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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 08.03.2005
Aktenzeichen: 16 U 193/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 433
BGB § 675
Zu den Beratungspflichten beim Immobilienkauf aus einem Beratungsvertrag.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

16 U 193/04

Verkündet am 8. März 2005

In dem Rechtsstreit

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 17. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter ... sowie die Richter ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 19. August 2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels geändert und wie folgt gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 49.262, 36 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 7. Februar 2004 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von allen zugunsten der B Bausparkasse AG aus den Darlehensverträgen Nr. 419134401 und 419134402 vom 16. August 1993 bestehenden Darlehensrückzahlungs- und Zinszahlungsverpflichtungen freizustellen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den weiteren, ab dem 1. November 2003 entstandenen bzw. noch entstehenden Schaden zu ersetzen, und zwar zu Ziffer 1. bis 3. jeweils Zug um Zug gegen Übertragung des Grundbesitzes an der im Aufteilungsplan des beim AG H. geführten Wohnungsgrundbuches von H. mit Nr. 15 bezeichneten Eigentumswohnung in H., ..., III. OG rechts, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Bad und Keller.

4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Übereignungsangebots über die oben beschriebene Wohnung im Annahmeverzug befindet.

5. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

6. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

8. Die Revision wird zugelassen.

9. Streitwert für beide Instanzen: bis zu 155.000 EUR (Berufungsverfahren: 49.376 EUR + Freistellung 82.317 EUR + Feststellung 10.000 EUR; erste Instanz: 58.012 EUR + Freistellung 82.317 EUR + Feststellung 10.000 EUR).

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung eines im Jahre 1993 geschlossenen Kaufvertrages über eine Eigentumswohnung in H., ..., mit der Begründung, er sei von einem Vermittler der Fa. A. und Partner, die ihrerseits von der Fa. H & B GmbH beauftragt worden sei, im Zusammenhang mit dem Erwerb der voll finanzierten Wohnung falsch beraten worden.

Die Beklagte war u. a. Eigentümerin der aus insgesamt 80 Einheiten bestehenden Wohnanlage in Hameln, die sie nach Teilsanierung und Aufteilung in Eigentumswohnungen der im Jahre 2000 in Konkurs gefallenen Firma H & B in Dortmund zum Vertrieb an die Hand gegeben hatte. Sie ließ dem 1965 geborenen Kläger - wie in zahlreichen anderen dem Senat vorliegenden Fällen - durch standardisiertes notarielles Angebot des von ihr ständig beauftragten Notars S. in H. eine Zwei-Zimmer-Wohnung zum Preis von 138.095 DM anbieten (Anlage B 3). Der Kläger nahm dies Angebot am 5. September 1993 an (Anlage B 2).

Unstreitig erhielt der Kläger einen Verkaufsprospekt der Beklagten, in dem u. a. auf die Vertriebsfirma H & B GmbH und deren Tochterfirmen hingewiesen war (Anlage R 1). Die Beklagte behauptet dazu, es habe jedenfalls keine schriftliche Vertriebsvereinbarung gegeben (Bl. 137).

Wie in zahlreichen ähnlich gelagerten Fällen auch, schloss der Kläger einen Finanzierungsvermittlungs- und Objektvermittlungsvertrag ab, was sich aus den entsprechenden Gebühren ergibt, die neben den Abschlussgebühren für die Darlehensverträge und weiteren Nebenkosten ebenfalls dem Finanzierungsaufwand zugeschlagen wurden (Bl. 92, 93), so dass sich insgesamt ein Betrag von 161.000 DM ergab, der zunächst durch zwei tilgungsfreie Vorausdarlehen der B zur Verfügung gestellt wurde (Darlehensvertrag Bl. 13 ff.), die sodann durch zwei nacheinander anzusparende Bausparverträge der B abgelöst werden sollten. Insoweit entspricht das Finanzierungsmodell in vollem Umfang dem sog. Dortmunder Modell, welches Gegenstand der beiden Parteien bekannten Senatsentscheidungen in den Verfahren 16 U 126/04 und 127/04 (BGH V ZR 4/05 und 5/05) war, auf die verwiesen wird.

Um zu vermeiden, dass die Beklagte für Beratungsfehler (insbesondere bei der Finanzierung) der von ihr beauftragten Vertriebspartnerin und der von dieser gegründeten Untergesellschaften und sonstiger von diesen Gesellschaften eingeschalteter Vermittler haften muss, bestimmt § 8 des not. Kaufangebotes, dass der Verkäufer für die Wirtschaftlichkeit incl. Steuereffekte keine Verantwortung übernimmt, die Finanzierung ausschließlich Sache des Käufers ist und insbesondere Vertriebsbeauftragte der Verkäuferin nicht berechtigt sind, zu diesem Thema verbindliche Aussagen zu machen.

Der Kläger hat behauptet, er sei im Sommer 1993 von einem Mitarbeiter K. der Vermögensberatung A. & Partner aufgesucht worden, der ihm den Erwerb der Wohnung als Kapitalanlage zur Steuerersparnis und Altersvorsorge bei Vollfinanzierung empfohlen habe. Der Erwerb sei ohne Eigenkapital möglich und die monatlichen Belastungen würden fast ganz durch Steuerersparnis und eingenommene Mieten gedeckt. Auch ein späterer Verkauf der Wohnung nach einigen Jahren sei voraussichtlich mit Gewinn möglich. Dazu habe ihm K. verschiedene Berechnungsbeispiele vorgelegt, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 18 ff.). Hierdurch sei bei ihm der unrichtige Eindruck vermittelt worden, er könne mit festen Mieteinnahmen rechnen, was jedoch durch den im Darlehensvertrag zur Bedingung gemachten Beitritt zum Mietpool (Mieteinnahmegemeinschaft) nicht der Fall gewesen sei. Falsch sei auch die im Berechnungsbeispiel ausgewiesene jährliche Rendite und Mietsteigerung. Mit Sicherheit zu erwartende Ausgaben seien verschleiert bzw. gar nicht angegeben. Es fehle ein deutlicher Hinweis auf steigende Ansparleistungen für die Bausparverträge, so dass die Angabe von 230,73 DM (monatliche Unterdeckung vor Tilgung) irreführend sei (Bl. 25). Die Bausparraten liegen zudem erheblich unter den üblichen Regelsparraten, was zu einer späteren Zuteilung führe und weitere Kosten durch das tilgungsfreie Vorausdarlehen mit sich bringe. So liege die Gesamtfinanzierungsdauer eher bei 31 Jahren und nicht - wie angegeben - bei 27 Jahren.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, durch Herrn K. sei mit der Beklagten ein Beratungsvertrag zustande gekommen, diese müsse sich dessen Pflichtverletzungen zurechnen lassen.

Wegen der Schadensberechnung wird auf den Schriftsatz des Klägers Bl. 87 ff. verwiesen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 58.012,63 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 7. Februar 2004 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn von allen zu Gunsten der B Bausparkasse AG aus den Darlehensverträgen Nr. 419134401 und 4191344402 vom 16. August 1993 bestehenden Darlehensrückzahlungs und Zinszahlungsverpflichtungen freizustellen,

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm den weiteren ab dem 1. November 2003 entstandenen bzw. noch entstehenden Schaden zu ersetzen; jeweils Zug um Zug gegen Übertragung des Grundbesitzes an der im Aufteilungsplan des beim Amtsgericht H. geführten Wohnungsgrundbuchs von H. mit Nr. 15 bezeichneten Eigentumswohnung in H., ..., III. Obergeschoss rechts, bestehend aus 2 Zimmern, Küche, Bad und Keller;

4. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Übereignungsangebotes über die oben beschriebene Wohnung in Annahmeverzug befindet.

Zwischenzeitlich hat der Kläger die Klage in Höhe von 8.636,31 EUR zurückgenommen.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und hilfsweise die Zug-um-Zug-Einrede erhoben, weil der Kläger keine lastenfreie Rückübertragung der Wohnung angeboten habe.

Sie hat bestritten, die Fa. A. mit dem Vertrieb beauftragt zu haben und den Vortrag, wie es zu den Beratungsgesprächen gekommen sei und deren Inhalt mit Nichtwissen bestritten (Bl. 43). Ferner hat sie mit Nichtwissen bestritten, dass der Vermittler K., den sie nicht kenne, dem Kläger die Beispielrechnungen übergeben habe (Bl. 48).

Im Übrigen müsse sich der Kläger die erhaltenen Steuervorteile und Mieten anrechnen lassen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht unter Beweis gestellt habe, dass K. für die Beklagte in deren Auftrag tätig geworden sei. Auf das Urteil wird zur näheren Sachdarstellung verwiesen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er den Zahlungsanspruch in Höhe von 49.376,33 EUR (gezahlte Zinsen, Versicherung und zusätzliche Kosten der Wohnung abzüglich Mietüberschüsse) und die weiteren Anträge weiterverfolgt.

Er hält das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen - wie schon in erster Instanz - für unzulässig. Das Landgericht habe zudem seine Hinweispflicht verletzt.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 19. August 2004 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover, Az.: 2 O 21/04,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 49.376,33 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von allen zugunsten der B Bausparkasse AG aus den Darlehensverträgen Nr. 419134401 und 419134402 vom 16. August 1993 bestehenden Darlehenrückzahlungs- und Zinszahlungsverpflichtungen freizustellen;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den weiteren, ab dem 1. November 2003 entstandenen bzw. noch entstehenden Schaden zu ersetzen; jeweils Zug um Zug gegen Übertragung des Grundbesitzes an der im Aufteilungsplan des beim Amtsgericht H. geführten Wohnungsgrundbuchs von H. mit Nr. 15 bezeichneten Eigentumswohnung in H., ..., III. Obergeschoss rechts, bestehend aus 2 Zimmern, Küche, Bad und Keller;

4. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Übereignungsangebots über die oben beschriebene Wohnung im Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und im Übrigen auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers hat im Wesentlichen Erfolg.

Der Kläger hat Anspruch auf Schadensersatz und Rückabwicklung des Kaufvertrages über die Eigentumswohnung wegen Pflichtverletzungen aus einem Beratungsvertrag, die der Beklagten zuzurechnen sind.

1.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann zwischen dem Verkäufer und Käufer ein Beratungsvertrag im Vorfeld eines Wohnungskaufes zustande kommen, wenn der Verkäufer im Zuge eingehender Vertragsverhandlungen dem Käufer, insbesondere auf Befragen, einen ausdrücklichen Rat erteilt; gleiches gilt, wenn der Verkäufer dem Käufer als Ergebnis der Verhandlungen ein Berechnungsbeispiel über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vorlegt, das der Herbeiführung des Geschäftsabschlusses dienen soll (BGHR 2004, 75 m. w. N.).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall ebenso gegeben, wie in dem vom Senat mit Urteil vom 7. Dezember 2004 entschiedenen (Parallel)Fall (16 U 127/04).

Hier - wie auch in dem bereits entschiedenen Parallelfall - waren dem Erwerber von dem vor Ort tätigen Vermittler Beispielrechnungen (oder auch "Besuchsaufträge") übergeben worden, wobei im Fall des Klägers entscheidend auf die Beispielrechnung vom 22. Juli 1993 (Bl. 24 ff.) als die letzte vor dem Kaufabschluss abzustellen ist.

Dies belegt das Zustandekommen eines besonderen Beratungsvertrages zwischen den Parteien. Das Vertriebskonzept der Beklagten war wie in zahlreichen anderen gleich gelagerten und dem Senat bekannten Verfahren darauf angelegt, dass sie zu keinem Zeitpunkt einen persönlichen Kontakt zu dem Erwerber aufzunehmen hatte. Sie hat vielmehr die Beratung und Vermittlung des Verkaufs allein ihren Vertriebspartnern überlassen. Zwar hat die Beklagte im vorliegenden Fall eine Vertriebsvereinbarung nicht vorgelegt, in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht sogar eine solche - jedenfalls schriftliche - bestritten. Der Senat geht aber bei lebensnaher Betrachtungsweise davon aus, dass auch für das hier in Rede stehende Objekt eine solche Vereinbarung mit der H & B GmbH bestanden hat, von der ein Muster in den Parallelverfahren 16 U 126/04 und 127/04 eingereicht worden war. Das folgt zwanglos aus dem Verkaufsprospekt der Beklagten (Anlage R 1), in dem die Objekte Ha. und He. beworben werden und eben gerade die senatsbekannt allgemein mit dem Vertrieb beauftragte H & B GmbH nebst deren Tochterfirmen benannt ist. Der Senat bewertet das Bestreiten der Beklagten deshalb als unwahr im Sinne von § 138 Abs. 1 ZPO.

Weil die H & B GmbH den ihr im großen Umfang übertragenen Vertrieb nicht allein durch eigene Mitarbeiter bewerkstelligen konnte, lag es auf der Hand, dass diese ihrerseits andere Firmen und Mitarbeiter mit der Vermittlung der Immobilien beauftragte, wie dies auch in den vom Senat bereits entschiedenen Fällen der Fall gewesen ist. Dies geschah auch mit Billigung der Beklagten, zumal sie in ihrem Verkaufsprospekt (Anlage R 1) selbst darauf hinweist, die Kaufinteressenten sollten sich bei weiteren Fragen an ihre Vertriebspartner wenden.

Soweit die Beklagte die Tätigkeit des vom Kläger als Herrn K. benannten Untervermittlers als Mitarbeiter der A. & Partner und diese wiederum für H & B bestreitet, ist dieses Bestreiten gemäß § 138 Abs. 1 und 2 ZPO unzutreffend, zumal sie selbst einräumt, die H & B GmbH mit dem Vertrieb beauftragt zu haben (Bl. 44).

Es lag in der Struktur des von der Beklagten verfolgten Vertriebskonzepts, dass vor Ort zahlreiche Untervermittler der beauftragten H & B GmbH tätig wurden und werden mussten, um die Wohnungen in einem engen Zeitrahmen zu veräußern. Dazu gehörte auch gerade die Beratung der potentiellen Erwerber durch die Untervermittler, die über H & B mit den entsprechenden Informationen zu den Kaufobjekten und der vorgeschlagenen Finanzierung im Rahmen des sog. Dortmunder Modells versorgt wurden. Der Kläger hat darüber hinaus nachgewiesen, dass der Vermittler K. für A. und diese wiederum für H & B tätig war, wie sich aus dem Schreiben der IHB vom 28. Februar 1996 (Bl. 167) ergibt. Anders wäre auch nicht zu erklären, wie der Kläger die entsprechenden Informationen/Berechnungsbeispiele erhalten haben sollte. Es ist deshalb auch unerheblich, dass die Beklagte nach ihrem Vortrag den hier tätigen Vermittler K. und die Fa. A. nicht kennen will. Das ist auch nicht nötig, weil sie durch ihr gerichtsbekanntes Vertriebskonzept damit rechnen musste, dass Untervermittler für H & B arbeiten werden, um die Wohnungen zu verkaufen. So muss die Beklagte auch unmittelbar nach dem 22. Juli 1993 von dem Kläger als Erwerber einer Wohnung erfahren haben, denn anders ist nicht erklärlich, dass schon am 18. August 1993 ein notarielles Kaufangebot beurkundet werden konnte. Schließlich war die Beklagte auch im Besitz der vom Kläger unterzeichneten "Risikohinweise" (Anlage B 4).

Vor dem Hintergrund des von der Beklagten initiierten Strukturvertriebs und der Tatsache der vom Kläger vorgelegten drei Beispielsrechnungen, die als persönlichen Berater "U. K." ausweisen, kann die Beklagte nicht schlicht mit Nichtwissen bestreiten, dass K. diese Rechnungen dem Kläger im Rahmen der Verhandlungen übergeben hat. Wie sonst sollten diese Informationen, auch zu Einzelheiten der verkauften Wohnung und der erzielten Miete in den Besitz des Klägers gelangt sein zumal IHB unzweifelhaft die Fa. A. beauftragt hatte und Herr K. deren Mitarbeiter war (bereits genanntes Schreiben der IHB an A., Bl. 167).

Schließlich bestreitet die Beklagte auch nicht in zulässiger Weise den Inhalt der einzelnen Beispielrechnungen, die der Kläger vorgelegt hat.

Es sind deshalb die vom BGH (a. a. O.) aufgestellten Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Beratungsvertrages und die Zurechnung des Verhaltens des vor Ort tätigen Vermittlers erfüllt (ebenso OLG Oldenburg 8 U 153/03, Anlage K 12; anders OLG Celle 4 U 180/03 - Bl. 176 ff.). Stellt sich nämlich bei der Vermittlung des Kaufvertrages die Aufgabe der Beratung des Kaufinteressenten und ist sie vom Verkäufer - wie hier - dem Makler überlassen, so kann sich dessen stillschweigende Bevollmächtigung zum Abschluss des Beratervertrages aus den Umständen ergeben (§ 167 BGB). Hat der Käufer seinerseits keinen Maklerauftrag erteilt, sind für die Annahme einer stillschweigenden Bevollmächtigung keine zu strengen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, dass die individuelle Beratung des Kaufinteressenten eine wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss der Verkaufsbemühungen war.

b) Der Umstand, dass der Kläger offenbar (wie auch die anderen Kunden von Heinen & Biege) einen formularmäßigen Immobilienvermittlungsvertrag (Unterlagen dazu liegen nicht vor) mit der IHB geschlossen hatte, steht nicht entgegen. Die Beklagte hat ihren Vertriebspartnern bei den Verhandlungen mit dem Kläger freie Hand gelassen und sie mit der Führung der wesentlichen Vertragsverhandlungen betraut. Dies genügt, um den Untervertreter selbst dann als Erfüllungsgehilfen der Beklagten anzusehen, wenn er (auch) als Makler und zusätzlich als Finanzierungsvermittler für den Kläger tätig gewesen ist. Im vorliegenden Fall war gerade die individuelle Beratung des Klägers anhand der Besuchsberichte wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss des Geschäfts. Erst hierdurch und durch die Darstellung, die Belastungen aus dem Immobilienkauf seien tragbar, wurde für ihn der Anreiz geschaffen, mit vermeintlich geringem Aufwand Wohnungseigentum als Kapitalanlage zu erwerben. Der Immobilienvermittlungsvertrag schließt deshalb unter den hier vorliegenden besonderen Umständen des von der Beklagten initiierten Vertriebskonzepts nicht aus, dass mit der Beklagten als Verkäuferin ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist.

Mit der Beratung anhand der Besuchsberichte wurde schließlich auch eine Tätigkeit im Pflichtenkreis der Beklagten als Verkäuferin wahrgenommen. Nach den Entscheidungen des BGH (NJW 2003, 1811, 1813; BGHR 2004, 75) kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, Angaben zu den Belastungen aus dem Immobilienerwerb seien stets der Anbahnung der Finanzierungsverträge zuzuordnen. Dies gilt nämlich nicht, wenn - wie hier - Informationen über angeblich geringe Finanzierungsbelastungen während der Verhandlungen über den Kaufvertrag als Erwerbsanreiz genutzt werden. Das Zustandekommen eines Beratungsvertrages ist im Übrigen nicht an einen bestimmten Beratungsgegenstand gebunden, maßgeblich ist der sachliche Zusammenhang mit dem angestrebten Geschäft.

2. Liegt danach ein Beratungsvertrag mit der Beklagten vor und hat sie auch über § 278 BGB für Verletzungen der Beratungspflichten einzustehen, steht auch die Klausel in § 8 Ziffer 5 des Kaufvertrags einer Haftung nicht entgegen, denn es widerspräche Treu und Glauben, wenn man zwar auf der einen Seite über einen Beratungsvertrag Pflichten der Beklagten begründet und ihr dann in einem weiteren Schritt durch eine formularmäßige Freizeichnungsklausel die Möglichkeit eröffnen würde, sich von diesen Pflichten durch eine derartige Erklärung wieder zu befreien (§ 11 Nr. 7 AGBGB a. F. - nach dem Wortlaut von § 8 des Vertrages bezieht sich der Haftungsausschluss auch auf grobes Verschulden, eine geltungserhaltende Reduktion ist unzulässig).

Im Übrigen entspricht es gerade dem hier vorliegenden Vertriebskonzept mit den Hinweisen auf Steuersparmöglichkeiten und eine letztlich tragbare Belastung, etwaige Interessenten für einen Immobilienerwerb zu ködern, den sie an sich und ohne Eigenkapital gar nicht geplant hatten. Zum Zeitpunkt der Annahme des Kaufangebots war der Kläger gerade aufgrund der fehlerhaften Beratung bereits zum Kauf der Wohnung entschlossen. Der im Kaufvertrag enthaltene Haftungsausschluss für außerhalb des Vertrags gegebene Zusagen und Erklärungen ist deshalb unwirksam (BGH Urteil v. 15. Oktober 2004, V ZR 223/03).

Ist ein Schadensersatzanspruch wegen unrichtiger Beratung gegeben, so ist dem Schädiger in aller Regel der Einwand verwehrt, der Geschädigte habe sich auf die Richtigkeit seiner Angaben nicht verlassen dürfen und ihn treffe deshalb ein mitwirkendes Verschulden (BGH NJW 2003, 1811, 1814; BGH NJW 1998, 302). Dieser Gesichtspunkt trifft in gleicher Weise zu, wenn der Verkäufer sich im Kaufvertrag durch eine Freizeichnungsklausel von zuvor übernommenen vertraglichen Beratungspflichten zu befreien versucht.

3. Zu den Beratungspflichtverletzungen:

Der Senat geht dabei - wie ausgeführt - von der letzten und damit vor Vertragsabschluss aktuellen Beispielrechnung des Vermittlers K. vom 22. Juli 1993 aus, die von der Beklagten inhaltlich mit Ausnahme der steuerlichen Belastung des Klägers auch nicht bestritten worden ist.

Der Beratungsvertrag verpflichtet den Verkäufer zu richtiger und vollständiger Information über die tatsächlichen Umstände, die für den Kaufentschluss des Interessenten von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können. Bei dem Erwerb einer Immobilie zu Anlagezwecken sind dies zunächst die Aufwendungen, die der Interessent aufbringen muss, um das Objekt mit seinen Mitteln erwerben und halten zu können (BGHZ 156, 371, 377). Der Verkäufer muss dabei insbesondere die mit einer von ihm vorgeschlagenen Finanzierung des Kaufs verbundenen finanziellen Auswirkungen, einschließlich in eine Aufwandsberechnung eingestellte Steuervorteile, zutreffend darstellen und im Zeitpunkt der Beratung bereits abzusehende ungünstige Veränderungen der Mieteinnahmen oder Unterhaltungskosten bei der Berechnung der Finanzierungslasten berücksichtigen. Wird als Kaufanreiz die wirtschaftliche Rentabilität des Erwerbs herausgestellt, muss der Verkäufer auch über die hierfür bedeutsamen Umstände richtig informieren. Er verletzt seine Beratungspflichten, wenn er ein in tatsächlicher Hinsicht unzutreffendes, zu positives Bild der Ertragserwartung der Immobilie oder ihres Wertsteigerungspotentials gibt und den Interessenten dadurch zum Vertragsschluss veranlasst. Haftungsbegründend sind dabei nicht sich nachträglich als unrichtig erweisende Prognosen zur Entwicklung des Immobilienmarktes, sondern unrichtige bzw. unterlassene Angaben zu spezifischen, aus den individuellen Gegebenheiten der Immobilie folgenden Risiken, welche die in Aussicht gestellte Rentabilität des Erwerbs erheblich zu mindern oder gar auszuschließen vermögen (BGH Urteil v. 15. Oktober 2003, V ZR 223/03).

Nach diesen Grundsätzen sind die nachstehenden Beratungsfehler festzustellen:

a) Die dem Kläger vorgelegte Beispielrechnung vom 22. Juli 1993 (Bl. 24 f.) suggeriert auf Seite 2 eine Unterdeckung von monatlich nur 230,73 DM vor Tilgung. Dieser Betrag ist zusätzlich eingerahmt und dadurch hervorgehoben. Er ist allein errechnet aus den Zinszahlungen auf das Vorausdarlehen (11.391 DM) abzüglich des angegebenen Mietertrages der Wohnung (6.014 DM) und abzüglich des für den Kläger angenommenen Steuervorteils (2.608 DM).

Die daraus errechnete monatliche Belastung vor Tilgung täuscht jedoch über die mit dem Erwerb einschließlich des Finanzierungsmodells eintretende wahre monatliche Belastung hinweg.

aa) Das folgt zwar nicht schon daraus, dass die auf Seite 3 der Beispielrechnung (Bl. 26) aufgeführten Daten zur Tilgung die Ansparrate des Bausparvertrages gestaffelt für 12 Jahre nur in Beträgen pro 1.000 DM Finanzierungssumme ausweisen, also hier für das erste bis dritte Jahr 0,75 DM pro 1.000 DM. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest (Urteil vom 7. Dezember 2004, 16 U 127/04), dass darin keine unvollständige oder fehlerhafte Beratung zu sehen ist, denn der Erwerber kann aus diesen Angaben ohne größere Schwierigkeiten errechnen, wie hoch die monatliche Bausparrate ist und auch erkennen, dass diese Rate ab dem vierten, siebten und zehnten Jahr ansteigt (anders OLG Oldenburg 8 U 153/03; wie hier KG 20 W 154/03 - Anlage B 8). Im vorliegenden Fall ergaben sich die entsprechenden Angaben zudem aus dem dem Kläger vorliegenden Darlehensvertrag (Anlage K 1, Bl 14), indem die dynamische monatliche Sparrate beginnend mit 121,50 DM für die ersten drei Jahre und die ansteigenden Raten für die Folgejahre aufgeführt waren.

Ein auch nur halbwegs aufmerksamer Erwerber konnte deshalb durchaus noch erkennen, dass zu dem auf Seite 2 der Beispielrechnung hervorgehobenen Betrag von 230,73 DM vor Tilgung noch die ansteigenden Raten für den Bausparvertrag hinzukommen, der praktisch die Tilgung ersetzte.

bb) Im vorliegenden Fall vermag der Senat auch einen Beratungsfehler nicht in der Nichtaufklärung über die ungewöhnlich lange Dauer der Gesamtfinanzierung nach dem hier vorliegenden Dortmunder Modell zu sehen.

Die Finanzierung ist - ebenso wie in dem bereits mehrfach genannten Fall 16 U 127/04 - gekennzeichnet durch ein tilgungsfreies Vorausdarlehen in Höhe von 161.000 DM und die gleichzeitige Ansparung von zwei hintereinander geschalteten Bausparverträgen, durch die das Vorausdarlehen in zwei Tranchen abgelöst werden soll.

Allerdings ist auf Seite 3 der Beispielsrechnung (Bl. 26) die Ablösung des Vorausdarlehens in zwei Teilbeträgen nach 12 bzw. weiteren 8 Jahren durch Bausparguthaben/darlehen erläutert und eine Finanzierungsdauer von ca. 27 Jahren genannt. Dem Kläger war damit die voraussichtliche Länge der Finanzierung bekannt. Dass sie - wie der Kläger vorträgt - eher bei 31 Jahren liegen dürfte, ist aber für den Vertragsabschluss nicht kausal geworden.

cc) Dagegen liegt ein erheblicher Beratungsfehler darin, dass der Kläger nicht über das Risiko des auf wenigstens 20 Jahre angelegten Vorausdarlehens mit einer Zinsbindung von nur 5 Jahren hingewiesen worden ist.

Ähnlich wie in dem vom Senat entschiedenen Parallelfall (16 U 127/04) betrug der Nominalzins hier 7,1 % bei einem Disagio von 3 % und einer Zinsfestschreibung von 5 Jahren.

Nach Ablauf dieser fünf Jahre entstand für den Kläger, unterstellt die Zinssätze auf dem Kapitalmarkt hätten sich nicht geändert, eine erheblich höhere Belastung. Entweder hätte er nämlich, um den Zins von 7,1 % und damit die monatliche Belastung zu halten, nunmehr statt des bisherigen Kredits über 161.000 DM einen solchen von knapp über 166.000 DM aufnehmen müssen, damit bei einer Auszahlung von 97 % die ursprüngliche und durch die Bausparverträge abgesicherte Kreditsumme von 161.000 DM erhalten blieb oder er hätte alternativ jetzt für 161.000 DM die Kapitalmarktzinsen zahlen müssen.

Das beschriebene Dilemma wäre nach zehn Jahren, weil der erste Bausparvertrag frühestens nach zwölf Jahren zugeteilt worden wäre, wiederum entstanden, d. h. man hätte die Hälfte der ursprünglichen Kreditsumme von 80.000 DM erneut mit einer Zinsbindung von zwei bis drei Jahren neu finanzieren müssen in der Erwartung, der erste Bausparvertrag werde im dreizehnten Jahr zugeteilt, die restlichen 80.000 DM aber wieder mit fünfjähriger Zinsfestschreibung und im fünfzehnten Jahr nochmals mit fünfjähriger Zinsfestschreibung, weil eine Zuteilung des zweiten Bausparvertrages erst im 20. Jahr vorgesehen war.

Die nicht erfolgte Aufklärung über diese Gefahr und das bestehende Risiko der kurzzeitigen Zinsfestschreibung im Vergleich mit der Gewissheit, frühestens nach zwölf Jahren den ersten und frühestens nach zwanzig Jahren den zweiten Bausparvertrag zu bekommen, ist das eigentliche Beratungsverschulden.

Zwar hat sich dieses Risiko, weil die Kapitalmarktzinsen seit 1995 kontinuierlich gefallen sind, bisher nicht realisiert, es besteht aber mindestens bis zum Jahre 2013 fort, dem Jahr der frühestmöglichen Zuteilung für den zweiten Bausparvertrag.

dd) Ein weiterer Beratungsfehler liegt darin, dass dem Erwerber durch das Berechnungsbeispiel - abgesehen von dem vorstehend beschriebenen Risiko - nur eine unzutreffende und unvollständige monatlich zu tragende Belastung vorgegaukelt wird.

Wie oben bereits ausgeführt, konnte der Kläger anhand der Beratung durch das Berechnungsbeispiel davon ausgehen, dass er den Erwerb mit einer monatlichen Rate vor Tilgung unter Berücksichtigung des Mietertrages und der Steuerersparnis von 230,73 DM zuzüglich der für die Ansparung der Bausparverträge aufzubringenden Raten, also in den ersten drei Jahren mit weiteren monatlich 121,50 DM werde finanzieren können, insgesamt also 352,23 DM in den ersten Jahren.

Es fällt allerdings auf, dass dieser Betrag in dem Berechnungsbeispiel (Bl. 26) nicht an einer Stelle genannt wird, vielmehr das Zahlenwerk unübersichtlich ist und die wahre Belastung eher verschleiert (dazu unten).

Nicht genannt sind aber weitere mit Sicherheit zu erwartende Belastungen des Erwerbers, die auch nicht auf den Wohnungsmieter umgelegt werden können. Diese sind nach dem der Beratung zugrunde liegenden Finanzierungskonzept, das für die Auszahlung des Vorausdarlehens auch den Beitritt zu einer Mieteinnahmegemeinschaft (Mietpool) zur Bedingung machte (Bl. 16), die für diesen Mietpool und dessen Verwaltung zu zahlenden Kosten mit monatlich 32,20 DM (vgl. Abrechnung Bl. 117), die WEG-Verwaltergebühren mit weiteren monatlich 32 DM, sowie das von dem Eigentümer zu zahlende Hausgeld, das im Wesentlichen zur Deckung der Instandhaltungsrücklage für das Gemeinschaftseigentum dient. Letzteres wäre bei realistischer Betrachtung bei der Beratung mit etwa weiteren 100 DM zu veranschlagen gewesen. Insoweit handelt es sich um nicht auf die Mieter umlagefähige Kosten.

Eine vollständige Beratung hätte deshalb dem Erwerber nicht nur die hervorgehobenen 230,73 DM vor Tilgung als monatliche Belastung darstellen müssen, sondern hätte um die aufgeführten weiteren mit Sicherheit zu erwartenden Kosten einschließlich der Ansparleistungen auf den Bausparvertrag einen Betrag von wenigstens etwa 500 DM monatlich als zu tragende Belastung ausweisen müssen. Nicht enthalten sind darin noch etwa notwendig werdende, aber nach der Lebenserfahrung bei einer gebrauchten Immobilie ebenfalls zu erwartende Reparaturen am Sondereigentum.

Die Beklagte vermag dabei nicht zu entlasten, dass in den Risikohinweisen die jährliche Instandhaltungsrücklage erwähnt ist (Anlage B 4). Denn aufgrund der Beratung anhand des Berechnungsbeispiels konnte der Kläger erwarten, dass darin die wesentlichen und für den Erwerb bedeutsamen Aufwendungen und Kosten erfasst sind. Gerade das war auch Ziel der mit dem Berechnungsbeispiel verfolgten Verkaufsstrategie, nämlich dem Erwerber den Kauf einer Eigentumswohnung mit dem Argument der tragbaren Kosten schmackhaft zu machen.

ee) Ein weiterer Beratungsfehler liegt in der fehlenden Aufklärung des Klägers über das Risiko des mit der Aufnahme des Vorausdarlehens verbundenen Beitritts zu dem Mietpool. Nach dem Inhalt der Beispielrechnung konnte der Kläger davon ausgehen, dass die Einnahme aus der vermieteten Wohnung mit jährlich 6.014 DM als gesichert anzunehmen sei. Zwar ist dem Kläger durch den Risikohinweis der Beklagten natürlich bekannt gewesen, dass man immer mit dem Leerstand einer Wohnung als Vermieter zu rechnen hat. Indessen war hier das Risiko des Mietpools ein anderes, weil hier durch die Mitglieder des Pools das Risiko der angeschlossenen Wohnungen gleichsam auf alle verteilt wurde. Dem Vorteil der Sozialisierung des Leerstandes der eigenen Wohnung stand mithin gegenüber der Nachteil des Leerstandes möglicherweise zahlreicher anderer Wohnungen aus dem Mietpool, die dann auch auf alle entsprechend umgelegt werden.

Es kommt hinzu, dass der Erwerber den Beitritt zum Mietpool nur mit Zustimmung der B kündigen durfte, er sich mithin während der Vertragsdauer jeglicher Einflussnahme auf die Vermietung und Verwaltung seiner Wohnung begab. Auf den Leerstand seiner eigenen und der übrigen Wohnungen konnte er keinen Einfluss ausüben.

Unabhängig von der fehlenden Aufklärung über diese mit dem Mietpool verbundenen Risiken hat sich auch im vorliegenden Fall das finanzielle Risiko schon im Jahr nach dem Erwerb der Wohnung in dramatischer Weise realisiert.

Nach dem insoweit unwidersprochenen Vortrag des Klägers hat er schon in 1994 aus dem Mietpool nur eine Mietzahlung von 1.409,48 EUR erhalten, also weit weniger als in der Berechnung angegeben. Diese Zahlen hat der Kläger im Schriftsatz vom 12. Juli 2004 (Bl. 89) vorgetragen, ohne dass die Beklagte dem widersprochen hätte. Das setzte sich auch in den Folgejahren fort, so dass anzunehmen ist, dass bereits im Verkaufszeitpunkt die Einnahmen im Mietpool nicht annähernd dem in der Beispielsrechnung als Mietertrag mitgeteilten Betrag entsprachen. Zumindest hätte der Kläger eindeutig auf das mit dem Beitritt zum Mietpool verbundene Risiko hingewiesen werden müssen. Die Angabe des zu erzielenden Mietertrages von jährlich 6.014 DM war daher fehlerhaft.

ff) Ein weiterer Beratungsfehler liegt in der Angabe völlig unrealistischer Wertsteigerungen sowohl der Eigentumswohnung als auch der zu erzielenden Miete.

In der Beispielsrechnung wird eine angenommene Mietsteigerung von jährlich 5 % und ein Wertzuwachs der Immobilie von jährlich 3 % avisiert.

Diese Angaben waren ohne jegliche Grundlage aus der Luft gegriffen und offenbar nur erfolgt, um den potentiellen Erwerber der Wohnung von der (vermeintlichen) Rendite des Objekts zu überzeugen, obwohl es sich um Sozialwohnungen handelte, die dem Wohnungsbindungsgesetz unterfielen.

Durch das Berechnungsbeispiel wurde dem Kläger suggeriert, dass die Belastungen durch den Erwerb "zu einem großen Teil, höchstwahrscheinlich sogar unter Berücksichtigung der weiteren Mietentwicklung voll durch die eingehende Miete abgedeckt sein" wird. Er wurde hierdurch in der Erwartung bestätigt, der Erwerb der Wohnung werde sich mit wenig Aufwand tragen lassen. Das Gegenteil war der Fall.

gg) Schließlich zeichnet das Berechnungsbeispiel auch nur eine Momentaufnahme, ohne den Kläger hinreichend über die nach der Lebenserfahrung zu erwartende künftige Entwicklung aufzuklären.

hh) Dies gilt auch für den in der Beispielrechnung angesprochenen Wertzuwachs der Immobilie.

Ein Verkauf der Wohnung nach einigen Jahren mit Gewinn wäre völlig unrealistisch gewesen. Dies folgt schon aus dem vom Kläger zur Finanzierung aufgenommenen Kredit über rund 161.000 DM für die erworbene Zweizimmerwohnung. Selbst bei Annahme einer Wertsteigerung von jährlich 3 % - wie in der Beispielrechnung angegeben - wäre bei einem Verkaufspreis von 138.095 DM nach 5 Jahren allenfalls der gesamte Finanzierungsaufwand von rund 160.000 DM erreicht. Dabei ist aber noch nicht berücksichtigt, dass in dem Verkaufspreis die von der Beklagten an H & B gezahlte Innenprovision bereits enthalten ist, die der Kläger mit unstreitig 20 % angegeben hat (Bl. 228). Wie der Bundesgerichtshof kürzlich entschieden hat (V ZR 223/03 vom 15. Oktober 2004), ist die Erklärung, mit einem Wertzuwachs sei zu rechnen, jedenfalls dann kein rechtlich unverbindliches Werturteil, wenn Tatsachen bekannt sind, die dieser Einschätzung entgegenstehen. Wie seit dem Verfahren 16 U 127/04 gerichtsbekannt, stand allein der Firma H & B jedoch eine Innenprovision von 18 % (hier sogar 20 %) zu, die Immobilie war deshalb insoweit nicht werthaltig.

Auch nach fünf Jahren fehlten somit noch rund 27.000 DM, um überhaupt bei der angenommenen Wertsteigerung auf einen Preis zu kommen, der dem wahren Verkaufspreis nahe kommen konnte.

ii) Eine Gesamtschau der dargestellten Beratungsfehler führt dazu, dass der Kläger durch das Berechnungsbeispiel in mehrfacher Hinsicht über die mit dem Erwerb der Eigentumswohnung zu erwartenden Kosten und Risiken nicht hinreichend aufgeklärt worden ist. Vielmehr wurde ihm die monatlich zu erwartende Belastung geradezu verschleiert durch die hervorgehobene Angabe des Betrages von 230,73 DM vor Tilgung, ohne die mit Sicherheit zu erwartenden weiteren Kosten darzustellen. Stattdessen wird auf Seiten 2 und 3 der Beispielrechnung mit angenommenen Mietsteigerungen und Wertsteigerungen der Immobilie operiert, die im Gegensatz zu den wahren Belastungen ausführlich dargestellt sind und dem Erwerber eine letztlich unzutreffende Rendite vorspiegeln, die den tatsächlichen Verhältnissen und zu erwartenden Entwicklungen nicht im Mindesten entspricht.

Die Verletzung der Beratungspflicht liegt dabei nicht darin, dass es sich erkennbar um Prognosen und nicht um garantierte Steigerungen der Werte und Mieten handelte, sondern in der hierdurch unterstützten bewussten Verschleierung der wahren Belastungen.

4. Angesichts der dargestellten Beratungsfehler, die die Beklagte gemäß §§ 276, 278 BGB zu vertreten hat, hätte der Kläger die Eigentumswohnung nicht erworben.

5. Die Beklagte ist deshalb zum Schadensersatz verpflichtet und hat den Kläger so zu stellen, als hätte er von dem Vertragsabschluss abgesehen (BGHZ 140, 111).

a) Mit dem Zahlungsantrag zu 1. verlangt der Kläger - wie im Schriftsatz vom 12. Juli 2004 berechnet (Bl. 87 ff., 91) - Ersatz der von ihm aufgebrachten Zinsen auf die Vorausdarlehen für die Jahre 1993 bis 2003, die Versicherungskosten und zusätzliche Kosten der Wohnung abzüglich der erhaltenen Mietüberschüsse, mithin 49.262,36 EUR. Dieser Berechnung ist die Beklagte nicht mehr entgegen getreten, so dass dieser Antrag in Höhe von 49.262,36 EUR begründet ist.

Warum der Kläger in der Berufung 49.376,33 EUR verlangt, ist nicht dargetan. Der weitergehende Zahlungsantrag ist daher unbegründet.

b) Auch der Freistellungsanspruch (Antrag zu 2) von den Verpflichtungen aus den Darlehensverträgen (Vorausdarlehen der B) ist begründet, ebenso auch der Feststellungsantrag (Antrag zu 3) hinsichtlich weiterer Schäden ab dem 1. November 2003.

c) Für alle Anträge gilt die vom Kläger beantragte Verurteilung Zug um Zug gegen Übertragung des Eigentums an der erworbenen Wohnung.

Dass der Kläger nicht lastenfreie Übereignung anbietet, steht nicht entgegen, denn die Beklagte ist nach dem Antrag zu 2 verpflichtet, den Kläger von den Verbindlichkeiten aus den Vorausdarlehen freizustellen. Tut sie dies, können auch die Belastungen gelöscht werden bzw. sind sie von der Beklagten mit befreiender Wirkung für den Kläger zu übernehmen. Der Kläger ist seinerseits nicht verpflichtet, zunächst die lastenfreie Übertragung sicherzustellen. Dabei versteht es sich von selbst, dass mit Ausnahme der Grundschuld über 161.000 DM zugunsten der B keine weiteren Belastungen eingetragen sind. Das hat aber auch niemand behauptet.

d) Dem Kläger zugeflossene Steuervorteile durch den Erwerb der Wohnung sind entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung von dem Schadensersatzanspruch abzuziehen.

Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung ist der Wegfall oder die Minderung eines Schadens nur insoweit zu berücksichtigen, als er in einem adäquatursächlichen Zusammenhang zu dem schädigenden Ereignis steht, die Anrechnung dem Zweck des Schadensersatzes entspricht und sie den Schädiger nicht unbillig entlastet (BGHZ 74, 103; BGH NJWRR 1988, 788). Diese Grundsätze greifen aber dann nicht ein, wenn der Geschädigte die Schadensersatzleistung wieder zu versteuern hat.

So liegt es auch hier. Der Kläger erhält mit dem zugesprochenen Schadensersatz im Wesentlichen die von ihm auf das Vorausdarlehen gezahlten Zinsen zurück, die er in den vergangenen Jahren bei der Einkommensteuer als Verluste aus Vermietung und Verpachtung steuermindernd abgesetzt hatte. Wird nunmehr aufgrund des Urteils der Schaden (gezahlte Zinsen) ersetzt, kommt es zu einem Rückfluss der Werbungskosten, die im betreffenden Steuerjahr wiederum als Einnahmen zu versteuern sind. In welcher Höhe sich die Versteuerung der Ersatzleistung dann auswirkt, braucht nicht festgestellt zu werden (BGH a. a. O.).

Dass der Rückempfang von Werbungskosten zu versteuernde Einnahmen darstellt, hat der BFH mehrfach entschieden (BFH BStBl II 1993, 748 mit zahlreichen Nachweisen; BFHE 177, 414). Dies gilt auch für Schadensersatzleistungen, die Werbungskosten ersetzen (ebenso Schmidt/Drenseck, EStG, 22. Aufl., § 9 Rn. 65 f.; § 21 Rn. 3).

Der Abzug von Steuervorteilen kommt danach nicht in Betracht; anderenfalls würde er zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Beklagten zu Lasten des Finanzamtes führen.

e) Die Zinsforderung ist aus Verzug gerechtfertigt, § 291 BGB.

6. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

7. Der Senat hat die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, in erster Linie wegen Ziffer II. 2. der Urteilsgründe, zum anderen wegen der Frage, welche stets wiederkehrenden "Informationen" als Beratungsfehler anzusehen sind (Gründe II. 3 aa) ff.).

Ende der Entscheidung

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