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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 22.02.2001
Aktenzeichen: 6 U 203/00
Rechtsgebiete: UWG, ZPO
Vorschriften:
UWG § 1 | |
UWG § 2 n.F. | |
ZPO § 97 Abs. 1 |
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 22.02.2001
In dem Rechtsstreit
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. Februar 2001 für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung gegen das am 06.09.2000 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Tatbestand:
Die Parteien sind Wettbewerber im Bereich der innerdeutschen Personenbeförderung. Die Antragstellerin ist ein Flugverkehrsunternehmen, die Antragsgegnerin ein Schienenverkehrsunternehmen, das aus dem ehemaligen bundeseigenen Sondervermögen Deutsche Bundesbahn hervorgegangen ist.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die nachfolgend abgebildete, u.a. in der Zeitschrift CAPITAL Nr. 15 vom 14.7.2000 erschienene Werbeanzeige der Antragsgegnerin, die ein kreisendes Flugzeug zeigt und den Text enthält Deutschlands Manager machen zu viele Überstunden". In der rechten unteren Ecke der Anzeige ist zudem das Firmenlogo der Antragsgegnerin mit dem Zusatz Die Bahn" angebracht.
Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin am 20.7.2000 eine einstweilige Verfügung erwirkt, mit der dieser unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt worden ist, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ihre Leistungen zur Personenbeförderung unter Darstellung eines sich in Warteschleife befindlichen Flugzeugs, verbunden mit der Aussage Deutschlands Manager machen zu viele Überstunden" zu bewerben, wie beispielsweise in der Zeitschrift CAPITAL Nr. 15 vom 14.7.2000.
Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat das Landgericht mit Urteil vom 6.9.2000, auf das wegen der Einzelheiten der Begründung Bezug genommen wird, die einstweilige Verfügung vom 20.7.2000 bestätigt. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Berufung.
Die Antragsgegnerin beantragt,
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die einstweilige Verfügung vom 20.7.2000 aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat die beanstandete Werbung zu Recht untersagt. Die Antragstellerin hat gegen die Antragstellerin einen Unterlassungsanspruch wegen Verstoßes gegen § 1 UWG, weil die angegriffene Werbung wettbewerbswidrig ist.
Es handelt sich vorliegend um einen Systemvergleich zwischen den Verkehrsmitteln Flugzeug und Bahn, nicht um einen Produkt- oder Dienstleistungsvergleich von benannten oder erkennbaren Wettbewerbern, der nach § 2 UWG n.F. zu beurteilen wäre (vgl. BGH, GRUR 1999, 1100, 1101 = WRP 1999, 1141 f. Generika-Werbung; Henning-Bodewig, GRUR Int. 1999, 385, 390 f.). Denn eine Bezugnahme auf bestimmte Luftfahrtgesellschaften ist der Anzeige nicht zu entnehmen. Ein solcher Systemvergleich ist zwar grundsätzlich zulässig. Er ist jedoch dann nach § 1 UWG unzulässig, wenn er gegen das Sachlichkeitsgebot verstößt. Ein solcher Verstoß liegt vor, wenn zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere Umstände hinzutreten, die den Vergleich in unangemessener Weise abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen (vgl. BGH a.a.O. Generika-Werbung). So liegt der Fall hier. Die Werbung der Antragsgegnerin stellt eine pauschale Herabsetzung des Flugverkehrs dar und beeinträchtigt damit auch die Wettbewerbssituation der klagenden Fluggesellschaft negativ. Die angesprochenen Verkehrskreise der Reisenden, zu denen auch die Mitglieder des Senats gehören nicht nur Manager werden von der Werbung angesprochen -, verstehen die Aussage so, dass der Flugverkehr Verspätungen mit sich bringt, dass man also beim Benutzen eines Flugzeugs nicht damit rechnen kann, pünktlich und termingerecht am Zielort anzukommen. Es wird daher ein Nachteil des Flugverkehrs plakativ angeprangert.
Es ist jedoch auch beim Systemvergleich unzulässig, ausschließlich die Nachteile des anderen Systems zu erwähnen und darauf die gesamte Werbeaussage zu stützen, die vergleichbaren Nachteile des eigenen Systems aber zu verschweigen. Es ist zwar wahr, dass es beim Flugverkehr zu Verspätungen kommt. Aber auch die Bahn fährt regelmäßig Verspätungen ein, nicht nur im Nahverkehr, sondern auch im Fernverkehr. Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, beim ICE erreiche sie aber eine Pünktlichkeit von ca. 96 %. Ihre Werbeaussage enthält keine Einschränkung auf den ICE. Darüber hinaus kommt die Antragsgegnerin nur deswegen auf 96 %, weil sie auch Verspätungen von bis zu 15 Minuten als pünktlich wertet (Bl. 83 d.A.). Eine solche kulante Betrachtungsweise ist der Werbeaussage jedoch nicht zu entnehmen. Die Pünktlichkeit ist somit nach dem eigenen Vorbringen der Antragsgegnerin auch bei ihr nicht gewährleistet. Ferner ist es gerichtsbekannt, dass es im übrigen Fernverkehr der Bahn etwa im Interregio-Verkehr nicht selten zu Verspätungen kommt. Die unter ihrem früheren Vorstandsvorsitzenden Ludewig praktizierten und zwischenzeitlich wieder eingestellten Pünktlichkeitsanzeigen auf großen Bahnhöfen z.B. dem F. Hauptbahnhof - haben ein eindrucksvolles Zeugnis von den Verspätungen im Nah- und Fernverkehr abgegeben. Bei dieser Sachlage ist es unsachlich und pauschal herabsetzend, die beiden Systeme Bahn- und Flugverkehr in der Form zu vergleichen, ausschließlich den Nachteil des Flugverkehrs herauszustellen und den beim Bahnverkehr gegebenen vergleichbaren Nachteil zu unterdrücken. Dabei kommt es nicht darauf an, ob den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt ist, dass es auch bei der Bahn zu Verspätungen kommt. Es kommt auch nicht darauf an, ob Verspätungen beim Flugverkehr quantitativ gravierender sind als beim Bahnverkehr. Schließlich ist für die rechtliche Beurteilung auch unmaßgeblich, dass die Werbeaussage humorvoll-ironische Züge trägt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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