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Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Beschluss verkündet am 05.01.2007
Aktenzeichen: 4 UF 75/06
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 1579 Nr. 7 | |
BGB § 1361 | |
BGB § 1570 |
Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Beschluss
Geschäftszeichen: 4 UF 75/06
In der Familiensache
hat der 4. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen als Senat für Familiensachen durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Wever, die Richterin am Oberlandesgericht Schumann und den Richter am Oberlandesgericht Schilling auf die Beratung vom 5.1.2007 beschlossen:
Tenor:
Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin B. , Bremen, für eine gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremen vom 5.9.2006 einzulegende Berufung mit folgenden Anträgen bewilligt:
Der Beklagte wird in Abänderung des Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremen vom 5.9.2006 verurteilt, an die Klägerin Trennungsunterhalt wie folgt zu zahlen:
für Januar bis Juni 2005 von je € 631 und für Juli bis September 2005 von je € 581. Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen. Gründe:
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Klägerin bietet nur zum Teil hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.d. § 114 ZPO, und zwar nur hinsichtlich des Zeitraumes vom 1.1. bis 30.9.2005 und auch nur in Höhe von monatlich € 631 bis einschließlich Juni 2005 und € 581 für die Monate Juli bis September 2005. Dass der Klägerin auch über den 1.10.2005 hinaus und laufend Unterhaltsansprüche zustehen, kann hingegen nicht angenommen werden.
I.
Das Familiengericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass die Unterhaltsansprüche der Klägerin verwirkt sind (§§ 1361, 1579 Nr. 7 BGB). Zwischen ihr und dem Zeugen M. besteht seit Spätsommer 2002 eine Beziehung, die sich in der Zwischenzeit, auch wenn es bisher nicht zu einer gemeinsamen Haushaltsführung gekommen ist, derart verfestigt hat, dass sie die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1579 Nr. 7 BGB (eine auch nach außen in Erscheinung tretende feste soziale Beziehung) erfüllt. Die Unzumutbarkeit nach § 1579 Nr. 7 BGB kann sich auch aus objektiven Gegebenheiten und Veränderungen der Lebensverhältnisse der Eheleute ergeben, so z.B. wenn der Berechtigte ein auf Dauer angelegtes Verhältnis mit einem anderen Partner aufnimmt und diese Verbindung nach außen hin auf das Bestehen eines festen und dauerhaften Verhältnisses hindeutet, das gleichsam die Ehe ersetzt. Eine gemeinsame Haushaltsführung wird dabei nicht verlangt. Auch ein auf eine gewisse Distanz angelegtes Verhältnis kann ausreichen, wenn die neuen Partner nach außen hin als Paar wahrgenommen werden, indem sie ihre Lebensgestaltung in persönlicher Hinsicht aufeinander einstellen, beispielsweise ihre Freizeit und gemeinsame Urlaube miteinander verbringen, im Familienkreis als Paar erscheinen und auf andere Weise dokumentieren, dass sie füreinander einstehen wollen, etwa indem der neue Partner den Berechtigten bei der Kindererziehung und - betreuung nach Kräften unterstützt (vgl. im Einzelnen BGH, FamRZ 2002, 23; Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., Rn. 755; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl., IV 501, 502.). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
Auf Grund der Vernehmung des Zeugen M. steht fest, dass die Klägerin und der Zeuge M. seit Spätsommer 2002 miteinander befreundet sind und ein intimes Verhältnis haben. Sie haben dieses Verhältnis nach der Trennung der Parteien im Mai 2003 bis heute fortgesetzt. Der Zeuge M. hat zwar eine eigene Wohnung, er übernachtet aber - offenbar mit Ausnahme des Dienstags, an dem er zum Tauchen geht - regelmäßig in der Wohnung der Klägerin und fährt von dort zur Arbeit. Das hat er in seiner Vernehmung selbst eingeräumt, im Übrigen hat die Klägerin diesen Sachverhalt auch zugestanden. Der Zeuge verbringt seine Freizeit mit der Klägerin und den Kindern. Dem entsprechenden Vortrag des Beklagten, die sich auf die Beobachtungen eines Detektivs und Angaben der Kinder stützen, ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Die Klägerin und der Zeuge haben mit den Kindern der Parteien mindestens zwei Urlaube (2003 und 2005) im Ferienhaus des Vaters des Zeugen in Büsum verbracht. Bei dem Urlaub 2003 waren der Vater des Zeugen und auch die Mutter der Klägerin anwesend, wie der Zeuge bei seiner Vernehmung bekundet hat. Der Ferienaufenthalt im Jahre 2005 ist unstreitig. Die Klägerin und der Zeuge M. gehen gemeinsam zu Geburtstagen des Vaters des Zeugen; der Zeuge M. verbringt seinen Geburtstag in der Wohnung der Klägerin. Er ist bei den Geburtstagen der Kinder der Parteien anwesend. Beim Geburtstag des Sohnes der Parteien im Jahre 2004 waren neben dem Zeugen sein Vater und zwei seiner Freunde anwesend. All dies folgt aus der Vernehmung des Zeugen M. selbst sowie den Beobachtungen des Detektivs, die sich der Beklagte zueigen gemacht und die die Klägerin insoweit nicht substantiiert bestritten hat. Der Zeuge bringt auch den Sohn der Parteien gelegentlich zur Schule, er geht, wie die Kinder berichten, mit ihnen Eislaufen und zum Einkaufen. Daraus folgt, wovon auch das Familiengericht ausgegangen ist, dass die Klägerin und der Zeuge M. nach außen hin als Paar auftreten, dass sie bei Familienfeiern gemeinsam auftreten und die Ferien zumindest zum Teil gemeinsam verbringen. Ihre Beziehung ist so gestaltet, dass auch die Kinder der Parteien die Klägerin und den Zeugen M. als Paar und den Zeugen als Mitglied der Familie ansehen. Die Beziehung bestand bereits vor der Trennung der Parteien und besteht seit der Trennung (Mai 2003) fort. Sie hatte sich bereits im August 2005, als die jüngste Tochter das 3. Lebensjahr vollendet hat, so verfestigt, dass sie die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 7 BGB erfüllte. Der Bundesgerichtshof geht regelmäßig davon aus, dass ein Zeitraum von 2 - 3 Jahren ausreichend ist, um eine derart verfestigte Beziehung feststellen zu können (BGH a.a.O.). Es mag zwar zweifelhaft sein, ob der Zeitraum, in dem die Parteien noch nicht getrennt gelebt haben, mitzuzählen ist, weil die Verbindung vor der Trennung der Parteien möglicherweise noch keinen Ausschließlichkeitscharakter hatte und nicht nach außen hin in Erscheinung trat. Unter diesen besonderen Bedingungen reicht jedoch bereits ein Zeitraum von 2 Jahren und 4 Monaten aus.
Der Senat folgt jedoch nicht der Annahme des Familiengerichts, dass die Erfüllung des objektiven Tatbestands des § 1579 Nr. 7 BGB im vorliegenden Fall (noch) keinen Einfluss auf den Anspruch der Klägerin hat. Im Rahmen der Billigkeitsabwägung des § 1579 BGB kann der Senat unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Beklagten nicht feststellen, dass der Klägerin wegen der Notwendigkeit der Kinderbetreuung über den 1.10.2005 hinaus ein Anspruch auf Trennungsunterhalt zusteht. Das jüngste Kind der Parteien ist im August 2005 3 Jahre alt geworden und hat damit einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz. Der im Jahre 1999 geborene Sohn dürfte zu diesem Zeitpunkt eingeschult worden sein, zumindest besuchte er das letzte Kindergartenjahr. Von diesem Zeitpunkt an, evtl. nach einer kurzen Übergangsfrist, ist nicht mehr ersichtlich, dass die Klägerin nicht neben der Kinderbetreuung eine Erwerbstätigkeit ausüben kann, mit der sie ihren notwendigen Bedarf (€ 840/890) decken kann.
Das im Rahmen der Billigkeitsabwägung des § 1579 BGB zu berücksichtigende Kindeswohl, d.h. die erforderliche Betreuungsintensität des Kindes, wird wesentlich bestimmt durch das Alter und die körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Maßstab dieser Prüfung kann jedoch, auch wenn es vorliegend um Betreuungsunterhalt aus § 1570 BGB geht, nicht das sog. Altersphasenmodell sein, das die unterhaltsrechtlichen Leitlinien für die Erwerbsobliegenheit der geschiedenen Ehefrau im Rahmen ihres Anspruchs nach §§ 1570, 1573 II BGB aufstellen (vgl. Unterhaltsrechtliche Leitlinien, Ziffer 17.1) und das ohnehin zunehmend in die Kritik geraten ist (vgl. OLG Karlsruhe, NJW 2004, 523, 524; Peschel-Gutzeit, FF 2005, 296, 301; Wever FF 2005, 174, 177). Diese Prüfung muss vielmehr in Anlehnung an die Anforderungen des § 1615 l Abs. 2 S. 2 BGB vorgenommen werden.
Dafür sind folgende Gesichtspunkte maßgebend:
Der Unterhaltsanspruch aus § 1615 l BGB, der weder aus der Ehe noch aus der Verwandtschaft folgt, rechtfertigt sich daraus, das Wohl des Kindes durch die Absicherung der persönlichen Betreuung zu gewährleisten. Der Anspruch ist zwar als eigener Anspruch des betreuenden Elternteils ausgestaltet, ist aber dogmatisch als Unterhaltsanspruch mit Schutzwirkung zugunsten des Kindes zu qualifizieren (vgl. Schilling, FamRZ 2006, 1368). Dem betreuenden Elternteil steht nicht um seiner selbst Willen ein Anspruch auf Unterhalt zu, sondern deswegen, ihm die Entscheidung für das Kind zu erleichtern und ihm im Interesse des Kindes die Möglichkeit zur persönlichen Betreuung innerhalb der ersten drei Lebensjahre des Kindes zu geben. Die Position der Mutter (Vater) des nichtehelichen Kindes ist deshalb der des betreuenden getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten zwar angenähert, aber nicht gleichgestellt (vgl. Wever, MAH Familienrecht, § 11, Rn. 4 und 6). Der Gesetzgeber hat es aus Gründen, die sich aus dem Kindeswohl ergeben, (nur) für erforderlich gehalten, die Mutter bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres von der Obliegenheit zu einer Erwerbstätigkeit freizustellen. Danach mutet er ihr nicht nur überhaupt eine Erwerbstätigkeit zu, sondern grundsätzlich eine vollschichtige Tätigkeit. Diese Entscheidung des Gesetzgebers steht auch im Einklang mit der Verfassung (BGH FamRZ 2006, 1362, m. Anm. Schilling). Andere, d.h. elternbezogene Gründe sind im Wege einer verfassungskonformen Auslegung hingegen nur ausnahmsweise zu berücksichtigten. Das mag etwa dann der Fall sein, wenn der in Anspruch genommene Elternteil einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen hat und er sich mit der Forderung nach einer Fremdbetreuung mit Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes mit seinem vorangegangenen Verhalten in Widerspruch setzen würde.
Der Gesichtspunkt des Kindeswohls kommt zwar auch in der Regelung des § 1570 BGB, der die Betreuung des Kindes voraussetzt, zum Ausdruck. Die Unterhaltspflicht knüpft jedoch an die Ehe an und erhält ihre innere Rechtfertigung auch aus dem besonderen Verhältnis der Ehegatten zueinander. Das sog. Altersphasenmodell, das in den Leitlinien der Oberlandesgerichte seine Ausprägung gefunden hat und von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gebilligt wird (BGH FamRZ 1997, 671), trägt insbesondere diesem Umstand Rechnung. Es verweist deshalb den betreuenden Elternteil erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt und in einem deutlich reduzierten Umfang auf eine Erwerbstätigkeit.
Wenn es aber - wie hier - um die im Rahmen des § 1579 BGB anzustellende Billigkeitsabwägung geht, steht nicht das Interesse des betreuenden Elternteils daran, dass alles so bleibt, wie es in der Ehe war, im Vordergrund, sondern das Wohl des Kindes und dessen Betreuungsbedürftigkeit. Denn derjenige, der sich selbst in einer die Tatbestandsmerkmale des § 1579 BGB erfüllenden Weise von der Ehe losgesagt hat, kann den besonderen Schutz des § 1570 BGB, der über den des § 1615 l BGB hinausgeht, regelmäßig nicht länger für sich in Anspruch nehmen.
Diese Ansicht steht im Übrigen im Einklang mit der Annäherung der Unterhaltsansprüche aus §§ 1615l und 1570 BGB durch die geplante Neuregelung des Unterhaltsrechts (BR-Drucks. 253/06 v. 7.4.2006, auszugsweise in FamRZ 2006, 570). Der Regierungsentwurf, in dessen Mittelpunkt die Stärkung des Kindeswohls steht, betont den Grundsatz der Eigenverantwortung der Ehegatten, mit der Folge, dass die nachehelichen Unterhaltstatbestände im Licht des neu gefassten § 1569 BGB-E enger auszulegen sein werden. Die Neufassung der Vorschrift des § 1570 S. 2 BGB - E gibt vor, bestehende Betreuungsmöglichkeiten bei der Frage der Erwerbsobliegenheit zu berücksichtigen. Damit wird auch das sog. Altersphasenmodell zu korrigieren sein. Die Neuregelung wird wohl dazu führen, dass mit der Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes eine Prüfung stattzufinden hat, ob eine konkrete Betreuungsmöglichkeit vorliegt, mit der weiteren Konsequenz, dass sich die Erwerbsobliegenheit der berechtigten Ehefrau an dieser Möglichkeit zu orientieren hat (vgl. dazu Borth, FamRZ 2006, 813 ff.). Jedenfalls im Hinblick auf die Billigkeitsabwägung im Rahmen des § 1579 BGB muss diese Wertung des Gesetzgebers schon jetzt dazu führen, die Erwerbsobliegenheit der Mutter der sich aus § 1615 l Abs. 2 S. 3 BGB, ergebenden Erwerbsobliegenheit der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes anzugleichen. Sobald also ein Kindergartenplatz oder eine Hortbetreuung zur Verfügung steht, kann von der betreuenden Mutter grundsätzlich erwartet werden, ihren notwendigen Bedarf selbst sicherzustellen. Davon, dass diese Möglichkeiten bestehen, ist hier auszugehen.
Ob der Klägerin im Ergebnis zugemutet wird, zur Deckung ihres notwendigen Bedarfs nunmehr einer ganztägigen Beschäftigung nachgehen, wobei sie, worauf auch das Familiengericht hingewiesen hat, als Übersetzerin auch die Möglichkeit hat, einen Teil ihrer Arbeit von zu Hause aus zu erledigen, oder ob bereits beispielsweise eine Tätigkeit im Umfang von 30 Wochenstunden ausreicht, die sich mit den in Bremen bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung ohne Weiters vereinbaren lässt, lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen. Der Senat kann daher nicht davon ausgehen, dass die Klägerin wegen der Notwendigkeit der Kinderbetreuung ab der Vollendung des 3. Lebensjahres des jüngsten Kindes und nach einer kurzen Übergangszeit, d.h. ab Oktober 2005, weiterhin auf Unterhalt durch den Beklagten angewiesen ist.
II.
Soweit es der Klägerin mit der beabsichtigten Berufung um Unterhalt für die Vergangenheit, d.h. für die Zeit ab April 2003, in einer das erstinstanzliche Urteil übersteigenden Höhe geht, geht das Begehren für den Monat April 2003 ins Leere. Der verlangte Betrag (€ 422,56) ist tituliert. Hinsichtlich der Monate Mai - September und sodann ab Oktober 2003 lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen, in wieweit sie die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils rügen will. Die Klägerin hat zur Begründung lediglich auf die erstinstanzlich gestellten Anträge (Bl. 149 d. Akte) Bezug genommen. Einzelne Positionen der Berechnung des Familiengerichts hat sie nicht angegriffen. Die Differenz zwischen den verlangten und den titulierten Beträgen ergibt sich jedoch nicht in erster Linie aus den unterschiedlichen Ansätzen zum Einkommen des Beklagten. Vielmehr hat das Familiengericht vom Erwerbseinkommen des Beklagten einen Kredit bei der KSK sowie Zahlungen an das Finanzamt abgesetzt. Was die Klägerin dagegen einwenden will, erschließt sich aus ihrem Vortrag nicht. Insoweit entspricht die beabsichtigte Berufung nicht den Anforderungen der §§ 520 Abs. 3 S. 2 Nr.2 und Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO.
III.
Soweit jedoch die Klägerin die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils zu dem - ab Januar 2005 angesetzten - fiktiven Erwerbseinkommen des Beklagten von € 1.500 brutto angreift, die im Ergebnis dazu führen, dass der Beklagte nicht leistungsfähig ist, begegnet der Ansatz des Familiengerichts Bedenken. Dass der Beklagte nur eine reale Beschäftigungsmöglichkeit für eine Anstellung mit einem Anfangsgehalt von monatlich € 1.500 netto gehabt hätte, ist nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, insbesondere lässt sich für den Senat nicht nachvollziehen, warum er nicht in der Lage gewesen sein sollte, das vom Familiengericht für das Jahr 2004 ermittelte Einkommen (€ 2.279 netto) bei den gebotenen gehörigen Bemühungen weiter zu erzielen.
Nicht belegt ist, wovon auch das Familiengericht ausgegangen ist, dass der Beklagte keine seiner Ausbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende Beschäftigung finden konnte. Es zeichnete sich schon frühzeitig ab, dass er bei seinem damaligen Arbeitgeber auf Dauer ausreichendes Einkommen nicht würde erzielen können. Er erhielt immerhin bereits seit Juni 2003 Kurzarbeitergeld, das die Firma sich auch nur wegen der gewährten Zuschüsse leisten konnte. Dass sich in der wirtschaftlichen Situation dieser Firma, in die der Beklagte Einblick und auch Einfluss hatte, Entscheidendes ändern würde, konnte auch der Beklagte nicht ernsthaft annehmen. Der Beklagte hat zwar seit 2004 zahlreiche Bewerbungen vorgetragen, wobei er etwa 70 Bewerbungen aufgelistet hat (vgl. die Aufstellungen Bl. 364 - 372 und Bl. 410 - 412 d. Akte). Nicht alle Bewerbungen lassen sich jedoch einem bestimmten Datum zuordnen. Es fällt auf, dass sie eher stoßartig erfolgt sind, denn sie beziehen sich im Wesentlichen nur auf einzelne Zeiträume, etwa Mai bis August 2004 (Bl. 242 - 251, 268-270, 279, 283-286 und 420 d. Akte), November 2004 (Bl. 418 d. Akte), Januar, Mai, Juni, Juli und August 2005. Eine Bewerbung bei der Handwerkskammer Bremen erfolgte auf eine Annonce von Januar 2004 (Bl. 252 d. Akte). Das Bewerbungsverhalten zeigt kein kontinuierliches und ernsthaftes Bemühen, mit dem der Beklagte seiner Erwerbsobliegenheit ausreichend genügt hätte. Davon ist das Familiengericht zutreffend ausgegangen. Außerdem lässt sich nicht abschätzen, ob die Qualifikation des Beklagten überhaupt dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stellen entsprach. Der Arbeitsvertrag mit der Fa. H. direct, den der Beklagten schließlich abgeschlossen hat (Mai/Juni 2004), verpflichtete ihn nur zu einer wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden. Damit durfte er sich unterhaltsrechtlich ohnehin nicht begnügen, zumal sich auch seine selbständige Tätigkeit nicht zu einem auskömmlichen Einkommen entwickelte. Für das Jahr 2003 ergab sich nach den Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils ein - steuerlicher - Verlust von € 6.341,42 (Bl. 261), für 2004 ein Gewinn vor Steuern von € 14.692 und für 2005, soweit darüber Unterlagen vorliegen, zumindest kein nennenswerter Gewinn.
Vor dem Hintergrund, dass der Beklagte jedoch schon seit 1996 im Bereich selbständiger Unternehmensberatungen Erfahrungen sammeln konnte und zudem mehrere Jahre im Bereich Reiseveranstaltungen/Hotelbuchungen tätig war, erscheint es dem Senat angemessen, zumindest für einen Übergangszeitraum bis einschließlich September 2005, in dem die Klägerin auch im Hinblick auf den Verwirkungstatbestand keiner Erwerbstätigkeit nachgehen musste, ihm wenigstens das Einkommen zuzurechnen, das er im Vorjahr (2004) erzielt hat. Anhaltspunkte dafür, dass er, wie die Klägerin offenbar geltend machen will, deutlich mehr hätte verdienen können, gibt es nicht.
Ausgehend von monatlichen Einkünften des Beklagten von € 2.279,00 ergibt sich an Hand der Berechnung des Familiengerichts für den Zeitraum von Januar 2005 bis September 2005, der die Parteien im Übrigen nicht entgegengetreten sind, folgender Anspruch:
Januar bis Juni 2005
Einkommen | € 2.279,00 |
Kindesunterhalt | € 508,00 |
Kredit KSK | € 300,00 |
Hiervon 3/7 | € 631,00 |
Der Selbstbehalt (€ 840) | ist gewahrt. |
Juli bis September 2005
Einkommen | € 2.279,00 |
Kindesunterhalt | € 508,00 |
Kredit KSK | € 300,00 |
Selbstbehalt | € 890,00 |
€ 581,00 |
Mit diesen Beträgen ist der notwendige Bedarf der Klägerin nicht gedeckt. Soweit sie in diesem Zeitraum eigenes Einkommen hatte - das Familiengericht ist von anrechenbaren Einkünften von etwa € 70 ausgegangen -, führt das nicht zu einer Kürzung ihrer Ansprüche.
Ende der Entscheidung
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