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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 16.06.2006
Aktenzeichen: 9 LC 27/04
Rechtsgebiete: NKAG
Vorschriften:
NKAG § 6 I |
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag für die "Theodor-Francksen-Straße" (ohne an sie angebundene Wohnwege) im Stadtgebiet der Beklagten.
Er ist Eigentümer des 6.696 qm großen Grundstücks "B." (Flurstück 1776/162 der Gemarkung C.), das mit seiner Ostseite an die gleichnamige Straße und im Süden mit einer Breite von etwa 60 m an die abgerechnete Straße angrenzt. Das im unbeplanten Innenbereich gelegene Grundstück ist in seinem südlichen Teil mit zwei Einfamilienwohnhäusern nebst Garage bebaut. Der Wohnbereich einschließlich Garten umfasst nach den Angaben des Klägers etwa 2.500 m². Im nördlichen Teil ist das Grundstück mit einer an ein Wohnhaus anschließenden 1.440 m² großen gewerblichen Werkhalle bebaut, die in Richtung Süden eine durchgehende Wand aufweist und zu der eine Zufahrt führt, die 100 m nördlich der Einmündung der "Theodor-Francksen-Straße" in den "B Weg" zu diesem führt.
Im Herbst 1995 ließ die Beklagte in der "Theodor-Francksen-Straße" und in den in diese Straße einmündenden Wohnwegen die Beleuchtungseinrichtungen erneuern. Die Unternehmerrechnung hierfür ging am 5. Dezember 1995 bei der Beklagten ein. Deren Rat beschloss am 21. März 2000, den beitragsfähigen Aufwand der Ausbaumaßnahme Theodor-Francksen-Straße ("Hauptanlage") für die Teileinrichtung Straßenbeleuchtung im Wege der Kostenspaltung gesondert zu ermitteln.
Mit Bescheid vom 20. Juni 2000 zog die Beklagte den Kläger für diese Baumaßnahme zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 7.671,47 DM (3.922,36 €) heran. Dabei setzte sie wegen der überwiegend gewerblichen Nutzung des Grundstücks bei der Bemessung der beitragswirksamen Grundstücksfläche den in § 8 Abs. 2 ihrer Straßenausbaubeitragssatzung 1990 (ABS) bestimmten Artzuschlag von 40 v.H. an. Den gegen die Heranziehung gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2001 zurück.
Auf die daraufhin am 28. März 2001 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht den Heranziehungsbescheid der Beklagten und deren Widerspruchsbescheid aufgehoben, soweit darin ein über 6.143,41 DM (3.141,06 €) hinausgehender Beitrag festgesetzt wurde und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung der teilweisen Stattgabe der Klage hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die Beklagte habe zu Unrecht das Grundstück des Klägers mit einem Artzuschlag belegt. Denn die Erhebung eines grundstücksbezogenen Artzuschlages wegen (überwiegender) gewerblicher Nutzung sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausnahmsweise dann unzulässig, wenn der durch die gewerbliche Nutzung verursachte Ziel- und Quellverkehr nicht über die abzurechnende, sondern ausschließlich über die andere Anbaustraße abgewickelt werde und ohne Veränderung der für die Gemeinde eindeutig erkennbaren tatsächlichen Verhältnisse auf dem Grundstück auch nur abgewickelt werden könne. Dieser Grundsatz gelte gleichermaßen für das Straßenausbaubeitragsrecht, denn die Möglichkeit, einen grundstücksbezogenen Artzuschlag für (überwiegend) gewerbliche Nutzung zu erheben, stehe im Erschließungsbeitragsrecht wie im Straßenausbaubeitragsrecht im ortsgesetzgeberischen Bewertungsermessen. In beiden Fällen seien das Maß und die Art der Grundstücksnutzung ein geeignetes Kriterium, an das die Verteilung des umlagefähigen Aufwands anknüpfen könne. Die erhöhte Inanspruchnahme durch gewerbliche Nutzung beinhalte sowohl einen erhöhten Erschließungs- als auch einen erhöhten besonderen wirtschaftlichen Vorteil im Sinne des Straßenausbaubeitragsrechts. Im vorliegenden Fall sei unstreitig, dass der Kläger seine Werkhalle ausschließlich vom "B Weg" aus nutze. Dies sei auch ohne weiteres erkennbar, denn einer derzeitigen tatsächlichen Nutzung von der "Theodor-Francksen-Straße" aus stehe entgegen, dass sich auf dieser Seite der Halle Wohnhäuser mit ihren Gärten befinden. Für eine Nutzung müssten zumindest Gartenzaun und Gartenflächen beseitigt und eine entsprechende Zuwegung oder Zufahrt angelegt werden (etwa für einen Mitarbeiterparkplatz); um in die Halle zu gelangen, müsste ein weiteres Tor eingebaut werden. Zwar handle es sich hierbei nicht um unausräumbare Hindernisse. Dies sei jedoch nicht entscheidend. Denn die Möglichkeit einer solchen Änderung sei dem grundstücksbezogenen Artzuschlag ohnehin immanent. Bei Berücksichtigung der Grundstücksfläche ohne Artzuschlag errechne sich ein Straßenausbaubeitrag von nur noch 6.143,41 DM (3.141,06 €).
Die Beklagte hat die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassene Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt:
Die zum Erschließungsbeitragsrecht ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung werde in der Literatur zu Recht kritisiert und stehe zudem nicht im Einklang mit der übrigen Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts. Denn der Artzuschlag sei danach auch für unbebaute Grundstücke zulässig. In diesen Fällen stehe bei Mehrfacherschließung indes weder vorab fest, über welche Straße im Falle einer Bebauung die Zufahrt erfolgen werde, noch dass über eine Straße gerade keine Zufahrt genommen werde, so dass ein solches Grundstück - obwohl noch nicht einmal bebaut - stärker zu belasten sei als ein bebautes, nur nach einer Straße ausgerichtetes Grundstück, für das kein Artzuschlag angesetzt werden solle bzgl. der Straße, über welche keine Zufahrt genommen werde. Ungeachtet dieser Kritik sei über die Frage der Anwendbarkeit des grundstücksbezogenen Artzuschlags im Straßenausbaubeitragsrecht im Übrigen allein nach der niedersächsischen Rechtslage zu entscheiden, die durch das Vorteilsprinzip als den das Beitragsrecht beherrschenden Rechtsgrundsatz geprägt sei. Dieses stelle auf die durch die ausgebaute Anlage gebotene Möglichkeit der Inanspruchnahme ab. Gegen die Richtigkeit der Übertragung der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf das Straßenausbaubeitragsrecht spreche auch eine weitere Konstellation: Liege z.B. an der einen Seite einer Straße ein unbebautes oder zwar bebautes, aber mit seiner Zufahrt lediglich zu einer anderen Straße ausgerichtetes Grundstück im Gewerbegebiet, an der anderen Seite derselben Straße ein gewerblich genutztes Grundstück in einem Mischgebiet und würde letztgenanntes Grundstück tatsächlich nur über eine andere Straße gewerblich angefahren werden, könnte zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Rechtsfolgen (Artzuschlag nur für das erstgenannte Grundstück) allein auf den unterschiedlichen Gebietscharakter für beide Grundstücke abgestellt werden. Um dem landesrechtlichen Vorteils- und dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu genügen, müsste aber bei gleicher Sachlage (Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Straße) auch das im Mischgebiet liegende Grundstück mit einem Artzuschlag belegt werden.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 22. Dezember 2003 die Klage vollständig abzuweisen.
Der Kläger verteidigt die höchstrichterliche Rechtsprechung und die hieran anknüpfende Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Gründe:
Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Beklagte das Grundstück des Klägers bei der Abrechnung der Kosten der Erneuerung der Straßenbeleuchtung in der "Theodor-Francksen-Straße" nicht mit einem grundstücksbezogenen Artzuschlag von 40 v.H. auf die Grundstücksfläche wegen tatsächlich überwiegender gewerblicher Nutzung belegen durfte.
Nach der vom Verwaltungsgericht angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht (Urt. v. 23.1.1998 - 8 C 12.96 - BVerwGE 106, 147 = ZMR 1998, 381 = Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 107 = DVBl 1998, 715 = DÖV 1998, 735 = NVwZ 1998, 1188 = KStZ 1999, 18; Beschl. v. 4.2.2000 - 11 B 39.99 - , Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 110 = NVwZ-RR 2000, 456 = KStZ 2000, 192 = DVBl 2000, 1219) ist sowohl in Plangebieten als auch im - wie hier - unbeplanten Innenbereich die Erhebung eines grundstücksbezogenen Artzuschlags wegen tatsächlicher gewerblicher Nutzung eines doppelt erschlossenen Grundstücks ausnahmsweise dann unzulässig, wenn der durch die gewerbliche Nutzung verursachte Ziel- und Quellverkehr nicht über die abzurechnende, sondern ausschließlich über die andere Anbaustraße abgewickelt wird und ohne Veränderung der für die Gemeinde eindeutig erkennbaren tatsächlichen Verhältnisse auf dem Grundstück auch nur abgewickelt werden kann. Zur Begründung hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass es bei der Anwendung des grundstücksbezogenen Artzuschlags wegen tatsächlicher gewerblicher Nutzung nicht unberücksichtigt bleiben könne, wenn bei einem doppelt erschlossenen Grundstück der durch die gewerbliche Nutzung verursachte Ziel- und Quellverkehr nicht über die abzurechnende Erschließungsanlage, sondern ausschließlich über eine andere Anbaustraße erfolge. Denn in diesen Fällen sei der Anknüpfungspunkt für den Artzuschlag, der durch die gewerbliche Nutzung vermehrte Vorteil des Grundstückseigentümers, gerade nicht gegeben. Ebenso wie es geboten sei, eine den grundstücksbezogenen Artzuschlag regelnde Satzungsbestimmung dahin auszulegen, dass vom Begriff "Gewerbe" über die gewerbliche Nutzung i.S. des Gewerbe- und Gewerbesteuerrechts hinaus auch solche Nutzungen erfasst würden, die der gewerblichen Nutzung im engeren Sinne darin ähnlich seien, dass sie wie diese eine im Vergleich zur Wohnnutzung deutlich intensivere Inanspruchnahme der Anbaustraßen auslösten, könne bei der Auslegung einer auf die tatsächliche gewerbliche Nutzung abstellenden Satzungsbestimmung auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass eben diese Nutzung ausschließlich über eine andere Anliegerstraße erfolge und deswegen der besondere Vorteil der abzurechnenden Erschließungsanlage gerade nicht bestehe. Zwar sei es wegen der Praktikabilität und Überschaubarkeit des Heranziehungsverfahrens nicht von Bedeutung, welchen Umfang der von der Nutzung ausgelöste Verkehr im jeweiligen Einzelfall habe. Etwas anderes sei aber dann anzunehmen, wenn der mit der gewerblichen oder gewerbeähnlichen Tätigkeit typischerweise verbundene Verkehr - aus der Sicht der abzurechnenden Anliegerstraße - gänzlich unterbleibe. Vorauszusetzen sei allerdings, dass die ausschließliche Abwicklung des gewerblichen Verkehrs über die andere Erschließungsanlage durch die äußere Gestaltung des Grundstücks im maßgeblichen Zeitpunkt für die Gemeinde eindeutig erkennbar sei.
Der Senat, der sich dieser Rechtsprechung zum Erschließungsbeitragsrecht bislang ausdrücklich lediglich für den Fall angeschlossen hat (Urt. v. 17.8.2000 - 9 L 4119/98 - NVwZ-RR 2001, 399 = NdsRpfl 2001, 91; ebenso: OVG NRW, Urt. v. 1.4.2005 - 3 A 3243/02 - ZKF 2006, 117), dass nach der für die gewerbliche Nutzung des doppelt erschlossenen Grundstücks erteilten Baugenehmigung zur abgerechneten Straße ein Zu- und Abfahrtsverbot besteht, tritt der dargestellten Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts trotz der dagegen gerichteten, von der Beklagten aufgenommenen Kritik von Driehaus (vgl. Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl. 2004. § 18 RdNr. 55) nunmehr uneingeschränkt bei. Denn es trifft zwar zu, dass - wie die Kritik hervorhebt - das Erschließungsbeitragsrecht ganz allgemein nicht auf die tatsächliche Inanspruchnahme einer Straße von einem Grundstück aus, sondern auf die durch die Leistung der Gemeinde gebotene Inanspruchnahmemöglichkeit abstellt, dass der eine Erhebung des Beitrags rechtfertigende Vorteil einzig auf dieser Inanspruchnahmemöglichkeit beruht und es grundsätzlich ohne Belang ist, ob der Grundstückseigentümer von dieser Inanspruchnahmemöglichkeit Gebrauch macht oder nicht. Indes wird bei dieser Argumentation übersehen, dass es hier nicht darum geht, für das doppelt erschlossene Grundstück den Erschließungsvorteil als solchen zu begründen, der ihm durch die gewerblich nicht in Anspruch genommene abgerechnete Anlage vermittelt wird. Zu prüfen ist vielmehr, ob der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit, der im Interesse der ihre Grundstücke zu Wohnzwecken nutzenden Beitragspflichtigen die Möglichkeit verschafft, im maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich gewerblich genutzte Grundstücke mittels des grundstücksbezogenen Artzuschlags auch dann stärker zu belasten, wenn sie nicht in ausgewiesenen Gewerbe- oder Industriegebieten liegen, es auch zulässt, diese stärkere Belastung dann zu begründen, wenn in Bezug auf die gewerbliche Nutzung tatsächlich keine erhöhte Inanspruchnahme der abzurechnenden Erschließungsanlage erfolgt. Dies ist mit dem Bundesverwaltungsgericht zu verneinen. Denn der grundstücksbezogene Artzuschlag wegen gewerblicher Nutzung knüpft daran an, dass das tatsächlich gewerblich oder gewerbeähnlich genutzte Grundstück im Vergleich zu den Wohngrundstücken wegen des Umfangs des von ihm ausgelösten Ziel- und Quellverkehrs typischerweise eine deutlich intensivere Nutzung der Straße verursacht. Diese Annahme ist widerlegt, wenn nach den für die Rechtfertigung des grundstücksbezogenen Artzuschlags maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen auf dem Grundstück im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht für die Gemeinde erkennbar ist, dass eine gewerblich bedingter Ziel- und Quellverkehr zur abgerechneten Straße nicht erfolgt und ohne Veränderung der Verhältnisse auf dem Grundstück auch nicht erfolgen kann. Der zutreffende Hinweis der Beklagten darauf, dass im Erschließungsbeitragsrecht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 10.11.1989 - 8 C 50.88 - ZfBR 1990, 210 = NVwZ 1990, 870 = Buchholz 406.11 § 131 BbauG Nr. 81) ein grundstücksbezogener Artzuschlag auch für doppelt erschlossene unbebaute (ungenutzte) Grundstücke in Betracht kommen könne, bei diesen aber noch gar nicht absehbar sei, über welche Straße der gewerbliche Verkehr geführt werden solle, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn die angeführte Rechtsprechung bezieht sich auf einen - kaum noch verbreiteten - grundstücksbezogenen Artzuschlag, der nicht an die tatsächliche gewerbliche Nutzung anknüpft, sondern auf die nach Maßgabe des § 34 Abs. 1 BBauG/BauGB festgestellte gewerbliche Nutzbarkeit des Grundstücks. Der Artzuschlag wegen tatsächlicher gewerblicher Nutzung kann indes nur Anwendung finden, wenn das betroffene doppelt erschlossene Grundstück ohne Bebauung tatsächlich in anderer Weise gewerblich oder gewerbeähnlich genutzt wird, z.B. als Stapelplatz für ein benachbartes Sägewerk, als Lagerplatz für Altreifen oder als Abstellplatz für ein benachbartes privates Fuhrunternehmen. In all diesen Fällen lässt sich aber trotz der fehlenden Bebauung ohne Schwierigkeiten feststellen, ob der auf diese gewerbliche Nutzung bezogene Ziel- und Quellverkehr (auch) über die abzurechnende Straße oder ausschließlich über die andere Anbaustraße abgewickelt wird und auch nur abgewickelt werden kann.
Der Senat teilt ferner die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Grundsätze der vorstehend wiedergegebenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Erschließungsbeitragsrecht auf das Straßenausbaubeitragsrecht übertragbar sind. Denn dieses stellt mit § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG auf den durch die abgerechnete öffentliche Einrichtung vermittelten Gebrauchsvorteil ab. Auch der die Erhebung eines grundstücksbezogenen Artzuschlags rechtfertigende besondere Vorteil ist indes bei einem doppelt erschlossenen und tatsächlich gewerblich oder gewerbeähnlich genutzten Grundstück nicht gegeben, wenn erkennbar der durch die gewerbliche oder gewerbeähnliche Nutzung verursachte Verkehr die abgerechnete Straße nicht betrifft und ohne Veränderung der Verhältnisse auf dem Grundstück nicht betreffen kann. Diese gebotene Sichtweise hat bereits den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof unter Berücksichtigung der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung zur der - gleichermaßen (unberechtigt) kritisierten (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: Januar 2006, § 8 RdNr. 466a) - Entscheidung veranlasst, dass im Straßenausbaubeitragsrecht ein grundstücksbezogener Artzuschlag für ein tatsächlich gewerblich genutztes mehrfach erschlossenes Grundstück dann nicht berechtigt sei, wenn unter Berücksichtigung der topographischen, baulichen und denkmalpflegerischen Situation des Grundstücks kaum davon ausgegangen werden könne, dass die abgerechnete Straße dem Grundstückseigentümer einen den Gewerbezuschlag rechtfertigenden Sondervorteil gewähre, sich die Inanspruchnahme der Straße durch den Grundstückseigentümer vielmehr nicht wesentlich von der eines Anliegers mit reiner Wohnnutzung unterscheide (Beschl. v. 8.4.1998 - 6 CS 96.1551 - n.v.). Die von der Beklagten ergänzend angeführte Fallkonstellation doppelt erschlossener Grundstücke an einer abzurechnenden Straße, an die auf der einen Seite ein Mischgebiet, auf der anderen Seite ein Gewerbegebiet angrenzt, betrifft nach der Satzung der Beklagten nur hinsichtlich der Mischgebietsseite den grundstücksbezogenen Artzuschlag, weil diese für Mischgebiete keinen gebietsbezogenen Artzuschlag vorsieht, hinsichtlich der Gewerbegebietsseite hingegen den gebietsbezogenen Artzuschlag. Aufzulösen ist diese Fallgestaltung dahingehend, dass das doppelt erschlossene Grundstück im Gewerbegebiet ungeachtet der tatsächlichen Zufahrtsverhältnisse stets mit dem (gebietsbezogenen) Artzuschlag zu belegen ist, während die Anwendbarkeit des (grundstücksbezogenen) Artzuschlags auf das doppelt erschlossene Grundstück im Mischgebiet davon abhängig ist, ob gewerblicher Verkehr auch über auch die abgerechnete Straße geführt wird. Diese Ungleichbehandlung in der Betrachtung der beiden Grundstücke ist aber systemkonform, da sie die zwingende Folge der Anwendbarkeit unterschiedlicher Regelungen des Artzuschlags ist.
Ende der Entscheidung
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