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Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 17.01.2008
Aktenzeichen: 21 UF 447/07
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 1374 Abs. 2 | |
BGB § 1375 | |
BGB § 1376 |
Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL
Aktenzeichen: 21 UF 447/07
Verkündet am 17. Januar 2008
In der Familiensache
wegen Güterrecht
hat der 21. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. November 2007 durch
Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Schons, Richter am Oberlandesgericht Tiedemann und Richterin am Oberlandesgericht Demmer
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Chemnitz vom 4. Juni 2007, Az.: 4 F 16/04, abgeändert und die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung im Umfang von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um einen Zugewinnausgleichsanspruch des Klägers gegen die Beklagte.
Wegen des Sachverhaltes wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Ergänzend gilt Folgendes:
Gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Chemnitz vom 4. Juni 2007 hat die Beklagte Berufung eingelegt, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt und geltend macht, dem Kläger stehe ein Zugewinnausgleich nicht zu.
Im Einzelnen rügt sie, dass das Amtsgericht hinsichtlich der durch Verfügung von Todes wegen erlangten Unternehmensunterbeteiligung an der P GmbH & Co. KG (nachfolgend: Unternehmensbeteiligung) für die Bewertung des Endvermögens auf den auf sie nach dem Auseinandersetzungsvertrag vom 22. Juli 1999 entfallenden Anteil von 13,5 % des Verkaufserlöses (= 2.970.000,00 DM) abgestellt habe. Sie ist der Auffassung, dieser Wert entspreche nicht dem Wert der Unternehmensbeteiligung zum maßgeblichen Stichtag der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages am 5. Juli 1999.
Im Übrigen habe die ererbte Beteiligung nur 10 % betragen und als Teil der erbrechtlichen Auseinandersetzung sei eine Verpflichtung gegenüber der ersten Ehefrau des verstorbenen Vaters zu erfüllen gewesen, die eine Einmalzahlung für eine Rentenversicherung von 705.676,12 DM bedeutet habe. Schließlich habe das Gericht bei seiner Bewertung die latente Ertragssteuerlast nicht außer Acht lassen dürfen. Dabei könne nicht auf das zum 31. Dezember 1999 insgesamt von ihr zu versteuernde Einkommen abgestellt werden. Denn dieses beruhe darauf, dass Verlustzuweisungen aus der Reinvestition des Auseinandersetzungsbetrages vorgenommen und deshalb Ertragssteuern tatsächlich nicht angefallen seien.
Die Beklagte behauptet, dass bei einer stichtagsbezogen berechneten Ertragssteuer in Höhe von 1.540.025,70 DM der tatsächliche Veräußerungsgewinn lediglich 1.429.974,30 DM betragen hätte.
Schließlich - so ihre Auffassung - habe das Amtsgericht fehlerhaft eine Indexierung der von Todes wegen erlangten Unternehmensbeteiligung im Anfangsvermögen nicht vorgenommen, sondern diese als privilegiertes Anfangsvermögen mit einem insoweit unstreitigen Wert von 1.778.460,00 DM in Ansatz gebracht. Unter Beachtung der weiteren Rügen, dass einzelne Vermögenswerte (Kontostände) und Verbindlichkeiten (Leasing eines Pkws) zu Unrecht vom Amtsgericht nicht berücksichtigt seien, komme ein Zugewinnausgleichsanspruch des Klägers nicht in Betracht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht-Chemnitz vom 4. Juni 2007, Az.: 4 F 16/04, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das amtsgerichtliche Urteil und vertieft die rechtliche Argumentation, nach der trotz der fehlerhaft nicht durchgeführten Indexierung des privilegierten Anfangsvermögens und Nichtberücksichtigung weiterer aktiver bzw. passiver Bestandteile des Endvermögens der Beklagten die Entscheidung im Ergebnis als zutreffend erachtet wird. Eine Verringerung des Endvermögens, bezogen auf die Unterbeteiligung, sei nicht durch die Berücksichtigung einer fiktiven Ertragssteuer herbeizuführen. Im Falle eines realen Verkaufs sei nicht auf (steuerliche) Folgen eines fiktiven Verkaufs abzustellen.
Die weitere Verpflichtung gegenüber der ersten Ehefrau des Erblasser aufgrund des Auseinandersetzungsvertrags sei nicht aus dem Kaufpreis der KG-Anteile, sondern dem der Jahresgewinne erfüllt worden.
Der Anteil von 13,5 % bei der Auseinandersetzung resultiere aus dem Stand der Gesellschafterverrechnungskonten und sei keine Zuwendung. Er behauptet, der von der Beklagten Anfang 1999 bei der P GmbH geleaste PKW Mercedes Benz mit einem Kaufpreis von 36.400,00 DM habe zum End-Stichtag einen Wert von 30.000,00 DM gehabt.
Der Kläger sieht den Wert des Anfangsvermögens der Unternehmensbeteiligung mit 1.778.460,00 DM als zutreffend an. Dieser Wert sei zu indexieren auf 1.918.762,22 DM.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22. November 2007 Bezug genommen. Gleiches gilt für die schriftlichen Gutachten des Sachverständigen D vom 24. Januar 2006 (Rechtsanwaltskanzlei und Immoblie), 31. Juli 2006 (Unternehmensbeteiligung), 21. August 2006 (Ergänzende Stellungnahme zum Gutachten vom 24. Januar 2006), seine schriftliche Stellungnahme vom 17. Januar 2007 sowie das schriftliche Gutachten vom 5. Juni 2002 im Verfahren der Parteien 4 F 279/99 des Amtsgerichts Chemnitz wegen Ehegattenunterhalt.
II.
1.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
1.1.
Dem Kläger steht ein Zugewinnausgleichsanspruch nach § 1378 Abs. 1 BGB nicht zu.
Ein das Anfangsvermögen zu Beginn des Güterstandes am 13. März 1987 übersteigender Wert des Endvermögens der Beklagten im Verhältnis zu dem des Klägers ist zum maßgeblichen Stichtag vom 5. Juli 1999 nicht festzustellen.
1.2.
Dabei teilt der Senat die Rechtsauffassung des Amtsgerichtes, dass die erstinstanzlich erhobene Einrede der Verjährung des Anspruchs nicht durchgreift.
Der beim Landgericht Chemnitz in Form einer Widerklage geltend gemachte Anspruch des hiesigen Klägers (dortigen Beklagten) auf Zugewinnausgleich, den das Landgericht Chemnitz als familienrechtlichen Anspruch angesehen und an das zuständige Familiengericht verwiesen hat, ist rechtzeitig erhoben worden. Gemäß § 204 Abs. 1 Satz 1 BGB wirkt die Zustellung auf die Einreichung der Klage zurück. Die Verweisung an das Amtsgericht - Familiengericht -Chemnitz erfolgte alsbald. Die Widerklage wurde eingereicht am 23. September 2003. Die Kenntnis von der Beendigung des Güterstandes ist frühestens mit dem Tag der Verkündung der Ehescheidung am 2. Oktober 2000 anzunehmen. Die Erhebung der Widerklage mit Rückwirkung der Zustellung i.S.v. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist für den 23. September 2003 anzunehmen, da die Verzögerung der Zustellung nicht der Partei anzulasten ist. Davon ist auch nicht auszugehen, soweit das sachlich unzuständige Gericht gewählt wurde (vgl. BGH, NJW 1978, 1058; OLG Naumburg, FamRZ 2001, 831).
1.3.
Die Feststellungen des Amtsgerichts zum (negativen) Endvermögen des Klägers (§ 1375 Abs. 1 Satz 2 BGB), insbesondere zur Rechtsanwaltskanzlei mit einem negativen Wert, werden in der Berufungsinstanz nicht mehr angegriffen.
Auch das Anfangsvermögen des Klägers ist nicht positiv, sondern unstreitig mit "Null" anzusetzen.
1.4.
Für das Anfangsvermögen der Beklagten bei Eintritt in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft bei Eheschließung ist ebenfalls unstreitig davon auszugehen, dass dieses "Null" betrug (§ 1374 Abs. 1 BGB).
Nach allseitiger Rechtsauffassung ist gemäß § 1374 Abs. 2 BGB weiter davon auszugehen, dass die Unternehmensbeteiligung, indexiert auf den Zeitpunkt der Zuwendung beim Erbfall nach dem Tode des Vaters der Beklagten am 24. Februar 1994, als privilegierter Erwerb dem Anfangsvermögen zuzurechnen ist.
Der vom Sachverständigen festgestellte Wert der Unternehmensbeteiligung zum vorgenannten Zeitpunkt betrug laut Gutachten vom 31. Juli 2006 1.778.450,00 DM. Dieser Wert entspricht indexiert (vgl. Gutdeutsch, FamRZ 2003, 1061; Palandt/Brudermüller, BGB, 67. Aufl., § 1376 Rdn. 28), um den Kaufkraftschwund auszuschließen (nach der Formel ermittelter Wert des privilegierten Erwerbs x Index Endstichtag : Index Erwerbstag = bereinigter Wert) einem Betrag von 1.918.751,14 DM (Betrag x 99 : 91,761). Die geringfügige Abweichung gegenüber dem vom Kläger berechneten Wert von 1.918.762,22 DM beruht darauf, dass der hiesigen Berechnung der etwas genauere Indexwert (mit drei Stellen nach dem Komma) für Februar 1994 zugrunde gelegt wurde.
1.5.
Diesem Anfangsvermögen steht ein höheres Endvermögen der Beklagten nicht gegenüber.
Zum Endvermögen der Beklagten zum 5. Juli 1999 sind folgende Vermögenspositionen festzustellen:
Der Wert der im Eigentum der Beklagten stehenden Immobilie straße . in beträgt entsprechend den nicht mehr angegriffenen sachverständigen Feststellungen des Gutachtens vom Januar 2006 31.900,00 DM. Die in erster Instanz erhobenen Einwendungen der Beklagten sind in zweiter Instanz nicht mehr bekräftigt bzw. erneuert worden, so dass dieser Wert auch Berücksichtigung findet, da den Ausführungen des Sachverständigen gefolgt werden kann.
Weitere unstreitige Vermögenswerte sind ein Sparbuch mit einem Betrag von 283,33 DM, ein Girokonto mit einem Wert von 8.768,96 DM sowie ein Geldmarktkonto mit einem Fondsanteil von 60.026,38 DM.
Dies führt bisher zu folgender Übersicht:
Anfangsvermögen Mann | 0,00 DM |
Endvermögen Mann weniger als | 0,00 DM |
Zugewinn Mann | 0,00 DM |
Anfangsvermögen Frau (indexiert) | 1.918.751,14 DM |
Endvermögen Frau Aktiva Immobilie straße | 31.900,00 DM |
Sparbuch | 283,33 DM |
Girokonto | 8.768,96 DM |
Geldmarktkonto | 60.026,38 DM |
Zwischensumme | 100.978,67 DM |
Das Endvermögen der Beklagten ist um weitere Verbindlichkeiten von 32.200,00 DM aufgrund des Leasingvertrages von Januar 1999 zu reduzieren. Der Kläger hat die von der Beklagten zum Bewertungsstichtag behaupteten Verbindlichkeiten von 36.400,00 DM nicht bestritten. Unterstellt man jedoch eine vertragsgemäße Erfüllung dieses Leasingvertrages, so sind seit dem 15. Januar 1999 und jeweils in den Folgemonaten sechs Mietkaufraten von jeweils 700,00 DM gezahlt worden, so dass sich die Gesamtverbindlichkeiten von 36.400,00 DM auf 32.200,00 DM reduzieren.
Die vorstehende Zwischensumme daher auf des Endvermögens beläuft sich 68.778,67 DM.
Das Endvermögen erhöht sich nicht um den Zeitwert des Pkws, den der Kläger mit 30.000,00 DM behauptet hat. Da es sich um einen Mietkauf handelt, ist ein eventueller Zeitwert des Vertragsgegenstandes nicht bereits dem Endvermögen der Beklagten zuzurechnen. Leasingverträge sind Mietverträge, die dem Leasingnehmer einen Anspruch auf die Sachnutzung geben. Wenn und soweit der Leasingnehmer nicht nur künftig eine Gegenleistung zu entrichten hat, die dem Nutzungswert entspricht, sondern eine Leistung zu erbringen hatte, durch die die Raten verringert wurden, liegt ein geldwerter Vorteil vor, sonst jedoch nicht (vgl. Schröder, a.a.O., Rdn. 137). Da vorliegend keine Anzahlungen oder Sonderzahlungen ersichtlich sind, durch die sich die Raten des Leasingsvertrages verringert hätten, kann ein zusätzlicher geldwerter Vorteil im Rahmen der Aktiva für das Endvermögen der Beklagten nicht festgestellt werden (vgl. OLG Bamberg FamRZ 1996, 459; OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 1028).
1.6.
Weiterer streitiger Vermögenswert, der im Rahmen des Endvermögens zu berücksichtigen und zu bewerten ist, ist die Unternehmensbeteiligung der Beklagten. Für diese ist maximal von einem Betrag von 1.451.211,00 DM auszugehen, so dass sich zusammen mit dem vorgenannten Betrag der Übersicht ein Endvermögen von 1.519.989,67 DM ergäbe, welches das Anfangsvermögen der Beklagten nicht übersteigt.
1.6.1.
Ausgangspunkt bilden die gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen D zum Wert der Unternehmensbeteiligung mit 2.037.100,00 DM zum Bewertungsstichtag vom 5. Juli 1999. Dieser Wert ist jedoch um fiktive Ertragssteuern in Höhe von 585.889,00 DM zu korrigieren.
Grundsätzlich sind für den güterrechtlichen Ausgleich alle "Gegenstände" im Anfangs- und Endvermögen mit einem bestimmten Wert anzugeben und dazu der "wahre wirkliche Wert" zu ermitteln (BVerfG FamRZ 1985, 256, 260; BGH FamRZ 1991, 43, 44, 1986, 37, 39; 1996, 776, 779; 2005, 99). Es ist die Bewertungsmethode anzuwenden, die angesichts des "Gegenstandes" und seiner Bedeutung für den Ehegatten dem tatsächlichen Wert am ehesten nahekommt (vgl. nur Schröder, Bewertungen im Zugewinnausgleich, 4. Aufl., Rdn. 61 m.w.N., Rdn. 131). Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen vorliegend von der Ertragswertmethode aus.
Für die Bewertung von Unternehmen (und Beteiligungen) ist der Wert maßgeblich, der bei einer Veräußerung oder einer sonstigen Verwertung erzielt werden könnte. Ein potentieller Erwerber wird sich bei seinem Kapitaleinsatz nach dem zu erwartenden Gewinn richten, der auch beeinflusst ist von den stillen Reserven und einem etwaigen Geschäftswert (BGH FamRZ 1980, 37, 38; 1999, 361; vgl. auch Haußleitner/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 4. Aufl. Kap. 1 Rdn. 89, 95, 304). Für den Fall, dass ein fiktiver Verkauf zur Bewertung herangezogen wird, ist auch eine fiktive Steuerlast wertmindernd anzusetzen (vgl. Schröder, a.a.O., Rdn. 153; Haußleiter/Schulz, a.a.O., Kap. 1, Rnd. 296, 306; Fischer/Winkelmann, Die "latente Steuerlast" auf den Zugewinnausgleich, FuR 1993, 1, 3, 5).
Der Sachverständige ist in dieser Weise vorgegangen und hat die Zukunftserfolge des Unternehmens auf der Grundlage der Gesamtleistung in der bereinigten Vergangenheit der letzten fünf Geschäftsjahre vor dem Bewertungsstichtag vom 5. Juli 1999 prognostiziert und im Ergebnis einen anteiligen Ertragswert von 2.037.100,00 DM berechnet, der über dem Liquidationswert - entsprechend der 10 %igen Unterbeteiligung - und einer Wertuntergrenze von 1.402.800,00 DM liegt.
Entgegen der Auffassung des Klägers kann nicht auf den unmittelbar nach diesem Stichtag tatsächlich erzielten Verkaufserlös der Beteiligung mit 2.970.000,00 DM abgestellt werden. Dass ein tatsächlich erzielter Kaufpreis für einen Gegenstand auf den "wahren, wirklichen Wert" hinweist, steht dabei außer Zweifel, denn er dokumentiert den im Wirtschaftsverkehr erzielbaren Wert. Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht jedoch darin, dass nicht lediglich die der Beklagten zustehende Unternehmensbeteiligung isoliert verkauft wurde. Verkauft wurden vielmehr sämtliche Kommanditanteile der Familienangehörigen, die bereits vor bzw. durch den Erbfall nach dem Tode des Vaters der Beklagten Anteile am Unternehmen (er)hielten. Diese Faktoren waren für die Wertbestimmung des Verkaufspreises entscheidend, so dass der Unterbeteiligung der Beklagten allenfalls eine untergeordnete wirtschaftliche Bedeutung beigemessen werden kann. Auch der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 31. Juli 2006 darauf verwiesen, dass die Wertbestimmung der Unterbeteiligung nicht anhand des Verkaufserlöses der Kommanditanteile insgesamt ermittelt werden könne. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Erwerberfirma eine strategische Prämie aufgrund der Verbundvorteile im Rahmen des Ankaufs der Firma bezahlt habe.
Es ist daher nicht erheblich, dass Vertragsverhandlungen über den Verkauf schon vor dem Stichtag begonnen haben.
Für die Bewertung der Unternehmensbeteiligung der Beklagten steht eine Alternative zur Ertragswertmethode, bezogen auf den Stichtag, nicht zur Verfügung. Dass es zeitnah zum Bewertungsstichtag vom 5. Juli 1999 noch im Juli 1999 zu einem Verkauf der Kommanditanteile der weiteren Familienmitglieder gekommen ist, kann aus den vorgenannten Gründen nicht als Maßstab für den Wert der Unterbeteiligung der Beklagten herangezogen werden und insbesondere ihr Anteil an der Auseinandersetzung des Verkaufserlöses von 2.970.000,00 DM nicht als "wahrer wirklicher Wert" im Endvermögen berücksichtigt werden.
Zum Stichtag vom 5. Juli 1999 ist mit dem Sachverständigen von einem fiktiven Wert von 2.037.100,00 DM auszugehen.
Als Konsequenz aus dieser Bewertungsmethode folgt, dass latente Ertragssteuern auf einen fiktiven Veräußerungsgewinn im Rahmen der Zugewinnberechnung als unvermeidbare Veräußerungskosten abzusetzen sind (BGH FamRZ 1991, 43, 48 ff.; Fischer/Winkelmann, a.a.O., 1, 3). Derartige steuerliche Lasten sind zu erwarten, wenn der fiktive Unternehmenswert den steuerlichen Buchwert übersteigt und daher ein Veräußerungsgewinn vorliegt. Da auch vorliegend der vom Sachständigen ermittelte Ertragswert über den Buchwerten liegt, sind diese latenten Steuern zu beachten. Für die Bemessung der latenten Steuern ist das jeweils zum Stichtag gültige Einkommensteuergesetz heranzuziehen. Dies sind vorliegend die Regelungen der §§ 18 Abs. 3, 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG, die seit dem 1. Januar 1999 eine Fünftel-Regelung für den Veräußerungsgewinn vorsehen. Den Veräußerungsgewinn hat der Sachverständige mit 1.263.848,00 DM festgestellt (Bl. 128 des Gutachtens vom 31. Juli 2006). Für diesen Veräußerungsgewinn ergeben sich nach dem Vortrag der Beklagten latente Steuern von 585.889,00 DM. Die entsprechende Berechnung durch die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 10. Oktober 2006 (Bl. 346 f. d.A.) hat der Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 17. Januar 2007 als zutreffend bezeichnet, so dass dieser Betrag den Wert der Unternehmensbeteiligung entsprechend schmälert.
Die latenten Ertragssteuern sind dabei bezogen auf den Bewertungsstichtag zu berechnen. Keine Berücksichtigung finden kann, dass nach dem Bewertungsstichtag die Beklagte ihren tatsächlichen Anteil aus dem Veräußerungsgeschäft der gesamten Kommanditbeteiligung wiederum investiert und in der weiteren Folge negative Einkünfte erzielt hat. Nach dem Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 6. März 2002 (Anlage 8 zum Gutachten im Verfahren 2 F 279/09 des Amtsgericht Chemnitz) sind für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb Verluste im Zusammenhang mit Unternehmensbeteiligungen ausgewiesen. Für diese steht unstreitig fest, dass diese auf Verlusten des zu veranlagenden Steuereinkommens 1999 aus Gewerbebetrieb beruhen, nachdem der Auseinandersetzungserlös der Beklagten reinvestitiert wurde und Verlustzuschreibungen erfolgten. Der vom Sachverständigen festgestellte Verlust von 1.663.587,00 DM hat im Ergebnis dazu geführt, dass die Beklagte die vorstehend berechneten latenten Ertragssteuern tatsächlich nicht zu zahlen hatte. Dieser Umstand kann für die stichtagsbezogene Bewertung des Endvermögens der Unternehmensbeteiligung der Beklagten aber keine Beachtung finden. Mit dem methodischen Ansatz und den güterrechtlichen Ausgleichsregeln stünde dies nicht im Einklang. Der Zugewinnausgleich erfordert eine Vermögensbewertung bezogen auf den gesetzlich festgelegten Stichtag der Beendigung der Gütergemeinschaft. Zur Wahrung des Grundsatzes der hälftigen Teilung des während der Ehe erzielten Zugewinns kann ein Abzug der latenten Ertragssteuern auf den betreffenden Vertragsgegenstand nicht unterbleiben (BGH FamRZ 1999, 361). Dass die Beklagte vorliegend im Rahmen der wirtschaftlichen Disposition nachfolgend den Verkaufserlös wieder investiert hat und durch Verlustzuweisungen ihre tatsächliche Steuerlast gesenkt hat, ändert daran nichts. Die stichtagsbezogene Bewertung kann nicht auf spätere und noch unbestimmte Zeitpunkte und Umstände verschoben werden. Vorliegend muss von einem fiktiven Erlös und damit auch von fiktiven Steuern, bezogen auf den getroffenen Gegenstand, ausgegangen werden. Der reale Verkauf, der vorliegend im Zusammenhang mit der Veräußerung der Kommanditanteile insgesamt stattgefunden hat, ist rechtlich nicht mit dem realen Verkauf der Unterbeteiligung der Beklagten gleichzusetzen. Daher können auch reale Steuern insoweit keine Beachtung finden. Schon deshalb kann vorliegend dahinstehen, ob steuerlich relevante, aber nach dem Bewertungsstichtag liegende Umstände, Beachtung finden müssen. Der Argumentation des Klägers, dass bei einem realen Verkaufserlös keine fiktiven Steuern relevant werden, kann aus Sicht des Senats nicht gefolgt werden. Denn dabei wird -wie vorstehend bereits ausgeführt - die für den vorliegenden Gegenstand anzuwendende Bewertungsmethode außer Acht gelassen.
Das Endvermögen einschließlich des Wertes der Unternehmensbeteiligung der Beklagten übersteigt ihr Anfangsvermögen nicht.
1.6.2.
An diesem Ergebnis ändert sich auch dann nichts, wenn anstelle eines stichtagsbezogen berechneten Ertragswertes der Beteiligung die Bemessung des Endvermögens der Beklagten auf der Grundlage des Auseinandersetzungserlöses von 2.970.000,00 DM erfolgt. Auch für diesen Fall ist von einer Reduzierung des Erlöses um latente Ertragssteuern auszugehen.
Entsprechend der rechnerischen Darlegungen der Beklagten, die vom Kläger nicht angegriffen werden, würden sich Steuern von 1.540.025,70 DM ergeben, die zum Endstichtag zu einem Wert des Beteiligung von 1.429.974,30 DM führen würden. Auch für diesen Fall kann nicht außer Acht gelassen werden, dass die Beklagte auf den Veräußerungsgewinn Steuern zu entrichten hätte. Der Anteilserlös kann nicht isoliert als Aktivposten betrachtet werden, auch die mit diesem einhergehenden Passivposten müssen Beachtung finden.
Bei Zugrundelegung eines Wertes der Beteiligung mit 1.429.974,30 DM ergibt sich rechnerisch unter Einbeziehung des Endvermögens nach der Übersicht ein Betrag von insgesamt 1.498.861,97 DM. Dieser unterschreitet das privilegierte Anfangsvermögen, so dass bei der Beklagten ein Zugewinn nicht vorliegt.
1.7.
Es kann weiterhin dahinstehen, ob im Rahmen der Ausgleichsberechnung weitere Ansprüche aus einem Gesamtschuldausgleich zwischen den Parteien in die Berechnung des Zugewinnausgleiches einzubeziehen wären. Die jeweilige Einstellung der Aufrechnungsbeträge, die Gegenstand des landgerichtlichen Verfahrens bilden, würden keine Erhöhung des Endvermögens der Beklagten bedeuten. Einem Ausgleichsanspruch der Beklagten im Aktivvermögen stünden im Passivvermögen Verbindlichkeiten gegenüber, die nach den Darlegungen beider Parteien höher wären als die aktiven Positionen (Aktiva 59.451,22 DM aus Bürgenregress nebst 38.883,48 DM Gesamtschuldausgleich im Vergleich zu Verbindlichkeiten von 121.499,99 DM).
1.8.
Auch im Übrigen sind Anhaltspunkte dafür, dass die Bewertung der Unternehmensbeteiligung der Beklagten im Endvermögen ohne Berücksichtigung der fiktiven Ertragssteuer zu erfolgen hätte, aus Sicht des Senats nicht gegeben.
1.9.
Soweit sich der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf die Entscheidung des Oberlandesgericht Oldenburg (FamRZ 2006, 1031) bezogen hat, vermag der Senat aus dieser keine Schlussfolgerungen für die Frage der Unternehmensbewertung und eventuell zu berücksichtigender fiktiver Ertragssteuern zu ziehen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Die Revision gegen das Urteil wird gemäß § 543 Abs. 2 Ziffer 1 und 2 ZPO zugelassen, da die vorliegend relevanten Bewertungsfragen soweit ersichtlich von der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht ausdrücklich beantwortet sind.
Ende der Entscheidung
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