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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 01.02.2007
Aktenzeichen: 20 VA 14/06
Rechtsgebiete: EGGVG, ZPO


Vorschriften:

EGGVG § 23
EGGVG § 24
EGGVG § 28
EGGVG § 30
ZPO § 299
1. Ein "rechtliches Interesse" an der Akteneinsicht im Sinne des § 299 Abs. 2 ZPO setzt ein auf Rechtsnormen beruhendes oder durch solche geregeltes gegenwärtig bestehendes Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache voraus. Ein rechtliches Individualinteresse liegt vor, wo irgendwelche persönlichen Rechte des Antragstellers durch den Akteninhalt auch nur mittelbar berührt werden, sofern ein rechtlicher Bezug zu dem Streitstoff der einzusehenden Akten besteht. Die Ermessensausübung des Gerichtsvorstands nach § 299 Abs. 2 ZPO beginnt erst nach der Feststellung eines "rechtlichen Interesses".

2. Diese Ermessensentscheidung ist aber ausschließlich Sache der Verwaltungsbehörde. Das Gericht darf im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG sein eigenes Ermessen nicht an die Stelle des Ermessens der Behörde setzen.

3. Ein "Zweitbescheid", der ohne erneute Sachprüfung einen ersten Bescheid lediglich bestätigt, enthält keine selbständige Rechtsverletzung und ist deshalb in der Regel nicht im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG gerichtlich anfechtbar. Nur bei einer erneuten Ablehnung nach Vornahme einer neuen Sachprüfung, etwa indem neue Ermittlungsergebnisse oder bisher nicht erörterte Gesichtspunkte rechtlicher oder tatsächlicher Art berücksichtigt werden, ist der "Zweitbescheid" einer selbständigen rechtlichen Überprüfung zugänglich, auch wenn er eine im Ergebnis mit dem Erstbescheid übereinstimmende Regelung trifft.


20 VA 13/06 20 VA 14/06

Gründe:

I.

Mit Schriftsatz vom 05.07.2006 (Bl. 9 ff d. A.) beantragte der Antragsteller nach § 299 Abs. 2 ZPO Akteneinsicht in die gesamte Verfahrensakte des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, Az.: 5 U 29/06, einschließlich der erstinstanzlichen Akte Landgericht Frankfurt am Main, Az.: 3/9 O 143/04, hilfsweise eine teilweise Akteneinsicht in die eben benannten Akten unter Ausschluss vertraulicher Dokumente. Die Klägerin jenes Gerichtsverfahrens ist ein in ... ansässiges Kreditinstitut. Ihr Geschäft besteht in der Gewährung von Hypotheken- und kommunalen Darlehen an inländische Kunden und in der Ausgabe von Hypotheken, Pfandbriefen, kommunalen Schuldverschreibungen und der Aufnahme langfristiger Darlehen von anderen Kreditinstituten, öffentlichen und privaten Stellen sowie insbesondere von Kapitalsammelstellen. Sie betreibt das Hypothekengeschäft im Sinne des Hypothekenbankgesetzes und gemäß § 2 ihrer seit dem 01.11.2000 geltenden Fassung ihrer Satzung. In jenem Gerichtsverfahren macht die dortige Klägerin gegen ihre früheren Vorstandsmitglieder mit der Begründung, sie hätten als Vorstände gegen § 5 HypothekenbankG und § 2 ihrer Satzung, sowie gegen ihre Berichtspflicht gegenüber dem Aufsichtsrat, gegen ihre Pflicht aus § 91 Abs. 2 AktG, ein funktionierendes Frühwarnsystem zu installieren und gegen ihre Pflicht zur sorgfältigen Vermögensbetreuung verstoßen, Schadensersatzansprüche geltend. Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Klage durch Urteil vom 25.01.2006 (AG 2006, 510) abgewiesen. Die Klägerin hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Dieses wird derzeit zum oben genannten Az.: 5 U 29/06 vor dem hiesigen Oberlandesgericht geführt. Der Antragsteller hat am 28.07.2005 im Wert von 2.622,91 € Genussscheine erworben, die einem Gemeinschaftskonto des Antragstellers gutgebracht worden sind. Da er auch wegen der Vorfälle, die als Pflichtverletzungen den Beklagten des bezeichneten Prozessverfahrens vorgeworfen werden, mit einem Totalverlust seiner Anlage rechnet, beabsichtigt er, insoweit Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Mit Schriftsatz vom 23.01.2007 hat er vortragen lassen, gegen die X insoweit vor dem Landgericht Frankfurt am Main, Az.: 2-21 O 513/06, Klage erhoben zu haben.

Auf Grund des genannten Antrags gewährte der Präsident des Oberlandesgerichts ohne Anhörung der Beteiligten des Prozessverfahrens Einsicht in das vollständige Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25.01.2006, Az.: 3/9 O 143/04, die im Urteil erwähnten Schreiben des Bundesaufsichtsamts für Kreditwesen vom 01.10.1990 und 07.12.2000, sowie in die Sonderprüfberichte der PWC vom 25.03.2002, 10.02.2003 und 24.06.2004.

Mit Schriftsatz vom 12.09.2006 (Bl. 25 ff d. A.) stellte der Antragsteller unter Bezugnahme auf das bereits mit Schriftsatz vom 05.07.2006 umfassend gestellte Akteneinsichtsgesuch in die gesamte Verfahrensakte Az.: 5 U 29/06 einschließlich der erstinstanzlichen Akte Az.: 3/9 0 143/04 nochmals einen Antrag auf Akteneinsicht. Hilfsweise beantragte er, wie schon mit Schriftsatz vom 05.07.2006 geschehen, eine teilweise Akteneinsicht in die benannten Akten unter Ausschluss vertraulicher Dokumente. Ausweislich der Antragsbegründung sollte das Akteneinsichtsgesuch insbesondere die Berufungsbegründung der Klägerin im Berufungsverfahren Az.: 5 U 29/06 und die dazugehörigen Anlagen betreffen, soweit sie nicht der Geheimhaltung unterliegen.

Nach Anhörung der Klägerin und der Beklagten des Verfahrens Az.: 5 U 29/06, die der Einsicht nicht zustimmten, lehnte der Präsident des Oberlandesgerichts mit Bescheid vom 13.10.2006 (Bl. 8 d. A.), beim Antragsteller eingegangen am 18.10.2006, unter Bezugnahme auf den Antrag vom 12.09.2006 eine ergänzende Akteneinsicht "in die Berufungsbegründung nebst Anlagen" ab. Der Präsident des Oberlandesgerichts begründete seine Ablehnung damit, dass ein rechtliches Interesse an der Einsicht in diesen Aktenteil weder dargelegt noch ersichtlich sei.

Nach dem Vorbringen des Antragstellers im hiesigen Verfahren, dem von Seiten des Antragsgegners nicht entgegen getreten worden ist, telefonierte der in Untervollmacht für die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers tätige Rechtsanwalt RA1 am 23.10.2006 mit dem insoweit im Auftrag des Präsidenten des Oberlandesgerichts tätigen Sachbearbeiter. In diesem Telefonat wurde besprochen, ob wegen des Schreibens vom 13.10.2006 ein Antrag nach § 23 EGGVG gestellt werden solle. Der Sachbearbeiter äußerte bei diesem Telefonat gegenüber Rechtsanwalt RA1, dass ein Antrag nach § 23 EGGVG nicht notwendig sei. Stattdessen solle der Antrag mit ausreichender Begründung noch einmal gestellt werden.

Auf Grund dieses Telefonats stellte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 03.11.2006 (Bl. 29 ff d. A.) einen nochmaligen Antrag auf Akteneinsicht beim Präsidenten des Oberlandesgerichts und beantragte nunmehr gemäß § 299 Abs. 2 ZPO ausdrücklich Akteneinsicht in sämtliche Schriftsätze der X (= der Klägerin) nebst Anlagen im Verfahren Az.: 5 U 29/06 sowie dem dazugehörigen erstinstanzlichen Verfahren Az.: 3/9 O 143/04, darunter die Klageschrift, Berufungsbegründung, etwaige Repliken und sonstige substanzielle Schriftsätze der X, hilfsweise Akteneinsicht lediglich in die Berufungsbegründung der X nebst Anlagen in dem Verfahren AZ.: 5 U 29/06. Auf die Begründung des Antrags in diesem Schriftsatz wird Bezug genommen.

Mit weiterem Bescheid vom 22.11.2006 (Bl. 7 d. A.), beim Antragsteller am 24.11.2006 eingegangen, teilte der Präsident des Oberlandesgerichts dem Antragsteller unter Bezugnahme auf das Akteneinsichtsgesuch vom 03.11.2006 mit, dass er mit Bescheid vom 13.10.2006 seinen Antrag auf ergänzende Akteneinsicht bereits abgelehnt habe, dabei müsse es sein Bewenden haben. Bei dem Bescheid handele es sich um einen Justizverwaltungsakt, der bestandskräftig werde und dessen Rechtmäßigkeit gegebenenfalls nur im Verfahren nach § 23 EGGVG überprüft werden könne. Der Präsident des Oberlandesgerichts führte in diesem Bescheid vom 22.11.2006 weiter aus: "Da Sie in Ihrem neuerlichen Antrag vom 03.11.2006 auch keine neuen Tatsachen anführen, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten, muss es bei meinem ablehnenden Bescheid vom 13. Oktober 2006 verbleiben."

Mit am 01.12.2006 beim Oberlandesgericht eingegangenem Antrag (Bl. 1 ff d. A.) hat der Antragsteller wegen beider Bescheide Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Im Hinblick auf den Bescheid vom 13.10.2006 hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Auf Hinweis des Senats hat er mitgeteilt, dass vorrangig das umfassende Akteneinsichtsgesuch in die gesamte Verfahrensakte Az.: 5 U 29/06 einschließlich der erstinstanzlichen Akte Az.: 3-9 O 143/04 wie im Schriftsatz vom 12.09.2006 verfolgt werde, hilfsweise Akteneinsicht wie im Schriftsatz vom 03.11.2006 reduziert auf sämtliche Schriftsätze der X nebst Anlagen im Verfahren Az.: 5 U 29/06 sowie dem dazugehörigen erstinstanzlichen Verfahren 3-Az.: 9 O 143/04, darunter die Klageschrift, Berufungsbegründung, etwaige Repliken und sonstige substanzielle Schriftsätze der X, höchsthilfsweise Akteneinsicht lediglich in die Berufungsbegründung der X nebst Anlage in dem Verfahren Az.: 5 U 29/06.

Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsteller aufgrund des Telefonats vom 23.10.2006 daran gehindert worden sei, bereits gegen das Schreiben vom 13.10.2006 innerhalb der Frist bis zum 20.11.2006 einen Antrag nach § 23 Abs. 2 EGGVG zu stellen. Da über den weiteren Antrag des Antragstellers vom 03.11.2006 erst nach Ablauf der Frist zum 20.11.2006 entschieden worden sei, hätte die Erstentscheidung vom 13.10.2006 innerhalb der Frist zum 20.11.2006 nicht mehr angegriffen werden können. Aus diesem Grunde werde zugleich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 26 Abs. 2 EGGVG beantragt, da der Antragsteller aufgrund des Telefonats hätte darauf vertrauen dürfen, dass ein solcher Rechtsbehelf nicht notwendig sei, stattdessen ein neuer Antrag gestellt werden solle. Rechtsanwalt RA1 hätte durch das am 23.10.2006 geführte Telefonat den Eindruck gewinnen müssen, dass ein Antrag nach § 23 EGGVG nicht erforderlich sei und stattdessen ein neuer Antrag gestellt werden sollte. Der Antragsteller sei also ohne sein Verschulden von der Stellung des Antrags nach § 23 Abs. 2 EGGVG innerhalb der Frist abgehalten worden. Hilfsweise sei der neuerliche Antrag mit Schriftsatz vom 03.11.2006 auch als fristwahrender Antrag zur Durchführung einer gerichtlichen Entscheidung betreffend die Erstentscheidung vom 13.10.2006 auszulegen, da nach Ansicht des Antragstellers das rechtliche Interesse ausreichend glaubhaft gemacht worden sei und die Ablehnung vom 13.10.2006 zu Unrecht erfolgt sei.

Der Antragsteller meint, bereits die Versagung weiterer Akteneinsicht mit Schreiben vom 13.10.2006 sei rechtswidrig gewesen, da er ein ausreichendes rechtliches Interesse glaubhaft gemacht habe. Er habe im neuerlichen Antrag vom 03.11.2006 ausreichende Umstände dafür vorgetragen, dass ein Akteneinsichtsrecht gemäß § 299 Abs. 2 ZPO bestehe. Dieses Interesse ergebe sich daraus, dass der Antragsteller am 28.07.2005 im Wert von 2.622,91 € Genussscheine erworben habe. Als Auftraggeber, Kontomitinhaber und Depotberechtigter könne er Schadensersatzansprüche gegen die Beteiligten aus dem Verfahren des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, Az.: 5 U 29/06, geltend machen, wenn ein Verstoß der Beteiligten gegen die Satzung vorliege. Einen solchen habe das Landgericht Frankfurt am Main in der Vorinstanz bejaht, so dass Schadensersatzansprüche des Antragstellers gegen die Beteiligten aus dem Verfahren wahrscheinlich seien. Die bislang zur Einsicht genommenen Unterlagen würden dem Antragsteller keinen vollständigen Sachverhalt vermitteln. Weder seien Einzelheiten zum Entscheidungsfindungsprozess der früheren Vorstandsmitglieder vor dem 02.01.2006, noch die im Streit stehenden, die Pflichtwidrigkeit begründenden Transaktionen in den erforderlichen Einzelheiten bekannt. Auch das Verhältnis zum BAKred und die hierauf bezogene Korrespondenz, insbesondere die Darstellung der X (= der Klägerin) in der Berufungsbegründung, weshalb die Vorstandsmitglieder trotz angeblicher "Billigung" der Zinsderivatgeschäfte durch das BAKred erhebliche Pflichtverletzungen begangen hätten, sei dem Antragsteller bis heute unbekannt und für ihn von erheblichem rechtlichen Interesse. Auffällig sei auch, dass der Präsident des Oberlandesgerichts mit keinem Wort auf die Möglichkeit einer teilweisen weiteren Akteneinsichtgewährung, die sich beispielsweise auf die Berufungsbegründung der X beschränke, eingegangen sei. Es würden sich dazu keinerlei Ausführungen finden. Eine Ermessensausübung bzw. Interessensabwägung habe ersichtlich nicht stattgefunden, zumal das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Beteiligten im Gerichtsverfahren dem nicht entgegen stehe.

Der Antragsgegner tritt gemäß seiner Stellungnahme vom 04.01.2007 (Bl. 58 ff d. A.) dem Antrag entgegen und beantragt,

den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, der Antragsteller habe kein rechtliches Interesse an einer weitergehenden Akteneinsicht glaubhaft gemacht. Er führe selbst aus, sein - im Hinblick auf mögliche Schadensersatzansprüche gegen die Beteiligten im Ausgangsverfahren - wirtschaftliches Interesse werde zum rechtlichen Interesse. Dem sei nicht zu folgen. Rein wirtschaftliche oder gesellschaftliche Interessen genügten nicht, vielmehr müsse ein rechtlicher Bezug zum Streitstoff der Akten bestehen. Aber auch das Interesse eines Dritten, durch die Akteneinsicht Tatsachen zu erfahren, die es ihm erleichtern, einen Anspruch geltend zu machen, der in keinem rechtlichen Bezug zu dem Prozessgeschehen steht, genüge nicht. Wie sich aus den weiteren Ausführungen des Antragstellers ergebe, gehe es ihm aber darum, Tatsachen ganz allgemein zu ermitteln, um seinen eigenen Anspruch besser begründen zu können. Dabei vermute er nur, dass die Klägerin detailliert die gravierenden Pflichtverletzungen ihrer früheren Vorstände darlege und unter Beweis stelle und Ausführungen zu den einzelnen Termingeschäften mache, die noch nicht beendet sind. Vor diesem Hintergrund sollte das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Verfahrensbeteiligten im Ausgangsverfahren Vorrang vor dem allgemeinen Informationsinteresse des Antragstellers haben.

II.

1.)

Der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung im Hinblick auf den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts vom 13.10.2006 (= Az.: 20 VA 13/06) in seiner Funktion als Gerichtsvorstand des derzeit mit dem Rechtsstreit befassten Gerichts ist gemäß § 23 Abs. 1 EGGVG statthaft. Der Bescheid des Gerichtsvorstandes, mit dem der auf § 299 Abs. 2 ZPO gestützte Antrag des Antragstellers auf Akteneinsicht zurückgewiesen worden ist, stellt einen Justizverwaltungsakt im Sinne des § 23 Abs. 1 EGGVG dar (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt Beschluss vom 27.06.2005, Az.: 20 VA 2/04 = ZVI 2006, 30; vgl. dazu auch Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 23 EGGVG Rz. 12; Musielak/Huber, ZPO, 5. Aufl., § 299 Rz. 5; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 299 Rz. 30).

Der diesbezügliche Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung ist auch ansonsten - allerdings nur in eingeschränktem Umfang (siehe dazu unten) - zulässig. Zwar ist, wie der Antragsteller selber einräumt, die Monatsfrist des § 26 Abs. 1 EGGVG abgelaufen. Im Zeitpunkt des Antragseingangs bei Gericht am 01.12.2006 (Bl. 1 d. A.) war die ab Zugang des Bescheids am 18.10.2006 laufende Monatsfrist - nämlich am 20.11.2006 - bereits abgelaufen. Der Beginn der Frist ist nicht davon abhängig, dass der Bescheid mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen ist (vgl. dazu Kissel/Mayer, GVG, 4. Aufl., § 26 EGGVG Rz. 8 m. w. N.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 26 EGGVG Rz. 2).

Dem Antragsteller ist jedoch insoweit auf seinen rechtzeitigen Antrag hin gemäß § 26 Abs. 2, Abs. 3 EGGVG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antragsteller hat dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er ohne sein Verschulden gehindert war, die aufgeführte Frist des § 26 Abs. 1 EGGVG einzuhalten.

Auf Grund der Äußerung des Sachbearbeiters des Präsidenten des Oberlandesgerichts bei dem Telefonat vom 23.10.2006 gegenüber dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers, dass ein Antrag im Hinblick auf den Bescheid vom 13.10.2006 nach § 23 EGGVG nicht notwendig sei und stattdessen der Antrag mit ausreichender Begründung noch einmal gestellt werden solle, konnte der Antragsteller spätestens mit Ablauf der oben genannten Antragsfrist am 20.11.2006 darauf vertrauen, dass über seinen aus Anlass dieses Telefongesprächs gestellten weiteren Antrag vom 03.11.2006 erneut sachlich entschieden werde, mit der Folge, dass dieser Bescheid dann gerichtlich überprüft werden könnte, oder ihm jedenfalls die gerichtliche Überprüfung des "Erstbescheids" ermöglicht werde. Dies war dann jedoch - wie noch auszuführen sein wird - nicht der Fall. Stattdessen wurde der Antragsteller erst unter dem 22.11.2006 lediglich auf den ursprünglichen Bescheid vom 13.10.2006 und dessen Überprüfungsmöglichkeiten im Verfahren nach § 23 EGGVG verwiesen. In jenem Zeitpunkt war die Frist des § 26 Abs. 1 EGGVG jedoch bereits abgelaufen. Auch wenn dem Antragsteller bei dem Telefonat inhaltlich lediglich eine neue sachliche Prüfung für den Fall einer neuen Begründung des Antrags in Aussicht gestellt worden war, konnte er - wie im Telefonat sogar ausdrücklich mitgeteilt - den Eindruck gewinnen, dass ein Antrag nach § 23 EGGVG nicht erforderlich sei, jedenfalls nachdem bis zum Ablauf der Anfechtungsfrist am 20.11.2006 keine anderweitige Mitteilung erfolgt war.

Der Senat hält das diesbezügliche Vorbringen des Antragstellers für hinreichend glaubhaft gemacht, §§ 26 Abs. 3 EGGVG, 294 ZPO. Zwar hat der Antragsteller lediglich eine schriftliche Gesprächsnotiz des Rechtsanwalts RA1 vorgelegt, die den Inhalt des Telefonats wiedergibt. Nachdem der Antragsgegner dem jedoch im Rahmen seiner Stellungnahme in keiner Weise entgegen getreten ist, obwohl es sich um Vorgänge handelt, deren behördeninterne Überprüfung und ggf. Richtigstellung ohne weiteres möglich ist, bedarf es zur Überzeugung des Senats keiner weiteren Glaubhaftmachung.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist den Bescheid vom 13.10.2006 betreffend kann allerdings nur in dem Umfang gewährt werden, als der Antragsteller auf Grund der geschilderten Vorgänge ohne sein Verschulden gehindert war, diesen Bescheid nach § 23 EGGVG anzufechten. Zwar hat der Antragsteller auf Hinweis des Senats im vorliegenden Verfahren mitteilen lassen, er wolle vorrangig an seinem ursprünglich erhobenen umfassenden Einsichtsgesuch festhalten. Der Antragsteller hat aber mit seinem nach dem Telefonat vom 23.10.2006 eingereichten weiteren Antrag seinen ursprünglichen Antrag vom 12.09.2006 nicht aufrechterhalten; dieses ursprüngliche Akteneinsichtsgesuch hatte die gesamte Verfahrensakte Az.: 5 U 29/06 einschließlich der erstinstanzlichen Akte Az.: 3/9 0 143/04 umfasst. Diesen Einsichtsantrag hatte der Bescheid vom 13.10.2006 ersichtlich beschieden, wenn er auch ausdrücklich nur die Berufungsbegründung nebst Anlagen erwähnt. Dies ergibt sich bereits aus der ausdrücklichen Bezugnahme in dem Bescheid auf den Antrag vom 12.09.2006 und dessen Ablehnung. Dass der Präsident des Oberlandesgerichts lediglich eine Teilentscheidung über den (umfassenden) Antrag hätte treffen und den überschießenden Antrag unbehandelt hätte lassen wollen, kann nicht angenommen werden. Ansonsten wäre überdies auch der Verweis auf die Vorentscheidung im Bescheid vom 22.11.2006 in Bezug auf den danach gestellten Antrag, der jedenfalls mehr als die Berufungsbegründung und Anlagen umfasste, nicht verständlich. Auch der Antragsteller hat ihn nicht lediglich auf die Berufungsbegründung nebst Anlagen bezogen verstanden, was sich schon daraus ergibt, dass er mit dem bezeichneten Schriftsatz vom 03.11.2006 seinen Antrag im Verhältnis zum früheren Antrag nun seinerseits beschränkt hatte (vgl. dessen Seiten 1, 2 und 4), nämlich reduziert auf sämtliche Schriftsätze der X nebst Anlagen im Verfahren Az.: 5 U 29/06 sowie dem dazugehörigen erstinstanzlichen Verfahren Az.: 3-9 O 143/04. Zu dieser Einschränkung seines Einsichtsbegehrens ist er jedoch selbst nach seinem Vorbringen nicht durch die oben geschilderten Vorgänge veranlasst worden. Ein Zurückgreifen auf den ursprünglichen und sodann nicht mehr weiter verfolgten Antrag vom 12.09.2006 ist nun im gerichtlichen Verfahren nicht mehr möglich. Im überschießenden - also nach dem 03.11.2006 nicht mehr aufrechterhaltenen - Umfang (vgl. zur Teilbarkeit Zöller/Gummer, a.a.O., § 28 EGGVG Rz. 5) kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus den genannten Gründen nicht bewilligt werden. Insoweit ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung unzulässig und der Bescheid vom 13.10.2006 bestandskräftig geworden.

Insoweit vermag auch der Antrag vom 03.11.2006 nicht bereits als Antrag auf gerichtliche Entscheidung betreffend den Bescheid vom 13.10.2006 ausgelegt zu werden. Eine derartige Auslegung eines an eine Behörde gerichteten Antrags in einen solchen auf gerichtliche Entscheidung wäre weder durch die Form noch den Inhalt des Antrags gerechtfertigt. Selbst wenn man so weit gehen wollte, würde sich im Ergebnis nichts ändern, weil - wie ausgeführt - der Antrag vom 03.11.2006 das ursprüngliche Einsichtsgesuch beschränkte und mithin auch keinesfalls als unbeschränkter Anfechtungsantrag ausgelegt werden könnte.

2.)

Der Anfechtung des Bescheids vom 13.10.2006 bedarf es deshalb, weil der weitere Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts vom 22.11.2006 nicht selbständig anfechtbar ist. Der gegen diesen Bescheid gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung (= Az.: 20 VA 14/06) ist unzulässig und deshalb insgesamt zurückzuweisen.

Nach einhelliger Auffassung kann ein "Zweitbescheid", der ohne erneute Sachprüfung den ersten Bescheid lediglich bestätigt, keine selbständige Rechtsverletzung enthalten (Katholnigg, Strafgerichtsverfassungsrecht, 3. Aufl., § 24 EGGVG Rz. 2 m. w. N.; Zöller/Gummer, a.a.O., § 24 EGGVG Rz. 1; vgl. auch Münchener Kommentar/Wolf, ZPO, 2. Aufl., § 23 EGGVG Rz. 19). Nur wenn sich der "Zweitbescheid" nicht darauf beschränkt, den ersten Justizverwaltungsakt zu bestätigen, vielmehr eine neue, wenn auch im Ergebnis eine dem ersten Justizverwaltungsakt entsprechende Regelung enthält, ist er neben dem ersten Justizverwaltungsakt selbständig anfechtbar (Kissel/Mayer, a.a.O., § 23 EGGVG Rz. 63; Katholnigg, a.a.O., § 23 EGGVG Rz. 3; § 24 EGGVG Rz. 2; vgl. auch Löwe/Rosenberg/Böttcher, StPO, 25. Aufl., § 23 EGGVG Rz. 79; Karlsruher Kommentar/Schoreit, StPO, 5. Aufl., § 23 EGGVG Rz. 42; Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., § 23 EGGVG Rz. 8, je m. w. N.). Nur bei einer erneuten Ablehnung nach Vornahme einer neuen Sachprüfung, etwa indem er neue Ermittlungsergebnisse oder bisher nicht erörterte Gesichtspunkte rechtlicher oder tatsächlicher Art berücksichtigt, handelt es sich also um einen "Zweitbescheid", welcher einer selbständigen rechtlichen Überprüfung zugänglich ist, auch wenn er eine im Ergebnis mit dem Erstbescheid übereinstimmende Regelung trifft (vgl. Löwe/Rosenberg/Böttcher, a.a.O., § 23 EGGVG Rz. 79; vgl. auch OLG Hamburg NStZ 1999, 197; OLG Karlsruhe Die Justiz 1996, 145; Die Justiz 1980, 395; OLG Frankfurt NStZ-RR 2005, 220; LG Regensburg NStZ 1992, 560). Wenn die Justizbehörde jedoch ohne erneute sachliche Prüfung lediglich eine Änderung ihres Justizverwaltungsakts ablehnt und der neue Bescheid sich lediglich als bloße Wiederholung des ersten darstellt, kann Gegenstand der Anfechtung nur der erste, ursprüngliche Verwaltungsakt sein.

Der angefochtene Bescheid vom 22.11.2006 stellt keinen selbständigen Zweitbescheid in diesem Sinne dar, der eigenständig bestandskräftig werden könnte. Er verweist in seinem Absatz 1 ausschließlich auf den vorangegangnen Bescheid vom 13.10.2006 und auf dessen gerichtliche Anfechtungsmöglichkeit. Die erteilte Rechtsmittelbelehrung, auf die der Antragsteller Bezug nimmt, bezieht sich nur auf den "Erstbescheid". Der Bescheid vom 22.11.2006 wiederholt mithin allenfalls die bereits existierende Behördenentscheidung (so auch Absatz 2, am Ende). Aus dem Bescheid wird weiter deutlich, dass eine erneute Sachprüfung im oben beschriebenen Sinn von der Behörde gerade nicht vorgenommen worden ist. Dies ergibt sich aus Absatz 2 des Bescheids vom 22.11.2006, nach dem eine Änderung der Entscheidung mangels neuer Tatsachen abgelehnt wird.

3)

Der mithin im oben beschriebenen eingeschränkten Umfang zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Hinblick auf den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts vom 13.10.2006 (= Az.: 20 VA 13/06) ist auch wie aus dem Tenor ersichtlich begründet.

Nach § 299 Abs. 2 ZPO kann der Vorstand des derzeit mit dem Rechtsstreit befassten Gerichts ohne die Einwilligung der Parteien die Einsicht der Akten nur gestatten, wenn ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird. Die Entscheidung der Gerichtsverwaltung liegt sodann in deren pflichtgemäßem Ermessen (Kissel/Mayer, a.a.O., § 12 GVG Rz. 110, 114; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 299 Rz. 23; Senat KTS 1997, 672; ZVI 2006, 30) unter Berücksichtigung der informationellen Selbstbestimmung und dem Vorrecht des Spruchrichters (Kissel/Mayer, a.a.O., § 12 GVG Rz. 114). Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung sind dann die Akten dahingehend zu untersuchen, ob durch die Kenntnisnahme Dritter schutzwürdige Interessen der Parteien verletzt werden können. In diesen Fällen ist bei der Ermessensentscheidung des Gerichtsvorstands das Geheimhaltungsbedürfnis der Parteien mit dem Informationsbedürfnis des Dritten abzuwägen. Bei besonderem Parteiinteresse können etwa Namen geschwärzt oder besonders geheimhaltungsbedürftige Aktenteile vor der Einsichtnahme aus den Akten entnommen werden (vgl. dazu Münchener Kommentar/Prütting, a.a.O., § 299 Rz. 24). Die Ermessensausübung des Gerichtsvorstands beginnt allerdings überhaupt erst nach der Feststellung eines rechtlichen Interesses im Sinne des § 299 Abs. 2 ZPO (BGH KTS 1998, 581; OLG Saarbrücken NJW-RR 2001, 931; vgl. auch Senat ZVI 2006, 30; OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 926; OLG Köln ZIP 1999, 1449; BayObLG Rpfleger 1990, 421; Haertlein ZZP 114, 441, 444).

Die Einwilligung der Parteien in die Einsichtnahme der Akten liegt hier nicht vor.

Der Senat geht aber anders als der Präsident des Oberlandesgerichts davon aus, dass der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht hinreichend dargelegt und auch glaubhaft gemacht hat.

Nach der Rechtsprechung des Senats muss sich dabei das erforderliche rechtliche Interesse aus der Rechtsordnung selbst ergeben. Es setzt ein auf Rechtsnormen beruhendes oder durch solche geregeltes gegenwärtig bestehendes Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache voraus. Ein rechtliches Individualinteresse an der Akteneinsicht liegt vor, wo irgendwelche persönlichen Rechte des Antragstellers durch den Akteninhalt auch nur mittelbar berührt werden, sofern ein rechtlicher Bezug zu dem Streitstoff der einzusehenden Akten besteht (vgl. zuletzt Senat ZVI 2006, 30, unter Hinweis auf KG NJW 1988, 1738; OLG Köln ZIP 1999, 1449). Dazu gehören auch rechtlich begründete wirtschaftliche Interessen, sofern - wie gesagt - diese Interessen einen rechtlichen Bezug zum Streitstoff der Akten haben; es muss der Interessenkreis des Antragstellers durch das Verfahren konkret berührt werden (vgl. Senat ZVI 2006, 30, unter Hinweis auf KG NJW 1989, 534; OLG Brandenburg MDR 1998, 1433; vgl darüber hinaus BGH WM 2006, 1435 unter Hinweis auf BGHZ 4, 323; OLG Hamburg ZIP 2002, 266; Brandenburgisches OLG ZIP 2000, 1541; OLG Köln NJW-RR 1998, 407 m. w. N.; vgl. weiter OLG Dresden NZV 2002, 569; OLG Hamm NJW-RR 1997, 1489; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 299 Rz. 24; Kissel/Mayer, a.a.O., § 12 GVG Rz. 115; Haertlein ZZP 114, 441, 444). Ein rein wirtschaftliches oder gesellschaftliches Interesse genügt also jedenfalls nicht (BGHZ 4, 323). Ein rechtliches Interesse ist aber regelmäßig gegeben, wenn die erstrebte Kenntnis von dem Inhalt der Akten zur Verfolgung von Rechten oder zur Abwehr von Ansprüchen erforderlich ist (OLG Frankfurt am Main NJW-RR 2004, 1194), nicht dagegen, wenn es lediglich darum geht, aus den Akten tatsächliche Informationen zur Durchsetzung eigener, in keinem rechtlichen Bezug zu dem Prozessgegenstand stehender bzw. mit dem Streitstoff nicht zusammen hängender Ansprüche zu gewinnen (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 299 Rz. 21; KG NJW 1988, 1738; OLG Hamburg OLGZ 1988, 51; OLG Hamm NJW-RR 1997, 1489). Damit ist also ein bloß wirtschaftliches Ausforschungsinteresse unzureichend, selbst wenn es zur Grundlage einer Klage gegen eine der bisherigen Parteien werden kann (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 299 Rn. 25 "Ausforschung"; Senat KTS 1997, 671). Der Bundesgerichtshof hat zu § 810 BGB ausgeführt (BGHZ 109, 260 ), dass jedenfalls das nach dieser Vorschrift erforderliche "rechtliche Interesse" nicht besteht, wenn die Einsichtnahme lediglich dazu dienen soll, Unterlagen für die Rechtsverfolgung des Anspruchstellers zu beschaffen. Das Vorlegungsverlangen nach dieser Vorschrift darf nicht zu einer unzulässigen Ausforschung führen; daher greift § 810 BGB nicht ein, wenn jemand, der für einen Schadensersatzanspruch gegen den Urkundenbesitzer an sich darlegungs- und beweispflichtig ist, sich durch die Urkundeneinsicht zusätzliche Kenntnisse verschaffen und erst auf diese Weise Anhaltspunkte für ein pflichtwidriges Verhalten des Beklagten ermitteln will (BGHZ 109, 260 m. w. N.).

Vorliegend hat der Antragsteller als rechtliches Interesse geltend gemacht, als Inhaber von Genussscheinen insbesondere gegenüber der Klägerin des bezeichneten Prozessverfahrens Schadensersatzansprüche geltend machen zu wollen, die er auf die Pflichtverletzungen (der Klägerin) stützt, die diese wiederum in dem verfahrensgegenständlichen Prozessverfahren ihren ehemaligen Vorständen vorwirft. Er hat im Einzelnen ausgeführt, dass diese Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin auf Pflichtverletzungen ihrer ehemaligen Vorstände beruhen würden, die diese sich zurechnen lassen müsse. Er hat weiter dargelegt und unter Zitat von höchstrichterlichen Entscheidungen und unter Vorlage weiterer Unterlagen begründet, woraus er einen Schaden herleitet und aus welchen rechtlichen Überlegungen heraus er Schadensersatzansprüche für begründet erachtet. Es erscheint angesichts dessen nicht gänzlich ausgeschlossen, dass entsprechende Ansprüche gegen die Klägerin tatsächlich bestehen. Einer Titulierung dieser Ansprüche kann es in diesem Zusammenhang nicht bedürfen, weil sonst eine Einsichtnahme in die Prozessakten gar nicht mehr erforderlich wäre, ein "rechtliches Interesse" dann sogar wohl fehlen würde. Im Schriftsatz vom 23.01.2007 hat der Antragsteller überdies ausführen lassen, dass das entsprechende Klageverfahren gegen die Klägerin bereits vor dem Landgericht Frankfurt am Main unter dem Az.: 2-21 O 513/06 anhängig sei. Die Überprüfung der Berechtigung dieser Ansprüche im Einzelnen kann aber nicht Aufgabe des Senats im hiesigen Verfahren sein. Hier genügt vielmehr die Darlegung und Glaubhaftmachung eines rechtlichen Interesses. Ein solches liegt aber darin, dass der Antragsteller von einem etwaigen Pflichtenverstoß dieser ehemaligen Vorstände, deren Überprüfung und ggf. Feststellung Gegenstand des Prozesses ist, selber zumindest mittelbar berührt wäre, weil diese erheblichen Einfluss auf die Durchsetzung seiner eigenen Ansprüche - gestützt auch auf ein Schuldverhältnis zur Klägerin, also eine Rechtsbeziehung - hätte. Damit wird aber der Interessenkreis des Antragstellers durch das Prozessverfahren konkret berührt, daraus ergibt sich auch ein rechtlicher Bezug zu dem Streitstoff der einzusehenden Akten. Die Sachverhalte, die den jeweiligen Ansprüchen zugrunde liegen, überlagern sich. Angesichts dessen geht es hier gerade nicht lediglich darum, aus den Akten tatsächliche Informationen zur Durchsetzung eigener, in keinem Bezug zu dem Prozessgegenstand stehender bzw. mit dem Streitstoff nicht zusammen hängender Ansprüche zu gewinnen. Es kann weiter nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller erst im Wege der Akteneinsicht Anhaltspunkte für ein pflichtwidriges Verhalten einer Partei dieses Verfahrens ermitteln wollte. Anhaltspunkte hierfür ergeben sich vielmehr bereits aus dem ihm übermittelten landgerichtlichen Urteil, das ohnehin schon veröffentlicht ist (vgl. AG 2006, 510). Angesichts der geschilderten Überlagerung der Sachverhalte bezieht sich das Interesse des Antragstellers auch nicht lediglich auf die landgerichtliche Entscheidung nebst den darin in Bezug genommenen Unterlagen, sondern umfasst auch den dem Prozess zugrunde liegenden Sachverhalt, insbesondere also das hier noch verfahrensgegenständliche Sachvorbringen der Klägerin in diesem Prozess, das in dem Urteil lediglich dem wesentlichen Inhalt nach knapp und unter Bezugnahmen dargestellt wurde (vgl. § 313 Abs. 2 ZPO). Dass bei einer Akteneinsicht durch den Antragsteller die Klägerin (und auch die sonstigen Beteiligten jenes Verfahrens) in gewissem Maße auch in ihrer eigenen Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung betroffen werden, liegt zwar auf der Hand. Dies kann aber nicht dazu führen, dass bereits das rechtliche Interesse des Antragstellers verneint werden müsste. Dieser Umstand mag bei der vorzunehmenden Interessenabwägung im Rahmen der noch zu treffenden Ermessensentscheidung von Bedeutung sein. Gleiches gilt für den Umstand, dass die beschriebenen rechtlichen Interessen des Antragstellers sich lediglich auf einen etwaigen Verlust des Werts der Genussscheine über 2.622,91 € stützt, der im Vergleich zu dem Prozessgegenstand überaus gering erscheint; auch dieser lässt nicht bereits ein rechtliches Interesse des Antragstellers an sich entfallen.

Zur Überzeugung des Senats hat der Antragsteller die diesem rechtlichen Interesse zu Grunde liegenden Tatsachen auch hinreichend glaubhaft gemacht. Er hat durch Vorlage des Depotauszugs glaubhaft gemacht, Inhaber der Genussscheine zu sein; auf das insoweit nun vor dem Landgericht Frankfurt am Main anhängige Gerichtsverfahren kommt es dabei nicht einmal an. Dass diesbezügliche Schadensersatzprozesse - wenn auch seinerzeit noch nicht betrieben durch den Antragsteller - vor dem Landgericht Frankfurt am Main anhängig sind, hatte denn auch bereits die Klägerin in ihrer Anhörung vor dem Präsidenten des Oberlandesgerichts selber mitgeteilt.

Der Präsident des Oberlandesgerichts hat, da er schon das rechtliche Interesse verneint hat, von seinem Standpunkt aus konsequent die ihm nach § 299 Abs. 2 ZPO obliegende Ermessensentscheidung nicht getroffen. Darauf hat auch der Antragsteller mehrfach zu Recht hingewiesen. Die diesbezügliche Entscheidung der Gerichtsverwaltung über die Akteneinsicht liegt nämlich - wie bereits oben ausgeführt - in deren pflichtgemäßem Ermessen. Der Senat hat ebenfalls bereits oben dargelegt, dass die Ermessensausübung des Gerichtsvorstands überhaupt erst nach der Feststellung eines rechtlichen Interesses beginnen kann. Diese zu treffende Ermessensentscheidung ist aber ausschließlich Sache der Verwaltungsbehörde. Keinesfalls darf das Gericht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der Behörde setzen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 28 EGGVG Rz. 8; Zöller/Gummer, a.a.O., § 28 EGGVG Rz. 15; Katholnigg, a.a.O., § 28 EGGVG Rz. 7; Meyer-Goßner, a.a.O., 49. Aufl., § 28 EGGVG Rz. 8, je m. w. N.). Der Senat ist gemäß § 28 Abs. 3 EGGVG vielmehr lediglich zur eingeschränkten Überprüfung der Ermessensausübung berechtigt, nämlich ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens eingehalten hat und von dem Ermessen in einer dem gesetzlichen Zweck entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 28 EGGVG Rz. 8; Katholnigg, a.a.O., § 28 EGGVG Rz. 7; Löwe/Rosenberg/Böttcher, a.a.O., § 28 EGGVG Rz. 18; Karlsruher Kommentar/Schoreit, a.a.O., § 28 EGGVG Rz. 3, je m. w. N.; vgl. auch OLG München, Beschluss vom 06.09.2005, Az.: 9 VA 08/05). Ein Sonderfall dahingehend, dass sich die Ermessensentscheidung zu einer einzigen richtigen Entscheidung verdichtet hätte (vgl. dazu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 28 EGGVG Rz. 8; Katholnigg, a.a.O., § 28 EGGVG Rz. 7; Kissel/Mayer, a.a.O., § 28 EGGVG Rz. 5, je m. w. N.), liegt hier angesichts der vielfältigen im Rahmen der Ermessensentscheidung zu berücksichtigenden Gesichtspunkte keinesfalls vor. Damit ist die Ermessensentscheidung nachzuholen, die Sache ist nicht spruchreif, § 28 Abs. 2, Abs. 3 EGGVG. Auch eine nicht begründete Ermessensentscheidung wäre überdies aufzuheben, weil ansonsten die gerichtliche Nachprüfung, welche Überlegungen die Justizbehörde bei der Ausübung des Ermessens angestellt hat, gar nicht möglich wäre (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 28 EGGVG Rz. 10; Zöller/Gummer, a.a.O., § 28 EGGVG Rz. 22; Katholnigg, a.a.O., § 28 EGGVG Rz. 7; Löwe/Rosenberg/Böttcher, a.a.O., § 28 EGGVG Rz. 20; Karlsruher Kommentar/Schoreit, a.a.O., § 28 EGGVG Rz. 5, je m. w. N.). Damit ist die behördliche Entscheidung aufzuheben und - im oben dargestellten Umfang - die Sache zur erneuten Bescheidung an die Behörde zurückzugeben (vgl. auch BGH WM 2006, 1435; OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 926; vgl. auch OLG Köln ZIP 1999, 1449; Zöller/Gummer, a.a.O., § 28 EGGVG Rz. 15, 17).

Einer Beteiligung der Parteien bzw. Beteiligten des Prozessverfahrens vor dem Oberlandesgericht an den hiesigen Verfahren auf gerichtliche Entscheidung durch den Senat bedurfte es nicht. Deren berechtigte Interessen sind im Rahmen der vom Gesetz zu ihrem Schutz vorgesehenen und von der Justizverwaltung zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen.

Dort sind sie zur Wahrung ihrer Rechte ggf. zu beteiligen (vgl. BGH KTS 1998, 581; WM 2006, 1435; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 299 Rz. 23). Eine derartige Entscheidung hat der Senat jedoch - wie ausgeführt - im vorliegenden Verfahren nicht zu treffen und auch nicht getroffen.

4.)

Hinsichtlich des Verfahrens Az.: 20 VA 14/06 fallen die Gerichtskosten des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht dem Antragsteller zur Last, §§ 30 Abs. 1 Satz 1 EGGVG, 130 Abs. 1 KostO (vgl. dazu Kissel/Mayer, a.a.O., § 30 EGGVG Rz. 2, 3). Im Verfahren Az.: 20 VA 13/06 fallen Gerichtsgebühren nur in Höhe der Zurückweisung an, weil solche überhaupt nur bei Zurückweisung oder Zurücknahme des Antrags erhoben werden, §§ 30 EGGVG, 131 Abs. 4 Satz 3 KostO (vgl. Senat, Beschluss vom 30.06.1997, 20 VA 4/97; Münchener Kommentar/Wolf, ZPO, 2. Aufl., § 30 EGGVG Rz. 2; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 30 EGGVG Rz. 3; Zöller/Gummer, a.a.O., § 30 EGGVG Rz. 1).

Für die Anordnung einer (teilweisen) Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten gemäß § 30 Abs. 2 EGGVG hat der Senat auch für das Verfahren Az.: 20 VA 13/06, für das eine derartige Entscheidung allenfalls in Betracht kommen könnte, keine Veranlassung gesehen. Der Umstand, dass der Antrag des Antragstellers insoweit (teilweise) Erfolg hatte, reicht für eine Überbürdung außergerichtlicher Kosten noch nicht aus (vgl. Senat, Beschluss vom 17.06.1994, 20 VA 4/93; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 30 EGGVG Rz. 4; Zöller/Gummer, a.a.O., § 30 EGGVG Rz. 1; Münchener Kommentar/Wolf, a.a.O., § 30 EGGVG Rz. 6). Eine offensichtliche oder besonders schwere Rechtsverletzung durch die Justizbehörden ist vorliegend jedoch nicht ersichtlich.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht jeweils auf den §§ 30 Abs. 3 EGGVG, 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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