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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 30.07.2008
Aktenzeichen: 4 W 58/08
Rechtsgebiete: BGB, GG


Vorschriften:

BGB § 242
GG Art. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Verfügungskläger, 15-maliger deutscher Meister - zuletzt 2008 - in der Leichtathletikdisziplin Dreisprung, begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung die Verpflichtung des Verfügungsbeklagten, ihn für den Leichtathletikwettbewerb Dreisprung zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking zu nominieren, die von dem Verfügungsbeklagten mit der Begründung verweigert worden ist, der Verfügungskläger habe die sportlichen Nominierungskriterien nicht erfüllt.

Nach Ziffer 2.2 der von dem Verfügungsbeklagten im vergangenen Jahr beschlossenen Nominierungsgrundsätze setzt die namentliche Benennung für die Olympiamannschaft in Peking den Leistungsnachweis einer "begründeten Endkampfchance" bei den olympischen Wettkämpfen voraus. Entsprechend Ziffer 3. der genannten Nominierungsgrundsätze hat der Verfügungsbeklagte die mit dem DLV e.V. abgestimmten und ausgearbeiteten sportspezifischen Kriterien in den Nominierungsrichtlinien 2008 am 06.12.2007 beschlossen. Als DLV-Olympianorm in der Disziplin Dreisprung für Männer ist darin als Erstnorm eine Weite von 17,10 Meter und als Zweitnorm eine Weite von 2 x 17 Meter vorgesehen. In Ziffer 3.1.2 der Nominierungsrichtlinien 2008 heißt es weiter:

"Die Olympianorm ist dann erfüllt, wenn in den Disziplinen, in denen die erste und zweite Norm benannt ist, beide Normen mindestens je einmal in einer der unter 3.1.1 benannten Veranstaltungen erreicht wurden. ...

Im Hoch-, Weit- und Dreisprung gilt die Olympianorm auch dann als erfüllt, wenn nicht die höhere Normanforderung ..., sondern die alternativ benannte Normanforderung erfüllt wurde."

Innerhalb des vorgesehenen Nominierungszeitraums vom 01.03. bis 06.07.2008 erzielte der Verfügungskläger allein auf dem 14. Weseler Springermeeting bei zulässigen Versuchen nur zweimal Werte, mit denen die Zweitnorm erfüllt wurde (im Vorkampf 17 Meter und im Endkampf 17,04 Meter). Bei einem innerhalb der vom DLV bis zum 13. Juli 2008 verlängerten Frist in Tanger absolvierten Wettbewerb erzielte der Verfügungskläger bei allerdings unzulässigem Rückenwind von 2,3 Meter pro Sekunde eine Weite von 17,09 Meter.

Nachdem der DLV den Verfügungskläger nicht dem Verfügungsbeklagten zur Nominierung vorschlagen wollte, erwirkte der Verfügungskläger einen Beschluss des Deutschen Sportschiedsgerichts vom 19.07.2008, durch welchen der DLV zu einem entsprechenden Vorschlag verpflichtet wurde. Das Schiedsgericht vertrat die Auffassung, die Erfüllung der Zeitnorm erfordere entgegen der Ansicht des DLV nicht die Erreichung der Weite von 17 Metern in zwei verschiedenen Wettkämpfen; es genüge vielmehr, wenn die Norm innerhalb eines Wettkampfs zweimal erfüllt werde.

Nachdem trotz des daraufhin erfolgten Vorschlags seitens des DLV der Verfügungsbeklagte den Verfügungskläger nicht hat nominieren wollen, hat der Verfügungskläger das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren angestrengt.

Erstinstanzlich hat der Verfügungskläger geltend gemacht, ein Verfügungsanspruch ergebe sich aus der von ihm anlässlich der Deutschen Meisterschaften 2008 unterzeichneten Athletenvereinbarung mit dem Verfügungsbeklagten, weil er sämtliche Nominierungsvoraussetzungen erfüllt habe. Ein eventuelles Nominierungsermessen des Verfügungsbeklagten sei unter Berücksichtigung der Grundsätze der Gleichbehandlung, des Fairplays, seiner Berufsfreiheit sowie der durch eine Nichtnominierung begründeten Diskriminierung auf Null reduziert. Ein Nominierungsanspruch folge daher gleichermaßen sowohl aus § 826 BGB als auch aus Kartellrecht.

Das Landgericht hat - ohne mündliche Verhandlung - den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 22.07.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es an einem Verfügungsanspruch fehle. Ein sich eventuell aus der Athletenvereinbarung ergebender vertraglicher Anspruch des Verfügungsklägers scheitere daran, dass der Verfügungsbeklagte das ihm bei der Nominierung der Athleten eingeräumte Ermessen nicht verletzt habe.

Der Verfügungsbeklagte sei an den Vorschlag des DLV nicht gebunden. Die Nominierungsgrundsätze des Verfügungsbeklagten sähen einen solchen Automatismus nicht vor, sondern würden ihm ein eigenes Bewertungsrecht erhalten.

Der Verfügungsbeklagte habe mit der Nichtnominierung auch keineswegs gegen die von ihm selbst gesetzten Richtlinien verstoßen. Es sei bereits zweifelhaft, ob die Auslegung des Sportschiedsgerichts, wonach die Nominierungsvoraussetzungen bereits dann erfüllt seien, wenn bei nur einem Wettkampf in verschiedenen Durchgängen zweimal die zweite Norm erreicht werde, zutreffend sei. Aber selbst wenn die Voraussetzungen für einen Vorschlag zur Nominierung erfüllt worden seien, habe der Verfügungsbeklagte dem Vorschlag nicht unbedingt folgen müssen. Die Entscheidung der Nichtnominierung beruhe auf keinen sachfremden Erwägungen des Verfügungsbeklagten.

Gegen diese Entscheidung hat sich der Verfügungskläger mit der noch am gleichen Tag eingelegten sofortigen Beschwerde, mit der er sein ursprüngliches Rechtsschutzbegehren weiter verfolgt, gewendet.

Der Verfügungskläger hält an seiner Auffassung, seine Nichtnominierung durch den Verfügungsbeklagten sei willkürlich, fest. Er habe bei Normerfüllung einen eigenen, unmittelbaren Nominierungsanspruch gegen den Verfügungsbeklagten aus der von ihm unterzeichneten Athletenvereinbarung. Der Verfügungsbeklagte habe sich an die in Abstimmung mit dem DLV als dem zuständigen Spitzenverband verabschiedeten eigenen Nominierungsrichtlinien zu halten. Ein der Verfügungsbeklagten verbleibendes Nominierungsermessen sei im vorliegenden Fall auf Null reduziert. Die bei pflichtgemäßer Ermessensausübung für eine Nichtnominierung erforderlichen besonderen Gründe seien von dem Verfügungsbeklagten nicht dargelegt worden.

Er habe aus den im Beschluss des Sportschiedsgerichts vom 19.07.2008 dargelegten Gründen die Leistungskriterien der Nominierungsrichtlinien erfüllt. Im Übrigen habe er auch ohne Normerfüllung einen Anspruch auf Nominierung aus Gründen der Gleichbehandlung. Andere Athleten, z.B. A, seien ohne jede Erfüllung von Nominierungsanforderungen als Härtefall zu den Olympischen Spielen in Peking gemeldet worden.

Der Verfügungsbeklagte hat unter Bezugnahme auf die erstinstanzlich vorgelegte Schutzschrift die landgerichtliche Entscheidung verteidigt und beantragt, den Antrag auf Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Frankfurt sowie den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Der Verfügungsbeklagte macht geltend, die einstweilige Verfügung sei bereits unzulässig, weil eine Meldung des Verfügungsklägers beim IOC nicht mehr möglich sei. Die dort verbindliche Meldefrist sei abgelaufen und eine Nachnominierung nicht möglich.

Der Nominierungsanspruch könne keineswegs aus der Athletenvereinbarung hergeleitet werden, weil ein vom Verfügungskläger unterzeichnetes Vertragsexemplar ihm nicht vorliege und von ihm auch keinesfalls angenommen worden sei.

Auch auf andere Rechtsgründe könne ein Verfügungsanspruch nicht gestützt werden, weil ihm ein eigenes Auswahlrecht für die endgültige Nominierung zustehe. Der Verfügungskläger habe die verbindlichen Nominierungsvoraussetzungen nicht erfüllt, weil er die 17 Meter nicht in zwei verschiedenen Wettkämpfen erzielt habe. Gemäß der Regel 180.21 der Wettkampfregeln des Internationalen Leichtathletikverbandes, die als Grundlage für alle offiziellen Wettkämpfe heranzuziehen sei, falle lediglich die beste Leistung eines Wettkämpfers in die offizielle Wettkampfwertung. Daher könnten keineswegs die beiden Sprünge bei dem Weseler Springermeeting, mit welcher die Norm erreicht worden sei, als Normerfüllung gewertete werden. Dies sei vom Verfügungskläger zunächst ebenso gesehen worden, habe er sich doch ohne Weiteres auf die vom DLV eingeräumte Fristverlängerung eingelassen.

Unabhängig von diesen Überlegungen habe der Verfügungskläger keine begründete Endkampfchance. Mit der Leistung von 17,04 Meter belege er in der bereinigten Weltbestenliste derzeit lediglich Rang 27. Außerdem fehle es angesichts der im Jahr 2008 erzielten Wettkampfergebnisse an der für eine begründete Endkampfchance notwendigen Konstanz.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass die Berücksichtigung und Umsetzung einer Nominierung seitens der Verfügungsbeklagten durch das IOC zweifelhaft erscheint. Auch wenn die Meldefrist beim IOC bereits am 23.07.2008 abgelaufen war, ist nicht ausgeschlossen, dass das IOC gleichwohl eine eventuelle Nachnominierung seitens des Verfügungsbeklagten noch akzeptiert und entgegennimmt. Es kann unter diesem Gesichtspunkt daher weder das Rechtschutzbedürfnis des Verfügungsklägers an dem beantragten vorläufigen Rechtschutz noch der Verfügungsgrund verneint werden.

In der Sache bleibt die sofortige Beschwerde aber ohne Erfolg. Der Verfügungskläger hat gegen den Verfügungsbeklagten keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf seine Nominierung zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking.

Unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen Frage des Zustandekommens einer Athletenvereinbarung zwischen ihnen beiden, besteht im Hinblick auf die im Raum stehende Nominierung zu den Olympischen Wettkämpfen zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits eine vorvertragliche Sonderverbindung, die die Vertragsfreiheit des Verfügungsbeklagten als Monopolverband einschränkt und ihn zur Gleichbehandlung nicht nur seiner Mitglieder, sondern auch seiner potentiellen Vertragspartner verpflichtet (Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Aufl. 2007, S. 162 Rn. 128). Ein sich daraus ergebender möglicher Nominierungsanspruch des Verfügungsklägers aus § 242 BGB in Verbindung mit Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit den Nominierungsgrundsätzen und den Nominierungsrichtlinien des Verfügungsbeklagten scheitert daran, dass der Verfügungskläger die in den Richtlinien festgelegten Leistungskriterien nicht erfüllt hat.

Der Verfügungsbeklagte hat das ihm zustehende Ermessen bei der Nominierungsentscheidung mit den von seinem Präsidium auf den Sitzungen vom 13.03. und 24.07.2007 beschlossenen "Nominierungsgrundsätzen" konkretisiert und sich insoweit einer Selbstbindung unterworfen. Er muss sich an diese von ihm eigenverantwortlich in freier Entscheidung getroffenen Regelungen auch gegenüber dem Verfügungskläger festhalten lassen (BGHZ 110, 323, 326).

Mit den in den auf der Basis der Ziffer 2.2 und Ziffer 3. der Nominierungsgrundsätze erstellten Nominierungsrichtlinien 2008 benannten Leistungswerten hat der Verfügungsbeklagte sich dahingehend gebunden, dass bei Normerfüllung der nach Ziffer 2.2 der Nominierungsgrundsätze erforderte "Leistungsnachweis einer begründeten Endkampfchance" bei den Olympischen Spielen Peking 2008 indiziert wird. Die für die Prognose der begründeten Endkampfchance maßgeblichen Leistungskriterien sind gemäß der vorstehend genannten Ziffer 2.2 und Ziffer 3. der Nominierungsgrundsätze gemeinsam zwischen dem Geschäftsbereich Leistungssport des Verfügungsbeklagten, den Spitzenverbänden und den betreffenden Aktivensprechern der Verbände/Disziplinen sportartspezifische erarbeitet und abgestimmt worden. Ergebnis dieser gemeinsamen Arbeit sind die unter Ziffer 3. der Nominierungsrichtlinien 2008 zusammengestellten DLV-Olympianormen. Gemäß Ziffer 3.1.2 der Nominierungsrichtlinien ist die Olympianorm dann erfüllt, wenn in den Disziplinen, in denen die erste und zweite Norm benannt ist, beide Normen mindestens je einmal in einer der unter Ziffer 3.1.1 benannten Veranstaltungen erreicht wurde. Im Dreisprung gilt die Olympianorm bereits auch dann als erfüllt, wenn die alternativ benannte Normanforderung (hier: 2 x 17 Meter) erreicht wurde.

Die Indizierung der "begründeten Endkampfchance" bei Normerreichung und die daraus resultierende Selbstbindung der Verfügungsbeklagten spiegelt sich auch in der Präambel zu den Nominierungsrichtlinien 2008 wieder. In dem dortigen Absatz 4 ist geregelt, dass Abweichungen von den festgeschriebenen Normen möglich sind, wenn das internationale Leistungsbild zum Nominierungszeitpunkt (hier: 23.07.2008) eine veränderte Prognose der Endkampfchance ergibt. Ohne die von dem Verfügungsbeklagten darzulegende und bislang nicht vorgetragene Änderung des internationalen Leistungsbildes kann im Falle der Normerfüllung die Nominierung des Athleten nicht mit der Begründung der fehlenden Endkampfchance verweigert werden.

Der aus dieser Selbstbindung der Verfügungsbeklagten resultierende Anspruch des Verfügungsklägers auf Nominierung zu den Olympischen Spielen scheitert jedoch daran, dass dieser die in Ziffer 3.1.2 in Verbindung mit Ziffer 3.1.9 der Nominierungsrichtlinien 2008 vorgegebene Leistungserfordernisse nicht erfüllt hat.

Entgegen der Auffassung des Verfügungsklägers ist in der Frage der Normerfüllung durch den Beschluss des Sportschiedsgerichts vom 19.07.2008 keine Bindungswirkung eingetreten. Der schiedsgerichtliche Beschluss hat allein den darin verpflichteten deutschen Leichtathletikverband verpflichtet. Der Verfügungsbeklagte ist demgegenüber in seiner Vereinsautonomie nicht an die Vorgaben seines Mitglieds, des DLV, gebunden. Zwar mag es entsprechend dem Vorbringen des Verfügungsklägers zutreffen, dass nach eigenem Bekunden das Präsidium des Verfügungsbeklagten sportrechtliche Fragen im Wege der Schiedsgerichtsbarkeit geklärt wissen will und das deutsche Sportschiedsgericht wesentlich von dem Verfügungsbeklagten mit initiiert und mitgeschaffen worden ist. Infolge dessen mag der Verfügungskläger auch darauf vertraut haben, dass der Verfügungsbeklagte den genannten Beschluss des deutschen Sportschiedsgerichts annimmt. Für den Verfügungsbeklagten kann der Beschluss des Sportschiedsgerichts aber bereits allein wegen dessen fehlender Teilhabe an dem Schiedsgerichtsverfahren nicht rechtlich bindend sein.

Die mit der ersten Norm vorgegebene Weite von 17,10 Meter ist der Verfügungskläger im hier maßgeblichen, ihm gegenüber verlängerten Nominierungszeitraum vom 01.03. bis 13.07.2008 nicht gesprungen. Entgegen seiner Auffassung kann der von ihm in Wesel absolvierte Sprung von 17 Meter ohne Balken nicht effektiv als 17,14 Meter gewertet werden. Für die Weitenmessung gibt es einschlägige und dem Verfügungskläger bekannte international geltende Bestimmungen, die bei der Frage der Erfüllung der Leistungskriterien der Nominierungsrichtlinien zugrunde zu legen sind. Dass ein Sprung tatsächlich, weil einige Zentimeter vor dem Balken bereits abgesprungen, weiter als nach den verbindlichen Regeln gemessen erfolgt ist, kann dabei keine Rolle spielen.

Der Verfügungskläger hat auch nicht die für eine Olympianominierung genügende zweite Norm erfüllt, wonach zwei Sprünge von mindestens 17 Meter ausreichen. Die zweimalige Normerfüllung erfordert, entgegen der Auffassung des Verfügungsklägers, dass die Leistungen auf zwei verschiedenen Veranstaltungen an verschiedenen Tagen erbracht worden sind. Dieses Verständnis folgt einer an Sinn und Zweck der Regelung der Ziffer 3.1.2 in Verbindung mit Ziffer 3.1.9 der Nominierungsrichtlinien 2008 orientierten Auslegung. Der Wortlaut der Nominierungsrichtlinien unter Ziffer 3.1.2 S. 1 liefert - insoweit folgt der Senat der in dem sportsschiedsgerichtlichen Beschluss niedergelegten Auffassung - keinen eindeutigen Anhaltspunkt dafür, dass die Normen zwingend auf zwei verschiedenen Veranstaltungen erfüllt sein müssen. Eine an Sinn und Zweck der Regelung unter Beachtung des Empfängerhorizontes orientierte Auslegung ergibt jedoch, dass mit der zweiten Norm insbesondere dem für die Auswahl der Athleten maßgeblichen Kriterium der "Konstanz der Leistungen" Rechnung getragen werden soll. Die eigenständige und wesentliche Bedeutung dieses Kriteriums für die Athletennominierung folgt unmittelbar aus der Formulierung in Absatz 3 der Präambel der Nominierungsrichtlinie 2008. Danach sollen grundsätzlich "für den jeweiligen internationalen Jahreshöhepunkt diejenigen Athletinnen und Athleten nominiert werden, die zum Nominierungszeitpunkt die bestmöglichste Platzierung zum Saisonhöhepunkt erwarten lassen. Dabei werden die absolute Jahresbestleistung, die Leistungsentwicklung in der Saison, die Konstanz der Leistungen und ... zum Nominierungszeitpunkt bewertet".

Die Bedeutung der Konstanz der Leistungserbringung für die Nominierungsentscheidung erschließt sich unmittelbar auch den betroffenen Athleten. Nur wenn der Athlet wiederholt in der Lage ist eine Spitzenleistung abzurufen, besteht eine für die Prognose der begründeten Endkampfchance hinreichende Gewähr, dass ihm dies auch im Rahmen des olympischen Wettkampfs gelingen wird. Außerdem würde unter dem Gesichtspunkt der Konstanz der Leistung das grundsätzliche Erfordernis der Erfüllung der ersten und zweiten Norm gemäß Ziffer 3.1.2 der Nominierungsrichtlinien für die Nominierung keinen Sinn ergeben. Die Mehrfacherfüllung der Nominierungsvoraussetzung im Rahmen eines einzelnen Wettkampfs belegt allein die "Topform" des Athleten an dem einen Wettkampftag, lässt jedoch eine Aussage über die Konstanz seines Leistungsvermögens nicht zu. Ruft der Athlet demgegenüber eine Höchstleistung nicht nur in einem, sondern wiederholt in einem weiteren Wettkampf ab, so stützt sich die Prognose der begründeten Endkampfchance im olympischen Wettkampf auf eine fundiertere Grundlage.

Diesem Verständnis steht nicht entgegen, dass noch in den Nominierungsrichtlinien 1997 für die damaligen Weltmeisterschaften in den DLV-Richtlinien unter Ziffer 3.1.1 ausdrücklich folgende Regelung enthalten war: "Als zweimalige Normerfüllung wird nur anerkannt, wenn diese in zwei Veranstaltungen an zwei verschiedenen Tagen erfolgt". Das Fehlen einer entsprechenden - sicherlich wünschenswerten - ausdrücklichen klarstellenden Regelung in den hier maßgeblichen Nominierungsrichtlinien indiziert nicht, dass eine zweimalige Normerfüllung im Rahmen eines Wettbewerbes genügen sollte. Zum einen betreffen die angeführten Richtlinien 1997 die Nominierung der Athleten für die damals anstehende Weltmeisterschaft, was nicht zwingend mit der Nominierung für die Olympischen Spiele vergleichbar ist. Bezeichnenderweise hat der Verfügungskläger den Wortlaut von Nominierungsrichtlinien für vergangene Olympiaden nicht vorgetragen. Außerdem ist nach eigenem Vortrag des Verfügungsklägers die noch in den Nominierungsrichtlinien 1997 enthaltene Regelung später entfallen, um insbesondere den Athleten der Laufdisziplinen eine vereinfachte Qualifizierung zu ermöglichen. Auch aus diesem Gesichtspunkt lässt sich für den hier maßgeblichen Dreisprungwettbewerb keine zwingende Schlussfolgerung ziehen.

Die im schiedsgerichtlichen Beschluss vom 19.07.2008 ausgeführte Überlegung, dass mit der Zweitnorm nicht zwingend die Nachhaltigkeit und Konstanz von erzielten Leistungen überprüft werden sollte, kann angesichts der hier in der Präambel der Nominierungsrichtlinien hervorgehobenen Bedeutung des Kriteriums der Konstanz der Leistungserbringung nicht überzeugen.

Entgegen der vom Verfügungskläger unter Berufung auf die Ausführungen in dem schiedsgerichtlichen Beschluss vorgetragenen Auffassung kann die von ihm vertretene Auslegung auch nicht mit einer Analogie zur Unklarheitenregelung in § 305 c Abs. 2 BGB begründet werden. Eine entsprechende Anwendung der AGB - rechlichen Unklarheitenregelung ist im vorliegenden Fall nach Sinn und Zweck nicht geboten. Zwar werden die Leistungskriterien im vorliegenden Fall zwischen dem Athleten und dem Verfügungsbeklagten nicht individuell ausgehandelt. Entgegen der für die Verwendung von allgemeinen Geschäftsbedingungen typischen einseitigen Vorgabe von Regelungen sind hinsichtlich der sportartspezifischen Nominierungskriterien die Interessen der Sportler durchaus berücksichtigt worden. Gemäß Ziffer 3. der Nominierungsgrundsätze sind nämlich inhaltlich die Kriterien gemeinsam zwischen dem Geschäftsbereich Leistungssport des Verfügungsbeklagten, den Spitzenverbänden und - hier wesentlich - den betreffenden Aktivensprechern der Verbände/Disziplinen ausgearbeitet worden. Durch die Mitwirkung der Aktivensprecher kann keineswegs von einem einseitigen Diktat der sportartspezifischen Nominierungskriterien seitens des Verfügungsbeklagten ausgegangen werden.

Die Voraussetzung von zwei Sprüngen von jeweils mindestens 17 Meter im Rahmen von unterschiedlichen Veranstaltungen an verschiedenen Tagen hat der Verfügungskläger nicht erfüllt. Allein auf dem 4. Weseler Springmeeting am 25. Juni 2008 erreichte der Verfügungskläger mit Sprüngen von 17 Meter (Vorkampf) und 17,04 Meter (Endkampf) die 17-Meter-Grenze.

Die beim Wettbewerb in Tanger am 13.07.2008 erzielte Weite von 17,09 Meter kann wegen eines unzulässigen Rückenwindes von 2,3 Meter pro Sekunde nicht berücksichtigt werden. Entgegen der Auffassung des Verfügungsklägers ist eine entsprechende Herunterrechnung der Leistung auf das erlaubte Rückenwindmaß von 2 Meter pro Sekunde nicht üblich und entspräche auch nicht den in den Nominierungsrichtlinien vorgegebenen Werten.

Hat der Verfügungskläger somit die Leistungsanforderungen gemäß den Ziffern 3.1.2 in Verbindung mit Ziffer 3.1.9 der Nominierungsrichtlinien nicht erfüllt, fehlt es hinsichtlich des für die Nominierungsentscheidung maßgeblichen Kriteriums der begründeten Endkampfchance an einer durch die Normerfüllung des Athleten eingetretenen Selbstbindung des Verfügungsbeklagten und kann demzufolge nicht zur Begründung eines Rechtsanspruchs des Verfügungsklägers auf Nominierung führen.

Ohne Erfüllung der besagten Nominierungskriterien verbleibt dem Verfügungskläger gegen den Verfügungsbeklagten lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Dass der Verfügungsbeklagte diesen Anspruch verletzt hat, ist im vorliegenden Fall auch unter Berücksichtigung der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung am 30.07.2008 nicht anzunehmen. Weder die untadelige Sportkarriere des Verfügungsklägers, die unter anderem in dem im Jahr 2007 verliehenen Rudolf-Harbig-Preis ihren Ausdruck gefunden hat, noch die wiederholten Sprünge des Verfügungsklägers im Bereich der 17-Meter-Grenze, noch die ohne jede Erfüllung einer Anforderung als Härtefall erfolgte Nominierung der 40-jährigen A lassen im vorliegenden Fall eine Unbilligkeit der Ermessensentscheidung erkennen. Der Verfügungskläger hat nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung er im Hinblick auf die Nominierung von A ebenfalls zu den Olympischen Spielen in Peking hätte gemeldet werden müssen.

Fehlt es aber an einer unbilligen Ermessensentscheidung so kann vorliegend auch von keiner einen Anspruch aus § 826 BGB stützenden vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung des Verfügungsklägers durch die Nichtnominierung seitens der Verfügungsbeklagten ausgegangen werden. Dass der alleinige tatsächliche Beweggrund der starren Haltung des Verfügungsbeklagten sei, den Schiedsspruch des Deutschen Sportschiedsgerichts des Deutschen Leichtathletikverbandes zu unterlaufen bzw. dem darin unterlegenen Präsidium des DLV zu helfen, hat der Verfügungskläger nicht hinreichend mit verifizierbaren Tatsachen untermauert.

Ein weiterhin in Betracht zu ziehender Anspruch aus den §§ 20 Abs. 1, 33 GWG entfällt, weil aus den vorstehend genannten Gründen von der darin vorausgesetzten Unbilligkeit oder Grundlosigkeit der Nichtnominierungsentscheidung des Verfügungsbeklagen nicht ausgegangen werden kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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