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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 19.07.2002
Aktenzeichen: 6 W 82/02
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 2087 | |
BGB § 133 |
2. Bei der Frage, ob eine Erbeinsetzung oder lediglich die Zuwendung eines Vermächtnisses vorliegt, kommt dem Umstand, wer nach dem Willen des Erblassers die Bestattungskosten zu tragen hat, erhebliche Bedeutung zu.
6 W 82/02
Beschluss
In der Nachlasssache
betreffend die Erteilung eines Erbscheins nach der am 21. März 2000 verstorbenen ##############
pp.
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 4 vom 21. Juni 2002, die als weitere Beschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 28. Mai 2002 aufzufassen ist, durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Oberlandesgericht ####### am 19. Juli 2002 beschlossen:
Tenor:
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Dem Beteiligten zu 4 werden die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1 und 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde auferlegt.
Beschwerdewert: 36.000 Euro (= ca. 70.000 DM)
Die Festsetzung des Beschwerdewerts in dem angefochtenen Beschluss wird wie folgt geändert: 'für die Beteiligte zu 1 58.255 Euro; für die Beteiligte zu 2 156.800 Euro'.
Gründe:
Die weitere Beschwerde ist unbegründet (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).
Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht angenommen, dass die Beteiligten zu 1, 2 und 4 aufgrund des notariellen Testaments der Erblasserin vom 7. März 1996 deren Erben geworden sind.
1. Die Auslegung eines Testaments ist in erster Linie Sache des Tatsachengerichts. Die Überprüfung im Verfahren der weiteren Beschwerde ist auf Rechtsfehler beschränkt. Maßgebend ist hierbei, ob die Auslegung der Tatsacheninstanz gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt, ob in Betracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nicht in Betracht gezogen wurden, ob ein wesentlicher Umstand übersehen oder dem Testament ein Inhalt gegeben wurde, der dem Wortlaut nicht zu entnehmen ist und auch nicht auf verfahrensfehlerfrei getroffene Feststellungen anderer Anhaltspunkte für den im Testament zum Ausdruck gekommenen Erblasserwillen gestützt werden kann (BGHZ 121, 357, 363; BayOblG NJW-RR 2002, 873 f.).
2. Gegen diese Auslegungsgrundsätze hat das Landgericht nicht verstoßen. Es ist vielmehr in rechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass der Beteiligte zu 3 ebenfalls Erbe geworden ist und ihm nicht lediglich ein Vermächtnis zugewandt wurde.
a) Zunächst taucht in dem notariellen Testament vom 7. März 1996 der Begriff des Vermächtnisses überhaupt nicht auf. Vielmehr hat die Erblasserin in § 4 des Testaments die Beteiligte zu 2 als Erbin des Hausgrundstücks ############## in #######, den Beteiligten zu 4 als Erben des Grundstücks ############## in ####### und die Beteiligte zu 1 als Erbin des gesamten sonstigen Nachlasses einschließlich der kompletten Einrichtung der Wohnung im 1. Obergeschoss des Hauses ############## in ####### eingesetzt. In dieser Verfügung, mit der die Erblasserin über ihr gesamtes Vermögen verfügt hat, ist eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1, 2 und 4 auf den Bruchteil des Vermögens zu sehen, der dem Wert der jeweils zugewandten Gegenstände im Verhältnis zum Gesamtwert des beim Erbfall vorhandenen Vermögens in Verbindung mit einer Teilungsanordnung nach § 2048 BGB entspricht (hierzu BayOblG FamRZ 1999, 1392, 1394; NJW-RR 1997, 517 f.; Palandt, BGB, 61. Aufl., § 2087 Rdnr. 4).
Demgegenüber bestehen keine Anhaltspunkte dafür, das die Erblasserin lediglich die Beteiligte zu 1 als Alleinerbin einsetzen und den Beteiligten zu 2 und 4 bezüglich der beiden Grundstücke Vermächtnisse zuwenden wollte. Die Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB, wonach bei der Zuwendung nur einzelner Gegenstände im Zweifel keine Erbeinsetzung vorliegen soll, findet hier keine Anwendung. Vielmehr ergibt die vorrangige Auslegung des Testaments, dass die Erblasserin die Beteiligten zu 1, 2 und 4 als Miterben einsetzen wollte. Hierfür spricht bereits das Wertverhältnis der beiden Grundstücke zu dem übrigen Vermögen. Aus dem Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 und 2 vom 6. September 2001 ergibt sich, dass das Vermögen der Erblasserin ohne die beiden Grundstücke sich auf 170.902 DM beläuft (Bl. 42 d. A). Diese Wertfestsetzung wird auch durch den Beteiligten zu 4 nicht angegriffen.
Hinzu kommt der Wert der beiden Grundstücke, der von den Beteiligten zu 1 und 2 in ihrem Erbscheinsantrag für das Objekt ############## mit 460.000 DM und für die Immobilie ############## mit 400.000 DM angegeben wird (Bl. 42 d. A.). Der Beteiligte zu 4 geht demgegenüber davon aus, der Wert des Grundstücks ############## belaufe sich auf 600.000 - 700.000 DM und der des Objekts ############## auf 273.646,99 DM (Bl. 87, 150, 215 d. A). Abgesehen davon, dass die vom Beteiligten zu 4 vorgenommene Bewertung des Hausgrundstücks ############## bereits deshalb zweifelhaft ist, weil er von dem unstreitig mit Gutachten vom 29. Januar 1997 ermittelten Wert von 400.000 DM den Wert durch ihn behaupteter Ein- und Ausbauten in Höhe von 126.353,01 DM abzieht (Bl. 150 d. A.), ergibt sich jedenfalls aus der Wertrelation der beiden Grundstücke zum Gesamtnachlass, dass diese den ganz überwiegenden Teil des Nachlasses erschöpfen. Nach der von den Beteiligten zu 1 und 2 vorgenommenen Berechnung machen die beiden Grundstücke 83 %, nach der Berechnung des Beteiligten zu 4 - bei einem angenommenen Mittelwert für das Grundstück ############## von 650.000 DM - 84 % des gesamten Nachlasses aus.
In der Zuwendung einzelner Gegenstände, die den überwiegenden Teil des Nachlasses ausmachen, was insbesondere bei (Haus-)Grundstücken in Betracht kommt, liegt indessen nach dem Willen des Erblassers in aller Regel eine Erbeinsetzung und nicht lediglich die Anordnung eines Vermächtnisses (BayOblG NJW-RR 2000, 1174; FamRZ 1999, 1392, 1393f.; NJW-RR 1997, 517, 518; OLG Köln FamRZ 1989, 549, 550; Palandt, § 2087 Rdnr. 3). In diesen Fällen beabsichtigt der Erblasser regelmäßig eine Erb- bzw. Miterbeneinsetzung, durch die seine wirtschaftliche Stellung in der Person der Bedachten unmittelbar fortgesetzt werden soll. Indem die Erblasserin in dem Testament die Beteiligten zu 2 und 4 als 'Erben' der beiden Grundstücke bestimmte, hat sie damit zum Ausdruck gebracht, dass diesen unmittelbare Rechte an den Grundstücken zustehen sollten.
Anhaltspunkte dafür, dass zunächst die Beteiligte zu 1, die im Ergebnis nur weniger als 1/6 des Nachlasswertes erhalten sollte, Alleinerbin des gesamten Vermögens mit der Folge eines Zwischenerwerbs an den beiden Grundstücken verknüpft mit einer rein schuldrechtlichen Übereignungspflicht aus Vermächtnissen zugunsten der Beteiligten zu 2 und 4 werden sollte, bestehen demgegenüber nicht. Insbesondere ergeben sich solche Umstände nicht daraus, dass die Erblasserin der Beteiligten zu 1 den gesamten sonstigen Nachlass außer den beiden Grundstücken zugewiesen hat und es im Testament an konkreten Erbquoten fehlt. Mit der pauschalen Übertragung des restlichen Nachlasses beabsichtigte die Erblasserin vielmehr lediglich, durch ihr Testament ihr gesamtes Vermögen zu verteilen. Es sollte also kein Vermögensbestandteil verbleiben, bei dem Unklarheiten darüber entstehen könnten, wer diesen letztlich erhalten soll. Nicht gemeint ist hiermit demgegenüber, dass die Erblasserin generell ihr gesamtes Vermögen der Beteiligten zu 1 als Erbin zuwenden und den Beteiligten zu 2 und 4 bezüglich der Grundstück Vermächtnisse aussetzen wollte. Der Umstand, dass im Testament keine Erbquoten genannt sind, steht der Einsetzung der Beteiligten zu 1, 2 und 4 als (Mit-)Erben ebenfalls nicht entgegen, da sich eine derartige Regelung ohne weiteres als eine mit einer Teilungsanordnung verbundene Erbeinsetzung auslegen lässt, bei der sich die jeweilige Erbquote aus dem Verhältnis des zugewendeten Vermögensteils zum Wert des Gesamtnachlasses ergibt (BayOblG NJW-RR 1997, 517, 518).
Für die Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB, die in erster Linie die Entstehung größerer und unübersichtlicher Miterbengemeinschaften durch die Beteiligung von mit Vermögensgegenständen geringeren Wertes Bedachter verhindern will, besteht hier demgegenüber kein Raum.
b) Gestützt wird diese Auslegung, worauf das Landgericht bereits zutreffend hingewiesen hat, ferner durch die Regelung in § 6 des Testaments, wonach 'meine Erben verpflichtet sind, für eine angemessene Beerdigung, einen ordentlichen Grabstein und die Pflege des Grabes Sorge zu tragen'. Bei der Frage, ob eine Erbeinsetzung vorliegt oder nicht, kommt dem Umstand, wer nach dem Willen des Erblassers den Nachlass zu regeln und die Nachlassschulden, zu denen auch die Bestattungskosten gehören (§ 1968 BGB), zu tragen hat, erhebliche Bedeutung zu (BayOblG NJW-RR 1997, 517, 518; FamRZ 1986, 835, 837).
Hier hat die Erblasserin unterschiedslos 'meine Erben' zum Tragen der Beerdigungskosten verpflichtet. Als 'Erben' hatte sie zuvor in § 4 des Testaments jeweils die Beteiligten zu 1, 2 und 4 bezeichnet. Anhaltspunkte dafür, dass hiervon abweichend nur die Beteiligte zu 1, der der geringste Teil des Vermögens hinterlassen war, zum Bestreiten dieser Verbindlichkeiten verpflichtet sein sollte, während sich die Beteiligten zu 2 und 4 als Vermächtnisnehmer hieran nicht zu beteiligen hätten, bestehen nicht. Erst recht ist nicht ersichtlich, dass unter Bevorzugung der Beteiligten zu 2 und 4 alleine die Beteiligte zu 1 verpflichtet sein sollte, auch die übrigen Nachlassverbindlichkeiten, zu denen etwa die vom Beteiligten zu 4 behaupteten Ansprüche von 92.404,87 DM und 115.123,71 DM gegen den Nachlass zählen (Bl. 88, 155 d. A), zu tragen.
c) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht schließlich auch die Aussage des Notars ####### im Anhörungstermin vom 15. Dezember 2000 als Indiz dafür gewertet, dass die Erblasserin eine Einsetzung der Beteiligten zu 1, 2 und 4 als Erben beabsichtigte. So hat der Notar angegeben, er sei davon ausgegangen, die drei bedachten Personen sollten Erben sein (Bl. 190 f. d. A.). Es habe sich um eine Erbeinsetzung nach Wertquoten mit einer anschließenden Teilungsanordnung handeln sollen. Über die Aussetzung von Vermächtnissen sei bei der Errichtung des Testaments dagegen nicht gesprochen worden. Ebensowenig sei der Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und die Frage erörtert worden, wer die Nachlassverbindlichkeiten tragen solle. Zwar hat der Notar eingeräumt, er habe mit der Verwendung des Begriffs Nacherbfall einen falschen Terminus verwendet. Tatsächlich sei vielmehr eine Ersatzerbenregelung gemeint gewesen. Dies ergibt sich i. Ü. auch schon aus dem Wortlaut des Testaments selbst, indem dort vor der Bestimmung des Zeitpunkts des 'Nacherbfalles' jeweils ausdrücklich bestimmte Personen als Ersatzerben bezeichnet wurden.
Wenn das Landgericht angesichts der übrigen Aussage des Notars dem Umstand, dass lediglich hinsichtlich der Regelung über die Ersatzerbenstellung, um die es hier gar nicht geht, eine fehlerhafte Bezeichnung gewählt wurde, keine entscheidende Bedeutung beimisst, lässt dies einen Rechtsfehler nicht erkennen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Notar auch hinsichtlich der eigentlichen Erbeinsetzung fehlerhaft von Erbe statt von Vermächtnisnehmer gesprochen hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG.
Die Entscheidung zum Beschwerdewert richtet sich nach § 30 Abs. 1 Hs. 1, § 131 Abs. 2, § 31 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 KostO. Dabei war das Interesse des Beteiligten zu 4 zu berücksichtigen, keinen Anteil an den von ihm behaupteten Forderungen von 207.528,58 DM gegen den Nachlass entsprechend seiner Erbquote mit zu tragen. Diesen Anteil schätzt der Senat auf etwa 70.000 DM (etwa 36.000 Euro). Die Erbquote gemessen an den Wert des dem Beteiligten zu 4 zugedachten Grundstücks im Verhältnis zum Gesamtwert des Nachlasses beträgt bei derzeitig vorläufiger Einschätzung etwa 1/3 (Wert des dem Beteiligten zu 4 zugedachten Grundstücks laut Gutachten 400.000 DM, Wert des der Beteiligten zu 2 zugedachten Grundstücks nach der Behauptung des Beteiligten zu 4 650.000 DM, Wert des Restes für die Beteiligte zu 1 außer Streit 170.902 DM). - Für den Wert der Beschwerde der Beteiligten zu 1 war der Wert des ihr Zugedachten (170.902 DM), für denjenigen der Beschwerde der Beteiligten zu 2 der Wert des ihr zugedachten Grundstücks (nach ihrer Behauptung 460.000 DM) zugrunde zu legen, jeweils abzüglich eines Drittels wegen der eingeschränkten Funktion des Erbscheins als bloßes Legitimationspapier.
Ende der Entscheidung
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