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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 21.02.2006
Aktenzeichen: 14 U 121/05
Rechtsgebiete: HaftPflG, StVG
Vorschriften:
HaftPflG § 1 | |
HaftPflG § 13 | |
StVG § 17 |
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 21. Februar 2006
In dem Rechtsstreit
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2006 unter Mitwirkung der Richter am Oberlandesgericht ..., ... und ... für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 6. Mai 2005 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, an den Kläger 5.064,23 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Juli 2003 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Gerichtskosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 20 % und der Beklagten zu 2 zu 80 % auferlegt. Von den außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger die des Beklagten zu 1 voll und 20 % derjenigen der Beklagten zu 2 und die Beklagte zu 2 80 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 6.330,29 EUR.
Gründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der gegen den Beklagten zu 1 gerichteten Klage wendet. Dagegen hat sie - soweit es um eine Haftung der Beklagten zu 2 geht - überwiegend Erfolg und führt insoweit zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung des angefochtenen Urteils.
Auf der Grundlage der vom Landgericht vorgenommenen Vernehmung der Zeugen B. und A. und der ergänzenden vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung der Eheleute T. lässt sich nicht feststellen, ob die vom Beklagten zu 1 geführte Straßenbahn am 6. Juni 2003 bei für sie geltendem Haltezeichen in die Kreuzung der P.straße mit dem E.kamp einfuhr oder ob der vom E.kamp kommende Kläger einen Rotlichtverstoß beging und alsdann bei dem Versuch, von dort aus nach links stadtauswärts in die P.straße einzubiegen, mit der Straßenbahn der Beklagten zu 2 kollidierte.
Aufgrund der Angaben, die die Zeugen B. und A. - beides Mitfahrer in der Straßenbahn der Beklagten zu 2 - in erster Instanz gegenüber der Einzelrichterin gemacht haben, spricht zwar viel dafür, dass die Straßenbahn "freie Fahrt" hatte, als sie in die Kreuzung einfuhr. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Beweiswürdigung unter I. der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug. Folgt man jedoch den Bekundungen der Eheleute T., so war es der Kläger, der mit seinem Pkw bei Grün in die Kreuzung einfuhr. Beide Zeugen haben bei ihrer Vernehmung durch den Senat im Wesentlichen übereinstimmend ausgesagt, mit ihrem Fahrzeug bei Rot auf der Linksabbiegespur der stadtauswärts führenden Fahrbahn der P.straße gewartet zu haben, während auf den beiden Geradeausfahrspuren rechts neben ihnen ebenfalls Fahrzeuge gestanden hätten. Zur selben Zeit habe das Fahrzeug des Klägers zunächst an der Ampel im E.kamp gewartet und sich dann langsam in Richtung Kreuzungsmitte in Bewegung gesetzt, während ein weiteres vom E.kamp kommendes Fahrzeug stadteinwärts nach rechts in die P.straße abgebogen sei. Beide Zeugen haben ihre Angaben dahingehend ergänzt, dass an der Unfallstelle noch zwei weitere - ihnen namentlich nicht bekannte - Zeugen vorhanden gewesen seien, die dem Kläger bestätigt hätten, dass er beim Einfahren in die Kreuzung Grünlicht gehabt habe.
Da nur entweder die Angaben der Zeugen B. und A. oder diejenigen der Eheleute T. richtig sein können, der Senat jedoch keine Anhaltspunkte dafür hat, welche der beiden Zeugengruppen eine den tatsächlichen Gegebenheiten nicht entsprechende Schilderung abgegeben haben könnte, und weitere Erkenntnisquellen nicht zur Verfügung stehen, lässt sich im Ergebnis nicht feststellen, ob der Kläger mit seinem Pkw oder der Beklagte zu 1 mit der von ihm geführten Straßenbahn zum Unfallzeitpunkt unberechtigt in die Kreuzung einfuhr.
Dies hat zunächst zur Folge, dass der Kläger den ihm obliegenden Beweis nicht erbringen kann, dass den Beklagten zu 1 als Fahrer der Straßenbahn ein Verschulden an dem Zustandekommen des Unfalls trifft. Da das Haftpflichtgesetz, das die Haftung des Bahnbetriebsunternehmers regelt, eine § 18 Abs. 1 StVG entsprechende Regelung nicht kennt (vgl. Filthaut, HpflG, 6. Aufl., § 12 Rn. 23), bedeutet dies weiter, dass keine Anspruchsgrundlage für eine unmittelbare Haftung des Beklagten zu 1 erfüllt ist und das Landgericht die gegen ihn gerichtete Klage daher zu Recht abgewiesen hat. Soweit sich die Berufung des Klägers (auch) hiergegen richtet, erweist sie sich daher als unbegründet und war deshalb zurückzuweisen.
Dies gilt allerdings nicht für die Beklagte zu 2 als Betreiberin der Straßenbahn im Sinne von § 1 Abs. 1 HpflG. Angesichts des hier vorliegenden Beweisergebnisses kann weder der Kläger gemäß § 17 Abs. 3 StVG noch die Beklagte zu 2 gemäß § 13 Abs. 3 HpflG den ihnen obliegenden Unabwendbarkeitsbeweis erbringen. Dies hat zur Folge, dass in dem Verhältnis des Klägers und der Beklagten zu 2 eine Haftungsverteilung gemäß den für den Pkw des Klägers geltenden §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 3 StVG und den für die Straßenbahn der Beklagten zu 2 geltenden §§ 1 Abs. 1, 13 Abs. 3 HpflG nach den von den beiden unfallbeteiligten Fahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahren vorgenommen werden muss. Da hier die von der Straßenbahn ausgehende Betriebsgefahr höher anzusetzen ist als diejenige, die von dem Pkw des Klägers ausging, erscheint es dem Senat angemessen, hier eine Haftungsverteilung von 40 zu 60 zu Lasten der Beklagten zu 2 vorzunehmen.
Der unstreitige unfallbedingte Gesamtschaden des Klägers beläuft sich auf 8.440,39 EUR. 60 % hiervon sind 5.064,23 EUR. Auf die Berufung des Klägers war die Beklagte zu 2 folglich zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in dieser Höhe zu leisten.
Der Zinsausspruch beruht auf §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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