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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 17.06.2008
Aktenzeichen: 9 LB 8/07
Rechtsgebiete: BewG, II. BVO, ZwStS, BGB, VwGO, NKAG


Vorschriften:

BewG § 79
BewG § 79 Abs. 1
II. BVO § 42
II. BVO § 43
II. BVO § 44
ZwStS § 2
ZwStS § 3
ZwStS § 3 Abs. 1
ZwStS § 3 Abs. 1 a
ZwStS § 3 Abs. 2
ZwStS § 3 Abs. 3
ZwStS § 3 Abs. 3 Satz 1
ZwStS § 3 Abs. 3 Satz 2
ZwStS § 4
ZwStS § 4 Abs. 1 b
ZwStS § 4 Abs. 1 c
ZwStS § 4 Abs. 2
ZwStS § 4 Abs. 3
BGB § 558 c
VwGO § 113 Abs. 1 Satz 1
NKAG § 3 Abs. 1 Satz 1
Unterbleibt die nach der Zweitwohnungsteuersatzung vorgesehene Schätzung der üblichen Miete für ein eigengenutztes Ferienhaus nach Art, Lage und Ausstattung und führt die stattdessen unbesehene Übernahme eines Mietspiegels des Finanzamts für Dauermietwohnungen, in den der Mietaufwand für Ferienwohnungen nicht eingeflossen ist, zu einem niedrigeren Mietaufwand und damit zu einer niedrigeren Festsetzung der Zweitwohnungsteuer als bei ordnungsgemäßer Schätzung der üblichen Miete, wird der Steuerpflichtige durch die rechtsfehlerhafte Bestimmung der üblichen Miete nicht in seinen Rechten verletzt.
Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer für sein Einfamilienhaus auf der Insel Juist.

Dem Kläger mit Hauptwohnsitz in Münster gehört zusammen mit seiner Ehefrau ein 1906 erbautes, im Ortsteil D. auf der Insel Juist gelegenes Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 92 m², das er für sich und seine Familie regelmäßig in der Zeit vom 15. Juli bis 5. September eines jeden Jahres und darüber hinaus an Feiertagen als Ferienhaus nutzt. Eine Fremdvermietung erfolgt nicht.

In der Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten findet sich unter § 3 folgende Regelung: Steuermaßstab

(1) Die Steuerschuld wird nach dem jährlichen Mietaufwand berechnet.

(2) Der jährliche Mietaufwand ist das Gesamtentgelt, das der Steuerpflichtige für die Benutzung der Wohnung aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld für ein Jahr zu entrichten hat (Jahresrohmiete).

(3) Statt des Betrages nach Absatz 2 gilt als jährlicher Mietaufwand die übliche Miete für solche Wohnungen, die eigengenutzt, unbenutzt, zum vorübergehenden Gebrauch oder unentgeltlich überlassen sind. Die übliche Miete wird in Anlehnung an die Jahresrohmiete geschätzt, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird.

(4) Die Vorschriften des § 79 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes in der Fassung vom 01.02.1991 (BGBl. I Seite 230), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29.10.1997 (BGBl. I Seite 2590/2594), finden entsprechend Anwendung. Für eine Wohnflächenberechnung sind die §§ 42 bis 44 der Zweiten Berechnungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.10.1990 (BGBl. I Seite 2178) zuletzt geändert durch Verordnung vom 23.07.1996 (BGBl. I Seite 1167) entsprechend anzuwenden.

Nach § 4 Abs. 1 b) der Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten beläuft sich die Steuerschuld bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 2.045,17 € (4.000,00 DM), aber nicht mehr als 4.090,34 € (8.000,00 DM) auf einen Betrag in Höhe von 560,00 € (1.095,26 DM).

Mit Bescheid vom 11. Juni 2001 zog die Beklagte den Kläger zu einer Zweitwohnungsteuer in Höhe von 1.095,26 DM (560,00 €) heran. Dieser Heranziehung legte die Beklagte einen jährlichen Mietaufwand für das Ferienhaus des Klägers in Höhe von 7.603,20 DM zugrunde. Diesen Mietaufwand bestimmte die Beklagte durch Anwendung eines seit dem 1. Januar 1994 unverändert gebliebenen Mietspiegels des Finanzamts Norden für Dauermietverhältnisse. Dieser Mietspiegel weist für bis zum 31. Dezember 1960 hergestellte und bis 120 m² große Wohnungen auf der Insel Juist einen monatlichen Mietwert von 7,20 DM pro m² Wohnfläche aus. Bei der Aufstellung des Mietspiegels sind Ferienwohnungen nicht berücksichtigt worden.

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat der Kläger gegen seine Heranziehung am 6. September 2001 Klage erhoben.

Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, es fehle in der Zweitwohnungsteuersatzung eine nachvollziehbare und bestimmte Regelung zur Festlegung der ortsüblichen Durchschnittsmiete. Es sei nicht nachvollziehbar, ob und unter welchen Voraussetzungen die Beklagte etwa das Baujahr 1906 und den baulichen Zustand des Gebäudes berücksichtige. Der Mietspiegel differenziere nicht nach Art, Lage und Ausstattung der Räume eines Ferienhauses. Zudem entspreche der herangezogene Mietspiegel nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil er nicht im Abstand von 2 Jahren an die Marktentwicklung angepasst worden sei, wie es nach § 558 c BGB erfolgen solle.

Die als Jahressteuer angelegte Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer stehe nicht im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es sei unangemessen, an der Jahressteuer festzuhalten, wenn bereits eingangs des Steuerjahres eindeutig feststehe, dass eine Möglichkeit zur Eigennutzung nur einen erheblich geringeren zeitlichen Umfang haben könne.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. August 2001 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass der von der Finanzverwaltung erstellte Mietspiegel als solcher für die Schätzung der üblichen Miete geeignet sei. Es sei nicht zu beanstanden, dass die die Zweitwohnungsteuer erhebende Gemeinde sich den Bewertungssachverstand der örtlichen Finanzverwaltung zu eigen mache, anstatt noch eigene Erwägungen hinzuzufügen. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht verletzt. Der vom Kläger geäußerte Gedanke der ganzjährigen Nutzung als Maßstab für die Jahressteuer berücksichtige nicht, dass der Zweitwohnungsteueranspruch nicht vom zeitlichen Umfang der im einzelnen Steuerjahr tatsächlich erfolgten Nutzung der Wohnung abhänge, sondern nur davon, ob die Wohnung zur eigenen privaten Nutzung vorgehalten werde, was bei dem Kläger unstreitig der Fall sei.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Steuermaßstab in § 3 der Zweitwohnungsteuersatzung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Die Festsetzung der Zweitwohnungsteuer durch den angefochtenen Bescheid auf 1.095,26 DM sei nicht zu beanstanden. Die allgemeinen Grenzen der Steuererhebung seien nicht überschritten. Ebenso wenig sei ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auszumachen. Es sei ausreichend, eine Ermäßigung der Jahressteuer nur bei von vornherein vertraglich begrenzter Verfügbarkeit für die persönliche Lebensführung vorzusehen, was die Beklagte hinsichtlich der Mischnutzung in § 4 Abs. 2 und 3 ZWS geregelt habe. Diese Regelung sei für den Kläger nicht einschlägig.

Zwar sei die Vorgehensweise der Beklagten bei der Anwendung des Mietspiegels deshalb zu beanstanden, weil sie den Mietspiegel ohne eigene Erwägungen übernommen habe, obwohl Ferienwohnungen keinen Eingang in den verwendeten Mietspiegel gefunden hätten. Das fehlerhafte Vorgehen bei der Ermittlung der üblichen Miete wirke sich aber im Ergebnis nicht zu Gunsten des Klägers aus. Der Steuerpflichtige könne der Schätzung der Behörde nämlich nicht durch Bestreiten oder unsubstanziiertes Behaupten, sondern nur dadurch entgegen treten, dass er substanziiert Tatsachen und/oder Erfahrungssätze vortrage, die es nahe legten, dass ein niedrigerer als der von der Behörde festgestellte Wert der Wahrscheinlichere sei. Weder habe der Kläger derartige Einwände erhoben noch seien solche ersichtlich.

Auf den Antrag des Klägers hat der bis zum 31. Dezember 2006 für das Zweitwohnungsteuerrecht zuständig gewesene 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Die Beklagte habe den Mietspiegel des Finanzamtes nicht als Schätzungsgrundlage herangezogen, sondern diesen unbesehen übernommen. Sie habe bei dem von ihr verwendeten Mietspiegel Ferienwohnungen nicht berücksichtigt. Ein derartiger Mietspiegel könne der Steuererhebung aber nur dann - unbesehen - zugrunde gelegt werden, wenn bei seiner Erstellung nach Art, Lage und Ausstattung mit seinem Ferienhaus vergleichbare Objekte berücksichtigt worden seien. Eine solche Differenzierung sei dem Mietspiegel nicht zu entnehmen und werde seitens der Beklagten auch nicht behauptet. Die Beklagte sei deshalb zumindest gehalten, unter Berücksichtigung der Besonderheiten von Ferienwohnungen die übliche Miete zu schätzen. Diese Schätzungsgrundlage sei von der Beklagten offen zu legen. Erst danach könne der Kläger überprüfen, ob die Beklagte den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten und eine völlig unangemessene Schätzung durchgeführt habe. Ein solches Vorgehen sei der Beklagten auch zuzumuten, da eine solche Schätzung ohne großen Zeit- und Kostenaufwand durchgeführt werden könne.

Entgegen ihrer Verpflichtung aus § 3 der Zweitwohnungsteuersatzung habe die Beklagte die Lage des Einfamilienhauses im Ortsteil D., der vom Ortskern ca. 2 km entfernt sei, überhaupt nicht beachtet. Offenbar habe man alle Häuser des Inselortes gleich bewertet. Die Gemeinde habe sich daher nicht an die Bewertungsmaßstäbe gehalten, die sie selbst in der Satzung aufgestellt habe. Das nicht satzungsgemäße Vorgehen der Beklagten verletze ihn in seinen Rechten.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass das klageabweisende Urteil im Ergebnis richtig sei, weil der angefochtene Zweitwohnungsteuerbescheid rechtmäßig sei. Der von der Beklagten bei der Steuerfestsetzung zugrunde gelegte Mietwert sei auch bei der vom Kläger geforderten Berücksichtigung der Besonderheiten von Ferienwohnungen nicht überhöht. Er sei vielmehr bei weitem zu niedrig angesetzt. Für das Ferienhaus des Klägers sei es sachgerecht, zur Ermittlung der Miete auf einen örtlich einschlägigen Mietspiegel des zuständigen Finanzamtes für Dauermietverhältnisse zurückzugreifen. Die Mietpreisverhältnisse für die Vermietung an wechselnde Gäste hätten sich hinsichtlich der qm-Miete als - Ortsteile übergreifend - homogen erwiesen. Multipliziere man den durchschnittlichen Tagesmietpreis im Jahr 2001 für Ferienhäuser in Höhe von 2,64 DM je m² mit der Durchschnittsbelegungszahl in Höhe von 147 Tagen, ergebe sich ein Mietwert in Höhe von 34.096,70 DM (2,64 DM x 147 Tage x 88 m²). Selbst wenn man nur eine Vermietungstagezahl von 80 Tagen annehmen wollte, so ergebe sich immer noch eine Jahresmiete von 18.556,05 DM. Das sei weitaus mehr (das 2,5fache) als der Betrag, den die Beklagte anhand des Dauermieten-Mietspiegels zugrunde gelegt habe (7.603,20 DM). Der vom Kläger geführte Einwand mangelnder Realitätsnähe gehe damit zu seinen Lasten. Die Bemessungspraxis anhand des Mietspiegels für vermietete Dauerwohnungen verstoße nicht gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG. Eine Ungleichbehandlung sei nur dann zu erwarten, wenn das Innehaben der Zweitwohnungen typischerweise von dem Unterschied geprägt sei, dass sich Steuerpflichtige mit lediglich als Dauerwohnung vermietbaren Zweitwohnungen und Steuerpflichtige mit lediglich an wechselnde Gäste vermietbaren Zweitwohnungen gegenüberstünden und dieser Unterschied auch wirtschaftlich erheblich sei. Bereits an der ersten Voraussetzung fehle es. Auf der Ferieninsel Juist sei die Zweitwohnungshaltung ausschließlich von dem Zweck geprägt, Aufenthalte zu Erholungszwecken zu ermöglichen. Dementsprechend sei der Mietwert sämtlicher Zweitwohnungen dort von der Nachfrage wechselnder Gäste nach Urlaubsquartieren beherrscht. Es sei also nach den örtlichen Verhältnissen undenkbar, dass durch Zugrundelegung des Dauermieten - Mietspiegels als "übliche Miete" eine Ungleichbehandlung eintreten könne. Folglich sei eine Verletzung des Steuergerechtigkeitsprinzips nicht gegeben.

Würde die Beklagte anstelle des vorhandenen finanzbehördlichen Mietspiegels für Dauermietverhältnisse einen - extra, anhand des örtlichen Gastgeberverzeichnisses zu erstellenden - Mietspiegel für Ferienwohnungen zu Grunde legen, so sei damit nur ein scheinbarer Gerechtigkeitsvorteil verbunden. Denn diejenigen, deren Wohnung nur der Selbstnutzung diene, könnten sich unter Bezugnahme auf Artikel 3 Abs. 1 GG darauf berufen, dass die Beklagte das Vergleichsobjekt willkürlich ausgewählt habe. Habe die Gemeinde erst einmal ihr Schätzungsermessen auf einen tourismusbezogenen Marktwert konzentriert, dann werde man verlangen, dass sie folgerichtig auch den maßgeblichen Bewertungsfaktoren dieser Wertermittlung Rechnung trage. Da diese Faktoren sich auf möblierten Wohnraum bezögen, sich zudem auf Nebeneinrichtungen und auf zusätzliche Servicemerkmale erstreckten, würde die Bewertung nun in ihrem Ansatz so vielschichtig, dass die Bemessung nach der "üblichen Miete" nur mit kaum noch begrenzbarem Rechtsbehelfs-, Korrektur- und Nachermittlungsaufwand bewerkstelligt werden könnte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 2001 und deren Widerspruchsbescheid vom 2. August 2001 sind zwar rechtswidrig, verletzen den Kläger aber nicht in seinen Rechten. Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat die Klage und damit die Berufung Erfolg, wenn der angefochtene Bescheid rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Für die Rechtsverletzung kommt es grundsätzlich nur auf die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Ausspruchs des Bescheides, nicht auf die hierfür gegebene Begründung oder einzelne unselbstständige Besteuerungsgrundlagen an. Steuerbescheide sind objektiv rechtswidrig, wenn die Steuer zu hoch oder zu niedrig festgesetzt wird. Durch eine zu hohe Steuer wird der Steuerpflichtige stets auch subjektiv in seinen Rechten verletzt. Durch eine zu niedrig festgesetzte Steuer findet in der Regel dagegen keine subjektive Rechtsverletzung statt (st. Rspr. vgl. nur BFH-Urteil vom 17. Februar 1998 - VIII R 21/95 - BFH/NV 1998, 1356 m. w. N.).

Unter Beachtung dieser rechtlichen Ausgangslage erweist sich der angefochtene Bescheid vom 11. Juni 2001 als objektiv rechtswidrig, weil er die Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2001 mit einem Betrag von 1.095,26 DM (560,00 €) zu niedrig festgesetzt hat. Rechtsgrundlage des Bescheides ist § 3 Abs. 1 Satz 1 NKAG in Verbindung mit den Bestimmungen der Satzung der Inselgemeinde Juist über die Erhebung der Zweitwohnungsteuer vom 19. Dezember 2000 (ZwStS). Gemäß § 2 ZwStS ist Gegenstand der Steuer das Innehaben einer Zweitwohnung im Gemeindegebiet. Steuermaßstab ist gemäß § 3 Abs. 1 ZwStS der jährliche Mietaufwand, da danach auf der Grundlage des Steuersatzes in § 4 ZwStS die als Jahressteuer festzusetzende (§ 5 Abs. 1 ZwStS) Steuer berechnet wird. Was unter jährlichem Mietaufwand zu verstehen ist, wird in Anlehnung an die Vorschrift des § 79 Bewertungsgesetz (BewG) näher in § 3 Abs. 2 und 3 ZwStS geregelt, wobei Abs. 2 angemietete bzw. auf angepachteten Grundstücken befindliche und Abs. 3 im Wesentlichen eigengenutzte Wohnungen - wie hier das Ferienhaus des Klägers - betrifft.

Die Satzungsregelung in § 3 ZwStS ist entgegen der Auffassung des Klägers hinreichend bestimmt. Die Bestimmtheit der Regelung betreffend das Schätzungsverfahren erfordert, dass der Satzungsgeber die Parameter benennt, an denen sich die Schätzung zu orientieren hat. Diesem Gebot entspricht § 3 Abs. 3 Satz 2 ZwStS, der die für die Schätzung wesentlichen Faktoren - wie Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung - benennt, also Faktoren, die für die Höhe einer Miete von Bedeutung sind.

Eine Steuerbemessung nach der Jahresrohmiete ist als hinreichend aufwandsbezogener und realitätsnaher Maßstab grundsätzlich zulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2003 - 9 C 3.02 - BVerwGE 117, 345 ff. = NVwZ 2003, 448 ff.).

Die Beklagte hat indes die Jahresrohmiete nicht korrekt entsprechend ihrer Zweitwohnungsteuersatzung ermittelt. Für Wohnungen, die - wie im vorliegenden Fall - eigengenutzt sind, gilt gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 ZWStS als jährlicher Mietaufwand die übliche Miete. Sie wird in Anlehnung an die Jahresrohmiete geschätzt, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird (§ 3 Abs. 3 Satz 2 ZWStS). Durch § 3 Abs. 3 Satz 2 ZwStS wird der Beklagten entsprechend seinem Wortlaut zwingend ein Gebrauch der Schätzungsbefugnis zur Ermittlung des Jahresmietaufwands abgefordert (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.4.2002 - 6 A 11634/01 - NVwZ-RR 2003, 62 = DÖV 2003, 209). Da für die eigengenutzten Ferienwohnungen tatsächlich keine Mietausgaben anfallen und damit ein konkreter Anhaltspunkt für den jährlichen Mietaufwand nicht besteht, stellt die Schätzung des Mietaufwands in ortsüblicher Höhe eine geradezu zwingende Ermittlungsmethode dar.

Diesen satzungsrechtlichen Anforderungen wurde die Beklagte nicht gerecht, indem sie die sich aus dem Mietspiegel des Finanzamtes Norden ergebende Quadratmetermiete von Objekten, die vor dem 31. Dezember 1960 errichtet worden sind, unbesehen gleichsam automatisch übernommen hat, obwohl bei der Erstellung des Mietspiegels - unstreitig - keine Ferienwohnungen in die Findung der Mietwerte eingeflossen sind. Eine korrekte Schätzung seitens der Beklagten anhand der in § Abs. 3 Satz 2 ZwStS genannten Faktoren hat nicht stattgefunden. Sie hat nämlich von ihrer Schätzungsbefugnis überhaupt keinen Gebrauch gemacht. Ihr Vorbringen, man habe sich die Werte des Mietspiegels für Dauermietverhältnisse im Rahmen einer Schätzung zu eigen gemacht, ohne eigene Überlegungen anzustellen, verdeutlicht gerade, dass man die Ferienwohnungen auf Juist gerade nicht nach gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung bewertet hat.

Ein Mietspiegel kann der Steuererhebung im Rahmen der Schätzung nur dann unbesehen zugrunde gelegt werden, wenn bei seiner Erstellung nach Art, Lage und Ausstattung vergleichbare Ferienwohnungen berücksichtigt wurden (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.4.2002 - 6 A 11634/01 - a. a. O.). Wenn die Beklagte hingegen den im Mietspiegel des Finanzamts Norden ausgewiesenen Wert für Dauermietverhältnisse als Grundlage für die Ermittlung des Mietwertes von Ferienwohnungen möglicherweise aus Praktikabilitätserwägungen hätte verwenden wollen, hätte sie auf dieser Grundlage durch Berücksichtigung der Besonderheiten der Ferienwohnungen in einem zweiten Schritt die übliche Miete schätzen müssen etwa durch Festlegung eines Zu- bzw. ggf. eines Abschlags für die jeweilige Ferienwohnung (vgl. auch Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 4.4.2006 - 4 N 04.2798 - BayVBl 2006, 500). Durch eine solche Verfahrensweise würde die Beklagte den Mietspiegel zulässigerweise lediglich als Hilfsmittel für die Schätzung der üblichen Miete für eine Ferienwohnung auf der Insel Juist heranziehen.

Dennoch verhilft die von der Beklagten vorgenommene fehlerhafte Bestimmung der üblichen Miete für das eigengenutzte Ferienhaus des Klägers der Berufung nicht zum Erfolg. Denn durch diesen Fehler der Beklagten in der Rechtsanwendung wird der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Bei rechtmäßiger Schätzung der üblichen Miete wäre nämlich eine höhere Zweitwohnungsteuer gegen den Kläger festzusetzen gewesen als in dem angefochtenen Bescheid. Eine Schätzung, die sich entsprechend § 3 Abs. 3 Satz 2 ZWStS zur Bestimmung des Mietaufwands (Bruttokaltmiete) daran orientiert, was für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird, kommt allein zu dem Ergebnis, dass die übliche Miete für das Ferienhaus des Klägers im Jahr 2001 in jedem Fall höher anzusetzen ist als der von der Beklagten angesetzte Betrag in Höhe von 7.603,20 DM. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist für Ferienwohnungen trotz eines höheren Leerstands im Vergleich zu dauerhaft genutzten Erstwohnungen regelmäßig bezogen auf das Erhebungsjahr eine höhere Miete zu veranschlagen. Diese Einschätzung wird bestätigt durch eine Vergleichsberechnung anhand des von der Beklagten für das Erhebungsjahr 2001 vorgelegten Preisverzeichnisses für die Anmietung von Ferienhäusern auf der Insel Juist, die mit 5 Personen belegt werden können. Die Beklagte hat auf dieser Grundlage für Ferienhäuser im Ortsteil D. einen Tagesmietpreis (Nettokaltmiete) von 2,64 DM/m² (Ferienhaus mit Belegung von 5 Personen) festgestellt. Danach ergibt sich bei einer Durchschnittsbelegungszahl von 147 Tagen auf der Insel Juist bezogen auf eine Wohnungsgröße von 92 m² ein Mietaufwand in Höhe von 35.703,36 DM. Wenn man zu Gunsten des Klägers seinem Einwand folgt, dass sein Ferienhaus aus dem Jahr 1906 stammt und nicht dem Standard einer modernisierten Altbauwohnung entspricht, und damit dem Ferienhaus nach Art, Lage und Ausstattung Rechnung trägt und - zu Gunsten des Klägers - einen entsprechenden Abschlag von 50% auf den durchschnittlichen Mietaufwand pro m² vornimmt sowie weiter berücksichtigt, dass ein altes Ferienhaus in dem vom Kläger beschriebenen Zustand an weniger Tagen vermietbar ist, nämlich - konservativ zu Gunsten des Klägers gerechnet - an nur durchschnittlich 80 Tagen im Jahr, liegt der Mietaufwand immer noch weitaus höher als der von der Beklagten der Heranziehung zugrunde gelegte Mietaufwand in Höhe von 7.603,20 DM. Dies zeigt folgende Berechnung des jährlichen Mietaufwands: 92 m² x 80 Tage x 1,32 DM/m² (2,64 DM/m² - 50% Abschlag = 1,32 DM/m²) = 9.715,20 DM. Dieser geschätzte Mietaufwand würde die Bemessungsgrenze in Höhe von 8.000,-- DM (4.090,34 €) nach § 4 Abs. 1 c) ZWStS noch deutlich übersteigen und zu einem höheren Zweitwohnungsteuerbetrag, nämlich in Höhe von 1.398,42 DM (715,-- €) führen. Dass der geschätzte Mietaufwand für das Ferienhaus des Klägers unter der Bemessungsgrenze von 8.000,-- DM liegt, ist auch unter Berücksichtigung der einer Schätzung immanenten Bandbreite ausgeschlossen. Dies zeigt folgende Überlegung: Bei einem angenommenen üblichen Mietaufwand für das Ferienhaus des Klägers von 8001,-- DM ergibt sich ein Tagesmietpreis pro m² in Höhe von 1,08 DM, was einem Tagesmietpreis für das Ferienhaus des Klägers in Höhe von 100,01 DM entspricht. Dass der geschätzte Tagesmietpreis für das Ferienhaus des Klägers darunter liegen könnte, ist ausgeschlossen. Denn ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Aufstellung für Ferienhäuser ab 5 Personen lag selbst in der ungünstigsten Saison "übrige Zeiten" im Jahr 2001 der niedrigste Preis für Ferienhäuser mit 5 Personen auf der Insel Juist bei 140DM/pro Tag und damit weitaus höher als ein geschätzter durchschnittlicher Tagesmietpreis, der das ganze Jahr berücksichtigt also etwa auch Zeiten der Hochsaison mit erheblich höheren Mietpreisen. Diese Überlegung zeigt zugleich, dass die Festsetzung einer geringeren Zweitwohnungsteuer als 560,-- € ebenfalls ausscheiden muss, weil die dafür vorausgesetzte Unterschreitung der üblichen Miete in Höhe von 4.000,-- DM nach § 3 Abs. 1 a) ZWStS nicht in Betracht kommt.

Ist demnach festzuhalten, dass eine ordnungsgemäße Schätzung auch unter Beachtung der einer Schätzung immanenten Schwankungsbreite in jedem Fall nicht zu einem niedrigeren Mietaufwand als dem von der Beklagten angenommenen Mietaufwand, sondern vielmehr nur zu einem höheren Mietaufwand führt, der allein die Festsetzung eines höheren Zweitwohnungsteuerbetrags rechtfertigt, so folgt daraus zugleich, dass die angefochtene Zweitwohnungsteuerfestsetzung den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Eine subjektive Rechtsverletzung könnte trotz der dem konkreten Steuerbescheid fehlenden unmittelbaren Belastungswirkungen allenfalls ausnahmsweise vorliegen, wenn die in Rede stehende, als unrichtig gerügte Besteuerungsgrundlage für andere Behörden oder Stellen zu Lasten des Steuerpflichtigen bindend ist oder wenn der Vorgang, auf dem die Festsetzung beruht, bei der selben Steuer für spätere Steuerabschnitte oder bei anderen Steuerarten steuerliche Nachteile verursachen wird, die den durch die angefochtene zu niedrige Steuerfestsetzung bewirkten Vorteil überwiegen (vgl. (BFH, Urteile vom 12.12.1972 - VIII R 39/67 - BStBl II 1973, 323 und vom 22.05.1974 - I R 169/72 - BStBl II 1975, 37). Anhaltspunkte dafür sind im vorliegenden Fall für die der Zweitwohnungsteuererhebung zugrunde liegende geschätzte übliche Miete jedoch nicht ersichtlich.

Eine Rechtsverletzung ist auch nicht mit der Heranziehung des Klägers zur vollen Jahressteuer verbunden. Für die Erhebung der Zweitwohnungsteuer ist es unerheblich, wenn der Inhaber der Zweitwohnung - wie hier der Kläger - die Zweitwohnung nur zeitweilig benutzt. Die Zugrundelegung der gesamten Jahresrohmiete für die Berechnung der Zweitwohnungsteuer ist nur dann als unverhältnismäßig einzuordnen, wenn in Fällen der Mischnutzung ein eklatantes Missverhältnis zwischen von vornherein vertraglich befristeter privater Eigennutzung und Vermietung vorliegt, das nicht mehr im Einklang mit der grundsätzlichen Trennung des steuerpflichtigen privaten Aufwands und der Vermietung zur Einkommenserzeilung steht (BVerwG, Urteil vom 30.6.1999 - 8 C 6/98 - BVerwGE 109, 188 = DVBl 1999, 1655 = NJW 2000, 375 = KStZ 2000, 34). Nur wenn eingangs des Steuerjahres eindeutig feststeht, dass eine Eigennutzungsmöglichkeit nur einen erheblich geringeren zeitlichen Umfang - weniger als zwei Monate - haben kann, ist das Festhalten an dem Jahresbetrag als Bemessungsgröße für diesen Aufwand unangemessen. Verfügt der Inhaber einer Zweitwohnung hingegen - wie hier - über eine rechtlich gesicherte Eigennutzungsmöglichkeit von mindestens zwei Monaten, so kann die Regelung einer Zweitwohnungsteuersatzung, nach der der Steuerpflichtige mit dem vollen Jahresbetrag der Steuer veranlagt wird, nicht als unverhältnismäßig beanstandet werden (BVerwG, Urteil vom 26.9.2001 - 9 C 1/01 - BVerwGE 115, 165 = DÖV 2002, 246 = KStZ 2002, 73 = NVwZ 2002, 728). Einer als Jahressteuer angelegten Zweitwohnungsteuererhebung liegt erkennbar die Annahme (annähernd) ganzjährigen privaten Aufwands in Gestalt einer - wie hier - bestehenden ganzjährigen Nutzungsmöglichkeit zugrunde.

Ende der Entscheidung

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