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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 22.12.2003
Aktenzeichen: 7 U 104/02
Rechtsgebiete: GesO, InsO
Vorschriften:
GesO § 10 | |
InsO § 17 |
Gründe:
I)
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten als Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der Fa. X GmbH Ansprüche im Wege der Anfechtung nach der Gesamtvollstreckungsordnung (GesO) geltend.
Die Beklagte gewährte der Gemeinschuldnerin zwei Darlehen nämlich am 6.3. und 8.4.1998 - in Höhe von insgesamt 550.000,-DM; zur Sicherheit wurde ihr der gesamte Maschinenpark der Gemeinschuldnerin übereignet; auf den Inhalt der Darlehensverträge vom 6.3. und 8.4.1998 (Bl. 336 ff d.A.) sowie der Sicherungsübereignungsverträge vom 6.3 und 8.4.1998 (Bl. 165 ff d.A.) wird Bezug genommen.
Durch notariellen Vertrag vom 15.10.1997 hatten die Gesellschafter der Fa. Y GmbH ihre Geschäftsanteile an die A GmbH (A) verkauft und zugleich beschlossen, die Firma der Gesellschaft in X GmbH zu ändern. Durch notariellen Vertrag vom 21.10.1997 übertrug die A GmbH als alleinige Gesellschafterin der Y GmbH ihren Geschäftsbetrieb - mit Ausnahme des Betriebsgrundstücks - auf diese.
Durch notariellen Vertrag vom 23.10.1997 verkaufte die A GmbH sämtliche Geschäftsanteile an der Y GmbH - unter entsprechender Aufteilung - an Herrn B, die Fa. C GmbH sowie an die Fa. D. Durch Beschluss des Amtsgerichts Chemnitz vom 1.12.1998 wurde über das Vermögen der Fa. X GmbH das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet und der Kläger zum Verwalter bestellt.
Der Kläger veranlasste die Versteigerung des Maschinenparks der Gemeinschuldnerin. Mit der vorliegenden Klage begehrt er die Feststellung, dass der Beklagten keine durchsetzbaren Rechte aus den Sicherungsübereignungsverträgen zustehen, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, ihr Ersatzabsonderungsrecht am Verwertungserlös der ihr am 6.3 und 8.4.1998 übereigneten Maschinen freizugeben.
Der Kläger hat zunächst die E mbH in Anspruch genommen und - nachdem diese ihre Passivlegitimation bestritten hat - mit Schriftsatz vom 26.6.2000 erklärt, dass es sich um eine irrtümliche Falschbezeichnung handele und Berichtigung des Passivrubrums beantragt; der Schriftsatz vom 26.6.2000 ist der jetzigen Beklagten am 30.8.2000 zugestellt worden. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Sicherungsübereignungsverträge seien gemäß § 10 I Nr. 1 bzw. Nr. 4 GesO anfechtbar.
Um die Schlussverteilung vornehmen zu können, sei die Feststellung erforderlich dass der Beklagten keine Rechte aus den Sicherungsübereignungsverträgen zustünden.
Die Gemeinschuldnerin sei bereits Anfang 1998 zahlungsunfähig gewesen (Beweis: Zeugen Z1 und Z2); ausweislich der Bilanz 1997/98 habe der Jahresfehlbetrag am 31.10.1997 noch 895.149,47 DM, am 30.6.1998 bereits 2.396.033,99 DM betragen (Beweis: Bilanz 1997/98 Bl. 124, 176 d.A.). Die Zeugen Z1 und Z2 - die ehemaligen Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin - hätten sich Mitte Februar 1998 gezwungen gesehen, Antrag auf Gesamtvollstreckung zu stellen; da die Löhne und Gehälter sowie sonstige Verbindlichkeiten gegenüber Warenlieferanten nicht mehr hätten gezahlt werden können. Allein die Materialkosten und der Personalaufwand hätten den Umsatz überschritten (Beweis: Gewinn und Verlustrechnung 1997 / 98 Bl. 122ff d.A.). Die beiden ehemaligen Geschäftsführer hätten sich auch bereits vor den Räumlichkeiten des Gesamtvollstreckungsgerichts in Chemnitz befunden und von der Stellung eines Insolvenzantrages nur deshalb abgesehen, weil dem ehemaligen Geschäftsführer Z2- per Handy eine Zahlung von weiteren 550.000,-DM seitens der Beklagten zugesichert worden sei. Nachdem der Insolvenzantrag auf diese Weise verhindert worden sei, seien dann "Lösungsmöglichkeiten" in verschiedenen Gesprächen Ende Februar/Anfang März 1998 in O1 mit der Beklagten bzw. deren Mitarbeiter F besprochen worden. Hierbei sei auch vereinbart worden, dass ein Teil der gewährten Darlehen zur Rückführung von Altschulden der A GmbH habe dienen sollen (Beweis: Schreiben der Gemeinschuldnerin vom 10.3.1998 / Bl. 125 d. A.). Zu diesem Vorgehen habe die Beklagte sich aufgrund folgender Umstände veranlasst gesehen:
Die A GmbH habe in Hinblick auf die miserable Ertragslage ihres Geschäftsbetriebes befürchtet, Antrag auf Einleitung des Gesamtvollstreckungsverfahrens stellen zu müssen, was zu einem Verlust des Betriebsgrundstücks als ihrem wesentlichen Vermögenswert geführt hätte. Aus diesem Grund habe sie den völlig unrentablen Geschäftsbetrieb auf die Gemeinschuldnerin bzw. die zunächst gegründete Y GmbH rückwirkend zum 1.1.1997 übertragen und das ihr verbliebene Betriebsgrundstück an diese vermietet. Der Beklagten sei die unzureichende Kapitalausstattung der Gemeinschuldnerin bekannt gewesen; sie habe dieser wiederholt sechsstellige Beträge zur Verfügung gestellt. Seit der Aufspaltung habe die Gemeinschuldnerin keinen Umsatz erzielt, der auch nur ansatzweise die Kosten gedeckt habe (Beweis: Zeuge Z1).
Die Beklagte, welche - unter Berücksichtigung ihrer Gesellschafterstellung in der G GmbH - Alleingesellschafterin der A GmbH sei , habe befürchtet, dass die A GmbH im Falle der Stellung eines Insolvenzantrages von den Arbeitnehmern der Gemeinschuldnerin gemäß § 613 a BGB in weit höherem Umfang als den Darlehensbeträgen in Anspruch genommen werde. Die gewährten Darlehen seien auch nicht geeignet gewesen, eine Sanierung der Gemeinschuldnerin vorzubereiten, hätten vielmehr allein dazu gedient, die Zahlung der Löhne sicher zu stellen und einen Insolvenzantrag der Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin zu verhindern.
Da die Haftung nach § 613 a BGB an den tatsächlichen Betriebsübergang anknüpfe, sei man in den mit der Gemeinschuldnerin geführten Gesprächen davon ausgegangen, dass als Stichtag der Haftung frühestens der Zeitpunkt des notariellen Vertrages in Betracht komme. Man sei sich einig gewesen, dass ein Kapital in Höhe von ca. 500.000 DM erforderlich sei, um den Haftungszeitraum zu überbrücken. Entsprechend den vor der Darlehensgewährung getroffenen Absprachen sei der Antrag auf Gesamtvollstreckung schließlich wenige Tage nach Ablauf der Einjahresfrist gemäß § 613 a BGB gestellt worden (Beweis: Zeugen Z1 und Z2).
Zu diesem Zeitpunkt habe eine Überschuldung in Höhe von ca. 5,5 Mio. DM vorgelegen (Beweis: Überschuldungsbilanz Bl. 126 ff d. A.). Dass der Beklagten die Situation der Gemeinschuldnerin Anfang 1998 bekannt gewesen sei, ergebe sich auch aus ihrem Schreiben vom 13.11.1998 (Bl. 132 d. A.).
Ein Bargeschäft habe nicht vorgelegen, da ein Teil der Darlehenssumme zur Rückzahlung von Altverbindlichkeiten gegenüber der A GmbH gedient habe und im übrigen gemäß § 2 der Sicherungsübereignungsverträge die Sicherheiten nicht nur für die jeweils gewährten Kredite, sondern auch für bestehende Verbindlichkeiten bestellt worden seien.
Der Marktwert der sicherungsübereigneten Maschinen habe mindestens 30% über deren Buchwert - der bereits 583.704,-DM betragen habe - gelegen (Beweis: Sachverständigengutachten). Die Beklagte sei mit der Versteigerung der Maschinen einverstanden gewesen (Beweis Schreiben der E vom 10.9.1999/ Bl. 41 d. A.; Zeugen Z3 und Z4); eine entsprechende Vereinbarung sei anlässlich geführter Verkaufsverhandlungen der Gemeinschuldnerin mit der F AG getroffen worden.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Feststellungsklage sei unzulässig. Des weiteren stellten die Sicherungsübereignungen kongruente Deckungsgeschäfte dar, so dass eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht bzw. eine objektive Gläubigerbenachteiligung ausscheide.
Der Kläger habe die Gesellschaftsverhältnisse der A GmbH bzw. der Gemeinschuldnerin nicht zutreffend dargestellt. Die A GmbH sei eine Tochtergesellschaft der G GmbH, deren Mehrheitsgesellschafterin sie sei. Des weiteren hat sie darauf verwiesen, dass die A GmbH ihre Geschäftsanteile an der Gemeinschuldnerin - was nunmehr in zweiter Instanz unstreitig geworden ist - veräußert habe.
Der Vortrag des Klägers zu den angeblich getroffenen Absprachen im Zusammenhang mit der Darlehensgewährung sei unsubstantiiert.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Z1. Durch Urteil vom 17.5.2002 - auf dessen Inhalt (Bl. 237 ff d.A.) Bezug genommen wird - hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die erhobene Feststellungsklage sei zwar zulässig, aber unbegründet, da dem Kläger kein Anfechtungsrecht nach § 10 GesO zustehe. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Darlehens- / Sicherungsübereignungsverträge habe weder Überschuldung vorgelegen, noch seien die Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin aufgrund der gewährten Darlehen von der Stellung eines Insolvenzantrages abgehalten worden.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit welcher er die Nichtberücksichtigung wesentlicher Tatsachen sowie die Verletzung materiellen Rechts rügt.
Der Kläger wiederholt seinen Vortrag, dass die A GmbH ihren unrentablen Geschäftsbetrieb auf die Gemeinschuldnerin übertragen habe, um ein Gesamtvollstreckungsverfahren zu verhindern und sich den Besitz des wertvollen Betriebsgrundstückes zu sichern.
Die Gründung der Gemeinschuldnerin gehe auf die A GmbH zurück, deren Mehrheitsgesellschafterin die Beklagte neben der G GmbH sei; Hauptgesellschafterin der G GmbH sei wiederum die Beklagte.
Dass die Gemeinschuldnerin Anfang 1998 zahlungsunfähig gewesen sei, habe der Zeuge Z1 bestätigt. Ebenso habe er bestätigt, dass man von der Stellung eines Antrages auf Durchführung der Gesamtvollstreckung nur im Hinblick auf das zugesicherte Darlehen abgesehen habe und die Beklagte in den anschließenden Gesprächen über die prekäre finanzielle Situation der Gemeinschuldnerin informiert worden sei. Des weiteren stehe aufgrund der Aussage des Zeugen Z1 fest, dass absprachegemäß ein Teil der Darlehenssumme zur Begleichung von Altverbindlichkeiten gegenüber der A GmbH habe verwendet werden sollen. Die streitgegenständlichen Sicherungsübereignungsverträge seien im Stadium der Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit geschlossen worden, so dass sie der Anfechtung nach § 10 GesO unterlägen.
Im übrigen verstießen die Sicherungsübereignungsverträge gegen § 31 GmbHG, da ein Haftungskapital in Höhe von 50.000, -- DM nicht mehr vorhanden gewesen sei.
Der Kläger hat insoweit zunächst behauptet, die A GmbH ihrerseits sei Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin. Über die A GmbH und die G GmbH sei die Beklagte Alleingesellschafterin der Gemeinschuldnerin gewesen. Nachdem die Beklagte den notariellen Vertrag vom 23.10.1997 vorgelegt hat, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11.11.2003 behauptet, die Beklagte sei auch Gesellschafterin der C mbH (Beweis: Schreiben der C vom 5.3.1998 El. 437 d.A.).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt/M. vom 17.5.2002 abzuändern und festzustellen, dass der Beklagten aus den zwischen ihr und der "X GmbH am 06.03.1998 und 08.04.1998 geschlossenen Sicherungsübereignungsverträgen keine durchsetzbaren Rechte, insbesondere kein Ersatzabsonderungsrecht am Verwertungserlös der sicherungsübereigneten Maschinen zusteht.
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, ihr Ersatzabsonderungsrecht am Verwertungserlös der ihr am 06.03.1998 und am 08.04.1998 von der "X GmbH sicherungsübereigneten Maschinen freizugeben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt im Ergebnis das angefochtene Urteil.
Sie verweist darauf, dass der Kläger die gesellschaftlichen Verflechtungen unzutreffend darstelle. Wie bereits in erster Instanz ausgeführt, sei sie im Zeitpunkt der Darlehensgewährung nicht mehr über Tochtergesellschaften an der Gemeinschuldnerin beteiligt gewesen.
Im übrigen bewerte der Kläger die Aussage des Zeugen Z1 unzutreffend. Dieser habe gerade bestätigt, dass zu keiner Zeit eine bilanzielle Überschuldung vorgelegen habe. Konkrete Angaben zur finanziellen Situation Anfang Februar 1998 habe der Zeuge nicht machen können, er habe lediglich Schätzungen auf der Grundlage der Bilanz vom 30.6.1998 vorgenommen. Im übrigen hätten nach den Angaben des Zeugen Z1 den Verbindlichkeiten aus Lieferungen liquide Mittel in gleicher Höhe gegenüber gestanden. Hinsichtlich der Löhne der Arbeitnehmer sei eine Stundungsabrede getroffen gewesen. Gespräche mit ihrem Mitarbeiter F hätten nicht stattgefunden. Der Zeuge Z1 habe diesbezüglich auch keine konkreten Angaben zu den angeblich geführten Gesprächen machen können. Soweit der Kläger sich nunmehr auf § 31 GmbHG berufe, sei er mit diesem Vortrag präkludiert. Eine Überschuldung oder Zahlungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung bzw. Stellung der Sicherheiten sei nach wie vor nicht dargetan.
II)
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
Zwar ist die erhobene Feststellungsklage zulässig, da ein Feststellungsinteresse trotz möglicher Leistungsklage zu bejahen ist, wenn - wie vorliegend - bereits ein Feststellungsurteil zu einer endgültigen Streitbeilegung führt (vlg. Greger in Zöller, ZPO-Komm., 23. Aufl., § 256 ZPO, Rz. 8). Die Feststellung, dass der Beklagten keine durchsetzbaren Rechte aus den Sicherungsübereignungsverträgen, insbesondere kein Ersatzabsonderungsrecht am Verwertungserlös der Maschinen zusteht, führt zum gleichen Ergebnis wie eine Klage auf klarstellende Verzichtserklärung bzw. Freigabe (vgl. hierzu Kilger / Karsten Schmidt, Komm. zur InsO/KO/VglO/GesO, 17. Aufl., § 37 KO, Rz. 2). Der seitens des Klägers gegenüber der Beklagten geltend gemachte Feststellungsanspruch ist jedoch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet. Die Sicherungsübereignungen der Maschinen der Gemeinschuldnerin gemäß Verträgen vom 6.3. und 3.4.1998 sind unwirksam erfolgt und unterliegen auch nicht der Anfechtung nach der Gesamtvollstreckungsordnung.
Soweit der Kläger seinen Klagevortrag in erster Linie darauf stützt, die Beklagte habe die den Sicherungsübereignungen zugrunde liegenden Darlehen der Gemeinschuldnerin nur deshalb gewährt, um eine Haftung der A GmbH - an welcher die Beklagte jedenfalls mittelbar beteiligt sei - gemäß § 613 a BGB für Ansprüche der Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin abzuwenden, kommt entgegen der Auffassung des Klägers ein Anspruch auf Rückgewähr der Sicherheiten nach der GesO nicht in Betracht.
§ 10 GesO knüpft an Rechtshandlungen des Schuldners an und gewährt einen Rückgewährungsanspruch hinsichtlich der aus dem Vermögen des Schuldners in anfechtbarer Weise veräußerten oder aufgegebenen Wete; es handelt sich jedoch nicht um einen Schadensersatzanspruch (vgl. Kilger a.a.O., § 37 KO Rz. 2), wie er vorliegend vom Kläger geltend gemacht wird. In Betracht käme daher nur ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB - der bei Vorliegen besonderer Umstände neben den Anfechtungsvorschriften anwendbar ist - dessen Voraussetzungen jedoch nicht gegeben sind.
Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch Hinauszögern des Antrages auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens kann der Kläger nicht darauf stützen, dass die Beklagte eine Haftung der A GmbH gemäß § 613 a BGB habe verhindern wollen.
Abgesehen davon, dass es bereits fragwürdig erscheint, ob der Vortrag des Klägers das begehrte Rechtsschutzziel - nämlich Freigabe der Sicherheiten - umfassen würde, geht der Kläger von falschen Haftungsvoraussetzungen des alten Betriebsinhabers gemäß § 613 a BGB aus.
Gemäß § 613 a ll BGB haftet der bisherige Betriebsinhaber im Außenverhältnis zeitlich unbeschränkt für Ansprüche der Arbeitnehmer, die vor dem (faktischen) Betriebsübergang entstanden und fällig geworden sind, für solche, die erst nach dem Betriebsübergang entstanden und fällig geworden sind, haftet er grundsätzlich nicht. Der Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens ist mithin für die Haftung der A für etwaige rückständige Lohnansprüche aus der Zeit vor dem faktischen Betriebsübergang ohne Bedeutung. Lediglich für solche Ansprüche, die vor dem Betriebsübergang entstanden, aber erst innerhalb eines Jahres nach dem Betriebsübergang fällig geworden sind, haftet der alte Betriebsinhaber zeitlich begrenzt auf ein Jahr neben dem neuen Inhaber als Gesamtschuldner, wobei die Haftung allerdings nur in dem Umfang besteht, wie sie dem im Zeitpunkt des Überganges abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraumes entspricht (§ 613 a II 2 BGB). Eine zeitlich begrenzte Haftung der A GmbH käme daher grundsätzlich nur für (anteilige) Ansprüche auf Weihnachtsgeld und Abgeltung von Urlaubsansprüchen in Betracht (vgl. Münchener Komm.,3. Aufl. § 613 a BGB, Rz. 106 bis 108). Ob und in welchem Umfang derartige Ansprüche bestanden, ist nicht dargetan. Darüber hinaus war die Gemeinschuldnerin im Februar 1998 - zum Zeitpunkt der in Aussicht gestellten Darlehensgewährungen - weder überschuldet noch zahlungsunfähig.
Aus der Bilanz zum 31.10.1997/30.6.1998 lässt sich zwar entnehmen, dass sich in diesem Zeitraum die wirtschaftliche Situation der Gemeinschuldnerin erheblich verschlechtert hatte. Rückschlüsse auf eine Überschuldung im Monat Februar 1998 lassen sich hieraus jedoch nicht ziehen. Hierzu hätte es der Vorlage einer nach besonderen Grundsätzen aufzustellenden sog. Überschuldungsbilanz bedurft (vgl. hierzu Smid u.a., Gesamtvollstreckungsordnung, Komm., 3. Aufl., § 1 GesO Rz. 98ff). Nach den Angaben des Zeugen Z1 lag Anfang 1998 jedenfalls keine bilanzielle Überschuldung vor.
Des weiteren war die Gemeinschuldnerin Anfang 1998 auch nicht zahlungsunfähig. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner im allgemeinen und auf Dauer aufhört, seine fälligen Geldschulden zu begleichen, weil er wegen eines nicht nur vorübergehenden Mangels an Zahlungsmittels dazu nicht mehr in der Lage ist, wobei hinzukommen muss, dass die fälligen Verbindlichkeiten ernsthaft und dringend seitens der Gläubiger eingefordert werden (vgl. Smid, a.a.O., § 1 GesO Rz. 77 f). Nach den Angaben des Zeugen Z1 wurden die Löhne der Arbeitnehmer 1998 - wenn auch mit Verzögerungen von einem bis zu zwei Monaten - gezahlt. Die Arbeitnehmer waren über die schlechte finanzielle Situation der Gemeinschuldnerin informiert und haben dies hingenommen, so dass von einer Stundung auszugehen ist. Des weiteren war nach den Bekundungen des Zeugen Z1 die Produktion dergestalt eingeschränkt worden, dass nur noch so viele Waren bestellt wurden, wie Zahlungsmittel vorhanden waren. Danach befand sich die Gemeinschuldnerin zwar in einer ernsthaften Krise, die aufgrund der Produktionseinschränkung zu ihrem weiteren Niedergang führen musste, eine Zahlungsunfähigkeit war damit jedoch noch nicht eingetreten.
Die Sicherungsübereignungen sind auch nicht wegen Verstoßes gegen § 138 BGB nichtig.
Allein der Umstand, dass die Beklagte sich den gesamten Maschinenpark der Gemeinschuldnerin sicherungsübereignen ließ, rechtfertigt nicht den Vorwurf der Sittenwidrigkeit. Etwas anderes würde nur im Fall der Übersicherung gelten. Dass der Wert des sicherungsübereigneten Maschinenparks bzw. dessen im Verwertungsfalle zu erzielender Erlös in einem auffälligen Missverhältnis zu den gewährten Krediten stand, hat der Kläger jedoch nicht dargetan. Er hat nicht einmal vorgetragen, welchen Erlös er tatsächlich erzielt hat. Sein Vortrag der tatsächliche Wert habe 30 % über dem gemäß § 14 der Sicherungsübereignungsverträge in Ansatz gebrachten Buchwert der Maschinen gelegen, ist unsubstantiiert. Aus dem Buchwert, d.h. dem Wert, mit welchem die Maschinen in der Bilanz geführt werden kann nicht ohne weiteres auf den tatsächlichen Wert der Maschinen geschlossen werden. Der Kläger hätte darlegen müssen, dass bereits bei Bestellung der Sicherheiten festgestanden habe, dass im noch ungewissen Verwertungsfall - also unter Berücksichtigung aller insoweit bestehenden Unwägbarkeiten - ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem realisierbaren Wert der Sicherheit und der gesicherten Forderung bestehen werde (vgl. BGH ZIP 1998, 684). Hieran fehlt es.
Des weiteren sind die Sicherungsübereignungen auch nicht gemäß § 10 I Nr. 1 GesO anfechtbar.
§ 10 I Nr.1 Ges.O setzt voraus, dass der Schuldner eine Rechtshandlung in der Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen vorgenommen hat und dies dem Dritten bekannt war. Des weiteren ist - wie bei jeder Anfechtung- erforderlich, dass objektiv eine Gläubigerbenachteiligung eingetreten ist, wobei für den Tatbestand des § 10 I Nr.1 GesO eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung genügt. Die Sicherungsübereignung des gesamten Maschinenparks stellt zwar eine Rechtshandlung im Sinne des § 10 I Nr.1 GesO dar, die zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt hat, da der Beklagten anstelle einer einfachen Konkursforderung ein Recht auf abgesonderte Befriedigung zusteht. Dass die Aktivmasse nicht zur Befriedigung aller Gläubiger ausreicht, wird bei Eröffnung der Gesamtvollstreckung sowohl wegen Überschuldung als auch wegen Zahlungsunfähigkeit vermutet (vgl. BGH ZIP 1993, 276, 277). Nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme ist auch davon auszugehen, dass sich die Gemeinschuldnerin zum Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheiten in einer ernsthaften Krise befand und dies der Beklagten bekannt war. Hierauf kommt es jedoch letztlich nicht an, da es jedenfalls an der erforderlichen Benachteiligungsabsicht der Gemeinschuldnerin fehlt. Ein Beweisanzeichen für eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht stellt die Gewährung einer inkongruenten Deckung dar, die vorliegend jedoch nicht gewährt wurde.
Gemäß § 2 b) der jeweiligen Sicherungsübereignungsverträge dienten die Sicherungsübereignungen zwar nicht nur der Sicherung der gewährten Kredite in Höhe von 300.000,- bzw. 250.000,-DM, sondern auch zur Sicherung aller bestehenden Ansprüche der Beklagten gegenüber der Gemeinschuldnerin. Wird für einen Kredit eine Sicherung gegeben, die sowohl das dafür ausbezahlte Darlehen als auch ältere Ansprüche des Gläubigers abdecken soll, handelt es sich insgesamt um ein inkongruentes anfechtbares Deckungsgeschäft, wenn nicht festgestellt werden kann, ob und in welchem Umfang sich die Sicherungen auf bestimmte Ansprüche beziehen (vgl. BGH ZW 93, 276, 278). Der Kläger hat jedoch nicht substantiiert dargetan, dass und ggf. in welchem Umfang die Beklagte der Gemeinschuldnerin bereits zu einem früheren Zeitpunkt Darlehen gewährt hatte und diese zum Zeitpunkt des Abschlusses der Sicherungsübereignungsverträge noch nicht zurückgeführt waren. Der Kläger hat lediglich pauschal behauptet, die Beklagte habe der Gemeinschuldnerin wiederholt sechsstellige Beträge zur Verfügung gestellt, was diese bestritten hat. Die Frage der substantiierten Darlegung der Besicherung von Altverbindlichkeiten war auch Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, ohne dass der Kläger seinen Vortrag entsprechend vertieft hat. In seinem Schriftsatz vom 11.11.2003 hat der Kläger lediglich unter Bezugnahme auf seinen Schriftsatz vom 5.3.2001 auf die in den Formularverträgen enthaltene Regelung des § 2 b) verwiesen. Eine inkongruente Deckung durch nachträgliche Besicherung von Altverbindlichkeiten ist insoweit nicht dargetan.
Des weiteren kann eine Inkongruenz nicht daraus abgeleitet werden, dass ein - allerdings beachtlicher - Teilbetrag der gewährten Darlehen gemäß Art. 6 der Darlehensverträge jeweils zur Tilgung von Rechnungen, deren Adressat die A GmbH war, einzusetzen war. Eine Absprache, kraft derer sich der Gemeinschuldner verpflichtet, das Erlangte zur Befriedigung - hier Freistellung - eines einzelnen Gläubigers einzusetzen, kann zwar eine Gläubigerbenachteiligung begründen (vgl. Kilger, a.a.O., § 29 KO Rz. 18). Die in Vollzug der mit der Beklagten getroffenen Verwendungsklausel erfolgten Zahlungen mögen danach ihrerseits der Anfechtung unterliegende Rechtshandlungen darstellen, wobei es vorliegend dahingestellt bleiben kann, ob sich ein etwaiger Rückgewähranspruch gegen die BekIagte oder aber die A GmbH richten würde. Die Vereinbarung einer derartigen Verwendungsklausel als solcher berührte aber nicht den Anspruch der Beklagten auf Bestellung der vertraglich vereinbarten Sicherungen für die an die Gemeinschuldnerin zur Auszahlung gebrachten Darlehensbeträge. Eine anfechtbare Rechtshandlung könnte sich vielmehr erst aus deren Vollzug ergeben, wobei der Kläger allerdings eine entsprechende Auszahlung zugunsten von Gläubigern der A GmbH ansatzweise auch nur hinsichtlich eines Betrages von 12.000,- DM (Anlage K 21) dargelegt hat.
Danach stand der Beklagten gegenüber der Gemeinschuldnerin ein Anspruch auf Bestellung der vereinbarten Sicherheiten zu, so dass keine inkongruente Deckung vorlag.
Im Falle des § 10 I Nr.1 GesO schließt zwar der Umstand, dass der Gläubiger genau das erhält, was er zu beanspruchen hat, die Anfechtbarkeit nicht aus - (vgl. Kilger, a.a.O., § 29 KO, Rz. 18). Im Falle einer kongruenten Deckung sind jedoch an die erforderliche Benachteiligungsabsicht des Gemeinschuldners strengere Anforderungen zu stellen als bei einer inkongruenten Deckung. Allein das Bewusstsein, durch die Bestellung der Sicherheiten andere Gläubiger zurückzusetzen, genügt daher nicht. Eine Benachteiligungsabsicht läge vielmehr nur dann vor, wenn es dem Gemeinschuldner weniger auf die Erfüllung seiner Vertragspflichten als auf die Schädigung der anderen Gläubiger angekommen wäre (vgl. BGH ZIP 1984, 572). Letzteres ist vorliegend nicht ersichtlich. Wie der Zeuge Z1 bekundet hat, waren die gewährten Darlehen allein zwar nicht ausreichend, um die Krise der Gemeinschuldnerin auf Dauer zu überwinden. Sie waren jedoch geeignet, "Altballast" abzuwerfen und eröffneten jedenfalls zusammen mit weiteren, später erfolgten Mittelzuflüssen die Chance in geordnete Verhältnisse zurückzukehren.
Die Sicherungsübereignungen unterliegen daher nicht der Anfechtung gemäß § 10 I Nr. 1 GesO.
Des weiteren sind die Sicherungsübereignungen auch nicht gemäß § 10 I Nr. 4 GesO anfechtbar. Nach dieser Vorschrift sind Rechtshandlungen des Schuldners anfechtbar, wenn sie nach Zahlungseinstellung gegenüber Personen vorgenommen wurden, denen zur Zeit der Handlung die -Zahlungsunfähigkeit bekannt war oder nach den Umständen bekannt sein musste. Wie bereits ausgeführt, war die Gemeinschuldnerin Anfang 1998 nicht zahlungsunfähig. Die verzögerte Auszahlung der Löhne wurde seitens der Arbeitnehmer geduldet. Aufgrund der erfolgten Produktionseinschränkung war die Gemeinschuldnerin in der Lage, die nur in begrenztem Umfang anfallenden Rechnungen der Lieferanten zu bezahlen.
Darüber hinaus kann der Kläger sein Klagebegehren auch nicht auf §§ 30, 31 GmbHG stützen. Zwar könnte die Beklagte aus den Sicherungsübereignungen keine Rechte herleiten, sofern die der Gemeinschuldnerin gewährten Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter hatten, was mangels einer dem § 135 InsO entsprechenden Regelung in der GesO nach § 30, 31 GmbHG zu beurteilen ist. Dass die Beklagte selbst nicht Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin war, steht der Anwendbarkeit der Grundsätze über eigenkapitalersetzende Leistungen nicht entgegen. Auch Dritte - wie etwa verbundene Unternehmen, insbesondere solche, die den Gesellschafter, der wiederum eine GmbH sein kann, beherrschen - können den Gesellschaftern gleichzustellen sein (vgl. Kilger, § 32 a GmbHG, Rz. 6a). Eine derartige - zumindest mittelbare - Beteiligung der Beklagten an der Gemeinschuldnerin hat der Kläger jedoch nicht dargetan.
Soweit der Kläger sich - erstmals in der Berufung und im Widerspruch zu seinem in erster Instanz vorgelegten Schreiben vom 21.12.1998 - darauf berufen hat, dass die A GmbH zum Zeitpunkt der Darlehensgewährungen an der Gemeinschuldnerin beteiligt gewesen sei, hat er diesen Vortrag - nachdem seitens der Beklagten der notarielle Vertrag vom 23.10.1997 vorgelegt worden ist, mit welchem die A GmbH sämtliche von ihr gehaltenen Gschäftsanteile an der Vorgängergesellschaft der Gemeinschuldnerin verkauft hat - nicht mehr aufrecht erhalten. Der Kläger hat nunmehr behauptet, die Beklagte sei auch Gesellschafterin der Fa. C mbH, welche durch jenen notariellen Vertrag vom 23.10.1997 Geschäftsanteile an der Vorgängergesellschaft der Gemeinschuldnerin seitens der A GmbH erworben hat. Mit diesem neuen Vortrag ist der Kläger jedoch ausgeschlossen (296 a ZPO). Dem Kläger war ein Schriftsatznachlass nur zur Stellungnahme zu der seitens der Beklagten unter Vorlage des notariellen Vertrages vom 23.10.1997 aufgestellten Behauptung, die A GmbH sei zum Zeitpunkt der Darlehensgewährungen nicht mehr an der Gemeinschuldnerin beteiligt gewesen, eingeräumt worden. Demgegenüber stellt seine Behauptung, eine Beteiligung der Beklagten bestehe über die Fa. C mbH, einen völlig neuen Sachvortrag dar, der gemäß § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen war und auch keinen Anlass bot, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.
Da die Berufung des Klägers ohne Erfolg geblieben ist, waren ihm die Kosten der Berufung aufzuerlegen (97 I ZPO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Ende der Entscheidung
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