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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Urteil verkündet am 23.06.2004
Aktenzeichen: 3 U 253/03
Rechtsgebiete: ZPO, ZVG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 256 Abs. 1
ZVG § 152 Abs. 1 2. Halbsatz
ZVG § 146 Abs. 1
ZVG § 20 Abs. 2
BGB § 154 Abs. 2
BGB § 315
BGB § 316
BGB § 1123 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Bamberg IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 253/03

Verkündet am 23. Juni 2004

in dem Rechtsstreit

wegen Feststellung.

Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... der Richterin am Oberlandesgericht ... und des Richters am Oberlandesgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Mai 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Schweinfurt vom 28. Oktober 2003 abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Gebührenstreitwert wird für beide Rechtszüge auf 10.704,29 EUR festgesetzt.

Die Beschwer der Klägerin beträgt 37.465,01 EUR.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist aufgrund Beschlusses des Amtsgerichts Schweinfurt vom 16.09.2002 (Bl. 27 f. d.A.) Zwangsverwalterin des Grundstücks Fl.-Nr. ....

Eigentümer dieses Grundstücks sind Herr ... zu 1/2, Frau ... und Frau ... zu jeweils 1/4. Diese haben das Grundstück der beklagten ... KG mit Gesellschaftsvertrag vom 01.01.1987 (Bl. 58-71 d.A.) überlassen. Es existiert ein - allerdings nicht unterschriebener - Mietvertrag vom 28.12.1986. Auf diesen Mietvertrag werden seit 1998 von der Beklagten keine Zahlungen mehr geleistet.

Auf dem Grundstück befinden sich Stellplätze und Lagerräume, die die Beklagte an verschiedene Personen vermietet hat. Zwischen den Parteien besteht Streit, wem der Mietzins zusteht. Die Mieter hinterlegen den Mietzins oder entrichten diesen nicht.

Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhalts, sowie der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Schweinfurt vom 28.10.2003 Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

Es hält ein Feststellungsinteresse für gegeben.

In der Sache ist das Landgericht der Auffassung, die Klägerin sei allein berechtigt ab November 2002 bis zur Beendigung der Zwangsverwaltung den Mietzins für die Stellplätze und Lagerräume einzuziehen. Dass es sich um Forderungen aus einem Untermietverhältnis handle, stehe nicht entgegen, weil hier die Forderung aus dem Hauptmietverhältnis zwischen den Grundstückseigentümern und der Beklagten wegen einer Stundungsvereinbarung nicht durchsetzbar sei.

Das Urteil wurde der Beklagten am 31.10.2003 zugestellt. Sie hat am 05.11.2003 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist am 21.01.2004 begründet.

Die Beklagte beanstandet die Rechtsansicht des Erstgerichts zur Zulässigkeit der Klage und meint, das erforderliche Feststellungsinteresse sei nicht gegeben. Jedenfalls sei die Klage unbegründet. Die Klägerin könne nicht auf den von den Untermietern zu zahlenden Mietzins, sondern nur auf den "Hauptmietzins" zugreifen.

Sie beantragt daher im Berufungsverfahren:

Das Endurteil des Landgerichts Schweinfurt, Az. 24 O 294/03, vom 28.10.2003 wird abgeändert und die Klage kostenpflichtig abgewiesen.

Die Klägerin verteidigt das Ersturteil und beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Wegen der Einzelheiten, insbesondere der geäußerten Rechtsansichten, wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, 517, 519, 520, 522 Abs. 1 ZPO).

Das Rechtsmittel der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Abänderung des Ersturteils und zur Abweisung der Klage.

1. Das Landgericht hat die Klage zu Recht als zulässig angesehen.

Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist hier gegeben. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen auf Seite 5 und 6 des angefochtenen Urteils (Bl. 92 und 93 d.A.) Bezug.

2. Die Klage ist aber unbegründet.

a) Gemäß § 152 Abs. 1 2. Halbsatz ZVG hat der Zwangsverwalter die Ansprüche, auf welche sich die Beschlagnahme erstreckt, geltend zu machen und die für die Verwaltung entbehrlichen Nutzungen in Geld umzusetzen. Die Beschlagnahme umfasst gemäß §§ 146 Abs. 1, 20 Abs. 2 ZVG all diejenigen Gegenstände, auf die sich bei einem Grundstück die Hypothek erstreckt. Hierzu gehören gemäß § 1123 Abs. 1 BGB auch die Mietzinsansprüche der Grundstückseigentümer.

Hiervon geht auch das Landgericht zutreffend aus.

b) Allerdings erfasst die Beschlagnahme nach herrschender Meinung nicht die Mietzinsansprüche des Mieters aufgrund eines Untermietverhältnisses (vgl. Zeller-Stöber, ZVG, 17. Auflage, Anm. 2.3 f zu § 148; Böttcher ZVG, 3. Auflage, Rdnr. 11 zu § 148 m. w. Nachw.; Dassler/Schiffbauer/Gerhardt/Muth, Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 12. Auflage, Rdnr. 11 zu § 148; Steiner/Hagemann, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Auflage, Rdnr. 36 zu § 148). Diese Forderungen stehen nicht den Grundstückseigentümern als Vollstreckungsschuldnern, sondern der Beklagten als Mieterin und (Unter-)Vermieterin zu.

Von einem Untermietverhältnis ist hier auszugehen. Dass zwischen den Grundstückseigentümern und der Beklagten der Abschluss eines Mietvertrages beabsichtigt war, ergibt sich aus § 5 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrages vom 01.01.1987 (Bl. 60 d. A.). Die Eigentümer und die Beklagte haben sich verpflichtet, einen solchen Vertrag abzuschließen. Dies ist in der Folgezeit zumindest stillschweigend durch schlüssiges Handeln dadurch geschehen, dass die Beklagte unter weiterer Durchführung eines Mietvertrages vom 28.12.1986 (Anlage Kl = Bl. 81 d.A.) bis 1998 Mietzahlungen leistete. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig, so dass die Frage, ob die Vertragsparteien durch Herstellung eines schriftlichen Vertragsentwurfs eine Formabrede im Sinne des § 154 Abs. 2 BGB getroffen haben, offen bleiben kann.

Der Mietvertrag zwischen den Eigentümern und der Beklagten besteht auch fort. Dies ergibt sich aus den unbestritten gebliebenen Angeben des Komplementärs der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 07.10.2003 (Bl. 85 d. A.).

Die Vermietung von Stellplätzen und Lagerräumen durch die Beklagte stellt sich damit als Untervermietung dar.

Der vom Erstgericht im Anschluss an Wolfsteiner (vgl. Staudinger-Wolfsteiner, 2002, Rdnr. 8 zu § 1123 BGB) vertretenen Ansicht, dass die Klägerin auch Anspruch auf den Mietzins aus den Untermietverhältnissen habe, vermag der Senat nicht zu folgen.

Insbesondere besteht keine erhebliche Gefahr des Mißbrauchs dieser Gestaltungsmöglichkeit zum Nachteil der Gläubiger der Grundstückseigentümer. Es kann in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Klägerin aufgrund des unstreitig bestehenden Mietvertrages zwischen den Eigentümern und der Beklagten gegen letztere ein Anspruch in Höhe von monatlich 3.000,00 DM netto zusteht. Zur Durchsetzung dieses Anspruch kann die Klägerin die Mietzinsansprüche der Beklagten gegen deren Untermieter pfänden (ebenso Steiner/Hagemann, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Auflage, Rdnr. 36 zu § 148).

Eine angeblich der Beklagten von den Grundstückseigentümern gewährte Stundung kann keine andere Beurteilung rechtfertigen. Die Klägerin ist bei einer auf unbestimmte Zeit gewährten Stundung jedenfalls berechtigt, die Leistungszeit nach billigen Ermessen gemäß den §§ 315, 316 BGB festzusetzen (vgl. Palandt-Heinrichts, BGB, 63. Auflage, Rdnr. 14 zu § 271 BGB).

Da die Klägerin auf diese Weise Zugriff auf die Ansprüche der Beklagten aus den Untermietverträgen erhalten kann, sieht der Senat keinen Anlass, von der herrschenden Meinung abzuweichen.

III.

Nebenentscheidungen:

1. Kosten: § 91 Abs. 1 ZPO.

2. Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.

3. Die Revision war nicht. zuzulassen, da kein Fall des § 543 Abs. 2 ZPO vorliegt.

4. Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts beruht auf den §§ 25 Abs. 2, 12 Abs. 1, 16 Abs. 2 GKG. Die Festsetzung der Beschwer der Klägerin erfolgte gemäß § 9 ZPO. Der Senat hat von den sich ergebenden Beträgen jeweils einen Abschlag in Höhe von 20 % vorgenommen, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Gegenstand des Rechtsstreits eine positive Feststellungsklage ist.

Ende der Entscheidung

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