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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 01.08.2006
Aktenzeichen: 16 U 37/06
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 93 | |
ZPO § 373 |
2. Zur Annahme eines sofortigen Anerkenntnisses.
Gründe:
I.
Die Parteien bilden eine Erbengemeinschaft.
Erstinstanzlich haben die Klägerinnen von dem Beklagten zu 1) Zahlung von 29.924,14 € nebst Zinsen an die Erbengemeinschaft sowie von den Beklagten die Zustimmung zu einem Teilungsplan nebst Auszahlungsanordnung an die kontoführende Bank begehrt.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 305 - 309 d.A.).
Mit Teil-Anerkenntnisurteil vom 1. Juni 2005 hat das Landgericht die Beklagten zur Zustimmung zum Teilungsplan verurteilt und die kontoführende Bank zur Auszahlung angewiesen (Bl. 126 d. A.).
Hinsichtlich des Zahlungsanspruchs hat das Landgericht Beweis erhoben durch Vernehmung der Beklagten zu 2) und 3) als Zeugen.
Mit Schlussurteil vom 4. Januar 2006 hat es den Beklagten zu 1) zur Zahlung von 2.093,94 € verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen, und zwar in Höhe von 17.612,92 € mit der Begründung, die glaubhaften Aussagen der Beklagten zu 2) und 3), deren Vernehmung als Zeugen zulässig gewesen sei, führten zu einer Verneinung der Ansprüche der Klägerinnen. Die Kosten des Anerkenntnisses der Beklagten hat das Landgericht nach § 93 ZPO den Klägerinnen auferlegt. Da die Klägerinnen keinen Anspruch auf eine Teilauseinandersetzung gehabt hätten, hätten die Beklagten keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben.
Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird verwiesen (Bl. 309 - 319 d. A.).
Gegen dieses ihnen am 24. Januar 2006 zugestellt Schlussurteil haben die Klägerinnen am 21. Februar 2006 Berufung eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 24. März 2006, bei Gericht eingegangen unter diesem Datum, begründet haben.
Mit ihrer Berufung begehren die Klägerinnen weitere Zahlung von 17.612,92 € nebst Zinsen sowie die Abänderung der Kostenentscheidung hinsichtlich der Kosten des Anerkenntnisses.
Zur Begründung tragen sie vor, das Landgericht hätte die Beklagten zu 2) und 3) nicht als Zeugen vernehmen dürfen. Mit ihrer Aussage im Rahmen des Klageantrags zu 1. hätten die Beklagten zu 2) und 3) unmittelbar den Umfang des nach Ziff. 2 unterbreiteten Teilungsplans beeinflusst; aufgrund dieser inhaltlichen Verbindung der beiden Klageanträge sei die Grundlage der Rückzahlungsansprüche kein vom Gesamtgeschehen abgrenzbarer Teil. Außerdem seien die Beklagten zu 2) und 3) keine unparteiischen Dritten, weil sie, die Klägerinnen, im Klageantrag zu 1. einen Anspruch auf Zahlung an die Erbengemeinschaft geltend machten, der auch die Beklagten zu 2) und 3) angehörten.
Ein sofortiges Anerkenntnis der Beklagten hinsichtlich des Teilungsplans habe nicht vorgelegen. An der Einbeziehung des Wertpapierdepots in die Auseinandersetzung hätten keine Zweifel bestanden, die Aufteilung sei außer Streit gewesen. Außerdem seien sie berechtigt gewesen, eine Teilauseinandersetzung zu verlangen.
Die Klägerinnen beantragen,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt vom 4. Januar 2006, Az. 2-05 O 558/04, den Beklagten zu 1) zu verurteilen, weitere 17.612,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Dezember 2004 an die Erbengemeinschaft nach dem am ... 2003 verstorbenen A sowie der am ... 2003 verstorbenen C, bestehend aus den Klägerinnen und Beklagten, zu zahlen sowie die Kosten des Anerkenntnisses den Beklagten aufzuerlegen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und weisen hinsichtlich des Anerkenntnisses darauf hin, dass die Beklagten mehrfach deutlich gemacht hätten, dass der Teilungsplan unvollständig sei. Außerdem lehnten die Klägerinnen nunmehr die Auflösung eines Sparbuchs ab.
Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Das Landgericht hat die Klage in Höhe des mit der Berufung weiter verfolgten Betrags zu Recht unter Hinweis auf die Aussagen der als Zeugen vernommenen Beklagten zu 2) und 3) abgewiesen. Der Einwand der Klägerinnen, die Vernehmung der Beklagten zu 2) und 3) als Zeugen sei unzulässig gewesen, greift nicht durch.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, kann der einfache Streitgenosse über alle Tatsachen als Zeuge vernommen werden, die ausschließlich andere Streitgenossen betreffen (BGH, MDR 1984, 47). Das kann dann angenommen werden, wenn die Tatsachen ausschließlich für die Entscheidung der Klage gegen den anderen Streitgenossen von Bedeutung sind (OLG Hamm, NJW-RR 1986, 391); bilden die Tatsachen demgegenüber die Grundlage auch für die Ansprüche gegen die Beklagten, die als Zeugen vernommen werden sollen, scheidet eine Zeugenvernehmung aus (BGH, a.a.O.).
Im vorliegenden Verfahren wurden die Beklagten zu 2) und 3) zum Anlass der von dem Beklagten zu 1. vorgenommenen Überweisung vom 29./30. Mai 2003 vom Konto der Erblasserin auf das Konto der Eigentümergemeinschaft B/D sowie zum Erlass einer Darlehensschuld des Beklagten zu 1) durch die Erblasserin vernommen. Damit waren Tatsachen betroffen, die von dem Gesamtgeschehen abgrenzbar sind und ausschließlich für die Entscheidung über die Zahlungsklage gegen den Beklagten zu 1) relevant sind; für die Entscheidung gegen die Beklagten zu 2) und 3) waren sie dagegen ohne Bedeutung. Unerheblich ist zudem, dass die Aussage der Beklagten zu 2) und 3) Einfluss auf die Höhe der späteren Auszahlungen an die Erbengemeinschaft hat; bei dem Klageantrag zu 2. gegen die Beklagten zu 2) und 3) ging es nämlich nicht um eine konkrete Summe, sondern lediglich um die allgemeine Zustimmung zur Auszahlung der vorhandenen Guthaben nach der - ohnehin unstreitigen - Erbquote.
Gegen die Vernehmung der Beklagten zu 2) und 3) als Zeugen spricht auch nicht, dass sie als Mitglieder der Erbengemeinschaft mittelbar vom Ausgang des Klageantrags zu 1. betroffen sind. Das mittelbare Interesse eines Streitgenossen am Ausgang des Rechtstreits eines anderen Streitgenossen ist im Rahmen der - hier nicht angegriffenen - Beweiswürdigung zu berücksichtigen, beseitigt jedoch nicht seine Fähigkeit, als Zeuge auszusagen (BAG, MDR 1973, 169). Das würde auch dem Grundsatz widersprechen, wonach jedermanns Tatsachenkenntnis für den Rechtsstreit verwendbar sein soll (OLG Düsseldorf, MDR 1971, 56).
2. Das Landgericht hat die Kosten des Anerkenntnisses der Beklagten zu Recht nach § 93 ZPO den Klägerinnen auferlegt, da das Anerkenntnis ein sofortiges darstellt. Ein sofortiges Anerkenntnis liegt vor, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten Anlass zur Erhebung der Klage gegeben hat. Eine Veranlassung zur Klageerhebung wird dann angenommen, wenn das Verhalten des Beklagten so war, dass der Kläger bei vernünftiger Würdigung zu dem Schluss berechtigt war, er werde ohne Beschreiten des Prozesswegs nicht zu seinem Recht gelangen (Stein / Jonas, ZPO, 22. A., § 93 Rn. 13).
Dieser Schluss ist hier aber auch aus vernünftiger Sicht der Klägerinnen nicht berechtigt. Der Teilungsplan, den die Klägerinnen den Beklagten mit Schreiben vom 29. November 2004 unterbreiteten und der eine Aufteilung von vier Konten - ohne Angabe des vorhandenen Guthabens - entsprechend der nach dem Erbschein feststehenden Erbquoten vorsah, war an sich nicht streitig.
Die Beklagten, vertreten durch den Beklagten zu 1), hatten mit Schreiben vom 15. Dezember 2004 bereits ihre grundsätzliche Zustimmung erklärt. Allerdings hatten sie dabei klargestellt, dass eine Freigabe der Konten zwecks Auszahlung und damit ein Vollzug des Teilungsplans erst in Frage käme, wenn die in dem Schreiben benannten Positionen I. a) bis e) erledigt seien, die die Höhe der Konten betrafen.
Diese Klärung beabsichtigten die Klägerinnen mit ihrem Klageantrag zu 1. gegen den Beklagten zu 1) herbeizuführen. Dann war es aber auch aus ihrer Sicht nicht erforderlich, zusätzlich hinsichtlich des im Übrigen unstreitigen Teilungsplans Klage auf Zustimmung zu erheben. Soweit der Beklagte zu 1) in dem Schreiben vom 15. Dezember 2004 darüber hinaus darauf hingewiesen hat, dass zusätzlich das Wertpapierkonto einzubeziehen sei, war dies für die Klägerinnen kein Grund zur Klageerhebung, wie sich aus ihrer Berufungsbegründung ergibt; dort haben sie nämlich dargelegt, dass die Beklagten in dem Schreiben ausschließlich die streitigen Zahlungen thematisiert und lediglich der Vollständigkeit halber auf die Einziehung des Wertpapierkontos hingewiesen hätten. Demnach war für sie allein die Frage der streitigen Zahlungen Anlass für die Erhebung der Klage auf Zustimmung zu dem Teilungsplan. Diesbezüglich haben die Beklagten aber keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben.
Von daher kommt es auch nicht darauf an, ob die Klägerinnen einen Anspruch auf Zustimmung zu einer Teilauseinandersetzung gehabt hätten und ob dies im Rahmen des § 93 ZPO zu prüfen gewesen wäre.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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