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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 09.06.2000
Aktenzeichen: 24 U 158/98
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 524 Abs. 4
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 97
ZPO § 708 Ziffer 10
ZPO § 713
ZPO § 546 Abs. 2
"Fabrikneu" ist ein Fahrzeug, wenn es unbenutzt und unbeschädigt ist und es noch unverändert hergestellt wird.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 158/98

2 O 555/97 Landgericht Darmstadt

Verkündet am 9.6.2000

In dem Rechtsstreit ...

Der 24. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2000 durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Haberstroh als Einzelrichter gemäß § 524 Abs. 4 ZPO

für Recht erkannt

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 06.05.1998 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsmittels sind von der Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin ist mit DM 28.336,74 beschwert. - Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen. -

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unbegründet. Die Klägerin kann Wandelung des Kaufvertrages vom 07.04.1997 nicht verlangen.

Das Gesetz eröffnet zugunsten der Käuferin die Wandelung unter anderem dann, wenn die gekaufte Sache sich zum Zeitpunkt der Übergabe nicht durch die Eigenschaften auszeichnet, die der Verkäufer zugesichert hat (§§ 459 Abs. 2/Abs. 1, 462 BGB). Zugesichert hatte der Beklagte die Eigenschaft, die die Beklagte in den Mittelpunkt ihres Begehrens stellt, nämlich die "Fabrikneuheit". Denn er hatte den Wagen in seiner - des Beklagten - Eigenschaft als Vertragshändler als "neues Kraftfahrzeug" - so: das zur Aufnahme des Vertrages vom 07.04.1997 verwendete Formular - verkauft. Eine Käuferin, die bei einem Vertragshändler einen Wagen der von ihm vertretenen Marke als "Neuwagen" bzw. "neues Kraftfahrzeug" erwirbt, tut dies regelmäßig in der - selbstverständlichen - Erwartung, daß dieses Fahrzeug "fabrikneu" ist, und diese Erwartung liegt für den Vertragshändler auch ohne ausdrückliche Erklärung der Käuferin ganz offen auf der Hand (BGH, Urteil vom 22.03.2000, EBE/BGH 2000, 158). So gilt es auch dann, wenn das verkaufte Fahrzeug aus der Ausstellung des Händlers heraus verkauft wird; denn diese Tatsache besagt für die Kaufinteressentin - und spätere Käuferin - allein, daß das Fahrzeug nicht zwangsläufig "soeben erst produziert" worden ist; auch ein als "neues Kraftfahrzeug" verkauftes Ausstellungs- oder Lagerfahrzeug muß fabrikneu sein (BGH a.a.0.).

Daß es dem verkauften Wagen an der dieserart zugesicherten Eigenschaft gefehlt habe, hat sich allerdings nicht ergeben. Die Klägerin hat keine Umstände dargetan und unter Beweis gestellt, die den Schluß rechtfertigen würden, der umstrittene Wagen sei nicht fabrikneu gewesen; damit aber - nämlich mit den tatsächlichen Voraussetzungen, die die gegebene Zusicherung unerfüllt erscheinen ließen - ist die Kläge- rin belastet (§ 363 BGB; Palandt-Putzo, BGB, 59. Aufl. 2000, § 459 Rz 59-, § 463, Rz 28). Ein Kraftfahrzeug gilt im Rechtssinne als fabrikneu, wenn es - abgesehen von seiner Überführung - noch nicht benutzt worden ist, sein Modell unverändert weitergebaut wird und es in der Zeit zwischen Herstellung und Verkauf nicht beschädigt oder sonst in seinem technischen Zustand beeinträchtigt worden ist (BGH NJW 1980, 1097; 2127; Urteil vom 22.03.2000, EBE/BGH 2000, 158; OLG München NJW-RR 1998, 121 1; Palandt-Putzo, § 459, Rz 29).

Daß der umstrittene Wagen - von der Überführung abgesehen - noch unbenutzt war, ist unumstritten.

Ihre Behauptung, sein Modell sei nicht mehr das aktuelle gewesen, wenn auch in Deutschland zum Zeitpunkt des Kaufes noch kein Nachfolgemodell am Markt gewesen sei, sei ein solches doch in Japan bereits produziert worden, hat die Klägerin nicht durch Tatsachen belegt. Abgesehen davon, daß es - wie die Kammer hervorhebt - für die Frage nach einem zwischenzeitlichen Modellwechsel auf den Markt ankommen dürfte, an dem ein Wagen angeboten wird, und daß das Modell in Deutschland solange aktuell gewesen sein dürfte, wie in Deutschland noch kein neues - oder auch nur geändertes - Modell am Markt war, hat die Klägerin sich nicht in der Lage gezeigt, ihre Behauptung zu veranschaulichen. Soweit sie sich gegen den Vortrag des Beklagten, das Modell sei bis 1999 unverändert verkauft worden, auf eine Werbeanzeige vom 19.08.1997 bezieht, wird daraus weder ein vollständiger Modellwechsel noch auch nur eine technische Veränderung des Modells erkennbar. Denn diese Anzeige bezieht sich nicht etwa auf ein "neues Modell", vielmehr auf ein "Superangebot (mit) acht Extras zum Sonderpreis", damit auf ein sogenanntes Sondermodell. Ein solches zeichnet sich gerade nicht durch technische Veränderungen, vielmehr durch eine Veränderung im Preis dergestalt aus, daß kostenpflichtige Sonderausstattungen gleichsam im Paket verbilligt abgegeben werden.

Schließlich ist auch nichts dafür erkennbar geworden, daß der Wagen in der nicht ganz kurzen Standzeit - er war von der Deutschlandvertretung "seiner" Marke am 29.11.1995 freigegeben worden, wurde aber erst am 07.04.1997 verkauft - irgend welche Schäden oder Alterungserscheinungen erlitten hätte, die ihn aus der Sicht des Rechtsverkehrs nicht mehr als "fabrikneu" hätten erscheinen lassen. Der Wagen war - anders als es etwa in dem von einem anderen Senat des erkennenden Gerichts mit Urteil vom 17.12.1997 entschiedenen Fall galt (MDR 1998, 404) - nicht etwa im Freien, vielmehr in der Ausstellungshalle des Beklagten "gelagert" worden; hier war er Witterungseinflüssen und den damit verbundenen nachteiligen Auswirkungen auf empfindliche Materialien nicht ausgesetzt.

Was verbleibt, ist das Alter des Fahrzeuges - etwa 16 Monate seit Freigabe - als solches; es beseitigte, da weitere Umstände nicht hinzutreten, die Eigenschaft fabrikneu" nicht. Denn es liegt für alle Beteiligten immer dann, wenn nicht ein noch nicht produziertes Fahrzeug bestellt wird, auf der Hand, daß ein bereits beim Händler stehendes Fahrzeug ein gewisses Alter hat; solange der verkaufte Wagen das aktuelle Modell und auch im übrigen in demselben Zustand ist wie ein tatsächlich soeben produzierter Wagen, macht es aus technischer wie aus wirtschaftlicher Sicht - die Einschätzung des Verkehrs orientiert sich im wesentlichen am Zeitpunkt der Erstzulassung - keinen greifbaren Unterschied, ob ein Wagen - um Beispiele zu nennen - 5, 10 oder - wie hier - 16 Monate alt ist. Aus der Sicht des Berufungsgerichts ließe sich, solange weitere Umstände - wie etwa witterungsbedingter äußerer Verschleiß - nicht hinzutreten, überhaupt nicht inhaltlich begründen, wieso ein 10 oder 12 Monate altes Auto "fabrikneu" sein sollte, ein 16 Monate alter Wagen aber nicht mehr.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Ziffer 10, 713, 546 Abs. 2 ZPO.



Ende der Entscheidung

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