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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 09.03.2006
Aktenzeichen: 6 UF 210/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1452
BGB § 1472
Zu den Mitwirkungspflichten des Ehegatten im Hinblick auf Maßregeln nach § 1472 Abs. 3 1. Halbsatz BGB.
Gründe:

Mit Ausnahme einer kurzen Schilderung der Prozessgeschichte wird von der Darstellung des Tatbestands gemäß § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

Gegen das am 17.08.2005 verkündete Urteil des Amtsgerichts, wonach die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden, auf Räumung und Herausgabe des Ladengeschäfts an den Kläger gerichteten Klage zur Erteilung der Zustimmung zur Vermietung des in O1, ...straße ..., gelegenen Ladengeschäfts verurteilt worden ist, haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Während die Berufung der Beklagten auf vollständige Klageabweisung zielt, erstrebt der Kläger mit seinem Rechtsmittel die Räumung des Ladengeschäfts durch die Beklagte und die Geschäftsherausgabe an die beiden für das Geschäft vorgesehenen Mieter.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

über das angefochtene Urteil hinaus die Beklagte zu verurteilen, das Ladengeschäft im Erdgeschoss des linken Vorderhauses auf dem Grundstück ...straße ...in O1 zu räumen und es an die Mieter A und B, ...straße ..., O2 herauszugeben.

Beide Parteien beantragen wechselseitig die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels.

Beide Rechtsmittel sind als selbständige Berufungen zulässig.

Während das Rechtsmittel der Beklagten unbegründet ist und in präzisierender Auslegung des mit dem Klageantrag verfolgten Begehrens zur Zurückweisung mit der aus dem Ausspruch des vorliegenden Urteils ersichtlichen Maßgabe führt, hat die Berufung des Klägers in vollem Umfang Erfolg.

Mit Rechtskraft der Ehescheidung der Parteien am 17.09.2003 trat anstelle der bis dahin zwischen ihnen bestandenen Gütergemeinschaft die Auseinandersetzungsgemeinschaft gemäß §§ 1471 ff. BGB, die bis zur Auseinandersetzung der Eheleute besteht. Bis dahin verwalten die Ehegatten das Gesamtgut gemeinschaftlich (§ 1472 Abs. 1 BGB).

Nach § 1472 Abs. 3 1. Halbsatz BGB ist jeder Ehegatte dem anderen gegenüber verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtguts erforderlich sind. Anders als bei der gemeinschaftlichen Verwaltung des Gesamtguts vor Beendigung der Gütergemeinschaft braucht die zur Vornahme eines im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung liegenden Rechtsgeschäfts erforderliche Zustimmung des anderen Ehegatten nicht vormundschaftsgerichtlich ersetzt zu werden (so § 1452 BGB). Vielmehr besteht ein unmittelbarer Anspruch auf die entsprechende Mitwirkung zur erforderlichen Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung des Gesamtguts (§ 1472 Abs. 3 BGB).

Das Grundstück, auf dem sich das Ladengeschäft befindet, zählt zum Gesamtgut.

Die Vermietung des Ladengeschäfts ist eine sinnvolle Maßnahme im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung. Denn angesichts dessen, dass das Gesamtgut mit hohen Verbindlichkeiten belastet ist, die fortlaufend bedient werden müssen, entspricht es nicht nur kaufmännischer Vernunft, sondern ist es auch wirtschaftlich geboten, die Möglichkeit der Vermietung eines im Gesamtgut befindlichen Gewerbeobjekts vorzunehmen.

Alle von der Beklagten gegen die Vermietung vorgebrachten Argumente sind nicht stichhaltig.

Soweit die Beklagte die Befürchtung äußert, dass sich bei einer Zwangsversteigerung des Grundstücks der Umstand der Vermietung des Ladengeschäfts mindernd auf den Versteigerungserlös auswirken würde, fehlt es an konkreten Anhaltspunkten hierfür. Zum einen ist gar nicht gewiss, ob und gegebenenfalls wann es zu einer Zwangsversteigerung des Grundstücks kommt. Zum anderen ist ein Ladengeschäft ein Gewerbeobjekt, dessen Nutzung in wirtschaftlich sinnvoller Weise nicht durch Leerstand, sondern durch Vermietung oder Verpachtung geschieht. Da die Beklagte weder Einwände gegen die im konkreten Mietvertrag vom 17.08.2005 ausgehandelten Bedingungen erhoben noch sich auf Tatsachen berufen hat, die eine Vermietung zum gegenwärtigen Zeitpunkt unwirtschaftlich erscheinen lassen, stellt die vom Kläger beabsichtigte Vermietung eine im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung liegende Maßnahme dar, an deren Durchführung die Beklagte mitzuwirken verpflichtet ist.

Soweit die Beklagte Zweifel an der Zahlungsfähigkeit der in Aussicht genommenen Mieter äußert, fehlt es an konkreten Belegen hierfür. Jedenfalls reicht hierzu die von der Beklagten behauptete Äußerung eines früheren Lieferanten des Ladengeschäfts, wonach die Mieter nicht zahlungsfähig seien, ohne Benennung weiterer Tatsachen, die diese Äußerung belegen, nicht aus.

Auch ist der von der Beklagten behauptete Umstand, wonach der von ihr als Zeuge benannte frühere Lieferant die vorgesehenen Mieter nicht beliefern würde, nicht geeignet, die Wirtschaftlichkeit der Vermietung an diese in Frage zu stellen. Sollte sich die mangelnde Lieferbereitschaft des Zeugen bewahrheiten, so wäre damit nicht bewiesen, dass der Betrieb des Ladengeschäfts durch die vorgesehenen Mieter scheitern müsste. Ein freier Markt ermöglicht nämlich die Auswahl anderer Lieferanten.

Da zu der als eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung des Gesamtguts anzusehenden Vermietung die rechtsgeschäftliche Mitwirkung der Beklagten erforderlich ist, ist das gegen sie auf Zustimmung zum Mietvertrag gerichtete Klagebegehren gerechtfertigt.

In dem die Berufung der Beklagten zurückweisenden Ausspruch des vorliegenden Urteils war jedoch, wie es der gebotenen Auslegung des Klageantrags entspricht, klarzustellen, dass sich die Verurteilung der Beklagten zur Zustimmung zur Vermietung des Ladengeschäfts auf den vom Kläger vorgelegten Mietvertrag vom 17.08.2005 mit den Mietern A und B bezieht.

Soweit der Kläger mit seiner Berufung klageändernd von der Beklagten Räumung und Herausgabe des Ladengeschäfts an die Mieter verlangt, ist das Rechtsmittel sowohl zulässig als auch begründet.

Die Klageänderung ist sachdienlich und ist auf Tatsachen gestützt, die das Berufungsgericht ohnehin zugrunde zu legen hat (§ 533 ZPO).

Die zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtguts erforderliche Maßregel der Vermietung setzt die Maßregel der Räumung und Herausgabe des Ladengeschäfts voraus. Da die Mieter aufgrund des Mietvertrags einen Anspruch auf Besitzüberlassung der Mietsache haben (§ 535 Abs. 1 BGB), ist es (in Durchführung des Mietvertrags) gerechtfertigt, die Räumung des Ladengeschäfts und seine Herausgabe unmittelbar an die Mieter zu verlangen.

In der mündlichen Verhandlung am 09.03.2006 haben die Parteien klargestellt, dass das Ladengeschäft nur Räumlichkeiten im Erdgeschoss des linken Vorderhauses auf dem Grundstück ...straße ... in O1 umfasst. Hierzu zählt auch der von der Beklagten als Abstellraum bezeichnete Raum. Denn er hat - unstreitig - einen direkten Zugang zum Laden und bildet deshalb mit ihm eine Einheit. Er kann sowohl als Durchgang für Zulieferungen als auch im Notfall als Ausgang benutzt werden.

Da die Räumungs- und Herausgabeverpflichtung von der Zustimmung zur Vermietung abhängt, entsteht sie erst mit deren Wirksamkeit (§ 894 ZPO).

Die Kostenentscheidung stützt auf die §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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