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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 14.10.2005
Aktenzeichen: 5 WF 203/05
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 114 | |
ZPO § 115 |
Gründe:
Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluß der Antragstellerin die Prozeßkostenhilfe für das Eheaufhebungsverfahren ( § 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB) verweigert. Sie habe die Prozeßkostenhilfebedürftigkeit schuldhaft und mutwillig selbst verursacht, in dem sie mit dem Antragsgegner, einem chinesischen Staatsangehörigen, eine Scheinehe eingegangen sei. Diese habe dazu gedient, dem Antragsgegner ein Bleiberecht in Deutschland zu verschaffen. Aufenthaltserlaubnis, Heirat und Aufhebungsbegehren könnten nicht isoliert betrachtet werden, sondern seien als Gesamtplan zu würdigen. Die Antragstellerin habe schon bei Eingehung der Ehe von deren Mangel gewußt und hätte daher schon dann mit deren späteren Aufhebung oder Scheidung rechnen müssen. Für die Beseitigung der rechtsmißbräuchlichen Benutzung des Rechtsinstituts der Ehe stünden öffentliche Mittel nicht zur Verfügung.
Die Beschwerde hat Erfolg. Der Antragstellerin war Prozeßkostenhilfe für den Aufhebungsantrag zu bewilligen. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine ratenfreie Prozeßkostenhilfebewilligung sind glaubhaft gemacht.
Anders als in dem von dem Bundesgerichtshof mit Beschluß vom 22.06.2005 entschiedenen Fall (FamRZ 2005, 1477) ist hier davon auszugehen, daß die Antragstellerin von dem Antragsgegner für die Eheschließung am 29.10.2004 keine finanzielle Zuwendung erhalten hat. Sie hätte - so trägt sie vor - den Antragsgegner aus Mitleid geheiratet, weil Freunde sie dazu überredet hätten. Weil sie sich selbst in einer persönlichen Krise befunden habe, sei sie mit einer Heirat einverstanden gewesen.
Eine Partei, die rechtsmißbräuchlichen die Ehe geschlossen und hierfür ein Entgelt erhalten hat, trifft grundsätzlich die Pflicht, hiervon Rücklagen zu bilden, um die Kosten eines Eheaufhebungsverfahrens finanzieren zu können (BGH a.a.O.). Hat sie aber keine Gegenleistung erhalten, kann dieser Gesichtspunkt der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nicht entgegenstehen.
Nach Meinung der Verfassungsrichter, deren Auffassung die Entscheidung VerfG FamRZ 1984, 1206, 1207 nicht getragen hat, ist dagegen Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, wenn die erforderlichen wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind. Der BGH (a.a.O.) neigt dieser Rechtsansicht zu, kann die Frage letztlich aber offen lassen, weil sie für die konkrete Entscheidung (wegen der Gegenleistung für die Heirat) nicht entscheidungserheblich ist. Er führt dazu aus:
"Für diese Betrachtungsweise sprechen auch nach Auffassung des Senats gewichtige Gründe. Wenn die Rechtsordnung die zu ehefremden Zwecken geschlossene Ehe als wirksam ansieht, stellt ein Scheidungsbegehren die einzige Möglichkeit zur Auflösung einer solchen Ehe dar. Bereits das spricht dagegen, das Prozeßkostenhilfegesuch als rechtsmißbräuchlichen anzusehen (ebenso: OLG Köln FamRZ 1983, 592, 593; OLG Celle FamRZ 1984, 279; OLG Karlsruhe FamRZ 1986, 680, 681; OLG Nürnberg FamRZ 1996, 615; OLG Stuttgart FamRZ 1997, 1410 u. 2002, 890; OLG Naumburg FamRZ 2001, 629; Stein/Jonas/Bork aaO § 114 Rdn. 50; Soergel/Heintzmann aaO § 1564 Rdn. 40; Johannsen/Henrich/Jaeger aaO § 1565 Rdn. 18; Schoreit/Dehn aaO § 114 Rdn. 16; Staudinger/Rauscher aaO § 1564 Rdn. 141). Aus diesen Erwägungen ergeben sich zugleich Bedenken gegen die Beurteilung der beabsichtigten Rechtsverfolgung als mutwillig. Auch eine bemittelte Partei könnte die Auflösung einer Scheinehe nicht auf anderem Weg erreichen."
Der unterzeichnete Richter hält diese Hilfserwägung des BGH für überzeugend. Die Antragstellerin kann selbst dann, wenn sie aus ehefremden Erwägungen die Ehe eingegangen ist, daran nicht deswegen festgehalten werden, weil sie nicht die Mittel hat, ein Scheidungsverfahren zu betreiben.
Ende der Entscheidung
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