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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 13.11.2007
Aktenzeichen: 5 U 26/06
Rechtsgebiete: AktG, ZPO, WpHG, BGB, UmwG


Vorschriften:

AktG § 16 S. 3
AktG § 71
AktG § 71 Abs. 1 Nr. 8
AktG § 76 Abs. 1
AktG § 83 Abs. 2
AktG § 123 Abs. 3 S. 2
AktG § 161
AktG § 181 Abs. 1
AktG § 186
AktG § 186 Abs. 4
AktG § 186 Abs. 4 S. 2
AktG § 204
AktG § 204 Abs. 1 S. 2
AktG § 221
AktG § 241
AktG § 241 Abs. 1 Nr. 3
AktG § 241 Abs. 1 Nr. 4
AktG § 245
ZPO § 520 Abs. 3
WpHG § 13 Abs. 1
BGB § 126
UmwG § 8
UmwG § 8 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Nichtigerklärung, hilfsweise Nichtigkeitsfeststellung mehrerer Beschlüsse der Jahreshauptversammlung der Beklagten am 20.5.2005 (Tagesordnung und Beschlussformulierungen Bl. 73 ff.; Protokoll Bl. 232 ff. d.A.). An dieser Hauptversammlung hat der Kläger mit einer ihm von der Beklagten zugeteilten Stimmkarte teilgenommen und zu Protokoll des amtierenden Notars gegen sämtliche Beschlussfassungen der Tagesordnung sowie gegen alle Beschlüsse betreffend die Geschäftsordnungsanträge Widerspruch erklärt (Bl. 269). Mit der vorliegenden, am 20.6.2005 bei Gericht eingegangenen Klage wendet der Kläger sich gegen

- die Entlastung des Vorstands (TOP 3),

- die Entlastung des Aufsichtsrats (TOP 4),

- die Ermächtigung des Vorstands zum Erwerb eigener Aktien gem. § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG (TOP 7),

- die Ermächtigung des Vorstands zur Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen (TOP 8)

- und die Ermächtigung des Vorstands zur Eintragung von Satzungsänderungen in Bezug auf das Inkrafttreten des UMAG (TOP 9).

Mit Urteil vom 18.1.2006, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Gegen dieses ihm am 1.2.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 28.2.2006 eingelegte Berufung des Klägers, die - nach Verlängerung der Frist bis zum 2.5.2006 - am 3.5.2006 begründet wurde. Gegen die Versäumung der Begründungsfrist wurde dem Kläger mit Beschluss vom 31.7.2006 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Der Kläger wiederholt und ergänzt sein erstinstanzliches Vorbringen. Er behauptet, er sei am Tag der Hauptversammlung, dem 20.5.2005, mit zehn Aktien am Grundkapital der Beklagten beteiligt gewesen. Er ist der Ansicht, der pauschale Widerspruch gegen sämtliche Beschlüsse der Jahreshauptversammlung sei wirksam gewesen. Zu den einzelnen Beschlüssen trägt er vor:

TOP 3 (Entlastung des Vorstands): Der Vorstand habe durch irreführende bzw. falsche Angaben dem Kapitalmarkt und der Hauptversammlung gegenüber das Informationsrecht verletzt. Die Vorstandsmitglieder hätten eine Pflichtverletzung auch dadurch begangen, dass sie die Entsprechenserklärung nach § 161 AktG zu früh abgegeben hätten und zwei Vorstandsmitglieder daran nicht mitgewirkt hätten.

TOP 4 (Entlastung des Aufsichtsrats): Die Entsprechenserklärung nach § 161 AktG vom November 2004 sei inhaltlich unvollständig und fehlerhaft, weil sie nicht den gesamten zur Entlastung anstehenden Zeitraum abdecke. Der Aufsichtsrat habe sich seiner Kontrollpflicht begeben, indem er eine vorherige Zustimmung zu Handlungen des Vorstands im Rahmen der nach TOP 7 b) vorgesehenen Ermächtigung nicht sichergestellt habe.

TOP 7 (Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien): Der Bericht des Vorstands nach § 186 Abs. 4 S. 2 AktG erfülle das Schriftformerfordernis nicht und sei inhaltlich ungenügend. Die Ermächtigung, erworbene eigene Aktien ohne Hauptversammlungsbeschluss einzuziehen, müsse befristet werden. Er erläutere nicht ausreichend, weshalb der Beschluss den Vorstand ermächtige, etwa erworbene eigene Aktien als Verwässerungsschutz an Inhaber von Wandlungs- und Optionsrechten oder zur Ausgabe von Belegschaftsaktien an Mitarbeiter und Pensionäre zu verwenden."

TOP 8 (Ermächtigung zur Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen): Der Bericht des Vorstands nach § 186 Abs. 4 S. 2 AktG erfülle das Schriftformerfordernis nicht und sei inhaltlich ungenügend.

TOP 9 (Satzungsänderungen): Die Beschränkung der Anmeldung und des Nachweises über den Anteilsbesitz auf die deutsche oder die englische Sprache in § 17 Abs. 2 der Satzung sei unzulässig. Die Ermächtigung des Vorstands, die Änderung erst nach Inkrafttreten des UMAG in das Handelsregister anzumelden, räume diesem einen unzulässigen Ermessensspielraum ein.

Der Kläger verfolgt seine erstinstanzlich gestellten Anträge weiter.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und - nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Begründungsfrist mit Beschluss vom 31.7.2006 - auch begründet worden.

Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass diese sich gegen die Abweisung des Hauptantrags des Klägers (Nichtigerklärung der Hauptversammlungsbeschlüsse) mangels Vorliegens von Nichtigkeitsgründen i.S.d. § 241 AktG nur mit dem aufrechterhaltenen erstinstanzlichen Antrag wendet und eine ausdrückliche Begründung fehlt. Prozessual kann eine den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügende Begründung der Berufung darin gesehen werden, dass man den Vortrag des Klägers in zweiter Instanz dahin auslegt, die vorgetragenen Mängel erfüllten die Nichtigkeitsgründe aus § 241 Abs. 1 Nr. 3, 4 AktG.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen dem Berufungsverfahren zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Dies gilt hinsichtlich des Hauptantrags, weil - wovon das Landgericht zutreffend ausgegangen ist - weder eine Sittenwidrigkeit der Beschlüsse noch eine Unvereinbarkeit mit dem Wesen einer Aktiengesellschaft oder eine Verletzung von Gläubiger- oder Öffentlichkeitsschutzvorschriften ersichtlich ist.

Unbegründet ist auch die mit dem Hilfsantrag verfolgte Anfechtungsklage. Dabei kann dahin stehen, ob der Kläger anfechtungsberechtigt i.S.d. § 245 AktG ist, weil es bereits an einem Anfechtungsgrund fehlt (§ 243 Abs. 1 AktG).

1. Ein solcher Anfechtungsgrund ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht aus der unter TOP 3 erfolgten Entlastung des Vorstands.

Zu Recht hat das Landgericht den Entlastungsbeschluss schon unter Bezugnahme auf die Macroton-Entscheidung des BGH (WM 2003, 1032) für rechtmäßig angesehen. Danach ist ein Entlastungsbeschluss auch dann anfechtbar, wenn Gegenstand der Entlastung ein Verhalten von Vorstand oder Aufsichtsrat ist, das eindeutig einen schwerwiegenden Gesetzes- oder Satzungsverstoß beinhaltet. Ob sich aus dieser Entscheidung, wie das Landgericht annimmt, tatsächlich ergibt, dass die Entlastung nur bei schwerwiegenden Verstößen anfechtbar ist, kann dahinstehen. Eine Verletzung der Informationspflichten liegt dann jedenfalls nicht vor, weil es Zweck der Erklärung nach § 161 AktG ist, Kapitalmarktteilnehmern Investitionsentscheidungen zu ermöglichen (so die Begründung zum TransPuG, zit. nach Seibert, TransPuG, 2003, S. 65, Bl. 287 d.A.) die Vorschrift also nicht dazu dient, den Aktionären Informationen zur Entscheidung über die Entlastung der Organe zu verschaffen.

a) Der Wirksamkeit der Entlastung steht nicht entgegen, dass die am 9. November 2004 abgegebene Erklärung nach § 161 AktG (den Empfehlungen der "Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex" wurde entsprochen) die Nichtmitwirkung zweier Vorstandsmitglieder nicht erkennen lässt. Das Vorstandsmitglied A war am 30.9.2004 ausgeschieden, sein Nachfolger Dr. B erst zum 10.11.2004 eingetreten.

An dem Beschluss haben sämtliche zum Zeitpunkt der Beschlussfassung zum Vorstand bestellten Personen mitgewirkt, dieser ist einstimmig gefasst worden. Dass bei Wechsel eines Vorstands im laufenden Geschäftsjahr entweder der alte oder der neue Vorstand an der Erklärung nicht mitgewirkt haben können, ist eine Selbstverständlichkeit, eines Hinweises hierauf bedarf es nicht. Dies wird, soweit erkennbar, nirgends in Rechtsprechung in Literatur vertreten (die vom Kläger zitierte Fundstelle bei Hüffer betrifft den Fall der nicht einstimmig gefassten Entschließung). Aus dem Umstand, dass vorliegend sowohl der alte als auch der neue Vorstand nicht mitwirken konnten, ergibt sich nichts anderes.

b) Unerheblich ist auch, dass die Erklärung nach § 161 AktG, die am 9. November 2004 abgegeben wurde, nicht den gesamten Entlastungszeitraum bis zum 31.12.2004 umfasst. Soweit eine Anfechtung nicht schon im Hinblick auf den Adressaten der Erklärung (dazu oben a.) ausgeschlossen ist, verlangt § 161 AktG lediglich die "jährliche" Abgabe der Erklärung, nicht, dass dieser Zeitraum sich mit dem der Entlastung deckt (Hüffer, a.a.O., § 161 Rn. 15; Lutter, Kölner KommAktG, 3. Aufl. 2006, § 161, Rn. 52).

c) Fehlerhaft ist der Entlastungsbeschluss auch nicht deswegen, weil der Vorstand durch eine irreführende ad-hoc-Mitteilung im Zusammenhang mit dem Beschluss über die Gewinnverwendung und die diesbezüglichen Fragen des Klägers in der Hauptversammlung dessen Informationsrecht verletzt hat.

Die Mitteilungspflicht nach § 13 Abs. 1 WpHG erstreckt sich auf Umstände, bei denen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass sie in Zukunft eintreten werden. Seiner hieraus resultierenden Pflicht zur Veröffentlichung des vorläufigen Gewinnverwendungsbeschlusses ist der Vorstand nachgekommen, indem er am 15.2.2005 seinen Gewinnverwendungsvorschlag (Bl. 92 d.A.) bekannt machte. Zu diesem Zeitpunkt waren die Jahresabschlüsse noch nicht testiert. Nach Vorlage der Testate beschloss der Vorstand den (inhaltsgleichen) Dividendenvorschlag am 1.3.2005. Entgegen der Ansicht des Klägers ließ die Veröffentlichung vom 15.2.2005 erkennen, dass es sich formal noch nicht um den endgültigen Beschluss handelte, die Veröffentlichung deswegen nur vorläufigen Charakter hatte. Der Wortlaut ergibt eindeutig, dass der Konzern-Jahresüberschuss (und nicht der Überschuss allein der Klägerin) für die Dividende verwendet werden soll und dieser nur vorläufig und untestiert mitgeteilt wird. Die Erklärung kann deswegen nur dahin verstanden werden, dass auch der beabsichtigte Gewinnverwendungsvorschlag nur vorläufig gewesen sein kann.

Dass dem Kläger auf seine Frage (Bl. 789 d.A.) in der Hauptversammlung eine falsche Antwort gegeben worden wäre, hat er nicht konkretisiert. Dass der Inhalt der Antwort dem Vorschlag des Back Office (Bl. 444 d.A.) entsprach, ist genauso unstreitig, wie die inhaltliche Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben.

d) Eine Verletzung der Informationspflicht des Klägers liegt auch insoweit nicht vor, als ihm auf seine Frage (Wortlaut Bl. 791 d.A.) nach einem beabsichtigten Personalabbau mitgeteilt wurde, vor Personalfragen würden Sachkosteneinsparungen geprüft, eine weitere Präzisierung sei derzeit nicht möglich. Aus dem Bericht C vom 4.6.2005 ergibt sich die Unrichtigkeit dieser Auskunft nicht. Darin wird lediglich mitgeteilt, Gespräche zwischen Vorstand und Betriebsrat über einen Personalabbau würden bereits im Juli beginnen. Zum einen lässt sich ein Widerspruch zwischen dem Inhalt der Antwort und dem Pressebericht schon deswegen nicht erkennen, weil die dem Kläger in der Hauptversammlung erteilte Antwort des Vortandsvorsitzenden vage und allgemein formuliert ist. Zum anderen ist es möglich, dass sich die Unternehmenssituation in den zwischen der Hauptversammlung und dem Pressebericht liegenden Zeitraum von rund zwei Wochen geändert hat. Insoweit hat die Beklagte unwiderlegt vorgetragen, zum Zeitpunkt der Hauptversammlung sei die Untersuchung über Kosteneinsparungsmöglichkeiten in vollem Gange gewesen und habe sich auch danach noch mehrere Wochen hingezogen.

2. Ein Anfechtungsgrund ergibt sich auch nicht aus der unter TOP 4 erfolgten Entlastung des Aufsichtsrats.

a) Soweit der Kläger seine Anfechtung auf die Mitwirkung des Aufsichtsrats an der Erklärung nach § 161 AktG stützt, kann auf die unter 1. gemachten Ausführungen Bezug genommen werden. Diese gelten für den Aufsichtsrat ebenso wie für den Vorstand.

b) Nicht zu beanstanden ist auch, dass der Aufsichtsrat sich keine vorherige Zustimmung für den Fall einer Wiederveräußerung unter Ausschluss des Bezugsrechts derjenigen eigenen Aktien vorbehalten hat, zu deren Erwerb die Hauptversammlung unter TOP 7 den Vorstand ermächtigt hat.

Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG ist eine Zustimmung des Aufsichtsrats weder für den Erwerb noch für die Weiterveräußerung oder den Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre vorgesehen.

Entgegen der Ansicht des Klägers folgt ein solches Zustimmungserfordernis auch nicht aus einer analogen Anwendung des § 204 Abs. 1 S. 2 AktG, der ein Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrats für den Fall vorsieht, dass der Vorstand das Bezugsrecht bei der Ausgabe neuer Aktien ausschließt. Dass in § 71 AktG auf § 204 AktG nicht verwiesen wird, ist keine Regelungslücke, sondern vom Gesetzgeber bewusst so gewollt. Dies ist auch sinnvoll, weil die Schutzbedürftigkeit der Aktionäre im Fall der Weiterveräußerung eigener Aktien mit der im Fall Ausgabe neuer Aktien nicht vergleichbar ist. Während bei der Ausgabe neuer Aktien durch die Erhöhung des Grundkapitals eine Minderung des Beteiligungsrechts der bisherigen Aktionäre eintritt ist dies ist bei der Veräußerung erworbener eigener Aktien nicht der Fall. Konsequenterweise hat der Gesetzgeber deswegen in § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG auf § 186 AktG verwiesen, auf § 204 AktG dagegen nicht.

Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Ansicht des Klägers - auch nicht aus dem erheblichen absoluten Wert der wiederveräußerbaren Aktien (den der Kläger mit fast 2 Mrd. Euro errechnet). Abgesehen davon, dass die Ermächtigung dem Vorstand nur eine Möglichkeit verschaffen sollte, im Bedarfsfall entsprechend zu handeln, ohne dass hierfür eine konkrete Absicht bestanden hätte und deswegen der gesetzlich zulässige Rahmen (10% des Grundkapitals) voll ausgeschöpft wurde, liegt es in der Natur der Sache, dass bei großen Gesellschaften die 10%-Marge einen größeren Betrag ausmacht, als bei kleinen Gesellschaften. Eine Betragshöchstgrenze hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen.

Letztlich führt auch der Umstand, dass die Hauptversammlung der Beklagten im Folgejahr ein Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrats beschloss, zu keiner anderen Beurteilung. Der Beklagten steht es frei, zur Vermeidung von Streitigkeiten den "sichersten Weg" zu beschreiten.

3. Nicht anfechtbar ist auch die unter TOP 7 beschlossene Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien unter Einschluss der Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss bei Wiederveräußerung.

a) Formal erfüllt der hierzu erforderliche Bericht des Vorstands das Schriftformerfordernis. Unstreitig war in der Hauptversammlung zunächst nur ein nicht unterzeichnetes Exemplar vorhanden, nachdem der Kläger dies beanstandet hatte, unterschrieben die Vorstände ein Exemplar (so der unbestrittene Vortrag der Beklagten Bl. 1064 d.A.).

Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. § 186 Abs. 4 AktG hat der Vorstand der Hauptversammlung einen "schriftlichen" Bericht über den Grund für den Bezugsrechtsausschluss vorzulegen. Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (Heidel/Rebmann, AnwKomm AktG, § 186, Rn. 37; Semler/Volhard/Reichert, Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, 2. Aufl. 2003, § 5 Rn. 3; Happ, Aktienrecht, 2. Aufl. 2004, Kap. 12.02, Rn. 7, S. 1217) ist dabei die Einhaltung der Schriftform nach § 126 BGB (und damit die eigenhändige Namensunterschrift) nicht erforderlich. Zwar spricht der Wortlaut des § 186 AktG dafür, die ratio dieser Norm aber dagegen. Bei der Erklärung nach § 186 AktG handelt es sich lediglich um eine Wissenserklärung, in der der Vorstand den Aktionären seine Gründe für die Ausschlussentscheidung darlegt. Einer Unterzeichnung bedarf diese Erklärung nicht (Fuhrmann, AG 2004, 135; Linnerz, EwiR 2005, 135; wohl auch Krieger, Münchner Handbuch AG, 3. Aufl., 2007, § 56, Rn. 94, zit. nach Bl. 1064 d.A.).

Entsprechendes wird in der Rechtsprechung (KG Urteil vom 25.10.2004 - 23 U 234/03) für den vergleichbaren Verschmelzungsbericht des Vorstands nach § 8 UmwG vertreten. Der BGH (Urteil vom 21.5.2007 - II ZR 266/04) hat insoweit zwar die Frage des Unterzeichnungserfordernisses ausdrücklich dahinstehen lassen, hält aber zumindest eine Unterzeichnung durch alle Vorstandsmitglieder nicht für erforderlich. Den Berichten des Vorstands - und zwar sowohl dem zur Verschmelzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UmwG als auch dem zum Bezugsrechtsausschluss bei Wiederveräußerung eigener Aktien nach § 186 AktG - kommt vor allem eine umfassende Informationsfunktion zu: Er soll die Verschmelzung und den Verschmelzungsvertrag im Einzelnen, insbesondere das Umtauschverhältnis der Anteile, rechtlich und wirtschaftlich erläutern und begründen. Weil dem geschriebenen Wort eine größere Präzision, Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit zukommt, soll der Bericht schriftlich vorliegen und nicht lediglich mündlich vorgetragen werden. Dass bei Unterzeichnung des Berichts durch Organmitglieder nur in vertretungsberechtigter Zahl etwa die Gefahr bestünde, der Bericht entspreche nicht dem Willen der Mehrheit des Organs, erscheint lebensfremd: Eine solche Manipulation könnte nicht verborgen bleiben, weil der Verschmelzungsbericht in der Hauptversammlung - zumeist, so auch hier, in Anwesenheit aller Vorstandsmitglieder - mündlich erläutert und erörtert wird (BGH, a.a.O., Rn. 27).

Letztlich kann diese Frage indes dahinstehen. Selbst wenn man nämlich der Auffassung des Klägers folgen wollte, fehlt es an der Relevanz des Formmangels für die Informations- und Mitwirkungsrechte der Aktionäre im Sinne der Rechtsprechung (vgl. BGHZ 153, 32; 160, 385). Für die Entscheidung der Aktionäre ist allein der Inhalt des Berichts von Bedeutung, nicht dessen Unterzeichnung. Der Sinn eines etwaigen Erfordernisses der Unterzeichnung durch alle Organmitglieder könnte - wie dargelegt - nur darin bestehen, den Aktionären zu verlautbaren, dass der Vorstand mehrheitlich "hinter dem Bericht steht". Jedem vernünftig denkenden Aktionär ist aber klar, dass es der Lebenserfahrung widerspricht, dass ein Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl einen Verschmelzungsbericht herausgibt, mit dem die Mehrheit des Vorstandes nicht einverstanden ist. Ein solcher Aktionär würde sich in seiner Entscheidung über die Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechte von einer fehlenden - unterstellt: erforderlichen - Unterzeichnung des Berichts durch sämtliche Vorstandsmitglieder nicht beeinflussen lassen (BGH, a.a.O., Rn. 28).

Dass die Beklagte für spätere Hauptversammlungen einen von allen Vorstandsmitgliedern unterschriebenen Bericht vorlegte, lässt Rückschlüsse auf die Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens im Jahr 2005 nicht zu.

Dahinstehen kann damit auch, ob das Nachschieben eines unterzeichneten Berichts noch während der Hauptversammlung genügte.

b) Inhaltlich fehlt es in dem Bericht nicht an der Abwägung zwischen den Nachteilen der Aktionäre und dem Vorteil der Gesellschaft. Einer solchen Abwägung bedurfte es nicht.

Grundsätzlich ist ein Bezugrechtsausschluss nur dann gerechtfertigt, wenn er unter gebührender Berücksichtigung der Folgen, die für die ausgeschlossenen Aktionäre eintreten, durch sachliche Gründe im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt ist. Die Prüfung dieser sachlichen Wirksamkeitsvoraussetzung schließt eine Abwägung der Gesellschafts- und Aktionärsinteressen und der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck ein (BGHZ 136, 139 "Siemens/Nold" m.w.N.). Darüber hinaus müssen die Voraussetzungen für den Bezugsrechtsausschluss im Beschlusszeitpunkt so konkret feststehen und offengelegt werden, dass die Hauptversammlung sie endgültig beurteilen kann (BGH ZIP 1995, 372, 373 m.w.N.). Mit der Siemens/Nold-Entscheidung hat der BGH die Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss im Rahmen des genehmigten Kapitals bei der Ausgabe von Aktien gegen Sacheinlagen gelockert, weil hier die für die Abwägung erforderlichen Umstände zum Zeitpunkt der Berichterstattung entweder noch gar nicht vorliegen oder im Gesellschaftsinteresse nicht offen gelegt werden können.

Entgegen der Ansicht des Klägers sind diese Überlegungen nicht auf die Gewinnung neuen Kapitals beschränkt. Anlass für die vom BGH vorgenommene Lockerung der Berichtspflicht besteht auch bei der Verwendung der erworbenen eigenen Aktien zur Bedienung bereits ausgegebener Wandel- und Optionsschuldverschreibungen oder als Belegschaftsaktien - also im Rahmen bereits vorher beschlossener Aktienoptionspläne.

Der Senat folgt dabei der zwischenzeitlich herrschenden Meinung, die die Grundsätze der Siemens/Nold-Entscheidung auch auf die Ermächtigung des Vorstands zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen und Genussrechten nach § 221 AktG (Hüffer, AktG, § 221 Rn. 41; Habersack, MüKo AktG, 2. Aufl. 2005, § 221, Rn. 180; Groß, Handbuch börsennotierte AG, 2005, § 48 Rn. 50), und für den Bezugsrechtsausschluss bei der Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien anwendet (OLG Hamburg ZIP 2005, 1074, 1080 f.). Die verminderten Anforderungen an den Vorstandsbericht gelten auch hier, weil das Schutzbedürfnis der Aktionäre bei der Veräußerung eigener Aktien nicht höher ist, als beim genehmigten Kapital.

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus der unterschiedlichen Zeit, für die die Abwägung in die Zukunft hinein vorgenommen werden muss. Soweit der Kläger dabei darauf abstellt, dass beim genehmigten Kapital ein Ermächtigungszeitraum von fünf Jahren zulässig sei (§ 202 Abs. 2 S. 1 AktG), während die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien auf 17 Monate begrenzt sei (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) verkennt er, dass vorliegend eine Ermächtigung zur Veräußerung der erworbenen Aktien erteilt wurde und diese unbefristet ist, sich die unternehmerische Abwägung damit als genauso unsicher darstellt wie beim genehmigten Kapital.

4. Die unter TOP 8 beschlossene Ermächtigung zur Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen ist weder rechtswidrig, weil der Bericht des Vorstands nach § 186 Abs. 4 S. 2 AktG das Schriftformerfordernis nicht erfüllt, noch inhaltlich ungenügend.

a) Zum Schriftformerfordernis kann auf die Ausführungen unter 3.a) Bezug genommen werden. Der Bericht bedurfte der Schriftform nicht. Dies kann aber dahinstehen, da es an der Relevanz des Formmangels für die Informations- und Mitwirkungsrechte der Aktionäre fehlt; für die Entscheidung der Aktionäre ist allein der Inhalt des Berichts von Bedeutung, nicht dessen Unterzeichnung.

b) Inhaltlich beanstandet der Kläger zunächst den Hinweis des Vorstands, dass jeder Aktionär, der seine Beteiligungsquote aufrechterhalten wolle, "vor, während oder nach der Emission mit Bezugsrechtsausschluss zukaufen und so sein Beteiligungsverhältnis erhalten könne". Er behauptet, vor der Emission sei dies offensichtlich ausgeschlossen, während der Emission am 17.11.2005 sei ein Zukaufen nicht möglich gewesen. Beides ist nicht nachvollziehbar. Selbstverständlich war der Erwerb weiterer Aktien der Beklagten, die täglich in großem Umfang gehandelt werden, auch schon vor der Emission neuer Aktien möglich, dass der Aktionär sich aus den neuen Aktien bedienen können muss, ist nicht erforderlich. Warum ein Erwerb am 17.11. 2005 nicht möglich gewesen sein soll, erschließt sich aus dem Vortrag des Klägers und den dazu vorgelegten Unterlagen (Bl. 601 ff. d.A.) nicht. Soweit der Kläger diesen Vortrag in der mündlichen Verhandlung dahin präzisiert hat, am Ausgabetag sei der Kurs deutlich angestiegen, steht allein dies einem Erwerb nicht entgegen.

Nicht nachvollziehbar ist auch die Rüge des Klägers, die Begründung des Vorstands, erst ein Bezugsrechtsausschluss mache es möglich, gezielt bestimmte Investoren zu gewinnen, sei falsch; in den letzten Jahren hätten institutionelle Investoren Zeichnungszusagen auch für Kapitalerhöhungen mit Bezugsrecht gegeben. Dies schließt nicht aus, dass andere Investoren sich bei bestehendem Bezugsrecht nicht beteiligen. Dies hat schon das Landgericht so gesehen, ohne dass die Berufung insoweit neue Argumente enthielte.

5. Ohne Erfolg greift der Kläger letztlich die unter TOP 9 beschlossenen Satzungsänderungen an.

a) Die Ermächtigung des Vorstands, die Änderung erst nach Inkrafttreten des UMAG in das Handelsregister anzumelden, räumt diesem keinen unzulässigen Ermessensspielraum ein, stellt keinen unzulässigen Vorratsbeschluss und keine unzulässige Weisung eines anderen Organs dar.

Mit dem angefochtenen Hauptversammlungsbeschluss ist dem Vorstand nicht das Recht eingeräumt werden, die Anmeldung von einer eigenen Ermessensentscheidung abhängig zu machen. Die Hauptversammlung hat den Vorstand lediglich angewiesen, einen von ihr gefassten Beschluss erst zu einem späteren Zeitpunkt und nach Eintritt klar vorgegebener tatsächlicher Voraussetzungen umzusetzen. Die Statthaftigkeit eines solchen Beschlusses steht für den Senat mit der - soweit erkennbar - einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Lehre (Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 179, Rn. 25; Zöllner, KölnerKomm AktG, 2.Aufl., § 179, Rn. 145 jeweils m.w.N.) außer Frage.

Der Beschluss stellt sich auch unter dem Gesichtspunkt des Vorratsbeschlusses nicht als rechtsfehlerhaft dar. Dass ein solcher "Vorratsbeschluss" zumindest für den Fall einer anstehenden Gesetzesänderung zulässig ist, folgt unzweifelhaft aus der Übergangsvorschrift des § 16 S. 3 AktG.

War die Hauptversammlung damit befugt, das Wirksamwerden der beschlossenen Satzungsänderung unter die Bedingung des Inkrafttretens der zu Grunde gelegten Gesetzesänderung (UMAG) zu stellen, so stellt die Verpflichtung des Vorstands, diese Änderung erst nach der Gesetzesänderung zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden, keine unzulässige Weisung eines anderen Gesellschaftsorgans dar, sondern hält sich im Rahmen der dem Vorstand nach §§ 181 Abs. 1, 83 Abs. 2, 76 Abs. 1 AktG obliegenden Umsetzung der Hauptversammlungsbeschlüsse.

b) Zulässig ist auch die Beschränkung der Anmeldung und des Nachweises über den Anteilsbesitz auf die deutsche oder die englische Sprache in § 17 Abs. 2 der Satzung. Sie beschränkt das vom Gesetzgeber gewollte Teilnahmerecht ausländischer Aktionäre nicht unzumutbar.

Verhandlungssprache der Hauptversammlung deutscher Aktiengesellschaften ist deutsch. Dies wird auch von der vom Kläger in Bezug genommenen Zitatstelle (MüKo AktG/Kubis, 2. Aufl. 2004, § 118, Rn. 56) nicht in Abrede gestellt. Der Aktiengesellschaft kann nicht zugemutet werden, Aktiennachweise nach § 123 Abs. 3 S. 2 AktG in jeder beliebigen Sprache zu akzeptieren. Die Beschränkung auf die deutsche und englische Sprache stellt eine auch für ausländische Aktionäre zumutbare Regelung dar und entspricht der in § 3b der Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung enthaltenen Regelung der Veröffentlichungssprache von ad-hoc-Mitteilungen.

III.

Die Kosten des Rechtsmittels hat der Kläger zu tragen, da es ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 Abs. 1 ZPO)

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision kommt nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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