbehälter zu werfen, mag zwar in Einzelfällen - vor allem bei kleinerem Sperrmüll - zutreffen, ist aber insgesamt gesehen bei weitem nicht von solchem Gewicht, dass sie eine Änderung der genannten Rechtsprechung rechtfertigen könnte. Entsprechendes gilt auch für die Behauptung der Antragsteller, dass die Kostenfreiheit dazu verleite, Gegenstände nicht einer weiteren Verwertung durch Wohlfahrtsverbände zuzuführen.

Den Antragstellern kann auch nicht darin beigepflichtet werden, dass die Quersubventionierung von Sperrmüll- und Altpapierentsorgung in einer vom NKAG nicht mehr gedeckten Weise vom Verursacherprinzip abweiche. Sie lassen bei ihrer Argumentation unberücksichtigt, dass das Unterbleiben einer gesonderten Gebührenerhebung für die Sperrmüll- und Altpapierentsorgung vom Ansatz her mit den von § 5 NKAG vorgegebenen Grundsätzen des Gebührenrechts durchaus übereinstimmt. Danach kann der einzelne Benutzer nicht beanspruchen, innerhalb einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung grundsätzlich nur mit den Kosten belastet zu werden, die er tatsächlich mit verursacht hat. Wegen des Verzichts auf die Berücksichtigung individueller Verhältnisse muss es der Gebührenpflichtige vielmehr hinnehmen, dass über eine einheitliche Benutzungsgebühr auch Leistungsbereiche refinanziert werden, hinsichtlich derer er zur Kostenentstehung nicht beigetragen hat (vgl. Urt. des Senats v. 30.4.1996 - 9 K 526/96 - unter Bezugnahme auf BVerwG, Urt. v. 18.4.1975 - VII C 41.73 - KStZ 1975, 191 - und v. 16.9.1981 - 8 C 48.81 - DVBl. 1982, 76, siehe ferner Urt. des Senats v. 26.5.1993 - 9 L 4733/91 - sowie VGH Mannheim, Urt. v. 22.10.1998 - 2 S 399/97 - ZKF 1999, 231). Dem von den Antragstellern angeführten Umstand, dass vor allem gewerbliche und über 1,1 m³ Umleerbehälter verfügende Betriebe Sperrmüll und Altpapier produzierten, trägt die angegriffene Abfallgebührensatzung in § 3 Abs. 1 Satz 1 dadurch Rechnung, dass solche Betriebe zu einer deutlich höheren Grundgebühr herangezogen werden.

Eine Unwirksamkeit der angefochtenen Abfallgebührensatzung lässt sich schließlich auch nicht daraus herleiten, dass die Satzung keine Befreiungs- und Ermäßigungsregelung für die Fälle enthält, in denen die Müllfahrzeuge Straßen nicht befahren können und die Grundstückseigentümer ihre Abfallbehälter deshalb zu vom Antragsgegner festgelegten Sammelplätzen bringen müssen. Die gegenteilige Auffassung der Antragsteller verkennt, dass es einer solchen Regelung nicht bedarf. Ist es den Grundstückseigentümern zumutbar, ihre Abfallbehälter zu den vom Antragsgegner festgelegten Sammelplätzen zu bringen, und unterliegen sie deshalb hinsichtlich der Abfallbeseitigung dem Anschluss- und Benutzungszwang, so sind sie im vollen Umfang gebührenpflichtig, weil sie die von der abfallbeseitigungspflichtigen Körperschaft erbrachte Leistung, nämlich den Abtransport und die Entsorgung des Restabfalls, vollständig erhalten; diese den ausschließlichen Bezugspunkt der Gebührenpflicht bildende Leistung wird dadurch, dass sie ihren Restabfallbehälter nicht nur vor ihr Grundstück, sondern zu einem Sammelplatz bringen müssen, in keiner Weise geschmälert. Ist es den Grundstückseigentümern hingegen nicht zumutbar, ihren Restabfallbehälter zum Sammelplatz zu bringen, so entfällt der Anschluss- und Benutzungszwang in bezug auf die Abfallbeseitigung und damit - so lange der Grundstückseigentümer nicht gleichwohl das Abfallbeseitigungssystem in Anspruch nimmt - zugleich auch die Gebührenpflicht, ohne dass es noch der von den Antragstellern geforderten besonderen Regelung in der Abfallgebührensatzung bedarf.

Ende der Entscheidung

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