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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 15.12.2004
Aktenzeichen: 13 U 24/03
Rechtsgebiete: ZPO, WpHG, EGBGB, EStG


Vorschriften:

ZPO § 526
ZPO § 531 Abs. 2
WpHG § 31 Abs. 2
EGBGB Art. 229 § 5
EStG § 20
Zum Umfang der Hinweis- und Aufklärungspflichten einer Bank bei der Kapitalanlageberatung
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 24/03

Verkündet am 15.12.2004

in dem Rechtsstreit

...

wegen Schadensersatzes aufgrund von Falschberatung.

Der 13. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2004 durch ... gemäß § 526 ZPO

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10. Dezember 2002 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin den Betrag von € 13.283,10 nebst Zinsen hieraus seit dem 08.09.2001 in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die im Rentenalter stehende Klägerin, Mutter einer Tochter, übte kaum versicherungspflichtige Tätigkeiten aus und verfügte über keine laufenden Einnahmen. Bis zum Tode ihrer Eltern lebte sie bei diesen und wurde von ihnen unterhalten. Nach dem letzten Erbfall (Mutter) wurde das elterliche Anwesen verkauft und der freie Verkaufserlös in Höhe von DM 390.000,00 zunächst bei der Beklagten im Kalenderjahr 2000 als Festgeld zu einem Zinssatz von 4 % angelegt.

Am 18. Mai 2000 suchte die Klägerin die Beklagte zwecks Beratung Vermögensanlage zum ersten Mal auf. Auf Empfehlung des beklagten Mitarbeiters A schloss die Klägerin einen so genannten "..." ab, wonach sie zum einem DM 120.000,00 einzuzahlen hatte und zum anderen aber sie, beginnend mit dem 1. September 2000 bis zum 31. August 2005 eine monatliche Zahlung von DM 2.075,50 zugesagt bekam. Die Frage, wie die weiteren zur Verfügung stehenden DM 280.000,00 angelegt werden sollten, blieb zunächst offen. Die Beklagte brachte die Zeichnung von B...- Fondanteilen ins Gespräch und übergab der Klägerin entsprechendes Informationsmaterial. Am 28. Juli 2000 suchte die Klägerin, diesmal im Beisein ihrer Tochter, erneut die Beklagte auf. Als Ansprechpartner stand ihr der Beklagtenmitarbeiter C gegenüber. An jenem Tage kaufte die Klägerin Anteile an dem Fond B... ... in Höhe von DM 200.000,00 und Anteile am Fond B... ... in Höhe von 80.000,00 DM. In dem Auftragsformular der ...bank ... gestellten Frage, wie sie, die Beklagte, den Kunden, die Klägerin, nach den ihr bekannt gewordenen Erfahrungen/Kenntnissen und Anlageerwartungen für Anlagen in folgenden Produktgruppen für geeignet halte, beantwortete diese "alle Fonds, auch Aktienfonds mit beliebigen Anlageschwerpunkten". Bei Abschluss der Verträge wurde eine Abschlussgebühr, Aufpreis genannt, von DM 5.000,00 fällig.

Im Hinblick auf die Wertentwicklung der beiden Fonds und trotz der Aussage der Beklagten Mitte 2001, die von der Klägerin gewählte Anlageform sei nach wie vor langfristig empfehlenswert, veräußerte die Klägerin am 26. Juli 2001 die Fondpapiere. Sie erzielte hierbei DM 193.954,36 und DM 71.266,14.

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafte Anlageberatung und beziffert ihren Schaden wie folgt: Wären die DM 280.000,00 weiterhin festverzinslich angelegt geblieben, hätte sie in dem in Frage stehenden Zeitraum einen Zinsgewinn von DM 11.200,00 erzielt. Hinzu kämen die Wertverluste in Höhe von DM 6.045,64 und DM 8.733,86, weshalb sich ihr Schaden auf insgesamt DM 25.979,50 oder € 13.283,10 belaufe. Mit Schreiben vom 30.08.2001 forderte die Klägerin die Beklagte auf, ihre Schadensersatzpflicht dem Grunde nach bis zum 7. September 2001 anzuerkennen.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe um eine sichere Anlageform nachgesucht und ihr sei beklagtenseits erklärt worden, bei B...-Fonds sei ein Wertverlust völlig ausgeschlossen. Sie habe nachdrücklich darauf hingewiesen, dass ab Mitte 2005 sie wieder auf das Vermögen Zugriff nehmen müsse. Über die Risiken ihrer Anlage sei sie genauso wenig aufgeklärt worden wie über die Zahlung der Abschlussgebühr in Höhe von DM 5.000,00.

Die Beklagte hat eine unzureichende Beratung verneint und vorgetragen, die Klägerin sei sehr wohl auf die Unterschiede zwischen einer Festgeldanlage und einer Fondsbeteiligung hingewiesen worden. Der Klägerin sei es um einen höheren Zinssatz gegangen. Sie, die Beklagte, habe sämtliche Vorgaben des § 31 Abs. 2 WpHG beachtet. Im Übrigen sei die Klägerin vor dem Arbeitgeber ihrer Tochter, einem Steuerberater, bezüglich der zu treffenden Anlageentscheidung beraten worden.

Der weiteren Einzelheiten wegen wird auf den Inhalt der erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klägerin informatorisch gehört. Auf das Sitzungsprotokoll vom 29. Oktober 2002 wird Bezug genommen.

Mit am 10. Dezember 2002 verkündetem Urteil auf dessen Inhalt gleichfalls Bezug genommen wird, hat die Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei ihren Informations- und Auskunftspflichten nachgekommen. Für die "Sicherheit" der beiden Fondbeteiligungen spreche auch, dass trotz der Krise der Aktienmärkte bis März 2002 die Fonds weniger als 2 % an Wert verloren hätten.

Gegen das vorbezeichnete Urteil hat die Klägerin form- und fristwahrend Berufung eingelegt. Sie rügt, die Urteilsbegründung erschöpfe sich vor allem in Behauptungen und lasse offen, warum die Beklagte sie denn "interessengerecht" beraten habe. Ihr sei auch jetzt erst bekannt geworden, dass schon im Juli 2000 und damit vor dem Zeitpunkt des Kaufs der Fondanteile, die Renditen der B...fonds deutlich abgefallen seien. Ab März 2000 seien in dieser Anlagenform Verlust eingetreten. Sie, die Klägerin, wiederhole ihre Behauptung, dass auf Nachfrage die Beklagte ausdrücklich erklärt habe, dass bei dieser Anlageform keine Verluste eintreten könnten.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Darmstadt vom 10.12.2002 die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, € 13.283,10 zuzüglich 8,62 % Zinsen hieraus seit dem 08.09.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte meint, die Klägerin habe ihr Rechtsmittel nicht entsprechend den gesetzlichen Vorgaben begründet und meint, die Klägerin sei mit ihrem neuen Vortrag bezüglich der Fondentwicklung ab März 2000 präkludiert gemäß § 531 Abs. 2 ZPO.

Die weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens ergeben sich aus den Schriftsätzen der Klägerin vom 27.02.2003 und 18.11.2004, und der Beklagten vom 14.05.2003 sowie vom 01.10. und 05.10.2004, auf deren jeweiligen Inhalt verwiesen wird.

Das erkennende Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13.10.2004 den Parteien rechtliche Hinweise gegeben, die im Sitzungsprotokoll dokumentiert worden sind.

Das erkennende Gericht hat des Weiteren Beweis erhoben durch Vernehmung der Tochter der Klägerin, der Sekretärin D E, und des beklagten Mitarbeiters F C als Zeugen. Des Ergebnisses der Beweisaufnahme wegen wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 10. November 2004 Bezug genommen.

Die statthafte Berufung ist ordnungsgemäß begründet worden. Aus der Berufungsbegründung folgt nämlich unzweifelhaft, dass die Klägerin die Rechtsauffassung vertritt, schon der durch das Landgericht selbst festgestellte Sachverhalt rechtfertige die Annahme eines Beratungsverschuldens. Darin liegt der Vortrag einer unzutreffenden Rechtsanwendung.

Das mithin zulässige Rechtsmittel ist in der Sache auch begründet, denn in der Tat muss der Beklagten zur Last gelegt werden, dass sie die Klägerin nicht "anlegergerecht" beraten hat, weshalb sie nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung - gemäß Artikel 229 § 5 EGBGB findet das Schuldrecht in seiner bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung hier Anwendung - zum Schadensersatz verpflichtet ist.

Tritt - wie hier die Klägerin - ein Anlageinteressent an eine ...kasse - (hier die Beklagte) - heran, um bezogen auf eine Anlageentscheidung die besonderen Kenntnisse und Verbindungen der ...kasse in Anspruch zu nehmen und über die Anlage eines bestimmten Geldbetrages beraten zu werden, liegt darin ein Angebot auf Abschluss eines Beratungsvertrages. Dieses Angebot nimmt die ...kasse dadurch an, dass sie mit der gewünschten Tätigkeit beginnt (so ausdrücklich der XI. ZS des BGH in seinem Urteil vom 9. Mai 2000 in WM 2000 Seite 1441 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bankensenats).

Inhalt und Umfang der Beratungspflicht sind, worauf der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 6. Juli 1993 (BGHZ 123, 126) zutreffend hingewiesen hat, von einer Reihe von Faktoren abhängig, die sich einerseits auf die Person des Kunden und andererseits auf das Anlageprojekt beziehen. Die konkrete Ausgestaltung der Pflicht hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalles ab. Gesicherter Erkenntnisstand in der Rechtsprechung ist auch, dass die empfohlene Anlage unter Berücksichtigung der Anlageziele auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten sein muss, also anlegergerecht (vgl. in diesem Sinne schon Urteil des IV. a ZS des BGH vom 25.11.1981 in NJW 1982 Seite 1095, 1096 sowie Urteil des XI. ZS des BGH vom 06.07.1993 in BGHZ 123, 126 ff., 129). Aufgrund der langjährigen Geschäftsbeziehung zwischen den Prozessparteien kannte die Beklagte das große Informationsbedürfnis der Klägerin.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur hinreichend sicheren Überzeugung des Gerichtes fest, dass die Klägerin die Beklagte nachdrücklich darauf hingewiesen hat, dass es sich um eine unbedingt sichere Anlage handeln muss, da es um ihre Altersversorgung gehe und der Zeuge C in dem Beratungsgespräch den Eindruck erweckt hat, bei den in Vorschlag gebrachten Anlagen werde das eingesetzte Kapital nicht gefährdet. Des Weiteren muss nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch davon ausgegangen werden, dass zwar in dem Beratungsgespräch erklärt wurde, bei einer Fondbeteiligung lasse sich eine höhere Rendite erzielen als gegenüber einer Festgeldanlage, aber auch darauf hingewiesen wurde, dass eine bestimmte Rendite nicht garantiert werden könne.

Die vorstehende Tatsachenfeststellung durch das Gericht zweiter Instanz beruht im Wesentlichen auf der Aussage der im Jahre 1966 geborenen und einen eigenen Hausstand habenden Tochter der Klägerin.

Die Bekundungen der Tochter der Klägerin als Zeugin sind glaubhaft.

Zeugenaussagen sind nach ihrer objektiven Stimmigkeit und der persönlichen Glaubwürdigkeit des Zeugen tatrichterlich zu würdigen. Dabei gilt es, wie der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes in seinem Urteil vom 3. November 1987 (NJW 1988 Seite 566, 567) ausgeführt hat, nach Wahrhaftigkeits- und Unwahrhaftigkeitskriterien im Aussageverhalten und in dem Inhalt sowie der Struktur der Aussage selbst zu suchen. Bei der vorzunehmenden Würdigung ist natürlich auch das enge Verwandtschaftsverhältnis zwischen der Klägerin und der Zeugin angemessen zu berücksichtigen. Indessen gibt es keinen Erfahrungssatz, dass Zeugen, die einer Prozesspartei nahe stehen, von vornherein als parteiisch und unzuverlässig zu gelten haben (vgl. Urteil des VIII. ZS des BGH vom 18.01.1995 in VersR 1995 Seite 711 ff., 712).

Die Zeugin hat distanziert und nachvollziehbar den Gesprächsverlauf widerspruchsfrei geschildert. Sie hat sich im Besonderen nicht die sprachlichen Übertreibungen im schriftsätzlichen Vortrag der Klägerin zueigen gemacht und die Behauptung bestätigt, der Beklagtenmitarbeiter C habe sinngemäß erklärt, dass ein Kapitalverlust schon einen dritten Weltkrieg bedingen würde. Auch hat die Zeugin die behauptete Zusicherung eines höheren Zinsertrages gegenüber der Festanlage so nicht bestätigt.

Für die inhaltliche Richtigkeit ihrer Zeugenaussage spricht entscheidend auch der Umstand, dass der Beklagtenmitarbeiter C im Zeugenstand eine Sachverhaltsschilderung gegeben hat, die zu den Behauptungen der Zeugen E in keinem wirklichen Widerspruch stehen. Verständlicherweise hat er, der eine Vielzahl von Beratungsgesprächen führt, nicht die gleiche konkrete Erinnerung an das Gespräch vom 28. Juli 2000 wie die Tochter der Klägerin. So vermochte der Zeuge C nicht mehr die gerichtliche Frage zu beantworten, ob die Klägerin ihm die Frage gestellt habe, ob die Anlage sicher sei. Eine solche Fragestellung konnte der Zeuge C indessen nicht ausschließen. Wenn er, der Zeuge C, einräumt, auf die Frage nach der Gefährdung des eingesetzten Kapitals geantwortet zu haben, der Fondwert unterliege "Schwankungen" und es könne durchaus sein, dass bei kurzzeitigem Halten der Papiere bei deren Verkauf nur ein Erlös unter dem Einstiegspreis erzielt werden könne, deckt sich mit der Aussage der Zeugin E, dass der Zeuge C sowohl bei ihr als auch bei ihrer Mutter den Eindruck erweckt habe, das eingesetzte Kapital sei nicht gefährdet. Letztlich muss auch würdigend berücksichtigt werden, dass der Zeuge C auch heute noch die damals der Klägerin empfohlene Anlageform für richtig hält.

Das Gericht hatte vorliegend nicht, was klarstellend verlautbart sei, über die Qualität des empfohlenen Anlageproduktes B...fond zu entscheiden, sondern allein die Frage zu beantworten, ob es sachgerecht war, der Klägerin in ihrer besonderen Situation, die dergestalt wohl nicht häufig anzutreffen sein dürfte, gerade Fondpapiere mit Aktienanteilen zu empfehlen ohne besonders nachdrücklich auf die damit einhergehenden Gefahren hinzuweisen. Diese letzte Frage, welche allein streitentscheidend ist, musste das erkennende Gericht verneinen, auch wenn die Anlageform als nicht risikoreich einzustufen sein sollte, was hier indessen nicht zu entscheiden war.

Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat in seiner Entscheidung vom 14. Januar 2003 (OLGR 2003, 136) unter Verarbeitung der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung auch die von dem erkennenden Gericht geteilte Auffassung vertreten, einem Kunden, der sich bei der Geldanlage durch ein Kreditinstitut beraten lässt, müsse der Hinweis auf einen sich abzeichnenden aktuellen Abwärtstrend der Anlage bzw. dem starken Verfall einzelner Werte des Anlagefonds gegeben werden. Richtig ist, dass beide von der Klägerin gezeichneten Fonds im Juli 2000 wieder eine Aufwärtstendenz zeigten, aber dies nach einem nicht ganz unerheblichen Einbruch am Jahresanfang. Diese Tatsache ist entgegen der vorgetragenen Rechtsauffassung der Beklagten nach ständiger Senatsrechtsprechung verfahrensrechtlich zu berücksichtigen, auch wenn sie erstmals in zweiter Instanz in den Prozess eingeführt wurde, denn es handelt sich um eine unstreitige Tatsache, die nicht die Notwendigkeit einer Beweiserhebung nach sich zieht. Auch wenn einiges dafür sprechen dürfte, dass die Klägerin auf diesen Umstand hinzuweisen gewesen wäre, braucht dies nicht abschließend entschieden zu werden, weil sich das Beratungsverschulden schon aus nachstehenden Erwägungen ergibt:

a) Wegen Auslaufens des ...s zum 31. August 2005 war ein bestimmter Zeitrahmen vorgegeben.

b) Zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung bestand eine veröffentlichte Prognose bezüglich des B...fonds ... von 6 % Rendite und für den B...fond ... eine solche von 7 %. Unter Zugrundelegung dieser Prognose stand im ersten Jahr der Anlage eine Zinseinnahme von DM 12.000,00 und DM 5.600,00, mithin also DM 17.600,00 zu erwarten, gegenüber einem gesicherten Zinsgewinn von DM 11.200,00 bei weiter bestehender Festgeldanlage. Aufgrund des von der Klägerin zu leistenden Aufpreises bei Erwerb der Fondpapiere konnte daher im ersten Jahr der Anlage nur von einem Mehrgewinn von DM 1.400,00 oder 0,5 % gegenüber der Festanlage ausgegangen werden (nämlich Differenz in den Zinserträgen DM 6.400,00, abzüglich Aufpreis DM 5.000,00). Hierauf hätte die Klägerin ausdrücklich aufmerksam gemacht werden müssen.

c) Selbst bei dem Fond B... ... beträgt der Aktienanteil bis zu 25 %, bei dem Fond B... ... sogar bis zu 45 %. Aktieninvestitionen sind stets risikobehaftet. Auch im Juli 2000 musste ein sorgfältiger Anlageberater die Möglichkeit in seine Erwägungen mit einbeziehen, dass sich der Aktienbörsentrend ändert. Nicht erklärbar ist letztlich die Einschätzung der Beklagten in dem Auftragsformular, wonach die Klägerin für alle Fonds, auch Aktienfonds mit beliebigen Anlageschwerpunkten als Anlegerin in Betracht komme. Soweit der Zeuge C bekundet hat, dies geschehe auf Wunsch der Fondgesellschaft, vermag dies einerseits die dokumentierte Einschätzung der Klägerin als Anlegerin nicht zu rechtfertigen, zeigt aber andererseits auch, dass die Fondgesellschaft sich sehr wohl des besonderen Anlegerrisikos bewusst ist.

d) Im Sommer 2000 lag bei festverzinslichen Wertpapieren die durchschnittliche Rendite bei 5,5 %, mithin 1,5 %-Punkte über der Rendite, die die Klägerin bei ihrer Festgeldanlage erzielte. Mithin konnte auch bei einer weniger risikobehafteten Anlage ein höherer Zinsgewinn als bei einer Festgeldanlage erzielt werden.

e) Vor dem Hintergrund fehlender sonstiger Einnahmen muss der damals zur Verfügung stehende Kapitalstock der Klägerin nur als klein bezeichnet werden, weshalb das Anfallen von Gebühren oder Aufpreis tunlichst zu vermeiden war.

f) Auch unter der Annahme also keiner Feststellung! -, dass es im Juli 2000 vertretbar erschien, zur alleinigen (!) Alterssicherung - erst später hat sich herausgestellt, dass die Klägerin wegen Pflege ihrer Eltern voraussichtlich eine Rentenanwartschaft von € 100,00 monatlich erworben hat - Geld in Fonds anzulegen, welche auch Aktien halten, was das erkennende Gericht sehr stark bezweifeln möchte, so hätte die einfach strukturierte Klägerin, von der sich das erkennende Gericht einen persönlichen Eindruck verschaffen konnte, viel deutlicher und nachdrücklicher auf die Gefahren einer solchen Anlagenform durch die Beklagte hingewiesen werden müssen, als dies tatsächlich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geschehen ist. Völlig unvertretbar erscheint in diesem Zusammenhang die Anlageempfehlung B... ... zu sein, denn hier kann der Fond bis zu 45 % Aktien halten. Der hohe Aktienanteil hat auch zu einem deutlich höheren Verlust bei diesem Fond als bei dem B...fond ... geführt; er liegt ca. dreimal so hoch, nämlich ca. 10,9 Pfennige pro DM 1.000,00 gegenüber 3 Pfennige pro 1.000,00 DM.

Ob die Anlageempfehlung B...fonds, im Besonderen ..., Mitte des Jahres 2000 im Allgemeinen noch sachgerecht war oder nicht, ist nicht entscheidungserheblich. Entscheidungserheblich ist allein und ausschließlich die Tatsache, dass die Empfehlung in Bezug auf die Person der Klägerin, die in außergewöhnlichen Umständen lebt, nicht anlegergerecht war, weshalb sich die Beklagte ihr gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht hat.

Der Kausalverlauf ist nicht durch eine Drittberatung unterbrochen worden. Der Arbeitgeber der Tochter sollte nicht zur Sinnhaftigkeit der ins Auge gefassten Anlage Stellung nehmen, sondern sich nur zu steuerlichen Konsequenzen äußern.

Die Schadensberechnung der Klägerin, welcher das Gericht folgt, ist beklagtenseits erstinstanzlich nur insoweit bestritten worden, als die Beklagte auf die 30 % Zinsabschlagsteuer verweist mit der Folge, dass der fiktive Zinsgewinn der Klägerin - Anlage der DM 280.000,00 festverzinslich zu 4 % - im Zeitraum vom 28.07.2000 bis zum 26.07.2001 sich um DM 3.360,00 verringert. Richtig an der Beklagtenargumentation war, dass Zinserträge gemäß § 20 Einkommensteuergesetz zu den versteuernden Einkommensarten gehören. Die Klägerin hat indessen in Erwiderung auf dieses Argument unter Beweisantritt vorgetragen, dass sie aufgrund ihrer jährlichen Gesamteinnahmen und unter Ausnutzung der ihr zustehenden Freibeträge keine Einkommensteuer zu zahlen gehabt hätte. Dem ist die Beklagte nicht mehr entgegengetreten; im Besonderen hat sie in der Berufungserwiderung die Richtigkeit der Schadensberechnung der Klägerin nicht mehr in Frage gestellt.

Entsprechend dem klägerischen Antrag war die zuerkannte Klageforderung unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Verzuges verzinslich zu stellen, wobei der Verzugseintritt zwischen den Prozessparteien unstreitig ist. Antragstellung und Titel weichen in der Zinsforderung nur scheinbar ab. Zwar hat die Klägerin eine Verzinsung von 8,62 % Zinsen ab 08.09.2001 verlangt, aber schon in der Klageschrift klargestellt, sie begehre nur den gesetzlichen Verzugszins. Da sich seit dem 1. September 2001 mehrfach der Basiszinssatz geändert hat, war es geboten, zu titulieren wie geschehen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil sie unterliegt (§ 91 Abs. 1 ZPO).

Die Revision war nicht zulassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür (vgl. § 543 Abs. 2 ZPO), nicht vorliegen.

In welchem Umfange die Bank Hinweis- und Aufklärungspflichten bei Kapitalanlageberatung treffen, muss höchstrichterlich als geklärt angesehen werden. Der vorliegende Fall kann aufgrund seiner Besonderheiten keine Veranlassung geben, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesvorschriften aufzuzeigen und Gesetzeslücken zu schließen. Auch kann der Fall kein Anlass für die Fortentwicklung der Rechtspraxis sein. Mit seiner Entscheidung weicht letztlich das erkennende Gericht auch nicht von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ab. Vielmehr werden die allgemein anerkannten Rechtsprechungsgrundsätze unter Beobachtung der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalles angewandt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Ziffer 10 ZPO. Gemäß § 713 ZPO konnten Schutzanordnungen unterbleiben, weil gegen vorliegende Entscheidung unzweifelhaft kein Rechtsmittel mehr gegeben ist. Das Gericht hat die Revision nicht zugelassen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 544 ZPO scheidet vorliegend aus, weil die Urteilsbeschwer unter € 20.000,00 liegt (vgl. § 26 Nr. 8 EGZPO).

Ende der Entscheidung

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