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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 18.04.2001
Aktenzeichen: 7 U 97/00
Rechtsgebiete: VVG, AKB, ZPO
Vorschriften:
VVG § 61 | |
VVG § 1 | |
VVG § 49 | |
AKB § 12 Nr. 1 I c | |
AKB § 12 Nr. 1 II i | |
ZPO § 543 Abs. 1 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 711 | |
ZPO § 713 | |
ZPO § 546 Abs. 1 |
7 U 97/00
2/5 O 515/98 LG Frankfurt am Main
Verkündet am 18.4.2001
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
In dem Rechtsstreit ...
hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts in Frankfurt am Main durch die Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. März 2001 für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 18. Mai 2000 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichtes Frankfurt am Main Az.: 2/5 O 515/98 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger ist mit 22.350,-- DM beschwert. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zwar an sich statthaft und zulässig, bleibt in der Sache selbst jedoch ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Kläger den geltend gemachten Anspruch weder auf eine entsprechende Regulierungszusage der Beklagten, auf schuldhafte Verletzung der Beklagten ihm gegenüber obliegender Sorgfaltspflichten noch auf die unstreitig zwischen den Parteien abgeschlossenen Fahrzeugversicherung stützen kann.
I. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, der für die Beklagte tätige Zeuge Sch. habe gegenüber dem Werkstattmeister G. verbindlich zugesagt, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Kosten für die Instandsetzung seines Fahrzeuges übernehmen werde. Die zu dieser Frage gehörten Zeugen Sch. und G. haben den Inhalt dieses Telefonates insoweit abweichend geschildert, als der Versicherungsangestellte Sch. ausgesagt habe, er sei lediglich angesprochen worden, ob das Fahrzeug repariert werden könne und habe nur dieses bejaht, während der Kraftfahrzeugmeister G. angegeben hat, er habe bei der Versicherung auch darauf hingewiesen, dass der Versicherungsanspruch an die Werkstatt abgetreten sei und in welcher Höhe Kosten entstehen würden. Die Frage, ob dem Werkstattmeister G. mehr geglaubt werden kann als dem Versicherungsangestellten Sch., kann jedoch letztlich dahin gestellt bleiben, da selbst dann, wenn zu Gunsten des Klägers der Aussage des Zeugen G. gefolgt wird, eine verbindliche Übernahme der Reparaturkosten durch die Beklagte nicht bejaht werden kann. Auch der Zeuge G. hat allein davon gesprochen, er habe Reparaturfreigabe" erhalten. Unter diesem Begriff ist zunächst allein zu verstehen, dass die Versicherung keine Einwände gegen die Durchführung der Reparatur hat, also insbesondere nicht etwa durch die Instandsetzung eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes als unzulässig erschwert ansieht. Dafür, dass der Begriff in dem Telefonat zwischen den beiden Zeugen in diesem Sinne verwendet worden ist, spricht, dass der Versicherungsangestellte Sch. sich allein danach erkundigt hat, ob der Sachverständige das Fahrzeug bereits besichtigt hat, d.h. also, ob die Beweise bereits gesichert worden sind.
Zwar hat demgegenüber der Zeuge G. bekundet, es sei die übliche" Verfahrensweise, dass bei Reparaturfreigabe durch eine Versicherung von dieser die Kosten übernommen werden. Hierin spiegelt sich aber allein die Erfahrung des Zeugen wieder, dass in seinem Betrieb bislang Schwierigkeiten bei der Schadensregulierung ausgeblieben sind. Das aber mag seinen Hintergrund alleine darin haben, dass in den dem Zeugen G. bekannten Fällen Leistungshindernisse nicht aufgetreten sind. Das erlaubt aber nicht den Rückschluss, dass die Versicherung in den jeweiligen Fällen in ihren Reparaturfreigaben" jeweils verbindliche Kostenübernahmeerklärungen gesehen haben. Wesentlich ist vielmehr, dass auch nach der Aussage des Zeugen G. der Versicherungsangestellte Sch. allein danach gefragt hat, ob eine Besichtigung durch einen Sachverständigen bereits erfolgt war. Ersichtlich hatte er deswegen noch keine Kenntnis davon, zu welchem Ergebnis der Sachverständige gelangt war. Nach den Einzelheiten der von dem Sachverständigen getroffenen Feststellungen ist nach den Aussagen beider Zeugen in dem Telefonat auch nicht weiter gefragt worden. Angesichts dessen konnte der Werkstattmeister G. schwerlich erwarten, mit der Reparaturfreigabe" würde die Beklagte auf jeglichen Einwand bei der Regulierung verzichten.
Ergänzend spricht für diese Bewertung, dass angesichts der doch beträchtlichen Schadenshöhe von etwa 20.000,-- DM bei einer Zusage von einem derartigen Gewicht eine schriftliche Abfassung angezeigt gewesen wäre, die bei den heutigen Telekommunikationsmitteln leicht und einfach hätte erteilt werden können. Ohnehin hat sich nach der Aussage des Zeugen G. die Äußerung des Zeugen Sch. darauf beschränkt, es spräche nichts dagegen". Damit aber hat der Zeuge Sch. sich erkennbar für die Beklagte nicht darauf festgelegt, die Reparaturkosten zu übernehmen.
II. Die Beklagte hat auch durch die von dem Zeugen Sch. gegebenen Auskünfte nicht gegen die Sorgfalts- und Hinweispflichten verstoßen, die sie gegenüber dem Kläger aufgrund des Versicherungsvertragsverhältnisses zu wahren hatte. Wie ausgeführt war die Äußerung des Angestellten Sch. eindeutig allein dahin zu verstehen ist, dass die Beklagte nichts gegen die Durchführung der Reparatur einzuwenden hat. Eines ausdrücklichen Hinweises, dass damit noch keine feste Zusage einer Kostenübernahme verbunden ist, bedurfte es daher nicht.
Die Beklagte war auch nicht gehalten, auf mögliche Einwände gegen den Versicherungsanspruch hinzuweisen, da zu diesem Zeitpunkt Umstände, die den Versicherungsanspruch hätten gefährden können, nicht ihr, sondern allein dem Kläger bekannt waren. Die Äußerungen des Sachverständigen und dessen Lichtbilder, aus denen sich später die Verdachtsgesichtspunkte ergaben, lagen der Beklagten zum Zeitpunkt des Telefonats noch nicht vor, da ansonsten der Zeuge Sch. nicht hätte fragen müssen, ob das Fahrzeug schon besichtigt worden war. Auch wenn der Werkstattmeister G. dem Versicherungsangestellten Sch. mitgeteilt hatte, der Kläger sei ins Hochwasser gefahren, so konnte daraus allein auf ein grobfahrlässiges Verhalten noch nicht geschlossen werden, da dies erst aus den noch näher darzustellenden Umständen folgte. Vor diesem Hintergrund hat der Versicherungsangestellte Sch. weder falsche noch unzureichende Auskünfte gegeben.
III. Ein Zahlungsanspruch des Klägers aus dem Versicherungsvertrag kann weiterhin nicht auf §§ 1, 49 VVG in Verbindung mit § 12 Nr. 1 I c AKB gegründet werden. Dies würde nämlich voraussetzen, dass das klägerische Fahrzeug durch unmittelbare Einwirkung einer Überschwemmung beschädigt worden wäre. Das aber wäre nur dann zu bejahen, wenn nicht ein weiteres Ereignis bzw. eine weitere Ursache als die Einwirkung von Naturgewalten den Schadenseintritt vermittelt hätte (vgl. BGH VersR 84, 28; 64, 712; OLG Frankfurt VersR 66, 437; OLG Hamm NJW-RR 89, 26; Knappmann in Prölls/Martin, VVG, 26. Aufl., Rn. 28 zu § 12 AKB). Weil der Kläger dadurch, dass er in den überschwemmten Bereich hineingefahren ist, eine entscheidende Mitursache für den Schadensfall gesetzt hat, fehlt es jedoch an der erforderlichen Unmittelbarkeit des Schadenseintritts durch die Überschwemmung.
IV. Dem gegenüber liegt allerdings ein Unfallereignis im Sinne des § 12 Nr. 1 II i AKB mit dem hier plötzlich, von außen her unmittelbar mit mechanischer Gewalt auf das klägerische Fahrzeug einwirkenden Wasserschlag" vor (vgl. OLG Frankfurt VersR 66, 437, Urteil des Senats vom 16. Februar 2000, 7 U 53/99). Die Haftung der Beklagten ist jedoch gemäß § 61 VVG ausgeschlossen, weil der Kläger den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Versicherte die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gröblich außer Acht gelassen und nicht beachtet hat, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten musste (BGHZ 60, 626), oder wenn er unbekümmert und leichtfertig gehandelt hat (BGHZ 67, 53). Ein in einem solchen Umfang nachlässiges Verhalten ist von der Rechtsprechung in einem Fall bejaht worden, bei dem ein Versicherungsnehmer mit einem Jeep auf wasserbedecktem Panzerübungsgelände mit einer Wassertiefe von 60 cm eingefahren ist (vgl. LG Osnabrück ZfS 91, 200) bzw. bei einem Geschehen angenommen worden, bei dem der Versicherungsnehmer über eine Strecke von 27 m in eine überflutete Strecke eingefahren ist (vgl. Senat a.a.O.). Der vorliegende Fall ist ebenso zu bewerten.
Zunächst ist festzuhalten, dass dem Kläger vor der Einfahrt in die gefährliche Strecke auch nach eigenen Angaben die Überflutung aufgefallen ist und dass er rechtzeitig hatte anhalten können.
Die Überflutung erstreckte sich über die gesamte Fahrbahnbreite und von der betroffenen Unterführung aus über mehrere Meter in jede Fahrtrichtung. Unstreitig befanden sich aus jeder Fahrtrichtung gesehen fest installierte Warnhinweise durch das Schild 101 mit dem Zusatz Mindestwassertiefe 30 40 cm. Allein aufgrund der von ihm bemerkten Überflutung und dieser Hinweise musste der Kläger mit drohenden Schäden rechnen, wenn er die Wasserfläche durchfährt. Tatsächlich entsprach die Wasserhöhe auch zumindest dem Warnhinweis, wie sich daraus ergibt, dass unstreitig das Wasser über die Seitenschweller des Fahrzeuges in das Wageninnere gelaufen ist. Deshalb ist der Umstand, dass es dem Zeugen M. gelungen ist, das klägerische Fahrzeug mit einem PKW Mercedes Kombi abzuschleppen, kein Anzeichen dafür, dass der Wasserstand wesentlich niedriger war. Der Zeuge musste nämlich zum Abschleppen nicht so weit in das Wasser hineinfahren und es auch nicht durchqueren.
Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe darauf vertrauen dürfen, die Wasserfläche unbeschadet durchqueren zu können, da vor ihm einem anderen Per- sonenkraftwagen die Durchfahrt gelungen sei. Der Sachverständige S., der das Fahrzeug besichtigte und dabei mit dem Kläger gesprochen hatte, hat bekundet, ihm gegenüber habe der Kläger von einem Traktor und einem Jeep gesprochen, die vor ihm die Wasserstelle passiert hätten. Es besteht weder Anlass, an der Aussage dieses Zeugen zu zweifeln, noch daran, dass der Kläger in der damaligen Situation seine Beobachtungen vor dem Schadensereignis unzutreffend wiedergegeben hat. Da Traktoren und Geländewagen höhere Bodenfreiheit haben als das von dem Kläger gefahrene Sport-Coupe, liegt auf der Hand, dass er aus deren erfolgreicher Wasserpassage nicht schließen durfte, ebenso bei einer Durchfahrt unbehelligt zu bleiben.
Weiterhin kann auch die Behauptung des Klägers dahingestellt bleiben, ortskundige Einheimische würden ständig die Unterführung durchfahren. Wie der Kläger selbst vorträgt (Bl. 42 d.A.), verfügt er nämlich über keine hinreichende Ortskenntnis, da er die Strecke etwa nur 3 x im Jahr befährt. Anders als möglicherweise die Einheimischen vermochte er also nicht verlässlich zu beurteilen, mit welchem Wasserstand zu rechnen war. Wenn er sich trotzdem entschloss, sozusagen blind" trotz gegebener nachhaltiger Warnhinweise in die Gefahrenstelle einzufahren, so ist sein Verhalten als in einen nicht mehr hinnehmbaren Umfang leichtfertig zu kennzeichnen.
Allerdings wird zu seinen Lasten was also die Beklagte zu beweisen hätte nicht angenommen werden können, dass die Strecke durch eine querstehende Warnbarke abgesperrt war. Zwar hat der Kläger eingeräumt, dass diese vorhanden war und zumindestens an der Seite stand. Auch ist es unwahrscheinlich, dass die Warnbarke zur Seite geräumt worden ist, da sie leicht hätte umfahren werden können. Es ist aber nicht bekannt, wo diese Barke sonst aufbewahrt wird und ob sie erst bei Hochwasser an Ort und Stelle gebracht wird, wann das Hochwasser eingetreten ist und wann die Gemeinde tätig geworden ist. Die Gemeinde hat auf die Anfrage des Landgerichtes nicht angeben können, ob die Barke aufgestellt war oder nicht. Dieser Gesichtspunkt ist aber letztlich auch nicht entscheidend. Hierauf stützt im übrigen auch das Landgericht nicht seine Entscheidung. Auf die Behauptung der Beklagten, der Kläger sei weiterhin durch eine querstehende Warnbarke auf die Gefahrenquelle hingewiesen worden, kommt es danach nicht mehr an. Wenn andererseits zu Gunsten des Klägers unterstellt wird, dass die Warnbarke lediglich seitlich neben Straße stand, so konnte er angesichts der übrigen deutlichen Warnanzeichen deswegen noch nicht darauf vertrauen, dass die Wegstrecke passierbar war. Die durch die Hinweisschilder gegebenen Warnungen blieben zum einen davon unberührt. Wäre die Hochwassergefahr gebannt gewesen, wäre die Warnbarke vollständig entfernt worden.
Die Kosten der danach aus allen rechtlichen Gesichtspunkten erfolglosen Berufung fallen dem Kläger gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.
Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Der Wert der Beschwer entspricht dem Betrag der abgewiesenen Klageforderung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 546 Abs. 1 ZPO sind nicht erfüllt. Entscheidend ist insbesondere allein die Bewertung des im konkreten Einzelfall festzustellenden Fahrlässigkeitsgrades, so dass dem Fall keine eine grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Ende der Entscheidung
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