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Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Beschluss verkündet am 02.02.2005
Aktenzeichen: 4 W 5/05
Rechtsgebiete: UWG 2004
Vorschriften:
UWG 2004 § 4 Nr. 10 |
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IN BREMEN Beschluss
Az.: 4 W 05/05
Bremen, den 02.02.2005
In Sachen
hat der 4. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen durch Richter am Amtsgericht Schmedes als Einzelrichter beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Bremen - 9. Zivilkammer - vom 23. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.
Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf Euro 10.467,60 festgesetzt.
Gründe:
I. Die Verfügungsklägerin ist ein Sanitätsunternehmen, das Kunden mit Inkontinenz- und Stomaartikeln sowie Produkten der Wundversorgung beliefert. Die Verfügungsbeklagte ist auf demselben Markt tätig. Herr W. war aufgrund eines Vertrages aus dem September 2002 als Teamleiter für die Verfügungsklägerin tätig und u.a. für die Akquisition von Kunden zuständig. Das Anstellungsverhältnis wurde mit Vertrag vom 13./18.10.2004 zum 30. November 2004 aufgehoben, wobei auch das vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot einvernehmlich und entschädigungslos zu diesem Zeitpunkt aufgehoben wurde. Herr W. ist seit dem 01.12.2004 für die Verfügungsbeklagte tätig. Bereits im Oktober 2004 übersandte die Verfügungsbeklagte Schreiben an mindestens zwei Kunden der Verfügungsklägerin, in denen sie darauf hinwies, dass Herr W. ab dem 01.12.2004 für sie tätig sein werde.
Die Verfügungsklägerin hat die Ansicht vertreten, dass dieses Vorgehen wettbewerbswidrig sei, weil es ein unlauteres Abwerben ihrer Patienten darstelle, wobei die Verfügungsbeklagte rechtswidrig durch Vertragsbruch des Herrn W. verschaffte Patientendaten verwende. Im übrigen läge auch ein Fall des § 4 Nr.10 UWG vor, weil Kunden erst nach dem Vertragsende des Herrn W. zu einem Wechsel zu der Verfügungsbeklagten hätten veranlasst werden dürfen.
Das Landgericht Bremen hat durch Beschluss vom 17.11.2004 der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, bis zum 01.12.2004 im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Patienten der Verfügungsklägerin abzuwerben und/oder abwerben zu lassen, wie durch die im Beschluss wiedergegebenen Kundenschreiben geschehen.
Die Verfügungsbeklagte hat Widerspruch eingelegt. Die Parteien haben im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16.12.2004 das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Mit am 29.12.2004 zugestellten Beschluss vom 23.12.2004 hat das Landgericht Bremen durch den Einzelrichter die Kosten des Verfahrens der Verfügungsklägerin auferlegt und zur Begründung ausgeführt, dass ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs.1 UWG nicht bestanden habe, weil weder ein wettbewerbswidriges Verhalten der Verfügungsbeklagten nach den §§ 3, 4 Nr.11, 17 Abs.1 UWG noch nach den §§ 3, 4 Nr.10 UWG vorgelegen habe.
Hiergegen wendet sich die Verfügungsklägerin mit ihrer am 12.01.2005 eingelegten sofortigen Beschwerde und führt zur Begründung aus, dass das Verhalten der Verfügungsbeklagten bereits deshalb wettbewerbswidrig gewesen sei, weil die Verfügungsbeklagte sich die Kenntnis ihres Kundenkreises unredlich und gegen ihren Willen verschafft habe, wobei es unerheblich sei, ob die Verfügungsbeklagte im konkreten Fall zusätzlich auch einen fremden Vertragsbruch ausgenutzt habe.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 91 a Abs.2, 569 ZPO), jedoch nicht begründet.
Ohne das erledigende Ereignis wäre die Verfügungsklägerin in dem Verfahren mangels eines Verfügungsanspruchs unterlegen gewesen, so dass es angemessen und billig ist, ihr gemäß § 91 a Abs.1 ZPO die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
1. Ein Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin gegen die Verfügungsbeklagte aus §§ 8 Abs.1, §§ 3, 4 Nr. 11, § 17 Abs.1 UWG hat das Landgericht Bremen mit Recht verneint. Täter im Sinne von § 17 Abs.1 UWG kann nur Herr W. sein. Eine Beteiligung an einer Tat des Herrn W. etwa in Form der Anstiftung oder Beihilfe hat die Verfügungsbeklagte weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht.
2. Der Senat teilt ebenfalls die Auffassung des Landgerichts, soweit es auch einen Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin gegen die Verfügungsbeklagte aus den §§ 8 Abs.1, §§ 3, 4 Nr. 10 UWG verneint hat. Nach Ansicht des Senats ist eine gezielte Behinderung der Verfügungsklägerin als Mitbewerberin im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Das Verhalten der Verfügungsbeklagten war zwar planmäßig darauf gerichtet, Kunden der Verfügungsklägerin abzuwerben. Das Abwerben von Kunden des Mitbewerbers ist für sich betrachtet jedoch nicht schon unlauter (vgl. BGH GRUR 1963, 197, 200; Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Auflage, Rn. 10.24 m.w.N). Denn es gehört zu den unabdingbaren Elementen eines Systems hinreichend freien und fairen, d.h. unverfälschten Wettbewerbs, dass kein Unternehmen Anspruch auf dauernde Behauptung seiner Kunden hat, vielmehr jederzeit deren Abwerbung im Wettbewerb hinnehmen muss. Als Grundsatz ist daher davon auszugehen, dass die Abwerbung von Kunden zulässig ist, mögen dadurch andere Unternehmen noch so sehr "gezielt" behindert werden. Unlauter ist das Eindringen in einen fremden Kundenkreis erst dann, wenn besondere, die Unlauterkeit begründende Umstände hinzutreten (vgl. Baumbach/Hefermehl/Köhler, a.a.O. Rn. 10.24 m.w.N.). Zu den besonderen Umständen, die das Abwerben von Kunden für sich allein oder in der Gesamtschau als unlauter erscheinen lassen, kann der Einsatz unlauterer Mittel und Methoden zählen. Dabei ist eine Gesamtwürdigung des Verhaltens unter Berücksichtigung von Inhalt, Zweck und Beweggrund sowie der Begleitumstände vorzunehmen (vgl. Baumbach/Hefermehl/Köhler a.a.O. Rn. 10.34). Das bloße Ausnutzen fremden Vertragsbruchs ist, worauf das Landgericht zu Recht hinweist, nicht ohne weiteres unlauter (vgl. BGH GRUR 2000, 724, 726; OLG Frankfurt NJW-RR 1997, 1064). Hinzukommen müssen besondere Umstände, um die Unlauterkeit zu begründen (vgl. Baumbach/Hefermehl/Köhler, a.a.O. Rn.10.36). Dabei ist es für die Annahme eines unlauteren Abwerbens von Kunden subjektiv erforderlich, dass sich der Wettbewerber des von einem anderen begangenen Vertragsbruchs bewusst ist oder doch damit rechnet und in Kauf nimmt, dass er einen fremden Vertragsbruch geschäftlich ausnutzt (vgl. auch BGH GRUR 1976, 372; OLG Hamm GRUR 2004, 27, 28; Baumbach/Hefermehl/Köhler, a.a.O. Rn.10.36). Nach Auffassung des Senats hat die Verfügungsklägerin diese besonderen Umstände nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Es ist der Verfügungsklägerin zuzugeben, dass mehrere Indizien dafür sprechen, dass Herr W. die Kundendaten unter Begehung eines Vertragsbruchs gegenüber der Verfügungsklägerin an die Verfügungsbeklagte weitergeleitet hat und die Verfügungsbeklagte sich dessen bewusst war oder jedenfalls hiermit rechnete. Dafür spricht zum einen der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Wechsel des Herrn W. von der Verfügungsklägerin zur Verfügungsbeklagten und den Anschreiben an die von Herrn W. betreuten Kunden. Zum anderen kann aus den von der Verfügungsbeklagten vorgelegten Kundenlisten zu dem Kaufvertrag mit dem Insolvenzverwalter der Fa. Sanitätshaus F. C. GmbH & Co.KG eine Zuordnung des Herrn W. zu den Patienten We. und N. nicht ohne weiteres vorgenommen werden. Andererseits ist es jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Darstellung des Verfügungsbeklagten zutreffend ist, soweit vorgetragen wird, es sei bereits kein Betriebsgeheimnis der Verfügungsklägerin verletzt worden, weil Herr W. die genannten Patienten schon vor seiner Tätigkeit bei der Verfügungsklägerin betreut habe. Des weiteren ist ebenso wenig ausgeschlossen, dass tatsächlich auf den einzelnen Kundenkarten der insolventen Fa. Sanitätshaus F. C. GmbH & Co.KG die einzelnen Kontakte, mithin auch Herr W. als Kundenbetreuer der Kunden We. und N., eingetragen waren.
Aus denselben Erwägungen ist auch nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass die Behinderung der Verfügungsklägerin in der Begehungsform des Abwerbens von Kunden darin bestand, dass die Verfügungsbeklagte die Kenntnis des Kundenkreises der Verfügungsklägerin unredlich und gegen den Willen der Verfügungsklägerin erlangt hat. Der Bundesgerichtshof hat zwar entschieden, dass die Verwendung von Kundenlisten unlauter sein kann, wenn sich der Handelnde interne Geschäftsunterlagen eines Mitbewerbers gegen dessen Willen verschafft hat (vgl. BGH GRUR 1963, 197, 201). Es kann aber, wie dargestellt, nicht ausgeschlossen werden, dass die Kenntniserlangung der Kundendaten lauter gewesen ist.
Dass die Verfügungsbeklagte den Herrn W. zum Vertragsbruch verleitet hätte - ein solches Verleiten stellt grundsätzlich eine unlautere Wettbewerbsmaßnahme dar (vgl. dazu OLG Hamm a.a.O. S. 28), - wird von der Verfügungsklägerin nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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