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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 29.01.2003
Aktenzeichen: 7 U 113/02
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 631 | |
BGB § 634 | |
BGB § 649 S. 2 |
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 29. Januar 2003
In dem Rechtsstreit
hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Januar 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht #######, der Richterin am Oberlandesgericht ####### und der Richterin am Oberlandesgericht ####### für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 29. April 2002 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschwer für die Beklagten: unter 20.000 EUR.
Gründe:
I.
Die Parteien machen gegenseitig Ansprüche aus einem Werkvertrag über die Erstellung einer Holztreppe geltend. Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils des Landgerichts Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung eines restlichen Werklohns stattgegeben und die Widerklage der Beklagten abgewiesen. Nach Ansicht des Gerichts sei der Kläger nicht verpflichtet, die Treppe aus Holz der Güteklasse I herzustellen. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung.
II.
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Der Kläger kann, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, die Beklagten gemäß §§ 631, 649 Satz 2 BGB auf Zahlung eines restlichen Werklohnes in Höhe von 3.384,75 EUR (= 6.620,00 DM) in Anspruch nehmen, während die Widerklage der Beklagten unbegründet ist.
Die Beklagten sind, da sie den mit dem Kläger abgeschlossenen Werkvertrag über die Herstellung einer Holztreppe in ihrem Einfamilienhaus gekündigt haben, gemäß § 649 Satz 2 BGB zur Entrichtung einer Vergütung verpflichtet. Denn der Vergütungsanspruch des Klägers ist nicht untergegangen.
Zwar haben die Beklagten den Kläger zunächst im Oktober 2000 nicht nur aufgefordert, seine Arbeit einzustellen, sondern von ihm zugleich eine Mängelbeseitigung in Form einer Neuherstellung (Einbau einer Treppe der Güteklasse I) verlangt. Anschließend sind sie mit Anwaltsschreiben vom 30. Oktober 2000 ausdrücklich nach § 634 BGB a.F. vorgegangen, indem sie dem Kläger eine Frist zur Mängelbeseitigung (Austausch der Treppe) gesetzt haben verbunden mit der Erklärung, dass nach fruchtlosem Ablauf der Frist die Beseitigung des Mangels abgelehnt werde. Diese Erklärung der Beklagten, die grundsätzlich schon vor Abnahme des Werks möglich ist, hat nach § 634 Abs. 1 BGB a.F. aber nicht wirksam zu einer Umwandlung des vertraglichen Erfüllungsverhältnisses in ein Abrechnungs- und Abwicklungsverhältnis geführt. Denn der vermeintliche Mangel (Ausführung der Treppe mit Holz der Güteklasse II), derentwegen sich die Beklagten auf § 634 BGB a.F. berufen haben, hat nicht vorgelegen, weil der Kläger nicht verpflichtet war, die Treppe aus Holz der Güteklasse I herzustellen.
Die Parteien haben nicht schriftlich festgehalten, welche Güteklasse die von den Beklagten in Auftrag gegebene Treppe aufzuweisen hat. Der mündlichen Auftragsvergabe gingen zwar unstreitig Gespräche und Besichtigungen in den Räumlichkeiten des Klägers voraus. Dabei haben die Beklagten aber nicht, was von ihnen selbst nicht behauptet wird, ausdrücklich Holz der Güteklasse I bestellt. Auch konkludent ist nicht eine entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden. Nach den im selbständigen Beweisverfahren getroffenen Feststellungen des Sachverständigen ####### befinden sich im Ausstellungsraum des Klägers ausschließlich Treppen mit Holz der Güteklasse II. Aufgrund der Feststellungen im landgerichtlichen Urteil ist darauf abzustellen, dass bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in den Räumen des Klägers nur Ausstellungsstücke der Holzgüteklasse II zu sehen waren (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Bestellt ein Kunde nach Besichtigung dieser Ausstellungstreppen eine Holztreppe, kann der Kläger aus der Sicht eines objektiven Dritten diese Erklärung nur dahingehend verstehen, dass es um eine Treppe aus Holz entsprechend der Ausstellungsstücke, mithin der Güteklasse II gehen soll. Dies gilt auch insoweit, als dem Kunden der von dem Kläger herausgegebene Prospekt vorgelegen hat, in dem dieser 'exklusive Treppenmöbel nach individuellen Wünschen' anpreist. Denn der Prospekt enthält keinen Hinweis auf die Holzgüteklasse. Von den Beklagten ist zwar vorgebracht worden, was von dem Kläger nicht in Abrede gestellt wird, dass sie bei Auftragserteilung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck gebracht hatten, dass sie eine 'erstklassige Treppe' bzw. 'erstklassige Arbeit' erwarten. Hierdurch haben sie aber nicht eine Treppe der Holzgüteklasse I in Auftrag gegeben. Das Holz der Güteklasse II ist als solches im Verhältnis zur Holzgüterklasse I nicht mängelbehaftet, sondern weist im Unterschied zur Güteklasse I nur ein unregelmäßigeres Erscheinungsbild auf. Der Hinweis der Beklagten auf eine 'erstklassige Treppe' bzw. 'erstklassige Arbeit' lässt deshalb keinen Rückschluss auf die Güteklasse des Holzes zu, sondern besagt vorliegend nur, dass die Beklagten Wert auf eine handwerklich einwandfreie, fachgerechte Arbeit und damit letztlich auf eine mangelfreie Treppe (hier aus Holz der Güteklasse II) gelegt haben.
Demgegenüber wäre zwar der Vertrag über eine Treppe aus Holz der Güteklasse I zustande gekommen, wenn die Beklagten bei Auftragserteilung gegenüber dem Kläger eindeutig zu verstehen gegeben hätten, dass für ihre Treppe ein astfreies Holz mit regelmäßigem Faserverlauf und geringen Farbunterschieden verwendet werden soll. Hierauf kann aber nicht abgestellt werden. Der Beklagte zu 2 selbst hat bei seiner Anhörung vor dem Landgericht angegeben, dass er gegenüber dem Kläger nur gesagt habe, dass er eine fehlerfreie Treppe wünsche, während über die Art des Holzes nicht gesprochen worden sei. Erstmals in der Berufungsinstanz wird von den Beklagten die Behauptung aufgestellt, dass der Beklagte zu 2 den Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass keine Äste im Holz zu sehen sowie keine Rindeneinschlüsse und Risse vorhanden sein sollen. Während Risse und eingewachsene Rinde nach der einschlägigen DIN-Norm 68368 weder nach der Güteklasse I noch nach der Güteklasse II zulässig ist, sind Äste im gewissen Umfang bei Holz der Güteklasse II (im Unterschied zur Güteklasse I) zulässig. Von dem Kläger ist die Behauptung der Beklagten in Bezug auf das Fehlen von Ästen im Holz jedoch bestritten worden (§ 138 Abs. 3 2. Alt. ZPO), und die Beklagten haben keinen Beweis für die Richtigkeit ihrer Behauptung angetreten. Demzufolge konnte hier dahinstehen, ob es sich nicht ohnehin um neues Vorbringen gehandelt hat, mit dem die Beklagten gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen sind. Mithin ist mit dem Landgericht davon auszugehen, dass die Verwendung von Holz der Güteklasse I nicht Vertragsinhalt geworden ist. Demzufolge konnten die Beklagten nicht von dem Kläger entsprechend ihrem Anwaltsschreiben vom 30. Oktober 2000 den Ausbau der vorhandenen und Einbau einer neuen Treppe der Güteklasse I verlangen, so dass ihre Erklärung nach § 634 BGB a.F. wirkungslos geblieben ist.
Hieran ändert der Umstand nichts, dass die von dem Kläger eingebaute Treppe nicht mängelfrei ist. Zwar entspricht das verwendete Holz, wie dem Gutachten des Sachverständigen ####### vom 19. Mai 2001 zu entnehmen ist, in vollem Umfang der Güteklasse II gemäß der DIN-Norm 68368, auch soweit es um die vorhandenen Äste geht, so dass in Bezug auf die Qualität des Holzes kein Mangel des Werks des Klägers vorliegt. Dagegen weist die eingebaute Treppe, wie sich aus dem Sachverständigengutachten ferner ergibt, als solche kleinere Mängel auf, die nur teilweise auf die Nichtfertigstellung der Treppe zurückzuführen sind. Wegen dieser Mängel sind die Beklagten jedoch nicht nach § 634 BGB a.F. vorgegangen. Die nach dieser Vorschrift erforderliche Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung war auch nicht entbehrlich, weil der Kläger insoweit zur Mängelbeseitigung bereit war. Vielmehr waren es die Beklagten, die eine Vornahme von Mängelbeseitigungsarbeiten an der bereits eingebauten Treppe endgültig abgelehnt hatten. Sie haben eine Fertigstellung der Treppe durch den Kläger nicht zugelassen, sondern sich dagegen ausgesprochen, dass der Kläger die Treppe (aus Holz der Güteklasse II) fertig stellt und dabei die vorhandenen Mängel behebt. Damit haben sie nicht lediglich, wie von ihnen eingewandt wird, die Abnahme des Werks des Klägers (bis zur Abnahmereife) verweigert, sondern sie haben durch ihr Verhalten eindeutig zu verstehen gegeben, dass der Kläger den übernommenen Auftrag, der auf den Einbau einer Treppe aus Holz der Güteklasse II gerichtet war, nicht mehr beenden soll. Dies beinhaltet den Ausspruch einer Kündigung des Werkvertrages nach § 649 BGB, die ohne weiteres auch durch schlüssiges Verhalten möglich ist.
Von den Beklagten wird zwar in der Berufungsinstanz weiter vorgebracht, dass wegen der Vielzahl der vorhandenen Mängel unabhängig von der Güteklasse des verwendeten Holzes von einer 'erstklassigen Arbeit' nicht gesprochen werden könne und sie deshalb nicht zur Abnahme der Treppe und Zahlung einer Vergütung verpflichtet seien. Dieser Einwand der Beklagten ist aber unbeachtlich. Zwar entfällt im Falle der Kündigung durch den Besteller der dem Unternehmer grundsätzlich nach § 649 Satz 2 BGB zustehende Vergütungsanspruch, wenn dessen Leistungen aufgrund ihrer Mangelhaftigkeit für den Besteller nicht hinnehmbar sind (vgl. Palandt, a.a.0., zu § 649 BGB, Rdnr. 4). Dieser Gesichtspunkt greift hier allerdings nicht ein. Denn ausweislich des vorliegenden Gutachtens des Sachverständigen ####### lassen sich die vorhandenen kleineren Mängel durchaus beseitigen, so dass nicht gesagt werden kann, dass die Treppe (mit dem vertraglich geschuldeten Holz der Güteklasse II) nicht mehr als vertragsgemäße Leistung in Betracht kommt. Die Beklagten hätten sich auch auf eine Mängelbehebung durch den Kläger einlassen müssen. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagten bei Auftragsvergabe gegenüber dem Kläger zum Ausdruck gebracht haben, dass sie eine erstklassige Treppe erwarten. Denn mit einer derartigen Äußerung lässt sich die grundsätzlich bestehende Nachbesserungsbefugnis des Unternehmers nicht einschränken. Die Beklagten haben indes, obgleich sich erst nach Vollendung des Werks beurteilen lässt, ob es sich bei der Treppe um eine erstklassige, d.h. mängelfreie Arbeit handelt oder ob sie mit nicht nachbesserungsfähigen Mängeln behaftet ist, dem Kläger keine Gelegenheit gegeben, die bereits eingebaute Treppe unter Behebung der vorhandenen Mängel fertig zu stellen; stattdessen haben sie dem Kläger den Auftrag mit der Rechtsfolge des § 649 Satz 2 BGB entzogen.
Nach alledem kann der Kläger infolge der Kündigung der Beklagten von diesen gemäß § 649 Satz 2 BGB die vereinbarte Vergütung unter Abzug der infolge der Vertragsaufhebung ersparten Aufwendungen verlangen. Auf das vereinbarte Entgelt von 14.140,00 DM haben die Beklagten eine Anzahlung von 5.896,00 DM erbracht, so dass ein Betrag in Höhe von 8.244,00 DM verbleibt. Hiervon sind die anlässlich einer Fertigstellung der Treppe einschließlich der Mängelbeseitigung anfallenden Kosten in Abzug zu bringen, die sich gemäß dem Gutachten des Sachverständigen ####### auf 1.624,00 DM belaufen. Somit ergibt sich zu Gunsten des Klägers der von dem Landgericht zuerkannte Betrag von 6.620,00 DM (3.384,75 EUR).
Zugleich erweist sich die Widerklage der Beklagten, die auf Rückzahlung der Anzahlung gerichtet ist, als unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 713, 543 Abs. 1 ZPO n.F. i.V.m. § 26 EGZPO n. F.
Ende der Entscheidung
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