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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 20.12.2007
Aktenzeichen: 1 U 189/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 709
Ist im Prozess um die Nichtigkeit von Beschlüssen in der Gesellschafterversammlung bereits die tatsächliche Beschlussfassung streitig, so trifft die Beweislast hierfür die Gesellschafter, die die Beschlussfassung behaupten und aus den Beschlüssen für sich günstige Rechtsfolgen herleiten (Ergänzung zu BGH NJW 1987, 1262, 1263).
Gründe:

A.

Die Parteien sind die Gesellschafter der A GbR. Die Kläger begehren die gerichtliche Feststellung der Nichtigkeit verschiedener Beschlüsse, die nach der Darstellung der Beklagten auf einer Gesellschafterversammlung vom 9.9.2004 in einem Hotel gefasst wurden (Protokoll Bl. 33 ff. d. A.).

Zur Darstellung der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug.

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, die Ladung zur Versammlung vom 9.9.2004 sei unbeachtlich, da rechtsmissbräuchlich gewesen.

Dagegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung. Sie rügen, das Landgericht habe seine Hinweispflicht verletzt, und tragen zu den Gründen der verschiedenen Termine vor der umstrittenen Versammlung ergänzend vor. Die für die Abberufung des Klägers zu 1) als Geschäftsführer nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Mehrheit sei unter Berücksichtigung von Stimmverboten und Bindungen der übrigen Gesellschafter aus dem Gesichtspunkt der gesellschafterlichen Treuepflicht am 9.9.2004 erreicht worden. Für die Abberufung hätten zahlreiche wichtige Gründe vorgelegen.

Die Beklagten beantragen,

das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen

sowie im Wege der Anschlussberufung sinngemäß

festzustellen, dass die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 5, 6 und 14 nicht mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurden und deshalb nicht zustande gekommen sind.

Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil insbesondere mit Rechtsausführungen und halten an ihrer Behauptung fest, am 9.9.2004 habe keine Gesellschafterversammlung stattgefunden.

Die Beklagten beantragen,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Der Senat hat durch die Vernehmung der Zeugen Z1 und Z2 Beweis erhoben. Zur Darstellung des Ergebnisses der Beweisaufnahme nimmt er auf die Sitzungsniederschrift vom 12.12.2007 Bezug.

B.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und teilweise begründet. Ein Teil der am 9.9.2004 gefassten Beschlüsse ist wirksam.

I.

Der Senat ist nach der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass am 9.9.2004 eine Gesellschafterversammlung der A GbR stattfand, auf der u. A. die streitgegenständlichen Beschlüsse gefasst wurden.

1. Die Notwendigkeit einer Wiederholung der Beweisaufnahme ergab sich daraus, dass das Landgericht die Beweislast für das Stattfinden der Versammlung verkannt und sich deshalb auf die Feststellung beschränkt hat, die Kläger hätten die Nichtdurchführung der Versammlung nicht bewiesen. Beweispflichtig für die Durchführung der Versammlung wie für die Beschlussfassung sind die Beklagten, die aus den Beschlüssen für sich günstige Rechtsfolgen herleiten wollen. Für Nichtigkeitsgründe hat der BGH entschieden, dass die Beweislast bei dem liegt, der Rechte aus dem Beschluss herleitet, dass der Gegner allerdings konkrete Unwirksamkeitsgründe darlegen muss, die dann zu entkräften sind (NJW 1987, 1262, 1263). Diese Erwägungen, denen der Senat folgt, sind auf den vorliegenden Fall zu übertragen, dass bereits die tatsächliche Beschlussfassung streitig ist. Hierfür spricht auch, dass die Kläger letztlich die Feststellung eines Negativums begehren; für die negative Feststellungsklage ist anerkannt, dass der Beklagte die Berechtigung der Berühmung darzulegen und zu beweisen hat (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 26. Aufl., § 256 Rn. 18).

2. Die Überzeugung des Senats von der Durchführung der Versammlung im protokollierten Sinne beruht insbesondere auf der glaubhaften Aussage des Zeugen Z2, der den Beklagtenvortrag hierzu im Kern bestätigt hat. Zureichende Gründe für Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen sieht der Senat nicht. Der Zeuge wirkte zwar sehr nervös und war sich in vielen Details seiner Schilderung unsicher. Auch ist nicht zu verkennen, dass er mit dem Beklagten zu 1) geschäftlich eng verbunden ist und dem Rechtsstreit daher nicht völlig teilnahmslos gegenüber steht. Andererseits hat sich der Zeuge erkennbar bemüht, Gedächtnislücken, die nach dem Ablauf von mehr als drei Jahren seit den zu schildernden Ereignissen verständlich sind, nicht zu verschleiern und seine Aussage auf das zu beschränken, woran er sich tatsächlich erinnert. Die Nervosität des Zeugen lässt sich auch mit der für ihn ungewohnten Situation, der besonderen Nachteiligkeit einer etwaigen Falschaussage für seine weitere berufliche Tätigkeit und der Brisanz des Konfliktes zwischen den Parteien erklären, die ihm aufgrund seiner anwaltlichen Tätigkeit bekannt war. Es bestehen keine zureichenden Anhaltspunkte für die Annahme, er habe dem Beklagten zu 1) durch eine Falschaussage gefällig sein wollen.

Die Schilderung des Zeugen wird durch unstreitige Teile des Sachvortrags und die ebenfalls glaubhafte Aussage der Zeugin Z1 gestützt. Ausweislich des den Senat nach § 314 ZPO bindenden Tatbestandes des landgerichtlichen Urteils auf S. 5 unten hielten sich der Beklagte zu 1. und der Zeuge am 9.9.2004 unstreitig im X-Hotel auf; dies steht mit der Aussage der Zeugin Z1 in Einklang, die den Besuch zweier Herren an jenem Tag zwecks Abhaltung einer Versammlung und den Rückzug dieser Herren in den Besprechungsraum für eine halbe bis eine dreiviertel Stunde bestätigt hat. Angesichts dessen kann allein fraglich sein, ob der Beklagte zu 1) und der Zeuge in dieser Zeit wie protokolliert die Versammlung abgehalten oder ob sie den Raum zu anderen Zwecken, etwa für eine private Konversation genutzt haben. Die erstgenannte Alternative liegt deutlich näher, muss doch angenommen werden, dass insbesondere der rechtskundige Zeuge um die Notwendigkeit einer förmlichen Beschlussfassung für die Ziele der Beklagten wusste.

Es mag sein, dass der Zeuge oder der Beklagte zu 1) gegenüber der Zeugin sinngemäß äußerte, da sonst niemand gekommen sei, müsse man "unverrichteter Dinge" wieder abreisen. Daraus ist indessen nicht zu schließen, dass die Versammlung überhaupt nicht abgehalten wurde. Die Äußerung lässt sich alternativ auch allein durch die Abwesenheit der Kläger erklären.

Nach allem kommt dem immerhin befremdlichen Umstand, dass die Kläger nicht alsbald nach dem 9.9.2004 das Protokoll der Versammlung zugesandt erhielten, keine entscheidende Bedeutung zu. Die richterliche Überzeugungsbildung kann und muss sich mit einem praktisch brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen.

II.

Die am 9.9.2004 gefassten Beschlüsse sind nicht insgesamt mangels ordnungsgemäßer Ladung nichtig.

1. Das Landgericht legt zu Recht stillschweigend zugrunde, dass eine wirksame Beschlussfassung in der Gesellschaftsversammlung nach § 13 Abs. 1 und 2 des Gesellschaftsvertrages (Bl. 27 d. A.) eine Einladung mindestens drei Wochen vorher unter Angabe der Tagesordnungspunkte voraussetzt. Dies ist indessen Anfang August 2004 tatsächlich geschehen, und zwar durch den Beklagten zu 1) für alle Beklagten, die hierzu analog § 50 Abs. 3 GmbHG berechtigt waren, nachdem der Kläger zu 1) pflichtwidrig eine Einberufung mit der Tagesordnung der Beklagten abgelehnt hatte (vgl. BGHZ 102, 172, 175). Es ist kein Grund ersichtlich, an der Wirksamkeit der Einladungsvollmachten (Bl. 215 ff. d. A.) zu zweifeln, die insbesondere nicht näher konkretisiert werden mussten.

2. Die Annahme des Landgerichts, diese Einladung sei rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich gewesen, hält den Rügen der Berufung nicht stand.

a) Der neue Beklagtenvortrag zu den Gründen der diversen Terminsverlegungen ist unabhängig von den Voraussetzungen des § 531 ZPO allein deshalb zuzulassen, weil er weitgehend unstreitig ist. Er entkräftet den klägerischen, vom Landgericht für berechtigt gehaltenen Vorwurf eines manipulativen Verhaltens der Beklagten, die im Wesentlichen auf Ladungsmängel und auf formale Einwände des Klägers zu 1) reagierten.

b) Auf die streitige neue Behauptung der Beklagten, die Versammlung am 26.7.2004 habe stattgefunden, kommt es nicht an. Die einmalige Nichtabhaltung einer anberaumten Versammlung hätte keinen Vertrauenstatbestand der Kläger hinsichtlich zukünftiger Versammlungen begründen. Das Schreiben des Klägers zu 1) vom 5.9.2004 belegt im Gegenteil, dass dieser mit der Abhaltung der Versammlung am 9.9.2004 rechnete. Die Urlaubsabwesenheit des Klägers zu 1) begründet ebenfalls keine Treuwidrigkeit der Einladung, hatte er doch genügend Zeit, seinerseits einen Versammlungstermin zu bestimmen.

III.

Auch sonst bestehen entgegen der Rechtsansicht der Kläger keine allgemeinen, d. h. alle Beschlüsse betreffenden Nichtigkeitsgründe:

1. Zweifel an der wirksamen Bevollmächtigung des Zeugen Z2 durch den Beklagten zu 3) und des Beklagten zu 1) durch alle Beklagten bestehen angesichts der vorgelegten Vollmachtsurkunden (Bl. 215 ff., 293 d. A.) nicht. Für deren Rückdatierung ist kein Anhaltspunkt ersichtlich. Der Beklagte zu 3) konnte gleichzeitig zwei Vertreter bevollmächtigen. Aus der späteren Bevollmächtigung des Beklagten zu 1) kann kein Widerruf der früheren Vollmacht an Z2 hergeleitet werden.

2. Der Umstand, dass am 16.5.2004 bereits über einige Tagesordnungspunkte Beschlüsse gefasst worden waren, deren Nichtigkeit noch nicht gerichtlich festgestellt war, stand einer erneuten Beschlussfassung der Gesellschaft nicht entgegen, die sich jederzeit anders besinnen kann. Einberufungsvoraussetzung war nach § 13 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages allein ein Verlangen von 50% der stimmberechtigten Anteile, das lag vor.

3. Beschlüsse einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts werden mit Beschlussfassung wirksam, nicht erst mit einer "Bekanntmachung" (vgl. Staudinger/Habermeier [2003], § 709 Rn. 25); im Übrigen haben die Kläger - wenn auch spät - das Protokoll erhalten. Eine Bekanntmachung gerade durch den nicht teilnehmenden Kläger zu 1) war nicht erforderlich.

IV.

Die Wirksamkeit der gefassten Beschlüsse ist demzufolge gesondert zu beurteilen. Nichtig sind allein die in der Entscheidungsformel bezeichneten Beschlüsse. Im Einzelnen:

1. Die zu den Tagesordnungspunkten 1-4 (Feststellung der Jahresabschlüsse für 2001 und 2002, Entlastung des Klägers zu 1) für diese Jahre) gefassten (Ablehnungs-) Beschlüsse sind wirksam, die Klage ist insoweit unbegründet, die Berufung begründet. Die Kläger haben diese Beschlüsse mit der Begründung beanstandet, vor einer Ablehnung hätte nach § 12 Abs. 3, 4 des Gesellschaftsvertrages ein Widerspruchsverfahren durchgeführt werden müssen. Sie haben damit den Einwand einer Satzungswidrigkeit der Gesellschafterbeschlüsse erhoben. Das greift nicht durch.

a) Beschlüsse zur Anerkennung der Abschlüsse und zur Entlastung des Klägers zu 1) sind nicht nach der in § 12 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages enthaltenen Fiktionsregel als vorher bereits gefasst anzusehen. Die Kläger haben nicht konkret dargelegt, wann der Kläger zu 1) die Abschlüsse an die Beklagten übersandt hat. Deren Darstellung, nur der Beklagte zu 1) habe Anfang August 2004 die Abschlüsse erhalten, allerdings ohne Geschäftsbericht, ist unwiderlegt.

b) Eines Widerspruchsverfahrens nach § 12 Abs. 3, 4 des Gesellschaftsvertrages bedurfte es schon deshalb nicht, weil der Kläger zu 1) die Abschlüsse seinerseits am 16.5.2005 zur Abstimmung gestellt und beim Finanzamt eingereicht, damit deutlich gemacht hatte, dass er einem etwaigen Widerspruch nicht abhelfen würde. Ein Widerspruchsverfahren wäre bei dieser Sachlage eine sinnlose Förmelei gewesen. Angesichts dessen kann offen bleiben, ob § 12 Abs. 3, 4 des Gesellschaftsvertrages überhaupt als Begrenzung der Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung auszulegen ist oder ob es sich nur um eine Einschränkung der Fiktionsregelung in Abs. 3 handelt.

2. Das Landgericht hat zu Recht die Nichtigkeit des zum Tagesordnungspunkt 5 (Abberufung des Klägers zu 1) als Geschäftsführer) gefassten Beschlusses festgestellt. Die Berufung ist insoweit unbegründet. Die Hauptbegründung des landgerichtlichen Urteils zur Verfehlung der notwendigen Mehrheit ist tragfähig, auf die Hilfsbegründung zu wichtigen Abberufungsgründen kommt es nicht an.

a) § 6 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages ist hinsichtlich der Mehrheitsberechnung dahin auszulegen, dass 2/3 des gesamten Gesellschaftskapitals für eine Abberufung erforderlich sind. Der Wortlaut der Bestimmung ist in diesem Sinne klar, und Gründe für eine von diesem abweichende Auslegung sind nicht ersichtlich. Dergestalt ausgelegt ist die Abberufung gegenüber der gesetzlichen Regel bereits doppelt erleichtert, indem keine Einstimmigkeit und kein wichtiger Grund erforderlich ist; auch das Verbot des Richtens des Geschäftsführers in eigener Sache ist durch die Mehrheitsregel berücksichtigt, weil der zum alleinigen Geschäftsführer bestellte Kläger zu 1) weniger als 1/3 der Anteile hielt. Die Mehrheit von 2/3 des Gesamt-Gesellschaftskapitals wurde am 9.9.2004 nicht erreicht.

b) Selbst wenn man mit den Beklagten wegen eines Stimmrechtsausschlusses des Klägers zu 1) dessen Kapitalanteil abzöge, ergäbe sich nach den Beschlüssen vom 2.1.1998 und vom 30.12.1998 (Bl. 29, 31 d. A.) ein bereinigtes Gesellschaftskapital in Höhe von 41.045 DM (45.600 - 4.555), 2/3 davon sind 27.363,33 DM. Die Beklagten halten ausweislich der vorgenannten Beschlüsse insgesamt 27.330 DM (4.555 DM * 6), also auch bei dieser Berechnungsweise weniger als 2/3. Ein Stimmrechtsausschluss auch für die Kläger zu 2) und 3) bestand nicht, weil das Verwandschaftsverhältnis zum Kläger zu 1) hierfür ebenso wenig ausreicht wie die wirtschaftliche Beteiligung an einem von den Beklagten missbilligten Darlehensgeschäft. Eher richtig dürfte es hingegen sein, die (abgegebenen) Stimmen vom Stimmrecht ausgeschlossener Gesellschafter als Enthaltungen zu werten (vgl. BGH, Urteil vom 02.04.2007, II ZR 325/05, juris-Rn. 13), was zum Auszählungsergebnis der Haupterwägung (a) führt.

c) Es kommt nicht darauf an, ob die Kläger unter dem Aspekt der Treuepflicht der Abberufung des Klägers zu 1) hätten zustimmen müssen. Für die Feststellung der Nichtigkeit des gefassten Beschlusses reicht aus, dass sie tatsächlich nicht zugestimmt und dadurch das Zustandekommen der erforderlichen Mehrheit verhindert haben. Die Frage der Zustimmungspflicht ist in einem gesonderten, auf Abgabe der Zustimmung gerichteten Prozess zu klären (vgl. BGHZ 102, 172, 176: "Zustimmungsurteil"; Staudinger/Habermeier, a. a. O., § 712 Rn. 10).

d) Es ist rechtsirrig, in dem Sinne auf § 712 Abs. 1 BGB zurückzugreifen, dass der Kläger zu 1) wegen eines wichtigen Grundes mit einfacher Mehrheit abberufen werden könne.

(1) Die Vorschrift setzt grundsätzlich einen einstimmigen Beschluss der übrigen Gesellschafter voraus und lässt einen Mehrheitsbeschluss nur genügen, wenn der Gesellschaftsvertrag das vorsieht. Der Gesellschaftsvertrag sieht in § 6 Abs. 5 für die Abberufung das Erfordernis einer 2/3-Mehrheit vor.

(2) § 712 Abs. 1 BGB ist dispositiv. Der Gesellschaftsvertrag kann insbesondere Regelungen zu den notwenigen Beschlussmehrheiten treffen (vgl. MünchKommBGB-Ulmer, 4. Aufl. 2004, § 712 Rn. 22; Staudinger/Habermeier, a. a. O., § 712 Rn. 7), ja sogar das Recht zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis völlig ausschließen (vgl. MünchKomm BGB-Ulmer, a. a. O., Rn. 23; Staudinger/Habermeier, a. a. O.), weil den Mitgesellschaftern die Möglichkeiten zur (nicht nur die Geschäftsführungsbefugnis, sondern die gesamte Mitgliedschaft betreffenden) Kündigung bzw. Ausschließung aus wichtigem Grund bleiben (vgl. MünchKommBGB-Ulmer, a. a. O.). Die gegenteilige Rechtsprechung des BGH zu Publikumsgesellschaften (BGHZ 102, 172, 177 ff.), nach der die Abberufung des Geschäftsfühers nicht durch das Erfordernis qualifizierter Mehrheiten erschwert werden kann, ist, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, auf andere Gesellschaften nicht zu übertragen. Die streitgegenständliche Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist keine Publikumsgesellschaft, d. h. nicht nach dem Gesellschaftsvertrag auf die Mitgliedschaft einer Vielzahl erst noch zu werbender Gesellschafter angelegt, die sich nur kapitalistisch beteiligen und mehr oder weniger zufällig zusammengeführt werden (vgl. BGH a. a. O., 177 f.).

(3) Auf das Vorliegen wichtiger Abberufungsgründe kommt es danach nicht an. Das landgerichtliche Urteil beruht demgemäß nicht auf einer etwaigen Verletzung der Hinweispflicht zur Substantiierung des diesbezüglichen Beklagtenvortrags.

3. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die Nichtigkeit des zum Tagesordnungspunkt 6 (Bestellung des Beklagten zu 3) als neuer Geschäftsführer) gefassten Beschlusses festgestellt. Die Berufung ist insoweit unbegründet. Für die Bestellung eines anderen Geschäftsführers ist ebenso wie für die Abberufung des bisherigen nach § 6 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages eine 2/3-Mehrheit erforderlich, die - wie ausgeführt - nicht erreicht ist.

4. Auch hinsichtlich der zu den Tagesordnungspunkten 7-9 gefassten Beschlüsse bezüglich der Einrichtung eines Bankkontos der Gesellschaft und der Abwicklung des Zahlungsverkehrs über dieses neue Konto ist die Berufung unbegründet. Die Beschlüsse sind nichtig, da satzungswidrig. Sie betreffen reine Geschäftsführungsmaßnahmen. Die Geschäftsführungsbefugnis ist in § 6 des Gesellschaftsvertrages ausschließlich auf den Kläger zu 1) übertragen. Die auf eine landgerichtliche Entscheidung gestützte Rechtsansicht der Beklagten, die Gesellschafterversammlung könne jederzeit die Entscheidung über einzelne Geschäftsführungsmaßnahmen an sich ziehen, trifft nicht zu. Die gesellschaftsvertragliche Zuweisung der Geschäftsführungsbefugnis auf einen Gesellschafter bewirkt einen Ausschluss der übrigen Gesellschafter hiervon und führt weiter dazu, dass diese auch kein Widerspruchsrecht nach § 711 BGB haben (vgl. Staudinger/Habermeier, a. a. O., § 710 Rn. 7; § 711 Rn. 1). Die Gesellschafterversammlung hat gegenüber dem Geschäftsführer - vorbehaltlich einer besonderen Regelung im Gesellschaftsvertrag, an der es hier fehlt - auch kein Weisungsrecht nach § 713 i. V. m. § 665 BGB, weil sich dies nicht mit dessen eigenverantwortlicher, auf der Mitgliedschaft beruhender Stellung vertrüge (vgl. Staudinger/Habermeier, a. a. O., § 713 Rn. 5; MünchKommBGB-Ulmer, a. a. O., § 713 Rn. 7). Die nach § 15 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages für eine Änderung desselben erforderliche 2/3-Mehrheit wurde am 9.9.2004 nicht erreicht.

5. Der zum Tagesordnungspunkt 11 gefasste Beschluss zur Berufungseinlegung in einem früheren Prozess über die Rückzahlung eines Darlehens war wirksam. Insoweit ist die Berufung begründet, die Klage unbegründet. Dieser Prozess sprengte die Grenzen der Geschäftsführungsbefugnis und fiel daher in die Entscheidungszuständigkeit der Gesellschafterversammlung. Der Beschluss war im Sinne einer nachträglichen Genehmigung des bereits eingelegten Rechtsmittels sinnvoll, weil der Vollmachtsmangel heilbar war (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 519 Rn. 24, 29 m. N.). Es war Sache der Gesellschafterversammlung, über die Erfolgsaussichten, den Sinn oder Unsinn des Berufungsverfahrens zu entscheiden. Der Klagevortrag erlaubt nicht den Schluss darauf, dass der Beschluss völlig unsinnig war; allein aus dem sich später herausstellenden Misserfolg ist das nicht herzuleiten.

6. Hinsichtlich der Beschlüsse zur Verklagung des Klägers zu 1) und zur Erstattung einer Strafanzeige gegen ihn (Tagesordnungspunkte 12 a, 12 b) ist die Berufung begründet, die Klage unbegründet. Die Beschlüsse waren wirksam. Eine analoge Anwendung der Abberufungsregeln kommt insoweit nicht in Betracht. Eine Gesellschaft ist nicht gehindert, ihren Geschäftsführer im Amt zu belassen und ihn auf Ersatz von Schäden aus Pflichtverletzungen in Anspruch zu nehmen. Auch hier war es Sache der Geselschaft, über die Erfolgsaussichten zu befinden, und der Klagevortrag lässt nicht darauf schließen, dass der Beschluss offenkundig sachwidrig war. Insbesondere lässt der Klagevortrag offen, was es mit den angeblich veruntreuten Geldern auf sich hat. Dies mag in einem rechtsstaatlich geordneten, gesonderten Verfahren geklärt werden.

7. Die Berufung hat weiter Erfolg, soweit sie sich auf den Beschluss zur Umschuldung (Tagesordnungspunkt 13) bezieht. Die Klage ist insoweit unbegründet, der Beschluss war wirksam. Über die Aufnahme eines 50.000 DM übersteigenden Darlehens hat ausweislich § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages nicht allein der Geschäftsführer zu entscheiden, besondere Mehrheitserfordernisse für die Entscheidung der Gesellschafterversammlung bestehen nicht. Ebensowenig besteht ein Widerspruch zu im vorangegangenen Verfahren gehaltenem Vortrag.

8. Der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 14 bezüglich der Untersagung nicht gesondert erlaubter Darlehen ist nichtig, da satzungswidrig. Insoweit erweist sich die Berufung im Ergebnis als unbegründet. Die Aufnahme von Darlehen ist bis zur Höhe von 50.000 DM in § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages als Geschäftsführungsmaßnahme eingeordnet. Die Gesellschafterversammlung kann die Entscheidung über eine derartige Maßnahme nicht an sich ziehen (s. o. zu 4.). Auch insoweit ist eine satzungsändernde Mehrheit i. S. d. § 15 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages nicht erreicht.

9. Die Berufung ist begründet, soweit sie sich auf den unter Tagesordnungspunkt 16 gefassten Beschluss zur Grundbuchberichtigung (genauer: Richtigstellung des Grundbuchs) bezieht. Dieser Beschluss ist wirksam, die Klage ist insoweit unbegründet.

a) Es ist offen, ob eine Berichtigung hinsichtlich der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in deren Eigentum das Grundstück steht, nötig oder unnötig ist. Zwar ist geklärt, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Grundstückseigentümerin sein kann und dass eine Grundbucheintragung von Gesellschaftern "als Gesellschaft bürgerlichen Rechts" dahin zu verstehen ist, dass diese Eigentümerin ist (vgl. BGH NJW 2006, 3716 f.). Ungeklärt und streitig ist indessen, ob aus Gründen der notwendigen Publizität auch die Gesellschafter und die Vertreter der Eigentümer-Gesellschaft im Grundbuch ausgewiesen werden müssen (vgl. OLG Stuttgart NZG 2007, 263 ff. [Rn. 27 ff.]; Priester BB 2007, 837, 839). Der Wechsel im Gesellschafterbestand führt zwar nicht zu einer Unrichtigkeit des Grundbuchs (vgl. OLG Stuttgart NZG 2007, 263 ff. [Rn. 34]; Demharter FGPrax 2007, 68; Heßeler/Kleinhenz NZG 2007, 250, 251), kann aber Anlass zu einer "Richtigstellung" von Amts wegen geben (vgl. Demharter und Heßeler/Kleinhenz, jeweils a. a. O.), die auch aus dem Kreis der Gesellschafter angeregt werden kann. Angesichts dieser unklaren Rechtslage kann die Gesellschaft frei mit Mehrheit darüber entscheiden, welches Vorgehen sie für opportun hält.

b) Den weiteren Einwand der Kläger, die Beklagten seien schon deshalb nicht ins Grundbuch einzutragen, weil Eigentümer eine namensgleiche, zweite Gesellschaft bürgerlichen Rechts gewesen sei, haben die Beklagten auf S. 15 f. ihres Schriftsatzes vom 17.8.2005 (Bl. 371 f. d. A.) unter Hinweis auf eine abweichende praktische Handhabung entkräftet. Dem sind die Kläger nicht mehr entgegen getreten.

c) Eine sprachliche Ungenauigkeit hinsichtlich des Eintrittszeitpunktes der einzutragenden Gesellschafter bewirkt nicht die Nichtigkeit des Beschlusses.

C. Die Anschlussberufung ist unbegründet. Sie ist auf eine Klageerweiterung in dem Sinne gerichtet, dass die Nichtigkeit einzelner Beschlüsse mit einer bestimmten Begründung festgestellt werden soll. Hierfür fehlt es an einem Feststellungsinteresse i. S. d. § 256 ZPO.

D. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 543 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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