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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 08.03.2006
Aktenzeichen: 20 W 21/05
Rechtsgebiete: BeurkG, BGB, GBO, ZPO
Vorschriften:
BeurkG § 40 | |
BGB § 129 | |
BGB § 880 | |
GBO § 29 | |
ZPO § 440 |
2. Nur wenn die unberechtigte Vornahme der Textänderung offensichtlich ist oder hierfür sicherer Anhaltspunkte vorliegen, kann das Grundbuchamt die erneute Unterzeichnung und Beglaubigung der berichtigten Erklärung verlangen.
3. Maßgeblich für die Beurteilung, ob das Grundbuchamt durch die Unterlassung einer solchen Zwischenverfügung gegen § 29 GBO verstoßen hat mit der möglichen Folge der Eintragung eines Amtswiderspruchs, ist die Sachlage im Zeitpunkt der auf Grund der veränderten Erklärung vorgenommenen Eintragung.
Gründe:
Für die Antragstellerin ist seit 1975 in Abt. II, lfde. Nr. ... ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht an dem betroffenen Grundbesitz eingetragen. Sie erstrebt die Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 GBO insoweit, als am 25.04.1997 hinsichtlich einer am 02.03.1988 eingetragenen Grundschuld zu Gunsten der Beteiligten zu 2) eine Vorrangseinräumung im Grundbuch eingetragen wurde.
Auf Grund einer Bewilligung der Grundstückseigentümerin vom 11.02.1988 war die Eintragung der Grundschuld unter Abt. III, lfde. Nr. ... des Grundbuchs antragsgemäß an rangbereitester Stelle erfolgt. Unter dem 06.02.1997 beantragte die Beteiligte zu 2) die Wahrung einer Vorrangseinräumung zu Lasten des Nießbrauchs auf der Grundlage einer am 20.09.1984 durch den Ortsgerichtsvorsteher von O1 öffentlich beglaubigten Erklärung der Antragstellerin. Darin wird einer zu Gunsten der Beteiligten zu 2) eingetragenen oder noch einzutragenden Grundschuld oder Hypothek in Höhe von 100.000,00 DM nebst bis zu 15 % Zinsen und bis zu 5 % Nebenleistungen der Vorrang vor dem in Abt. II, lfde. Nr. ... eingetragenen Nießbrauch einräumt und die Eintragung dieser Rangänderung in das Grundbuch bewilligt.
Mit Zwischenverfügung vom 17.02.1997 verlangte das Grundbuchamt unter Hinweis auf die Vielzahl der zu Gunsten der Beteiligten zu 2) eingetragenen Grundschulden und unter Fristsetzung von vier Wochen ab Zugang die Ergänzung der eingereichten Vorrangseinräumung dahin, welchem Recht der Vorrang eingeräumt wird und fügte die am 20.09.1984 beglaubigte Erklärung im Original wieder bei. Mit Anschreiben dem 17.04.1997, beim Grundbuchamt eingegangen am 21.04.1997, beantragte die Beteiligte zu 2) die Eintragung der Vorrangseinräumung zu Gunsten der im Grundbuch in Abt. III, lfde. Nr. ... eingetragenen Briefgrundschuld. Diesem Anschreiben war das öffentlich beglaubigte Original der Erklärung zur Vorrangseinräumung wieder beigefügt. Darauf befand sich jetzt der Vermerk: " Vorrang soll der Grundschuld Abteilung III lfd.Nr. ... in Höhe von DM 100.000,00 eingeräumt werden: O1, den 16.04.97, Unterschrift B geb. C". Daraufhin erfolgte am 25.04.1997 der jetzt verfahrensgegenständliche Rangvermerk, von dessen Eintragung die Antragstellerin auch benachrichtigt wurde.
Unter dem 12.08.2004 hat die Beteiligte zu 1) die Berichtigung des Grundbuchs beantragt bzw. die Eintragung eines Amtswiderspruchs, da die Einwilligungserklärung des Rangrücktritts unwirksam sei. Die Behebung des in der Zwischenverfügung vom 17.02.1997 angegebenen Eintragungshindernisses sei erst nach Ablauf der darin gesetzten Frist erfolgt. Mangels Beglaubigung der Unterschrift unter den Änderungsvermerk sei nicht klar, dass die Antragstellerin die Unterschrift nach Änderung der Urkunde geleistet habe. Sie habe jedenfalls keine Unterschrift zum Rangrücktritt zu Gunsten einer Grundschuld aus dem Jahr 1988 gegeben.
Auf Rückfrage des Grundbuchrechtspflegers hat die Antragstellerin erklärt, ihr Antrag sei als Beschwerde aufzufassen. Der Grundbuchrechtspfleger hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 16.12.2004 die Beschwerde zurückgewiesen. Die Kammer hat ausgeführt, die Voraussetzungen zur Eintragung eines Amtswiderspruchs lägen nicht vor, das Grundbuch sei nicht unrichtig. Eine erneute Beglaubigung der Unterschrift unter den Änderungsvermerk von 1997 sei nicht erforderlich gewesen, da es sich nur um eine Klarstellung der in 1984 bereits in öffentlich beglaubigter Form bewilligten Vorrangseinräumung gehandelt habe. Zwar gelte wegen der nachträglichen Änderung die Vermutung des § 440 Abs. 2 ZPO nicht mehr. Trotzdem habe das Grundbuchamt zu Recht keine Zweifel daran gehabt, dass die Ergänzung mit Billigung der Antragstellerin eingefügt worden sei. Dafür spreche schon das gleiche Schriftbild der Unterschrift unter der Bewilligung aus 1984 und dem Zusatz vom 16.04.1997. Außerdem habe die Antragstellerin sich nach der Eintragungsmitteilung nicht gegen die Eintragung gewandt und in dem Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 12.08.2004 die Unterzeichnung unter den klarstellenden Zusatz selbst eingeräumt.
Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde, die nicht begründet worden ist. Die Verfahrensbevollmächtigte hat darum gebeten, die Begründung der Beschwerde nach dem Beschluss über die Prozesskostenhilfe vorlegen zu dürfen.
Die weitere Beschwerde ist zulässig gemäß §§ 78, 80 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 3, 73 GBO, aber nicht begründet. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs nicht vorliegen, §§ 71 Abs. 2, 53 Abs. 1 Satz 1 GBO.
Das Grundbuchamt hat bei der Eintragung der Vorrangseinräumung keine gesetzlichen Vorschriften, insbesondere nicht § 29 GBO, verletzt.
Dass die Erfüllung der Zwischenverfügung erst nach Ablauf der mit der Zwischenverfügung gesetzten Frist erfolgte, ist ohne Belang. Das Grundbuchamt muss eine Erfüllung der Zwischenverfügung noch solange berücksichtigen, wie der Zurückweisungsbeschluss dem Antragsteller noch nicht bekannt gegeben ist, auch wenn die gesetzte Beseitigungsfrist längst abgelaufen sein sollte (allgemeine Meinung, vgl. Bauer/von Oefele: GBO, § 18, Rdnr. 70; Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 13. Aufl., Rdnr. 466 ).
Die Bewilligung der Vorrangseinräumung durch die Antragstellerin ist auch mit dem geänderten Inhalt durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen, § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO.
Auszugehen ist von dem Begriff der Beglaubigung des § 40 BeurkG. Die öffentliche Beglaubigung ist im Gegensatz zur öffentlichen Beurkundung nur eine Beglaubigung der Unterschrift des Erklärenden, nicht des Inhalts der schriftlich abgefassten Erklärung. Öffentliche Urkunde i.S.d. § 415 ZPO ist nur der Beglaubigungsvermerk, die abgegebene Erklärung selbst ist eine Privaturkunde. In Hessen ist auch der Ortsgerichtsvorsteher nach § 13 Hess. Ortsgerichtsgesetz i. d. F. vom 02.04.1980, GVBl I S. 113, zur öffentlichen Beglaubigung von Unterschriften befugt (Eylmann/Vaasen: BeurkG, 2. Aufl., § 40, Rdnr. 3, 6, 29).
Ob eine nach der Unterschriftsbeglaubigung erfolgte Textänderung noch die Form des § 29 GBO erfüllt, ist streitig. Nach der früher überwiegenden Meinung (KG OLGE 3, 306; 7, 336; KGJ 22, A 125; KGJ 29, A 116 und KGJ 35, A 227; Jansen: BeurkG, § 40, Rdnr. 13; OLG Celle MittBayNot 1984, 207 mit ablehnender Anm. Winkler; offengelassen von BayObLG DNotZ 1985, 220) konnte nur durch erneute Unterschrift und deren öffentliche Beglaubigung das Formerfordernis hinsichtlich des geänderten Textes gewahrt werden. Der Senat vertritt wie bereits die Kammer in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung, dass auch bei einer nachträglichen Textänderung die Form der öffentlichen Beglaubigung gewahrt bleibt, da der Beglaubigungsvermerk nur die Echtheit der Unterschrift des Erklärenden betrifft, aber nichts über den Erklärungsinhalt aussagt. Da nach § 40 Abs. 5 BeurkG die Beglaubigung einer Blankounterschrift, also ohne jeglichen darüber stehenden Text, zulässig ist, kann die nachträgliche Änderung eines vorhandenen Textes nichts an der Wahrung der Form der öffentlichen Beglaubigung ändern.
Davon zu unterscheiden ist aber die Beweiskraft einer solchen nachträglich geänderten Urkunde. Für die Änderung gilt nicht die Vermutung des § 440 Abs. 4 ZPO, nämlich dass auch der über der Unterschrift stehende Text von demjenigen herrührt, dessen Unterschrift beglaubigt ist. Es unterliegt dann der freien Beweiswürdigung des Grundbuchamtes bzw. des an seine Stelle tretenden Erstbeschwerdegerichts, ob die Ergänzung des Textes von der bzw. mit dem Willen der Person vorgenommen worden ist, die die Unterschrift geleistet hatte (Palandt/Heinrichs: BGB, 65. Aufl., § 129, Rdnr. 2 ; Soergel/Hefermehl: BGB, 13. Aufl., § 129, Rdnr. 3; Staudinger/Hertel: BGB, 2004, § 129, Rdnr. 128-130; Bauer/von Oefele: GBO, § 29, Rdnr. 130; Demharter: GBO, 25. Aufl., § 29, Rdnr. 44; Meikel/Brambring: Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 29, Rdnr. 221; Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 13. Aufl., Rdnr. 163; Winkler in Anm. zu OLG Celle MittBayNot 1984, 207, 209; ders. in Anm. zu BayObLG DNotZ 1985, 221, 225).
Da diese Beweiswürdigung auf dem Gebiet der den Tatsacheninstanzen vorbehaltenen Tatsachenfeststellung liegt, unterliegt sie einer rechtlichen Überprüfung nur dahin, ob sie verfahrensfehlerfrei getroffen worden ist, insbesondere ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind, ferner ob die tatrichterliche Würdigung einen Verstoß gegen gesetzliche Beweisregeln, die Denkgesetze oder feststehende Erfahrungssätze erkennen lässt. Es genügt danach, dass die tatsächliche Würdigung des Landgerichts möglich ist, zwingend muss sie nicht sein (Budde in Bauer/von Oefele, aaO., § 78, Rdnr. 23). Nach diesem Maßstab sind Verfahrensfehler der Vorinstanzen nicht ersichtlich.
Die Besonderheit der Textänderung vom 16.04.1997 besteht darin, dass sie zusätzlich unterschrieben ist und das Landgericht zumindest vom äußeren Erscheinungsbild des Schriftzuges und im Vergleich zu der öffentlich beglaubigten Unterschrift davon ausgehen durfte, dass er ebenfalls von der Antragstellerin herrührt. Die Antragstellerin ist in der weiteren Beschwerde auch nicht der Wertung des Landgerichts entgegengetreten, dass sie im Anwaltsschreiben vom 12.08.2004 mit ihrem Vortrag, die Bank habe nachträglich in ein beglaubigtes Dokument eine bestimmte Grundschuld eingetragen und sich das Dokument von der Antragstellerin abzeichnen lassen, eingeräumt habe, dass die Unterschrift unter den Vermerk 16.04.1997 von ihr stamme. Es kann dahinstehen, ob die Antragstellerin mit dem Vortrag im Anwaltsschreiben vom 03.09.2004, sie habe jedenfalls keine Unterschrift zum Rangrücktritt zu Gunsten einer Grundschuld aus dem Jahr 1988 gegeben, davon wieder abrücken wollte. Maßgeblich für die Beurteilung einer Gesetzesverletzung im Rahmen des § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO ist die dem Grundbuchamt zur Zeit der Eintragung unterbreitete Sachlage und die zu dieser Zeit bestehende Rechtslage. Deshalb ist kein Amtswiderspruch, auch nicht gemäß § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO, einzutragen, wenn sich aus nachträglich zu den Akten gereichten Urkunden oder bekannt gewordenen Umständen ergibt, dass die der Eintragung zu Grunde liegenden Unterlagen rechtlich fehlerhaft waren (Senat in st. Rspr., vgl. FGPrax 2003, 197; Demharter: GBO, 25. Aufl., § 53, Rdnr. 22, 23 ; Meincke in Bauer/von Oefele, aaO., § 53, Rdnr. 66). Der Ausnahmefall, dass dem Grundbuchamt die Unrichtigkeit bekannt war oder bei gehöriger Prüfung erkennbar gewesen wäre, liegt nicht vor.
Da die am 20.09.1984 öffentlich beglaubigte Vorrangseinräumung sich auch auf zukünftig noch zu Gunsten der Beteiligten zu 2) einzutragende Grundschulden bezog, war unschädlich, dass die Bewilligung zur Eintragung des begünstigten Rechts erst vom 11.02.1988 datierte. Aus der Tatsache, dass von der bewilligten Vorrangseinräumung bei Eintragung des begünstigten Rechts 1988 noch kein Gebrauch gemacht wurde, sondern erst in 1997 die Eintragung beantragt wurde, musste sich für das Grundbuchamt noch kein Zweifel an der Echtheit der Unterschrift der Antragstellerin unter der Textänderung vom 16.04.1997 ergeben. Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass ein Eintragungsantrag auch auf eine bereits vor Jahrzehnten wirksam gewordene Eintragungsbewilligung gestützt werden kann (BayObLG DNotZ 1994,182; Demharter: GBO, 25. Aufl., § 19, Rdnr. 112). Die Eintragungsbewilligung ist mit Zugang an den Begünstigten wirksam und bindend geworden und das Grundbuchamt durfte auf Grund der Vorlage durch die Begünstigte, die Beteiligte zu 2), sowohl im ursprünglichen Zustand als auch nach der Textänderung davon ausgehen, dass sie dieser durch die Antragstellerin ausgehändigt wurde und weder vor, noch gleichzeitig mit der Aushändigung ein Widerruf erfolgt ist (Demharter, aaO., § 19, Rdnr. 113). Es gibt deshalb auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Grundbuch im Hinblick auf die eingetragene Vorrangseinräumung nicht mit der materiellen Rechtslage übereinstimmen würde und deshalb im Sinn von § 22 GBO unrichtig wäre. Die eine Unrichtigkeit begründenden Tatsachen müssten zudem in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden.
Da demnach die weitere Beschwerde der Antragstellerin erfolglos bleiben musste, war auch ihr Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen (§§ 114 ZPO, 14 FGG). Zur Begründung ihrer weiteren Beschwerde hatte die Verfahrensbevollmächtigte über ein Jahr lang Zeit. Eine Abhängigmachung der Begründung von der Gewährung von Prozesskostenhilfe war nicht zulässig, da keine Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeverfahren gewährt werden kann (Zöller/Philippi: ZPO, 25. Aufl., § 114, Rdnr. 3, m. w. H.).
Die Entscheidung über die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO.
Einer Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten bedurfte es nicht, da die Beteiligte zu 2) nicht zu der weiteren Beschwerde angehört worden ist.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO, wobei berücksichtigt wurde, dass Verfahrensgegenstand nur die Eintragung eines Widerspruchs gegen die eingetragene Vorrangseinräumung war.
Ende der Entscheidung
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