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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 20.12.2005
Aktenzeichen: 4 W 74/05
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 141 | |
ZPO § 380 |
Gründe:
Die sofortige Beschwerde ist nach den §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 141 Abs. 3 , 380 Abs. 3 ZPO statthaft. Sie ist auch fristgerecht eingelegt worden. Die zweiwöchige Frist des § 569 Abs. 1 ZPO begann nach § 569 Abs. 1 S. 2 ZPO erst mit der Zustellung des Ordnungsmittelbeschlusses am 6.10.2005 zu laufen und ist deshalb mit dem Eingang der sofortigen Beschwerde am 20.10.2005 gewahrt worden. Die Verkündung des Beschlusses am 15.9.2005 setzte die Frist auch dann noch nicht in Lauf, wenn der Beklagtenvertreter die Beschwerdeführerin vertreten hat, weil das Zustellungserfordernis des § 329 Abs. 3 ZPO auch für verkündete Beschlüsse gilt.
Die Beschwerde ist in der Sache auch begründet. Der erlassene Ordnungsmittelbeschluss war aufzuheben, weil das Landgericht bei der Festsetzung des Ordnungsgeldes das ihm nach § 141 Abs. 3 ZPO eingeräumte Ermessen überschritten hat. Die Möglichkeit zur Anordnung eines Ordnungsgeldes gegen eine nicht erschienene Partei dient der Förderung des Prozesses dadurch, dass die Partei zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung angehalten werden soll, damit diese zur Aufklärung des Sachverhaltes beiträgt (§ 141 ZPO) oder um eine gütliche Einigung herbeizuführen (§ 278 Abs. 2, S. 3 und Abs. 3 ZPO). Bei der Entscheidung über die Verhängung eines Ordnungsgeldes muss das Gericht im Rahmen des Ermessens prüfen, inwieweit das Ordnungsgeld als Zwangmittel im konkreten Fall geeignet ist, diesen Zwecken zu dienen. Das hier vom Landgericht gegen die Geschäftsführerin der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten (im folgenden: Geschäftsführerin der Beklagten) festgesetzte Ordnungsgeld konnte zum Zeitpunkt seiner Anordnung keinen der beiden genannten Zwecke mehr fördern. Mit seiner Festsetzung hat das Landgericht daher das ihm eingeräumte Ermessen überschritten.
Das Landgericht hat das persönliche Erscheinen der Geschäftsführerin der Beklagten zur Aufklärung des Sachverhaltes angeordnet. Im Schriftsatz vom 29.6.2005 (Bl. 33) hat die Beklagte dargelegt, dass ihr Prozessbevollmächtigter "mit den ehemaligen Mitarbeitern, die unmittelbar im Rahmen des streitgegenständlichen Auftragsverhältnisses auf Seiten der Beklagten tätig waren" Rücksprache halten müsse. Aus dem Schriftsatz ergibt sich weiter, dass die eine Mitarbeiterin eine Frau A und "der weitere, mit der Angelegenheit betraute Mitarbeiter der Beklagten" ein Herr B sei. Dieser Mitarbeiter wolle in der mündlichen Verhandlung mit Parteivollmacht erscheinen. Hinzu kommt, dass auch in der Replik des Klägers der Darstellung der Beklagten über die handelnden Personen nicht widersprochen wurde, sondern auch hier nur Frau A und Herr B Erwähnung finden. Aus alledem war für das Gericht bis zur mündlichen Verhandlung mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar, dass die Geschäftsführerin der Beklagten über die Geschehnisse, die den Umfang und die Abwicklung des Auftrages an den Kläger betrafen, keine Kenntnisse aus eigener Wahrnehmung hat und sie zur Sachaufklärung insofern nicht beitragen kann. Einem damit begründeten Antrag der Beklagten auf Entbindung ihrer Geschäftsführerin vom persönlichen Erscheinen hätte deshalb stattgegeben werden müssen.
Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Beklagte, nachdem der Termin, zu dem der Mitarbeiter B wegen Urlaubes nicht erscheinen konnte, nicht verlegt wurde, beim Gericht einen Antrag auf Entbindung vom persönlichen Erscheinen hätte stellen müssen. Die Ahndung dieses Unterlassens mit einem Ordnungsgeld entspricht jedoch nicht dessen Sinn, weil die Festsetzung des Ordnungsgeld nicht als Mittel zur Wahrung der gerichtlichen Autorität anzusehen ist, sondern allein der Prozessförderung dient (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 141 Rz. 54).
Da schon aus diesem Grund das verhängte Ordnungsgeld zur Aufklärung des Sachverhalts nicht notwendig war, kann dahin gestellt bleiben, ob beim Ausbleiben einer Partei, deren persönliches Erscheinen zum Zweck der Sachverhaltsaufklärung angeordnet war, ein Ordnungsgeld schon dann nicht festgesetzt werden darf, wenn sich das Ausbleiben der Partei nicht verzögernd oder verfahrenserschwerend auf den Prozess ausgewirkt hat (streitig, vgl. einerseits Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 141 Rz. 53 ff. m.w.N. und andererseits Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 141 Rz. 12). Dies kommt nämlich hinzu, weil das Landgericht im Termin an den Beklagtenvertreter keine Fragen gerichtet hat, die unbeantwortet blieben sind, und im Verkündungstermin aufgrund der Verhandlung einen Beweisbeschluss erlassen hat, der keine ergänzenden Hinweise oder Fragen enthält. Eine über die vorbereitenden Schriftsätze hinaus gehende Sachaufklärung ist damit nicht notwendig geworden.
Zum Zweck der Herbeiführung einer gütlichen Einigung war das Ordnungsgeld für das Ausbleiben der Geschäftsführerin der Beklagten schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil das persönliche Erscheinen der Geschäftsführerin der Beklagten zum Zwecke einer gütlichen Einigung ausweislich der Verfügung des Gerichts und der ergangenen Ladung (Bl. 24) nicht angeordnet worden ist. Das Gericht hat nach § 278 Abs. 3 ZPO die Möglichkeit das persönliche Erscheinen mit dieser Zweckbestimmung anzuordnen, hier davon auch keinen Gebrauch gemacht. Eine vorherige Güteverhandlung nach § 278 Abs. 2 ZPO wurde nach dem Protokoll der Sitzung vom 15.9.2005 im übrigen auch nicht durchgeführt.
Ende der Entscheidung
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