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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 28.11.2008
Aktenzeichen: 19 U 67/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 312
Eine für die Fälle des § 312 BGB typische Überrumpelungssituation liegt nicht vor, wenn eine Verbraucherin an ihrem Arbeitsplatz im Unternehmen ihres Ehemannes nach Verhandlung mit einem Bankmitarbeiter im Beisein ihres Ehemannes einen Sicherungsvertrag unterzeichnet, der die Bestellung einer Grundschuld an dem in ihrem Eigentum stehenden Hausanwesen zum Gegenstand hat, wenn die Unterschriftsleistung nach vorangegangenem Hinweis ihres Ehemannes auf eine spätere Hinzuziehung zu Kreditverhandlungen mit einer Bank und eine etwaige Unterschriftsleistung durch sie erfolgt und wenn die Verpflichtungserklärung das Ziel hat, einen für den Fortbestand des Unternehmens des Ehemannes erforderlichen Kredit zu besichern und damit den Betrieb und die Arbeitsplätze zu retten.
Gründe:

Die Klägerin wendet sich mit der Vollstreckungsgegenklage als Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten und von ihr und ihren Kindern selbst genutzten Grundstückes in O1 gegen die Zwangsvollstreckung durch die beklagte Bank aus der notariellen Grundschuldbestellungsurkunde des Notars A zu UR Nr. ... und begehrt desweiteren die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Grundschuldbestellungsurkunde.

Das Grundstück der Klägerin ist zugunsten der Beklagten im Grundbuch Abt. III im 4. Rang mit einer brieflosen Grundschuld in Höhe von 100.000,00 ? belastet, bezüglich der die Parteien zuvor am 7.3.2003 eine Zweckerklärung abgeschlossen haben. Hinsichtlich des Inhalts der von der Beklagten vorformulierten und von der Klägerin in den Geschäftsräumen der C GmbH unterzeichneten Zweckerklärung im Einzelnen wird auf Bl. 10 f. d. A. verwiesen. Der Ehemann der Klägerin war zu diesem Zeitpunkt der geschäftsführende Gesellschafter der Firma C GmbH, bei der die Klägerin angestellt und stundenweise am Empfang tätig war. Ende 2002/Anfang 2003 war die Kreditlinie der C GmbH erschöpft; sie bemühte sich um weitere Kredite.

Nach dem Inhalt der von der Klägerin unterzeichneten Zweckerklärung vom 7.3.2003 sollte die von der Klägerin zu bestellende Grundschuld zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Forderungen der Beklagten gegen die später insolvent gewordene C GmbH aus den Darlehensverträgen vom 15.3.2001 und vom 5.11.2001 dienen. Die unter Ziffer 3 auf dem Vordruck vorformulierte Erklärung über die persönliche Haftung wurde gestrichen.

Am 9.4.2003 erteilte Notar A der Beklagten eine erste vollstreckbare Ausfertigung seiner Urkunde zu UR Nr. ....

Die Klägerin ließ den Widerruf der Zweckerklärung mit Anwaltschreiben vom 21.1.2005 (Bl. 25 d. A.) gemäß § 312 BGB erklären.

Die Klägerin hat behauptet, sie sei zum Zeitpunkt der Unterschriftsleistung unter die Zweckerklärung in den Geschäftsräumen der Firma C GmbH am 7.3.2003 von dem Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen Z1, überrumpelt und unter Druck gesetzt und dadurch zur Unterschriftsleistung veranlasst worden. Sie habe, bevor sie von dem Zeugen Z1 angesprochen worden sei, keine Kenntnis davon gehabt, dass eine Grundschuldbestellung zu Gunsten der Beklagten beabsichtigt gewesen sei. Bei einer vorangegangenen Besprechung am 18.10.2002, bei der die Frage einer Kreditsicherung durch Bestellung einer Grundschuld auf ihrem Anwesen zwischen ihrem Ehemann, dem Zeugen Z1 u. a. besprochen worden sein soll, sei sie nicht anwesend gewesen. Zwar habe ihr Ehemann den Mitarbeiter der Beklagten zu Kreditverhandlungen die GmbH betreffend in die Geschäftsräume der GmbH bestellt. Davon, dass sie den Verhandlungen beiwohnen und eine rechtsgeschäftliche Erklärung abgeben sollte, habe sie jedoch erst kurz vor ihrer Unterschriftsleistung erfahren, nachdem ihr Ehemann sie an ihrem Arbeitsplatz diesbezüglich angesprochen habe. Sie hat die Auffassung vertreten, dass ihr ein Widerrufsrecht zugestanden habe, von dem sie mangels entsprechender Widerrufsbelehrung durch die Beklagte rechtzeitig Gebrauch gemacht habe.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Urkunde des Notars A mit Amtssitz in O2 vom 9.4.2003, UR.Nr. ..., für unzulässig zu erklären;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde des Notars A mit Amtssitz in O2 vom 9.4.2003, UR.Nr. ..., herauszugeben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe die in Rede stehende Zweckerklärung auf Veranlassung ihres Ehemannes unterzeichnet. Mindestens seit dem 18.10.2002 sei der Klägerin bekannt gewesen, dass ihr Ehemann der Beklagten die Grundschuld zur Besicherung des nachgesuchten Geschäftskredits angeboten habe. Der Unterzeichnung der Zweckerklärung sei eine Unterredung in den Räumen der C GmbH am 18.10.2002 vorausgegangen, an der auch die Klägerin teilgenommen haben, und im Rahmen derer der Ehemann der Klägerin u. a. dem Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen Z1, auch angeboten habe, das Privathaus der Klägerin mit einer nachrangigen Grundschuld über 100.000,00 ? zu belasten.

Am 7.3.2003 seien Grund, Umfang und Tragweite der Zweckerklärung mit der Klägerin ausführlich besprochen worden. Bereits am Eingang der Firmenräume der C GmbH sei der Zeuge Z1 von der Klägerin mit dem Worten, sie wisse Bescheid, empfangen worden.

Die Beklagte ist zudem der Ansicht, dass vorliegend in der Zweckerklärung weder eine entgeltliche Leistung zu sehen sei, noch die Klägerin überhaupt als Sicherungsgeberin anzusehen sei. Überdies sei ein etwaiges Widerrufsrecht wegen der nachfolgenden notariellen Beurkundung der Grundschuldbestellung entfallen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 7.12.2006 (Bl. 159 d. A.) durch Vernehmung der Zeugen Z2, Z3, Z4 und Z1. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 19.4.2007 (Bl. 188 ff. d. A.) und vom 21.8.2007 (Bl. 242 ff. d. A.) Bezug genommen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die erstinstanzlich zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Das Landgericht hat mit seinem am 11.9.2007 verkündeten und der Beklagten am 13.9.2007 zugestellten Urteil die Beklagte den Anträgen der Klägerin entsprechend verurteilt. Es hat ausgeführt, die Klage sei begründet, weil der Klägerin materiellrechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch der Beklagten zustünden. Sie habe die von ihr unterzeichnete Zweckerklärung wirksam nach § 312 BGB widerrufen. Die Klägerin sei an ihrem Arbeitsplatz zur Unterzeichnung der Sicherungsabrede, bei der es sich um eine entgeltliche Leistung handele, durch den Mitarbeiter der Beklagten in einer Überrumpelungssituation veranlasst worden.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer am 8.10.2007 eingelegten und am 17.10.2007 begründeten Berufung. Sie vertritt die Auffassung, das Landgericht habe das Recht fehlerhaft angewendet. Es habe bereits verkannt, dass nicht die Klägerin, sondern die GmbH Vertragspartnerin des Sicherungsvertrages geworden sei, da dieser ihr die Grundschuldbestellung durch die Klägerin angeboten habe. Auch seien die Vertragsverhandlungen über die Sicherungsabrede allein mit dem Ehemann der Klägerin geführt worden, während der Klägerin gegenüber lediglich der Inhalt der Abrede vor deren Unterschrift erläutert worden sei. Des weiteren habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass die Terminsvereinbarung für den 7.3.2003 in den Geschäftsräumen der GmbH vom Ehemann der Klägerin in einer dieser zurechenbaren Weise veranlasst worden sei. Die Unterzeichnung der Zweckerklärung durch die Beklagte sei lediglich der formale Abschluss der vorangegangenen Verhandlungen mit dem Ehemann der Klägerin gewesen. Überdies habe die Klägerin die diesbezüglichen Absichten ihres Ehemannes bereits seit der Besprechung vom Oktober 2002 gekannt und gebilligt. Ihre Kenntnis ergebe sich auch daraus, dass sie sich hinsichtlich ihres Grundstücks einen Grundbuchauszug besorgt habe. Sie habe die Unterschrift unter die Zweckerklärung dem Wunsch ihres Mannes entsprechend geleistet und sei mithin von diesem und nicht von der Beklagten zur Unterschrift veranlasst worden.

Im Übrigen wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Beklagte beantragt,

das am 11.9.2007 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Widerholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Der Senat hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17.10.2008 als Partei gemäß § 141 ZPO angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 391 ff. d. A.) verwiesen.

II.

Auf die Berufung der Beklagten waren das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen ihre im Rahmen der erhobenen Vollstreckungsgegenklage gestellten Klageanträge rechtfertigenden Anspruch. Die Grundschuldbestellung erfolgte nicht ohne Rechtsgrund im Sinne des § 812 BGB. Die Klägerin hat die streitgegenständliche Zweckerklärung nicht wirksam gemäß § 312 BGB widerrufen. Sie hat die Voraussetzungen eines Widerrufsrechts nach § 312 Abs. 1 BGB nicht ausreichend vorgetragen.

1. Mit dem Landgericht ist der Senat allerdings der Auffassung, dass es sich bei der von der Klägerin unterzeichneten Zweckerklärung nicht lediglich um ein einseitiges Rechtsgeschäft handelt, sondern um einen Sicherungsvertrag, der ein entgeltliches Geschäft im Sinne des § 312 BGB darstellt. Der Begriff des Vertrages, "der eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand hat" im Sinne des § 312 BGB ist weit auszulegen und umfasst auch Sicherungsverträge über die Bestellung einer Grundschuld (vgl. auch BGHZ 131, 1 ff.; 55 ff.). Dies gilt auch im Falle einer sog. Drittsicherung. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass es hinsichtlich des Schutzzwecks des § 312 BGB nicht darauf ankommt, dass es bei dem entgeltlichen Geschäft um die Absicherung eines fremden Geschäfts geht. Der Schutzzweck des § 312 BGB besteht auch bei Verträgen, bei denen es um die Absicherung fremder Verbindlichkeiten, etwa durch Bestellung einer Sicherungsgrund handelt. Auch in diesem Falle ist der Sicherungsgeber der nach § 312 BGB berechtigte Verbraucher und nicht der Darlehensnehmer, wenn die Zweckerklärung oder Sicherungsabrede unmittelbar zwischen dem Grundstückseigentümer und der kreditgebenden Bank zustande kommt (vgl. auch BGHZ 131, 1 ff.). Davon zu unterscheiden sind lediglich die Fälle, in denen sich der Darlehensnehmer die Kreditsicherheit bei dem Grundstückseigentümer durch entsprechende schuldrechtliche Abreden mit diesem beschafft und diese sonach dem Kreditgeber als Sicherheit zur Verfügung stellt (so in BGHZ 131, 55 ff.; BGH NJW 1989, 430 f.; NJW-RR 1996, 234 f.; vgl. auch BGHZ 80, 228 ff.; NJW 1991, 723 ff.). Ein solcher Fall des Verschaffens einer Grundschuld oder der zu Grunde liegenden Sicherungsabrede durch den Kreditnehmer ist vorliegend gerade nicht gegeben, sondern die Sicherungsabrede ist unmittelbar, wenngleich auch durch den Kreditnehmer, den Ehemann der Klägerin, initiiert, zwischen der Kreditgeberin und der Klägerin vereinbart worden. Dementsprechend stellt sich die Zweckvereinbarung als eine entgeltliche Leistung der Klägerin gegenüber der Beklagten dar.

2. Der Senat folgt dem Landgericht auch insoweit als es davon ausgeht, dass ein Widerrufsrecht der Klägerin nicht bereits deshalb ausgeschlossen sei, weil der Besprechung in den Geschäftsräumen des Unternehmens eine Terminsvereinbarung des Ehemannes mit der Beklagten vorausgegangen war, in deren Folge der Mitarbeiter der Beklagten in den Geschäftsräumen erschien. Diese Bestellung durch ihren Ehemann ist der Klägerin nicht zurechenbar, da die Beklagte nicht bewiesen hat, dass die Klägerin von dieser Bestellung bereits vor dem 7.3.2003 Kenntnis hatte. Zudem hat die Beklagte auch nicht bewiesen, dass die Klägerin Kenntnis davon hatte, dass die Bestellung auch wegen der möglichen Abgabe einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung durch sie erfolgte. Die Terminsvereinbarung hat der Ehemann der Klägerin nach dem zu Grunde zu legenden Sachverhalt nicht als Vertreter der Klägerin, sondern im eigenen Interesse bzw. im Interesse der GmbH getroffen.

3. Des weiteren haben auch Verhandlungen zwischen der Beklagten und der Klägerin zum Zwecke des Abschlusses der Zweckvereinbarung am Arbeitsplatz der Klägerin stattgefunden. Für Verhandlungen im Sinne des § 312 BGB genügt jedes zweckgerichtete Gespräch, ohne dass es auf den Ablauf des Gesprächs im Einzelnen ankommt; insbesondere ist keine Wechselrede erforderlich (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 67. Aufl. 2008, § 312 Rz. 12). Auch die bloße Erläuterung des Inhalts der Zweckerklärung wird bereits von dem Begriff des Verhandelns im Sinne des § 312 BGB erfasst. Allein die Initiierung der Verhandlungen durch den Ehemann der Klägerin führt nicht zu der von der Beklagten vertretenen Auffassung einer Verhandlung der Beklagten allein mit dem Ehemann der Klägerin. Mit diesem hat sie lediglich den etwaigen Abschluss des Geschäftskredits verhandelt. Dies gilt auch dann, wenn mit diesem bereits zuvor die Bedingungen für die Kreditgewährung und mithin auch die Stellung der Grundschuld durch die Klägerin ausgehandelt worden sind.

Für Verhandlungen am Arbeitsplatz genügt grundsätzlich jeder Raum im Betriebsgebäude des Arbeitgebers (Palandt-Grüneberg a. a. O. Rz 14).

4. Ein Widerrufsrecht steht der Klägerin entgegen der Rechtsansicht des Landgerichts aber deshalb nicht zu, weil die für einen Vertragsschluss am Arbeitsplatz typische situative Überrumpelungssituation bei Abgabe der Unterschrift der Klägerin unter den Sicherungsvertrag nicht vorlag. Für die Klägerin war auf Grund der Bitte ihres Ehemannes, zu einem späteren Zeitpunkt in den Besprechungsraum der Firma zu kommen, in dem sich bereits der Ehemann der Klägerin, ein weiteres Mitglied der Geschäftsleitung der GmbH, der Anwalt der GmbH und der Zeuge Z1 zu Verhandlungen über Kontokorrentkredite für die GmbH zusammengekommen waren, klar, dass geschäftliche Angelegenheiten besprochen werden sollten. Überdies hat der Ehemann der Klägerin sie bereits vorab darauf hingewiesen, dass es sein könne, dass sie etwas unterschreiben müsse. Darauf, ob die Klägerin wusste, um welche konkrete Vermögensdisposition es gehen würde und dass sie einen Sicherungsvertrag unterzeichnen solle, der die Besicherung eines Darlehens für das Handelsgeschäft ihres Ehemannes durch das in ihrem Eigentum stehende Hausanwesen zum Gegenstand hatte, kommt es nicht an. Jedenfalls musste der Klägerin, die nach eigenen Bekundungen Kenntnis davon hatte, dass es dem Unternehmen ihres Ehemannes nicht gut ging und wegen dieser wirtschaftlichen Probleme schon mehrmals Bankmitarbeiter im Unternehmen waren, so auch der Mitarbeiter der Beklagten, den sie kannte und von dem sie wusste, dass er an diesem Tag mit ihrem Ehemann und dem Anwalt der Firma eine Besprechung hatte, dass von ihr eine rechtsgeschäftliche Erklärung erwartet wurde. In dieser Situation konnte sich die Klägerin nach dem Hinweis ihres Ehemannes, ein Mann von der ...bank sei da und es könne sein, dass sie hereingerufen werde und etwas unterschreiben müssen, nicht der Erkenntnis verschließen, dass von ihr erwartet werden würde, eine Vermögensdisposition zu Gunsten des Unternehmens ihres Mannes zu treffen, die ihr eigenes Vermögen betraf. Ob es sich dabei um eine Sicherungsabrede, eine Bürgschaft oder anderes handeln würde, ist für das erforderliche Überraschungsmoment unerheblich. Die weiteren Schilderungen der Ereignisse durch die Klägerin machen auch deutlich, dass sie die Unterschrift nicht deshalb leistete, weil der Mitarbeiter der Beklagten auf sie im Sinne einer Verhandlung gemäß § 312 Abs. 1 BGB eingewirkt hatte und sie dadurch in ihrer Erschließungsfreiheit eingeengt wurde, sondern weil sie dazu aus Gründen familiärer Verbundenheit für einen von ihrem Ehemann für dessen Unternehmen dringend benötigten und ohne ihre Mitwirkung nicht zustande kommenden Geschäftskredit bestimmt wurde. Dementsprechend hat die Klägerin anlässlich ihrer Anhörung auch bekundet, sie habe im Vertrauen auf ihren Ehemann und im Hinblick auf die Firma und die Arbeitsplätze die Unterschrift geleistet. Die Maßgeblichkeit der familiären Gründe für ihre Unterschrift unter die Sicherungsabrede kommt auch dadurch deutlich zum Ausdruck, dass sie trotz ihrer vermeintlichen Überraschung keine Veranlassung sah, mit ihrem Ehemann und/oder dem ebenfalls anwesenden Anwalt der Firma Rücksprache zu halten. Dies hätte aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung nahe gelegen, wenn die Klägerin von dem Ansinnen, eine Zweckerklärung zu unterzeichnen, die eine ihr Anwesen belastende Grundschuldbestellung zum Ziel hatte, überrascht gewesen wäre.

Insoweit entspricht die vorliegende Situation, in der sich die Klägerin befand, in den maßgeblichen Umständen derjenigen, die der Entscheidung des BGH vom 29.9.2004 (Az.: IV ZR 71/04 - FamRZ 2004, 1865) zu Grunde lag. Dass in diesem vom BGH entschiedenen Fall die Klägerin nach der Vorabinformation über den Besuch des Bankmitarbeiters bereits bekannt war, welche Erklärung unterzeichnet werden soll, macht keinen entscheidungserheblichen Unterschied. Zum einen genügt es nach Auffassung des Senats, dass für die Klägerin eine Disposition über eigenes Vermögen erwartbar war, ohne dass es darauf ankäme, welche konkrete Ausgestaltung diese haben würde, zum anderen kommt es auf diese Frage auch bei der Entscheidung des BGH letztlich nicht an, wie die dortige Formulierung "zumal" zeigt. Daher ist es für die Entscheidung auch unerheblich, ob die Klägerin bereits an dem vorangegangenen Gespräch vom 18.10.2002 beteiligt war und von der Absicht ihres Ehemannes, eine Kreditgewährung durch eine Belastung des Hauses der Klägerin zu erreichen, informiert war.

Nicht tragfähig ist der Einwand der Klägerin, bei dieser Entscheidung des BGH handele es sich um eine vereinzelt gebliebene Entscheidung, die entsprechend auch nur in der FamRZ veröffentlicht worden sei. Für die Frage der (Mit-) Ursächlichkeit einer Haustürsituation für die Abgabe der rechtsgeschäftlichen Erklärung sind die Umstände des Einzelfalles entscheidend, was entsprechend auch Einzelfallentscheidungen und vereinzelt bleibende Entscheidungen bedingt. Dafür, dass der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 29.9.2004 von einer gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes abgewichen wäre, ist nichts ersichtlich. Auch der 11. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 10.1.2006 (BGHZ 165, 363 ff.) bei einem vergleichbaren Ausgangssachverhalt die für einen Vertragsschluss im Bereich einer Privatwohnung das Vorliegen einer typischen Überrumpelungssituation verneint. Die dort aufgestellten Kriterien für das Vorliegen einer Überrumpelungssituation gelten nach Auffassung des Senats auch dann, wenn der Verbraucher an seinem Arbeitsplatz von einem Familienangehörigen in einen Gesprächsraum in dem Unternehmen gebeten wird. Der Umstand der Beschäftigung in diesem Unternehmen ist hinsichtlich der Frage nach dem Vorliegen einer Überrumpelungssituation bei dieser Konstellation nicht maßgeblich.

Nach alledem kommt es auch nicht darauf an, ob die Klägerin, wie sie dies behauptet hat, keine Kenntnis davon gehabt hat, dass sie das in ihrem Eigentum stehende Hausanwesen als Sicherheit für den dringend benötigten Geschäftskredit zur Verfügung stellen sollte, weil sie mit ihrem Ehemann über das Unternehmen ihres Ehemannes betreffende wirtschaftliche Angelegenheiten nicht gesprochen habe. Daher kann auch dahinstehen, ob diese Angaben der Klägerin im hinreichenden Maße glaubhaft sind, was die Beklagte bezweifelt.

Schließlich kann auch dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen die der Unterzeichnung der Sicherungsabrede nachfolgende notariell beurkundete Grundschuldbestellung wegen Kausalitätsunterbrechung zu einem Wegfall eines Widerrufsrechts der Klägerin geführt hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt entsprechend der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung im Beschluss vom 12.9.2007 (Bl. 280 d. A.) 120.000,00 ?.

Ende der Entscheidung

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