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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 17.05.2005
Aktenzeichen: 1 Ws 167/05
Rechtsgebiete: RVG
Vorschriften:
RVG § 52 |
Oberlandesgericht Celle Beschluss
In dem Sicherungsverfahren
wegen Unterbringung
hier: Kostenfestsetzung
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Landgerichts Hannover - Rechtspfleger - vom 6. April 2005 nach Anhörung des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Hannover durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, die Richterin am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Oberlandesgericht ####### am 17. Mai 2005 beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Auf Antrag des Beschuldigten vom 29. November 2004 werden die ihm aufgrund des Urteils der 12. großen Strafkammer des Landgerichts Hannover vom 29. November 2004 aus der Landeskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 1.276, Euro (abzüglich bereits gezahlter 951,20 Euro) festgesetzt.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
1. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens sind Auslagen, die der Beschuldigte gegen die Landeskasse geltend macht. Gegen den Beschuldigten wurde bei der Staatsanwaltschaft Hannover ein Sicherungsverfahren nach §§ 413 ff StPO geführt. Unter dem 25. April 2003 zeigte Rechtsanwalt F. aus H. unter Vorlage einer Vollmacht die Verteidigung des Beschuldigten an. Im Hauptverhandlungstermin vom 12. November 2004 wurde Rechtsanwalt F., der zuvor mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2004 erklärt hatte, er lege für diesen Fall sein Mandat als Wahlverteidiger nieder, dem Beschuldigten als Verteidiger beigeordnet. Mit Urteil der 12. großen Strafkammer des Landgerichts Hannover vom 29. November 2004 wurde der Antrag auf Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus abgelehnt und nach § 467 Abs. 1 StPO wurden die Kosten des Verfahrens einschließlich der dem Beschuldigten entstandenen notwendigen Auslagen der Landeskasse auferlegt.
Mit Schriftsatz vom 29. November 2004 machte Rechtsanwalt F. unter Vorlage einer Vollmacht des Beschuldigten - und somit für diesen - vom selben Tage Gebühren und Auslagen eines Wahlverteidigers nach Maßgabe des RVG in Höhe von 1.276, Euro gegen die Landeskasse geltend. Der Aufforderung, die als Auslagen des Beschuldigten geltend gemachten Wahlverteidigergebühren nach Maßgabe der BRAGO zu beantragen, kam der Antragsteller nicht nach. Auf eine Erinnerung des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Hannover wurde schließlich durch Beschluss des Rechtspflegers vom 6. April 2005 eine Vergütung in Höhe von 951,20 Euro als Pflichtverteidigervergütung nach dem RVG festgesetzt und der diesen Betrag übersteigende Antrag auf Auszahlung notwendiger Auslagen des Beschuldigten (nämlich dessen Wahlverteidigerkosten) mit der Begründung zurückgewiesen, diese seien wegen des vor dem 1. Juli 2004 erfolgten Verteidigungsauftrags gem. § 61 Abs. 1 RVG nach bisherigem Recht (BRAGO) zu berechnen, ein entsprechender Antrag liege aber nicht vor. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seinem als Erinnerung bezeichneten Rechtsmittel und trägt vor, der Kostenfestsetzung seien die Vorschriften des RVG zugrunde zu legen.
2. Die befristete Beschwerde des Beschuldigten ist nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der Beschuldigte hat einen Anspruch auf Erstattung seiner notwendigen Auslagen in Form der ihn belastenden Wahlverteidigergebühren nach Maßgabe des RVG.
a) Der Anspruch des Beschuldigten beruht auf § 467 Abs. 1 StPO. Durch Urteil der 12. großen Strafkammer des Landgerichts Hannover vom 29. November 2004 wurde der Antrag auf Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus abgelehnt und wurden nach § 467 Abs. 1 StPO die Kosten des Verfahrens einschließlich der dem Beschuldigten entstandenen notwendigen Auslagen der Landeskasse auferlegt. Nach § 464 a Abs. 2 Nr. 2 StPO zählen zu den notwendigen Auslagen auch die Kosten für einen Rechtsanwalt, soweit diese nach § 91 Abs. 2 ZPO zu erstatten sind. Dies gilt auch für die Kosten eines nach § 137 StPO gewählten Verteidigers (vgl. nur Meyer-Goßner, 47. Aufl. § 464 a Rn. 7). Zwar ist der Verteidiger des Beschuldigten nach dessen Beiordnung am 12. November 2004 als notwendiger Verteidiger tätig gewesen und erfasst nach § 48 Abs. 5 Satz 1 RVG diese Beiordnung auch die zuvor bereits erbrachten Tätigkeiten. Dies bedeutet aber nicht, dass der Verteidiger von dem Beschuldigten keine Gebühren verlangen kann. Nach § 52 RVG bzw. der grundsätzlich gleichlautenden Vorschrift des § 100 BRAGO kann nämlich der gerichtlich bestellte Rechtsanwalt von dem Beschuldigten die Zahlung der Gebühren eines gewählten Verteidigers verlangen, jedenfalls insoweit, als die Staatskasse Gebühren (eines Pflichtverteidigers) nicht gezahlt hat. Mit diesen Kosten ist der ehemals Beschuldigte belastet und macht sie nunmehr - durch seinen hierzu als Rechtsanwalt beauftragten Verteidiger - als Auslagen der Landeskasse gegenüber geltend.
b) Nach inzwischen gefestigter Auffassung richten sich die Gebühren eines nach dem 1. Juli 2004 beigeordneten Verteidigers, der zuvor als Wahlverteidiger bereits tätig war, für das gesamte Verfahren nach den Vorschriften des RVG (vgl. nur OLG Schleswig vom 30.11.2004, 1 Ws 423/04; OLG Celle vom 13.12.2004, 2 Ws 314/04; Senatsbeschluss vom 11.2.2005, 1 ARs 293/04; Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., § 60 RVG Rn. 18; Burhoff, RVG, Vergütungs-ABC Übergangsvorschriften, §§ 60 f. Rn. 12 und 30; BT-Drucks. 15/1971, S. 203 zu § 60). Denn in einem solchen Fall endet der vom Mandanten erteilte Auftrag und es wird eine öffentlichrechtliche Pflicht zur Verteidigung des Angeklagten begründet. Nach § 48 Abs. 5 Satz 1 RVG erfasst die hiernach begründete Bestellung auch die im Vorverfahren bereits erbrachten Leistungen.
c) Die Vorschriften des RVG gelten nach Auffassung des Senats aber auch hinsichtlich der als notwendige Auslagen geltend gemachten Wahlverteidigervergütung. Zwar hat das Oberlandesgericht Hamm in einer Entscheidung vom 10. Januar 2005 (Az.: 2 (s) Sbd. VIII 267, 268 u. 269/04) ausgeführt, in derartig gelagerten Fällen verbleibe es wegen der Wahlanwaltsvergütung bei der Anwendung der BRAGO (entsprechend auch Burhoff a.a.O). Der Senat teilt diese Auffassung aber nicht. Ihr steht entgegen, dass es sich bei diesen Auslagen nicht um Anwaltsgebühren aufgrund des vor der Beiordnung erfolgten unbedingten Auftrags handelt, sondern um Gebühren aus dem später durch Beiordnung begründeten Pflichtverteidigerverhältnis, infolge dessen der Rechtsanwalt von dem Beschuldigten die Gebühren eines gewählten Verteidigers verlangen kann (vgl. auch die Entscheidung des hiesigen 2. Strafsenats vom 13.12.2004, 2 Ws 314/04). Der Anspruch aus § 52 RVG entsteht nicht infolge eines früheren Auftrags, sondern erwächst originär aus der Beiordnung. Der Anspruch aus § 52 RVG entsteht kraft Gesetzes mit der Wirksamkeit der gerichtlichen Bestellung des Anwalts und ist vom Willen und von einem Auftrag des Beschuldigten unabhängig (Hartmann, 34. Aufl,. § 52 Rn. 6). Ein durch früheren Auftrag begründetes Wahlverteidigerverhältnis endet mit der Beiordnung (OLG Celle, StV 96, 222 m.w.N.). Der beigeordnete Anwalt aber kann Wahlverteidigergebühren auch für Tätigkeiten geltend machen (namentlich für Hauptverhandlungen), die nach Beiordnung und somit nach Beendigung des Wahlverteidigermandats erst erbracht werden. Auch hieraus folgt, dass es sich bei den Gebühren aus § 52 RVG nicht um Gebühren aufgrund des mit Beiordnung erloschenen Wahlverteidigermandats handeln kann. Der Kostenfestsetzung sind demnach und aufgrund der nach dem 1. Juli 2004 erfolgten Beiordnung allein die Vorschriften des RVG zugrunde zu legen.
Einer Vorlage nach Maßgabe von § 121 Abs. 2 GVG bedurfte es nicht, da die hier maßgebliche Frage der Vergütung nach § 52 RVG im Rahmen der Entscheidung des OLG Hamm nicht erheblich war.
3. In der Höhe sind die vom Antragsteller geltend gemachten Gebühren eines gewählten Verteidigers nicht zu beanstanden. Der Senat hat sie danach wie beantragt festgesetzt. Nach § 52 Abs. 1 Satz 2 RVG besteht der Anspruch indessen nur, soweit die Staatskasse Gebühren nicht gezahlt hat. Hiernach sind die in Höhe von 951,20 Euro bereits gezahlten Pflichtverteidigergebühren in Abzug zu bringen.
4. Die Entscheidung über die Kosten für das vorliegende Beschwerdeverfahren beruht auf § 56 Abs. 2 RVG.
Ende der Entscheidung
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