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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 26.06.2008
Aktenzeichen: 26 SchH 2/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 1036
Teilt ein Schiedsrichter einem als Mediator in Betracht gezogenen Dritten Einzelheiten über das Schiedsverfahren mit, die ohnehin bereits an die Öffentlichkeit gelangt waren, so ist eine Befangenheit des Schiedsrichters wegen Verletzung seiner Verschwiegenheitspflicht auch dann nicht zu besorgen, wenn der Schiedsrichter diese Information ohne Zustimmung der Schiedsparteien offenbart hat.
Gründe:

I.

Die Schiedsbeklagte begehrt die gerichtliche Entscheidung über ihr Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden des Schiedsgerichts.

Die Parteien streiten in einem seit drei Jahren anhängigen Schiedsverfahren um die Frage einer möglichen Schadensersatzverpflichtung der Antragstellerin im Zusammenhang mit einem gescheiterten Unternehmenskaufvertrag. Das Verfahren richtet sich nach der DIS-Schiedsgerichtsordnung. Das Verfahren wurde in zwei Abschnitte aufgespalten, nämlich in das Verfahren zum Anspruchsgrund ("Liability Phase") und das Verfahren zur Höhe ("Quantum Phase"). Mit Teilschiedsspruch vom 15. September 2006 stellte das Schiedsgericht fest, dass die Antragstellerin dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet sei.

Am 17.11.2007 wurde zwischen dem Schiedsgericht und den Schiedsparteien die Möglichkeit angesprochen, eine dritte Person als Mediator einzuschalten, um auf diesem Wege die Streitpunkte des Verfahrens gegebenenfalls einem Vergleich zuzuführen. Der genaue Inhalt der Erörterung ist zwischen den Parteien streitig.

Der Vorsitzende des Schiedsgerichts führte deshalb am 12. und 16.12.2007 Telefonate mit Herrn Dr. A, der früher Vorstandsmitglied der B AG war, weiterhin den gegenwärtigen Vorstand dieser Gesellschaft berät und Mitglied des Aufsichtsrats der C-Bank ist. In diesen Telefonaten teilte der Vorsitzende Herrn Dr. A mit, um welche Streitigkeit es sich handelt und wer die Schiedsparteien sind. Herr Dr. A äußerte, dass er eine solche Mediation durchführen könne und er keine Interessenkonflikte sehe. Mit Schreiben vom 17.12.2007 unterrichtete der Vorsitzende die Schiedsparteien darüber, dass er Herrn Dr. A kontaktiert habe und dieser gerne als Mediator zur Verfügung stehe. Die Antragstellerin sah in dem Vorgehen des Vorsitzenden des Schiedsgerichts eine Verletzung der von ihm geschuldeten Verschwiegenheit.

Mit Schreiben vom 21.12.2007 forderte die Antragstellerin das Schiedsgericht auf, sämtliche Tatsachen und Details, die der Vorsitzende des Schiedsgerichts mit Dr. A besprochen hatte, und etwaige Korrespondenz umgehend und vollständig offenzulegen sowie die Umstände der Kontaktaufnahme zu erläutern (Bl. 27 - 29a d. A.). Darauf antwortete der Vorsitzende Schiedsgerichts mit Schreiben vom 28.12.2007 (Bl. 30 - 32 d. A.).

Mit Schriftsatz vom 31.12.2007 beantragte die Antragstellerin gemäß § 18 DIS-Schiedsordnung, den Vorsitzenden des Schiedsgerichts für befangen zu erklären. Durch Beschluss vom 13.2.2008 wies das Schiedsgericht das Ablehnungsgesuch zurück (Bl. 97 - 117 d. A.). Der Beschluss ging die Antragstellerin am 15.2.2008 per E-Mail zu. Mit am 14.3.2008 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin beantragt, das Ablehnungsgesuch für begründet zu erklären.

Am 12.3.2008 erhob die Antragstellerin vor dem United States District Court Southern District of New York Klage gegen den Vorsitzenden des Schiedsgerichts auf Schadensersatz wegen Verletzung der Verschwiegenheitsverpflichtung.

Die Antragstellerin behauptet, bei der Erörterung zwischen dem Schiedsgericht und den Schiedsparteien im November 2007 habe das Schiedsgericht den Parteien vorgeschlagen, dass es mögliche Kandidaten für die Position des Mediators erörtern und dann mit einem konkreten Vorschlag an die Parteien herantreten werde. Sie (Antragstellerin) habe folgerichtig erwartet, dass das Schiedsgericht nicht ohne ihre vorherige Zustimmung an eine dritte Person herantrete. Es sei ihr Verständnis gewesen, dass das Schiedsgericht mehrere Namen für einen möglichen Mediator vorschlagen und die Eignung dieser Person dann zwischen den Parteien und dem Schiedsgericht diskutiert werde. Sie habe auf keinen Fall zugestimmt, dass das Schiedsgericht seinerseits - ohne ihre (der Antragstellerin) Kenntnis und vorherige Zustimmung - dritte Personen kontaktiere und das Schiedsverfahren und seine Details erörtere. Weder das Schiedsverfahren noch sein gegenwärtiger Stand seien "Public Domain" (das heißt: in der Öffentlichkeit bekannt).

Herr Dr. A sei von Anfang an wegen eines offenkundigen Interessenkonflikts als Mediator ausgeschlossen gewesen. Dies habe sich daraus ergeben, dass sich ein Schwesterunternehmen der Antragstellerin (im Folgenden: D) seit dem zweiten Quartal 2007 um den Kauf eines insolventen deutschen Automobilzulieferers beworben habe. Wesentliche Kunde dieser insolventen Gesellschaft sei die B AG, deren Vorstand Herr Dr. A berate. Zum Verkauf der Gesellschaft sei die Zustimmung der B AG erforderlich. Am 3.12.2007 hätte sich der Verkäufer, der durch die Rechtsanwaltskanzlei vertreten wird, der auch der Vorsitzende des Schiedsgerichts angehört, für ein Engagement von D ausgesprochen und diese um ein unbedingtes Angebot für den Unternehmenskauf bis zum 21.12.2007 gebeten. Am 11.12.2007 habe ein Berater des Verkäufers führenden Mitarbeitern von D mitgeteilt, dass die Zustimmung der B AG "der Schlüssel zum Erfolg" des Angebots von D sei. Er habe jedoch von schwierigen Problemen gehört, da ein mit D verbundenes Unternehmen, nämlich die Antragstellerin, Partei eines Rechtsstreits mit B und verpflichtet sei, B EUR 100 Mio. zu zahlen. B sei extrem aufgebracht über die Antragstellerin. Am 20.12.2007 hätten Vertreter der B AG D informiert, dass es frühestens 2008 weitere Treffen geben würde, Gründe seien nicht genannt worden, ebenso habe es keine Bestätigung über ein solches Treffen gegeben.

Die Antragstellerin behauptet, das Angebot von D, die Verbindung zwischen D und ihr (Antragstellerin) sowie die bedeutende Rolle der B AG bei dem Unternehmensverkauf seien dem abgelehnten Schiedsrichter sowie dessen Kanzlei bekannt. Die Reaktion der B AG und des Verkäufers, vertreten durch die Kanzlei des Vorsitzenden, sei eine Folge der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht durch den Vorsitzenden. Sofern D aufgrund der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht tatsächlich als Käufer nicht zum Zuge komme, hätten D und sie (Antragstellerin) erhebliche Ansprüche gegen den Vorsitzenden.

Die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht sowie die Einlassung des Vorsitzenden auf den Schriftsatz vom 21.12.2007 zeigten, dass der Vorsitzende nicht nur ihren (der Antragstellerin) rechtlichen, sondern vielmehr auch ihren wirtschaftlichen Interessen keine angemessene und faire Bedeutung beimesse. Die Tatsache, dass der Vorsitzende auf der Basis einer vermeintlichen Zustimmung der Parteien seine Kontaktaufnahme zu Dr. A verteidige und sich bis heute weigere, Details seiner Gespräche offenzulegen, belegten sein voreingenommenes Verhalten gegenüber ihren berechtigte Bedenken. Die mangelnde Bereitschaft, ihre offensichtlichen Interessen zu berücksichtigen, stelle aus ihrer Sicht nicht nur die Fähigkeit, sondern auch die Bereitschaft des Vorsitzenden in Frage, im Schiedsverfahren als unvoreingenommener und unabhängiger Schiedsrichter handeln zu können bzw. zu wollen. Dieser Vertrauensverlust werde ferner dadurch verstärkt, dass sie (Antragstellerin) sich gezwungen gesehen habe, als Folge der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht gegen den vorsitzenden Schiedsrichter ein Klageverfahren in den Vereinigten Staaten von Amerika anzustrengen. Auch wenn der Schadensersatzprozess erst eingeleitet worden sei, könne sie nicht glauben bzw. kein Vertrauen dahingehend aufbringen, dass sich der Vorsitzende von diesem Schadensersatzprozess, seinen Hintergründen und einen möglichen Auswirkungen freimachen könne.

Die Antragstellerin beantragt,

die von ihr am 31.12.2007 erklärte Ablehnung des Vorsitzenden Schiedsrichters, Herrn Rechtsanwalt Prof. Dr. RA1, für begründet zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin behauptet, aufgrund einer Unterredung zwischen den anwaltlichen Vertretern der Schiedsparteien am 17.11.2007 hätten diese das Schiedsgericht gebeten, eine Person vorzuschlagen, die die Funktionen eines Mediators oder Moderators übernehmen könne, sobald sie (Antragsgegnerin) ihre Zustimmung erteilt habe. Diese Zustimmung sei einige Tage später dem Vorsitzenden des Schiedsgerichts telefonisch mitgeteilt worden. Die Antragsgegnerin meint, angesichts des engen Zeitfensters für eine Mediation, das allen Beteiligten bewusst gewesen sei, habe es aus Gründen der Zeitersparnis näher gelegen, erst die Verfügbarkeit des Kandidaten abzuklären, als vorab die Person mit den Parteien zu diskutieren und zu riskieren, dass sich die im Ergebnis akzeptierte Person später als nicht verfügbar herausstellen würde. Zumindest habe das Schiedsgericht die Freiheit gehabt, diese Vorgehensweise zu wählen, da es von den Parteien keine gegenteiligen Vorgaben erhalten habe.

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, eine Verletzung der Pflicht zur Vertraulichkeit durch Prof. Dr. RA1 scheide schon deshalb aus, weil die Parteien dieser Vorgehensweise zumindest konkludent zugestimmt hätten. Das Schiedsgericht habe sich aufgrund des Auftrags, einen Kandidaten für die Aufgabe als Mediator zu suchen, um so mehr zu dieser Vorgehensweise für befugt ansehen dürfen, als der offengelegte Sachverhalt längst öffentlich bekannt gewesen sei. Die Antragsgegnerin beruft sich hierzu darauf, sie habe - unstreitig - bereits am 15.9.2004 veröffentlicht, dass sie den Vollzug des Verkaufs der E ... GmbH an die Antragstellerin ausgesetzt habe, weil diese ihren Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag nicht nachgekommen sei, und dass sie wegen Nichterfüllung vertraglicher Pflichten rechtliche Schritte gegen die Antragstellerin einleiten werde (Bl. 261 d. A.). Auch der Umstand, dass am 15.9.2006 ein Schiedsspruch dem Grunde nach zu ihren Gunsten ergangenen war, durch den die Antragstellerin zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt worden war, und das Schiedsverfahren sich jetzt in der Phase der Feststellung des zu ersetzenden Schadens befinde, sei in ihrem Geschäftsbericht 2006 und in der Presse veröffentlicht worden (Bl. 76 bis 81 d. A.).

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom 14.3.2008 (Bl. 1 ff d. A.) und der Antragsgegnerin vom 17.4.2008 (Bl. 239 ff d. A.) jeweils nebst Anlagen verwiesen.

II.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Ablehnung des vorsitzenden Schiedsrichters ist nach § 1037 Abs. 3 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht bei dem insoweit zuständigen Gericht (§ 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) gestellt worden.

In der Sache hat Antrag jedoch keinen Erfolg, da die geltend gemachten Ablehnungsgründe eine Besorgnis der Befangenheit des Schiedsrichters im Ergebnis nicht rechtfertigen.

Ein Schiedsrichter kann nach den inhaltlich identischen Vorschriften des § 1036 Abs. 2 ZPO und des § 18.1 der DIS-Schiedsgerichtsordnung nur abgelehnt werden, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen. Der Prüfungsmaßstab hinsichtlich der Befangenheit eines Schiedsrichters richtet sich weiterhin nach denjenigen Kriterien, die für die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit gelten. Zwar weicht § 1036 Abs. 2 ZPO in der seit dem 1.1.1998 geltenden Fassung von der früheren Fassung des § 1032 Abs. 1 ZPO ab, wonach für die Ablehnung eines Schiedsrichters die den staatlichen Richter betreffenden Ablehnungsgründe heranzuziehen waren. Eine sachliche Änderung war damit jedoch nicht beabsichtigt. Der Gesetzgeber wollte sich damit vielmehr bewusst an Art. 12 Abs. 2 des UNCITRAL Model Law anlehnen und damit eine für ausländische Parteien nur schwer nachvollziehbare Verweisung auf nationale Verfahrensvorschriften vermeiden (BT-Drucks. 13/5274, S. 40; vgl. auch OLG Naumburg, SchiedsVZ 2003, 134 ff). Eine Besorgnis der Befangenheit kann daher nur dann angenommen werden, wenn nach den Umständen des konkreten Falles ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Schiedsrichters zu rechtfertigen. Maßgebend hierfür ist nicht, ob der abgelehnte Richter wirklich befangen ist oder sich selbst für befangen hält, sondern allein, ob vom Standpunkt der Partei aus genügend objektive Gründe vorliegen, die aus der Sicht eines vernünftigen Menschen die Befürchtung wecken können, der betreffende Schiedsrichter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (vgl. OLG Naumburg, a.a.O., m.w.N.; OLG Bremen, SchiedsVZ 2007, 53 ff).

Die von der Antragstellerin vorgetragenen Umstände rechtfertigen weder für sich genommen noch in einer Gesamtschau die Ablehnung des Schiedsgerichts.

Eine Besorgnis der Befangenheit ergibt sich nicht daraus, dass der abgelehnte Schiedsrichter Herrn Dr. A mitgeteilt hat, auf welches Schiedsverfahren und welche Schiedsparteien sich die Mediation beziehen soll. Zwar kann sich ein Befangenheitsgrund auch daraus ergeben, dass ein Schiedsrichter durch ein Verhalten außerhalb des Schiedsverfahrens Pflichten gegenüber einer Schiedspartei verletzt. Dies kann insbesondere bei einem Verstoß gegen die einem Schiedsrichter grundsätzlich obliegenden Verschwiegenheitspflicht (Musielak/Voit, Komm. zur ZPO, 6. Aufl., § 1035 Rdn. 24; Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl., § 1035 Rdn. 31) zu bejahen sein. Für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ist vorliegend von der Behauptung der Antragsgegnerin auszugehen, die Parteivertreter hätten das Schiedsgericht am 17.11.2008 gebeten, eine Person vorzuschlagen, die die Funktionen eines Mediators übernehmen könne. Demgegenüber ist die Behauptung der Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, das Schiedsgericht habe den Schiedsparteien lediglich vorgeschlagen, dass es mögliche Kandidaten für diese Position erörtern und dann mit einem konkreten Vorschlag an die Parteien herantreten würde. Wenn es auch für die Frage, ob die Besorgnis der Befangenheit eines Schiedsrichters besteht, auf die Sicht der ablehnenden Partei ankommt, so müssen die dem Ablehnungsgesuch zu Grunde gelegten Tatsachen dennoch glaubhaft gemacht werden (§ 44 Abs. 2 ZPO). Es spricht aber nichts dafür, dass die Darstellung der Antragsgegnerin weniger zuverlässig sei als die Behauptung der Antragstellerin. Die Stellungnahme des abgelehnten Schiedsrichters vom 28.12.2007 in dem Ablehnungsverfahren nach § 18 DIS-Schiedsordnung bestätigt die Darstellung der Antragsgegnerin, dass das Schiedsgericht den Parteien am Beginn des Fourth Evidentiary Hearing am 14.11.2007 vorgeschlagen habe, einen mit näher genannten Qualifikationen ausgestatteten hochrangigen Geschäftsmann auszuwählen, und dass die Parteien am letzten Tag des Fourth Evidentiary Hearing diesem Verfahren als solchem zugestimmt hätten (Bl. 31 d. A. unter 1.).

Damit war dem Schiedsgericht keine Vorgabe gemacht worden, ob es eine in Betracht kommende Person ansprechen und zur Klärung, ob die Person für die Aufgabe als Mediator bereitstehe, Angaben über das Schiedsverfahren und die Schiedsparteien machen dürfe. Es kann dahinstehen, ob die den Schiedsrichtern obliegende Verschwiegenheitspflicht es erforderte, dass sich der Vorsitzende des Schiedsgerichts eine ausdrückliche Zustimmung der Schiedsparteien zu einer solchen Vorgehensweise hätte einholen müssen. Jedenfalls wiegt ein Verstoß gegen eine solche Verpflichtung nicht so schwer, als dass daraus eine Voreingenommenheit des abgelehnten Schiedsrichters gegenüber einer Partei hergeleitet werden könnte. Eine derartige Befürchtung ist umso weniger gerechtfertigt, als nicht feststeht, dass der abgelehnte Schiedsrichter Herrn Dr. A mehr Informationen erteilt hat, als auch nach seiner Kenntnis (gemäß seiner Stellungnahme vom 28.12.2007 unter 3. a), Bl. 66 d. A.) ohnehin bereits an die Öffentlichkeit gelangt waren. So war, wie die Antragsgegnerin darlegt, in ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 2006 sowie in Medienveröffentlichungen darüber berichtet worden, dass in einem Schiedsverfahren zwischen den Parteien am 15.9.2006 ein Grundurteil zu Gunsten der Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin ergangenem war und die Antragstellerin grundsätzlich zum Schadensersatz wegen des Scheiterns des Verkaufs der E ... an die Antragstellerin verpflichtet sei. Nach dem Vortrag der Antragstellerin berichtete am 11.12.2007 ein Berater des Verkäufers des insolventen Automobilzulieferers führenden Mitarbeitern von D, ihm sei mitgeteilt worden, dass ein mit D verbundenes Unternehmen, nämlich die Antragstellerin, Partei eines Rechtsstreits mit B sei und an B Euro 100 Mio. zu zahlen habe. Dies belegt, dass der B AG die wesentlichen Informationen über das vorliegende Schiedsverfahren bereits vor dem Tag bekannt waren, an dem nach der unwiderlegten Darstellung des abgelehnten Schiedsrichters (12.12.2007) dieser erstmals mit Herrn Dr. A die Angelegenheit angesprochen hatte.

Die Antragstellerin trägt nichts Konkretes dazu vor, dass der Vorsitzende des Schiedsgerichts Herrn Dr. A weitere Details des Schiedsverfahrens offenbart habe. Gemäß der Stellungnahme des Schiedsrichters vom 28.12. 2007 hat er Herrn Dr. A unter Betonung mit der Bitte um Vertraulichkeit die Namen von Klägerin und Beklagter sowie die "minimum facts" des Schiedsverfahrens genannt. Daraus kann nicht entnommen werden, dass dies über die bereits veröffentlichten Informationen hinausgegangen sei.

Es ist überdies nicht glaubhaft gemacht, dass die zurückhaltende Einstellung der B AG gegenüber dem Angebot von D auf der Erörterung zwischen dem abgelehnten Schiedsrichter und Herrn Dr. A beruht. Wie bereits ausgeführt, ergibt sich aus dem eigenen Vortrag der Antragstellerin ohnehin, dass die B AG entsprechende Informationen bereits vorher hatte. Ebenso kann nicht unterstellt werden, dass Herr Dr. A der Bitte um Vertraulichkeit nicht entsprochen und die ihm vom abgelehnten Schiedsrichter mitgeteilten Daten an die B AG weitergegeben habe.

Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, dass die Antragstellerin ebenso nicht glaubhaft gemacht hat, dass der Vorsitzende des Schiedsgerichts über das Engagement der Schwestergesellschaft der Antragstellerin zum Kauf eines anderen Automobilzulieferers sowie die Beteiligung der B AG an dem Geschäftsvorgang informiert gewesen sei. Allein der Umstand, dass die Rechtsanwaltsgesellschaft, der Herr Prof. Dr. RA1 angehört, den Verkäufer des Unternehmens vertritt, kann eine solche Kenntnis des Schiedsrichters nicht belegen.

Eine Besorgnis der Befangenheit kann ferner nicht daraus hergeleitet werden, dass die Antragstellerin den Vorsitzenden des Schiedsgerichts in den Vereinigten Staaten von Amerika auf Schadensersatz verklagt hat. Grundsätzlich begründen von einer Schiedspartei angedrohte, eingeleitete oder geführte Verfahren gegen den Schiedsrichter keinen Ablehnungsgrund (vgl. BVerfG NJW 1996, 2022; OLG Dresden FamRZ 2002, 830; Gehrlein in: Münchener Komm. ZPO, 3. Aufl., § 42 Rdn. 18; Zöller/Vollkommer a. a. O., § 40 Rdn. 29 zur insoweit gleich liegenden Problematik beim staatlichen Richter). Anderenfalls hätte es jede Partei in der Hand, durch Strafanzeigen oder Zivilklagen einen ihr unliebsamen Schiedsrichter als befangen darzustellen und aus dem Verfahren ausschließen zu lassen. Dies kann zwar anders sein, wenn die Schiedspartei mit dem Verfahren auf ein vorangegangenes, zur Ablehnung berechtigendes eigenes Verhalten des Schiedsrichters reagiert (Zöller/Vollkommer a. a. O). Wie oben ausgeführt, liegt ein zur Ablehnung berechtigendes Verhalten des abgelehnten Schiedsrichters jedoch nicht vor.

Nach alldem war der Antrag, die Ablehnung des Schiedsgerichtes für begründet zu erklären, mit der Kostenfolge des § 91 zurückzuweisen.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 3 ZPO; insoweit hat der Senat 1/5 des Streitwertes des Schiedsverfahrens zugrunde gelegt.

Ende der Entscheidung

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