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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 17.11.2005
Aktenzeichen: 7 U 142/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2 S. 1
Der Ausdruck "Europa" in den AKB ist geografisch zu verstehen, er umfasst also den asiatischen Teil der Türkei nicht. Damit ist für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer klar, dass für Schäden, die außerhalb des so bezeichneten geografischen Gebiets eintreten, kein Versicherungsschutz besteht.
Gründe:

Der Senat weist darauf hin, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats nicht erfordern. Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.

Der Kläger begehrt bedingungsgemäße Entschädigung aus der Fahrzeugversicherung wegen eines Unfalls, den er mit seinem Fahrzeug am 11.8.2004 in der Nähe von O1 im asiatischen Teil der Türkei erlitten hat. Der Kläger ist der Ansicht, etwaige den Versicherungsschutz auf den europäischen Teil der Türkei beschränkende Klauseln in den Versicherungsbedingungen der Beklagten seien unklar und deshalb unwirksam. Jedenfalls müsse ihn die Beklagte so behandeln, als ob er eine Erweiterung der Fahrzeugversicherung für den asiatischen Teil der Türkei vereinbart habe, denn sie habe ihn nicht ausreichend über den fehlenden Versicherungsschutz informiert; der Hinweis auf der grünen Karte sei missverständlich und reiche nicht aus.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass nach den Bedingungen Versicherungsschutz in der Fahrzeugversicherung für den asiatischen Teil der Türkei nicht bestehe. Sie habe den Kläger, der danach gefragt habe, mit Schreiben vom 10.6.2002 darüber auch ausdrücklich informiert. Dieses Schreiben sei dem Beklagten auch zugegangen. Jedenfalls enthalte die dem Kläger wunschgemäß übersandte grüne Karte einen ausreichenden Hinweis auf die Beschränkung des Versicherungsschutzes. Der Kläger habe bei einem Telefonat mit einem Mitarbeiter der Beklagten auch geäußert, er wisse, dass kein Versicherungsschutz bestehe, bitte aber um Prüfung einer Kulanzlösung.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er im wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Die Berufung dürfte unbegründet sein.

Das Landgericht hat mit Recht angenommen, dass Versicherungsschutz für den vom Kläger geltendgemachten Schaden in der Fahrzeugversicherung nicht besteht. Nach den hier unstreitig vereinbarten AKB ist der Versicherungsschutz auf Europa und die außereuropäischen Gebiete, die zum Geltungsbereich des Vertrags über die Europäische Gemeinschaft gehören, beschränkt. In der Rechtsprechung wird seit langem angenommen, dass der Ausdruck "Europa" hier geografisch zu verstehen ist, also den asiatischen Teil der Türkei nicht erfasst, dass damit für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer klar ist, dass für Schäden, die außerhalb des so bezeichneten geografischen Gebiets eintreten, kein Versicherungsschutz besteht, und dass die so zu verstehende Klausel auch wirksam ist (vgl. jüngst BGH VersR 2005, 824). Die dem Kläger übersandte grüne Karte gibt auch keinerlei Anlass zu dem Verständnis, die Beklagte habe Versicherungsschutz in der Fahrzeugversicherung erweiternd auch für den asiatischen Teil der Türkei versprochen. In der grünen Karte selbst heißt es zunächst, dass diese Versicherungskarte nicht für Länder gilt, die in der Länderliste gestrichen sind. Das für die Türkei stehende Länderkürzel "TR" ist nicht gestrichen. Daraus kann der Versicherungsnehmer folgern, dass die grüne Karte in der Türkei, also auch in deren asiatischem Teil, gilt. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass die grüne Karte den Umfang des Versicherungsschutzes in der Fahrzeugversicherung angibt. Über den mit der grünen Karte bescheinigten Versicherungsschutz informiert der mit "Tipps zur Grünen Karte" deutlich gekennzeichnete, in gut lesbarer Schrift gestaltete Anhang neben den Ausfertigungen der grünen Karte. Darin heißt es:

"Versicherungsschutz besteht außerhalb Europas im Rahmen der Internationalen Versicherungskarte nur in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, nicht aber in der Fahrzeug- und Kraftfahrt-Unfallversicherung. Eine Ausweitung des Versicherungsschutzes muss mit uns besonders vereinbart werden. Weitere Fragen beantwortet Ihnen Ihre zuständige Geschäftsstelle." Damit ist unmissverständlich klargestellt, dass die grüne Karte nur den Geltungsbereich der Haftpflichtversicherung betrifft.

Die Beklagte muss den Kläger auch nicht wegen Verletzung der ihr bei Abschluss des Versicherungsvertrages oder während des Versicherungsverhältnisses obliegenden Aufklärungspflichten so stellen, also ob er mit ihre eine Erweiterung der Fahrzeugversicherung auf den asiatischen Teil der Türkei vereinbart hätte. Nach der Rechtsprechung (vgl. BGH aaO), auch des Senats (VersR 1998, 1103) hat der Versicherer, wenn die naheliegende Möglichkeit besteht, dass das Fahrzeug zu Fahrten in den asiatischen Teil der Türkei benutzt wird, auf den beschränkten Geltungsbereich der Fahrzeugversicherung besonders hinzuweisen. Dieser Hinweispflicht ist die Beklagte mit dem der grünen Karte beigefügten Hinweis nachgekommen und hat dem Beklagten damit noch rechtzeitig vor Antritt der Reise die Möglichkeit eröffnet, für eine Erweiterung des Versicherungsschutzes zu sorgen. Der Hinweis war unmissverständlich. Er hat dem Kläger deutlich gemacht, dass trotz Ausstellung der grünen Karte Versicherungsschutz in der Fahrzeugversicherung außerhalb Europas ohne besondere Vereinbarung nicht besteht.

Der Kläger erhält Gelegenheit, zu den vorstehenden Hinweisen innerhalb von vier Wochen Stellung zu nehmen.

Durch Beschluss vom 10.1.2006 hat der Senat sodann die Berufung mit folgender Begründung zurückgewiesen (die Red.):

Zur Begründung verweist der Senat auf die fortgeltenden Gründe seines Hinweisbeschlusses vom 17.11.2005. Die Ausführungen im Schriftsatz vom 28.12.2005 rechtfertigen keine andere Beurteilung, insbesondere geht auch das von dem Kläger herangezogene Urteil des OLG Saarbrücken davon aus, dass die den Geltungsbereich der Fahrzeugversicherung auf Europa beschränkende Klausel wirksam ist, dass aber die Ungewöhnlickeit des Umstands, dass eine Versicherung nur in einem Teil eines Staats gilt, eine Hinweispflicht des Versicherers bedingt. Im übrigen unterscheidet sich die von dem OLG Saarbrücken als unwirksam beurteilte Klausel von der hier vereinbarten, deren Wirksamkeit wiederholt höchstrichterlich bestätigt worden ist. Von einer Hinweispflicht geht auch der Senat aus. Ihr hat die Beklagte aber durch den ausdrücklichen und unmissverständlichen Hinweis auf der grünen Karte genügt. Dafür, dass ein solcher Hinweis nur mündlich erfolgen kann, gibt es keinen Grund. Der Hinweis ist auch weder knapp noch leicht zu übersehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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