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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 04.04.2005
Aktenzeichen: 8 U 171/04
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 179 |
2. Mangels unmittelbaren wirtschaftlichen Eigeninteresses am Vertragsschluss sowie fehlender Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens kommt in derartigen Fällen auch kein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss oder aus einer Garantieerklärung in Betracht.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 4. April 2005
In dem Rechtsstreit
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 8. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... , den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 1. Oktober 2004 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
Das angefochtene Urteil beruht weder auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 529 Abs. 1, 2. Alt. ZPO). Dem Kläger stehen gegen die Beklagte keine Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit ihrem Handeln beim Abschluss des notariellen Kaufvertrages vom 9. Juni 2000 zu.
1. Zunächst kommt kein Schadensersatzanspruch gem. § 179 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte als Vertreterin ohne Vertretungsmacht in Betracht. Hierbei kann die Frage, ob die Beklagte bei Abschluss des Vertrages überhaupt als Vertreterin für die Verkäuferin, die C. ... GmbH, sowie den Zwischenerwerber, den Kaufmann J. P., aufgetreten ist, offen bleiben.
Zu Recht ist das Landgericht jedenfalls davon ausgegangen, dass eine Haftung nach § 179 Abs. 3 S. 1 BGB ausgeschlossen ist. Hiernach haftet der Vertreter nicht, wenn der andere Teil den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen musste. Eine ausdrückliche Erklärung dahingehend, dass die Beklagte als vollmachtlose Vertreterin aufgetreten ist, enthält der Vertrag allerdings nicht. Auch kann der den Vertrag mit einem Vertreter abschließende Vertragspartner den Mangel der Vertretungsmacht in der Regel nicht erkennen. Behauptet der Vertreter deshalb ausdrücklich oder schlüssig, die für die Vornahme des Rechtsgeschäfts erforderliche Vollmacht zu haben, darf der Vertragspartner daran grundsätzlich glauben (BGH NJW 2000, 1407, 1408). Er ist nicht ohne weiteres zu Nachforschungen über Bestand und Umfang der Vertretungsmacht verpflichtet. Nur wenn die Umstände des Einzelfalls ihn hätten veranlassen müssen, sich danach zu erkundigen, ob der Vertreter die zumindest stillschweigend behauptete Vertretungsmacht tatsächlich hat, liegt eine Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt vor (BGH, a. a. O.).
Hier musste der Kläger indessen aufgrund der im Eingang der Urkunde aufgenommenen Formulierung, die Beklagte sei für den Verkäufer und den Zwischenerwerber erschienen,
"Genehmigungserklärungen nachzureichen versprechend"
unter Berücksichtigung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen, dass die Beklagte ohne Vollmacht handelte. Genehmigung bedeutet nämlich die nachträgliche Zustimmung zur Vornahme eines Rechtsgeschäfts (§ 184 Abs. 1 BGB). Einer nachträglichen Zustimmung bedarf es aber dann nicht mehr, wenn bereits eine Einwilligung, d. h. eine vorherige Zustimmung (vgl. § 183 Abs. 1 BGB), in Form einer vor Vertragsschluss erteilten Vollmacht vorlag. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, er habe diese Formulierung dahin verstanden, die Beklagte handele mit Einwilligung der vertretenen Personen und die Einholung der Genehmigung sei eine bloße Formsache. Abgesehen davon, dass dies bereits in sich unschlüssig ist - entweder ging der Kläger von einer bereits vorliegenden Vollmacht der Beklagten aus oder er hielt deren nachträgliche aber eben gerade noch nicht vorliegende Einholung für eine bloße Formsache , musste auch dem Kläger als juristischem Laien klar sein, dass eine Genehmigung eine noch erforderliche Zustimmung ist, diese also gerade noch nicht vorliegt. Hinzu kommt, dass hier ausdrücklich noch von einer nachzureichenden Genehmigung die Rede ist. Nachreichen kann man aber nur etwas, was im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung noch nicht vorliegt.
Soweit aus dem in einer notariellen Urkunde enthaltenen Versprechen "gehörige Vollmacht nachzureichen" entnommen wurde, dies lasse den Schluss zu, dass eine Vollmacht bereits zuvor in zumindest mündlicher Form erteilt worden sei (OLG Celle DNotZ 1977, 33), lässt sich dies auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. Diese Formulierung bedeutet nämlich, dass jedenfalls eine zumindest formlos vorhandene Vollmacht behauptet wird mit dem Versprechen, die gehörige Vollmacht, also insbesondere die für das Grundbuchamt erforderliche Vollmachturkunde, nachzureichen. Hier geht es also nicht mehr um die Frage, ob bei Vertragsschluss überhaupt eine Vollmacht vorlag, sondern nur um den Nachweis in der erforderlichen (schriftlichen) Form. Bei dem Versprechen, eine gehörige Vollmacht nachzureichen, handelt es sich nicht mehr um den aber hier vorliegenden Fall, in dem sich der als Vertreter Handelnde erkennbar noch als vollmachtlos ausgibt.
In derartigen Fällen, in denen lediglich erklärt wird, noch eine Genehmigung des Vertretenen beizubringen, wird deshalb eine Haftung des Vertreters aus § 179 Abs. 1 BGB wegen des Ausschlusstatbestandes des § 179 Abs. 3 S. 1 BGB verneint (OLG Celle DNotZ 2004, 716, 717; OLG Köln JMBl. NRW 1971, 270; Palandt-Heinrichs, 64. Aufl., § 179 Rdnr. 4; Münchener Kommentar - Schramm, BGB, 4. Aufl., § 179 Rdnr. 40).
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, ihm als juristischen Laien sei der Unterschied zwischen dem Versprechen, eine Vollmacht, und dem, eine Genehmigung nachzureichen, nicht klar. Auch einem juristischen Laien muss es sich bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erschließen, dass eine Genehmigung sich schon vom Sprachbegriff her nur auf etwas beziehen kann, was noch nicht vorliegt, sondern noch eingeholt werden muss, weil sich der Vertretene hiermit noch einverstanden erklären muss. Dass der Kläger angesichts der im Vertrag verwendeten Formulierung gerade nicht auf das im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits erfolgte Vorliegen einer Vollmacht vertrauen durfte, ergibt sich auch aus den sonstigen Umständen des Falles. Für die Verkäuferin und den Zwischenwerber ist nicht irgendeine Person, etwa einer ihrer Mitarbeiter, aufgetreten, sondern eine Notariatsangestellte. Es ist nicht ersichtlich, woraus sich in diesen Fällen ergeben sollte, dass eine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gerade einmal 20jährige Angestellte des Notars von einem Wohnungsbauunternehmen und einem Kaufmann die Vollmacht hätte erhalten haben sollen, einen notariellen Grundstückskaufvertrag in ihrem Namen abzuschließen. Wäre eine derartige Vollmacht tatsächlich bereits vorhanden gewesen, hätte nichts näher gelegen, als diese selbst gegenüber dem Notar vorzulegen. Es bestanden auch keine Anhaltspunkte, dass die Beklagte selbst mit dieser Angelegenheit in irgendeiner Form schon vorher befasst gewesen wäre oder Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung des Vertrags genommen hätte. Der Vertragsentwurf ist vielmehr, wie die Beklagte unbestritten vorgetragen hat, alleine von dem Notar vorformuliert worden.
2. Zutreffend ist das Landgericht ferner davon ausgegangen, eine Haftung der Beklagten aus Verschulden bei Vertragsschluss komme nicht in Betracht.
a) Fraglich ist bereits, ob neben § 179 Abs. 1 BGB eine Haftung des vollmachtlosen Vertreters unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss (jetzt: § 280 Abs. 1, § 311a Abs. 2 BGB) überhaupt in Betracht kommt. Teilweise wird dies bejaht (OLG Celle DNotZ 2004, 716, 717, allerdings ohne Begründung; OLG Köln JMBl. NRW 1971, 270, 271; Palandt, § 179 Rdnr. 4). Dagegen könnte indessen sprechen, dass hierdurch die spezielle Regelung des § 179 Abs. 3 S 1 BGB umgangen wird. Die Haftung wird nämlich nach § 179 Abs. 3 S. 1 BGB bereits dann ausgeschlossen, wenn dem Vertragspartner der Mangel der Vollmacht infolge Fahrlässigkeit unbekannt war. Das gilt selbst dann, wenn dem Vertreter Vorsatz vorzuwerfen ist (LG Bochum NJWRR 1989, 1365; Palandt, a. a. O.). Eine Abwägung nach § 254 BGB, wie sie bei einem Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss vorgenommen werden könnte, findet bei § 179 Abs. 3 S. 1 BGB nicht statt (für eine abschließende Regelung des § 179 BGB auch Münchener Kommentar, § 177 Rdnr. 57). Der BGH hat diese Frage bisher ausdrücklich offen gelassen (NJW 2000, 1407, 1408).
b) Selbst wenn man indessen einen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss grundsätzlich für möglich hielte, liegen dessen Voraussetzungen nicht vor. Hier sind die Grundsätze anzuwenden, die auch sonst für eine Eigenhaftung des Vertreters gelten. Es genügt deshalb nicht jedes Verschulden im Rahmen der Vertragsverhandlungen. Erforderlich ist vielmehr, dass der Vertreter am Vertragsschluss ein unmittelbares wirtschaftliches Eigeninteresse hat oder ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und hierdurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst hat (Palandt - Heinrichs, § 311 Rdnr. 60 - 63). An das Vorliegen dieser Voraussetzungen sind strenge Anforderungen. Sie liegen bei der Beklagten nicht vor.
Ein unmittelbares wirtschaftliches Eigeninteresse am Vertragsschluss hatte die Beklagte in keiner Weise. Sie war weder mit der Verkäuferin noch mit dem Zwischenerwerber in irgendeiner Weise wirtschaftlich verbunden. Vielmehr hat sie den Vertragsschluss für diese alleine in ihrer Eigenschaft als Angestellte des beurkundenden Notars vorgenommen, da für die Verkäuferin und den Zwischenerwerber beim Beurkundungstermin niemand erschienen war. Irgendwelche Vorteile sind ihr weder aus dem Zustandekommen noch aus dem Nichtzustandekommen des Geschäfts entstanden.
Die Beklagte hat aber auch kein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen. Der Kläger und seine Ehefrau haben sich, wie sich aus deren Zeugenaussage im Verfahren 16 O 40/02 ergibt, über die Anwesenheit der Beklagten keinerlei Gedanken gemacht. Wenn überhaupt dürften der Kläger und seine Ehefrau dem Notar, nicht dagegen der Beklagten vertraut haben, dass es letztlich zum Vertragsschluss kommt.
Unerheblich ist im Ergebnis auch, dass die Beklagte versprochen hat, die Genehmigungserklärungen der Verkäuferin und des Zwischenerwerbers nachzureichen. Das geht zwar über das bloße Versprechen, sich um die Genehmigung zu bemühen, hinaus. Auch wird in der Rechtsprechung eine Haftung dann angenommen, wenn der als Vertreter ohne Vertretungsmacht Auftretende die Genehmigung zu Unrecht als sicher oder sehr wahrscheinlich hinstellt, obwohl dies für ihn selbst zweifelhaft sein muss (vgl. OLG Celle DNotZ 2004, 716, 717; OLG Köln, a. a. O.) Eine derartige schuldhaft abgegebene Zusage der Beklagten, die Genehmigung werde mit Sicherheit erteilt werden, liegt hier indessen nicht vor. Hierbei muss zunächst berücksichtigt werden, dass die Beklagte erkennbar von vornherein nicht etwas bindend versprechen konnte, was vom Willen eines Dritten abhängt, der sich jederzeit auch anders entscheiden kann. Das gilt insbesondere dann, wenn wie hier - die Beklagte als Vertreterin mit den Vertretenen überhaupt keinen Kontakt hat und lediglich aufgrund ihrer beruflichen Stellung als Notariatsangestellte vom Notar zur Beurkundung herangezogen wird. Hierbei spielt es auch keine Rolle, ob dies pflichtwidrig und möglicherweise unter Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses geschah. Entscheidend ist, dass auch der Kläger nicht ernsthaft davon ausgehen konnte, eine 20jährige Notariatsangestellte, die ersichtlich mit den von ihr vertretenen Personen in keinem weiteren persönlichen oder wirtschaftlichen Kontakt steht, könne und wolle bindend die Erteilung der Genehmigung für einen Grundstückskaufvertrag durch ein Wohnungsbauunternehmen als Verkäuferin und einen Kaufmann als Zwischenerwerber erklären. Bei verständiger Betrachtungsweise wird daher auch der Kläger diese Erklärung der Beklagten nur dahin verstehen können, diese werde sich ernsthaft darum bemühen, die Genehmigungserklärungen zu erhalten, nicht dagegen, dass sie dies verbindlich mit den daraus für sie ergebenden Rechtfolgen möglicher Schadensersatzansprüche zusagen wollte.
3. Schließlich hat die Beklagte auch nicht durch die Formulierung "Genehmigungserklärungen nachzureichen versprechend" eine verschuldensunabhängige Garantie dafür übernommen, dass die Genehmigung tatsächlich erteilt wird. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zum Verschulden bei Vertragsschluss verwiesen werden. Auch für den Kläger erkennbar wollte die Beklagte als Angestellte des Notariats gegenüber ihm als Käufer keine bindende Garantie dafür übernehmen, die Genehmigung werde erteilt mit der Folge, im Falle der Nichterteilung hierfür unbedingt einstehen zu wollen. Die Beklagte war mit der Angelegenheit nicht befasst, hatte keinen weiteren Kontakt zu der Verkäuferin und dem Zwischenerwerber und hat auch auf den Inhalt des Vertrages keinen Einfluss genommen.
4. Schließlich steht dem Kläger gem. § 426 Abs. 1 BGB i. V. m. §§ 2, 5, 141 KostO auch nicht zumindest ein Anspruch auf hälftige Erstattung der Notarkosten von 1.340,96 DM (= 685,62 EUR) zu. Der Kläger und seine Ehefrau haben zunächst in § 11 des Vertrages die Kosten für die Durchführung des Vertrages übernommen. Der Vertrag ist jedoch wegen der verweigerten Genehmigung der Verkäuferin und des Zwischenerwerbers gem. § 139 BGB insgesamt unwirksam. Nach der dann eingreifenden gesetzlichen Regelung des § 2 Nr. 1, § 141 KostO ist Kostenschuldner jeder, dessen Erklärung beurkundet worden ist. Das war hier auch die der Beklagte als Vertreterin der Verkäuferin und des Zwischenerwerbers. Nach § 5 Abs. 1 S. 1 KostO haften mehrere Kostenschuldner als Gesamtschuldner (für einen hälftigen Erstattungsanspruch gegen den Vertreter ohne Vertretungsmacht deshalb etwa OLG Köln, a. a. O., 272).
Hier ist indessen ein zumindest stillschweigender Ausschluss eines derartigen Anspruchs als vereinbart anzusehen mit der Folge, dass gem. § 426 Abs. 1 BGB "etwas anderes bestimmt" ist. Der Kläger und seine Ehefrau konnten nicht ernsthaft davon ausgehen, eine Angestellte des Notars wolle die Hälfte seiner Gebühren zahlen, wenn die von ihr vertretene Verkäuferin und der Zwischenerwerber die Genehmigung des Vertrages verweigern. Die Beklagte hat in der Sache nur in ihrer Eigenschaft als Angestellte des Notars gehandelt, um überhaupt zunächst einen Vertragsschluss zu ermöglichen. Da der Kläger gem. § 179 Abs. 3 S. 1 BGB die fehlende Vollmacht der Beklagte erkennen musste und ein Anspruch aus § 179 Abs. 1 BGB deshalb ausgeschlossen ist, ist diese Wertung auch auf den Rückgriffsanspruch aus § 426 BGB zu übertragen. Der Kläger und seine Ehefrau haben insoweit auf eigenes Risiko gehandelt, wenn sie einen Vertrag abschlossen, dessen Zustandekommen letztlich noch nicht sicher feststand.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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