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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 11.06.2009
Aktenzeichen: 3 U 195/08
Rechtsgebiete: RL 2001/83/EG, UWG, AMG, HWG


Vorschriften:

RL 2001/83/EG Art. 3 Nr. 2
UWG § 3
UWG § 4 Nr. 11
AMG § 21 Abs. 2 Nr. 1
HWG § 3 a
1. Mit der Formulierung "Herstellung im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs" i.S. des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG wird auch nach der Änderungen dieser Vorschrift durch die 14. AMG- Novelle zum Ausdruck gebracht, dass die Ausnahme vom Grundsatz der Zulassungspflicht von Arzneimitteln nur für verlängerte Rezepturen gilt, die in einem regional begrenzten Gebiet, nämlich im üblichen Versorgungs- und Einzugsbereich der Apotheke, vertrieben werden.

2. Dieser Auslegung stehen die gesetzlichen Regelungen zur Zulässigkeit des Versandhandels durch Apotheken nicht entgegen.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftszeichen: 3 U 195/08

Verkündet am: 11. Juni 2009

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter ... ... ... nach der am 14. Mai 2009 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12 vom 26. August 2008, Az. 312 O 226/08, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die im Tenor des landgerichtlichen Urteils genannten Anlagen K 7, K 8, K 16, K 17, K 18 und K 19 als Verbindungsanlagen zum vorliegenden Berufungsurteil genommen werden, sowie mit der weiteren Maßgabe, dass die landgerichtliche Kostenentscheidung abgeändert wird.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits wie Gesamtschuldner, wobei die Beklagte zu 2) nur bis zur Hälfte der angefallenen Kosten haftet.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten zu 1) und zu 3) dürfen die Zwangsvollstreckung hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs zu I. 1. a) durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 200.000,00 abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs zu I. 3. a) dürfen die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 200.000,00 abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beklagten zu 1) und zu 3) dürfen die Zwangsvollstreckung hinsichtlich des Auskunftsanspruchs zu I. 1. b) durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 20.000,00 abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Hinsichtlich des Auskunftsanspruchs zu I. 1. b) dürfen die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 20.000,00 abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Hinsichtlich des Kostenausspruchs dürfen die Beklagten die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe 110% des jeweils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Gegen dieses Urteil wird die Revision zugelassen.

Gründe:

A.

Die Klägerin bietet mit dem Arzneimittel Metvix(r) 160 mg/g Creme das zurzeit einzige in Deutschland zugelassene photosensibilisierende Fertigarzneimittel und die dazu passende Lichtquelle Aktilite(r) als Behandlungskonzept für die photodynamische Therapie (PDT) zur Behandlung von aktinischen Keratosen, Basalzellkarzinomen und Morbus Bowen (Varianten des sog. hellen Hautkrebs) an.

Die Beklagten zu 1. und 2. sind jeweils 100%-ige Töchter der Verwaltungsholding B. AG. Die Beklagte zu 1. ist innerhalb des Konzerns für Marketing und Vertrieb, die Beklagte zu 2. für die präklinische und klinische Forschung zuständig. Der Beklagte zu 3. ist als Gründer der Unternehmensgruppe Vorsitzender des Vorstands der B. AG und Geschäftsführer der Beklagten zu 1. und 2.

Die B.-Gruppe ist auf die Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung von Haut- und Entzündungskrankheiten spezialisiert. Zugelassene Fertigarzneimittel werden von ihr zurzeit noch nicht in den Verkehr gebracht.

Der in der Entwicklung am weitesten fortgeschrittene Produktkandidat der Beklagten ist das Arzneimittel BF-200 ALA, das wie das Produkt der Klägerin u.a. zur Behandlung von oberflächlichen, bösartigen, krankhaften Veränderungen der Oberhaut geeignet ist. "ALA" ist die Abkürzung für den verschreibungs- und apothekenpflichtigen Wirkstoff Aminolävulinsäure, der chemisch mit dem Wirkstoff in Metvix(r) verwandt ist. "BF-200" ist die Bezeichnung einer für den B.-Konzern patentgeschützten Nanoemulsion, die gegenüber anderen Emulsionen, in die der Wirkstoff ALA eingebracht werden kann, den Vorteil hat, die Stabilität der Rezeptur deutlich zu erhöhen. Die Formulierung von BF-200 ALA ist Gegenstand von Patenten, die der B.-Konzern im Jahr 2004 erwarb. 2006 wurde ein europäisches Patent angemeldet. In der Schweiz wird das Arzneimittel in Apotheken abgegeben.

In der Bundesrepublik Deutschland wird es -hinsichtlich der Indikation aktinische Keratosen- zurzeit im Zulassungsverfahren in einer klinischen Studie der Phase IIb/III getestet. Das Zulassungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Die für die photodynamische Therapie bestehende Nachfrage an ALA-haltigen Rezepturen wird in Deutschland zurzeit nicht nur durch das Fertigarzneimittel der Klägerin, sondern auch durch von Apothekern -auf ein entsprechendes Rezept des Arztes hin- auf der Basis anderer Wirkstoffträger hergestellten Rezepturen oder Defekturen befriedigt, wobei das konkrete Maß, in dem die Nachfrage auf diese Weise abgedeckt wird, zwischen den Parteien streitig ist.

Die Beklagten zu 1. und 2. gingen im Jahr 2007 mit der S.-Apotheke in Berlin und der A. -Apotheke in Burscheid eine dahingehende Kooperation ein, dass beide Apotheken die Lizenz erhielten, die Rezeptur aus BF-200 und ALA (im Folgenden: BF-200 ALA Rezeptur) herzustellen und auf ein entsprechendes Rezept hin an Ärzte abzugeben, wobei die Beklagten den Apotheken die Nanoemulsion BF-200 zur Verfügung stellten.

Im April 2007 bewarb die Beklagte zu 1. auf der 44. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft die BF-200 ALA Rezeptur mit einer Informationsbroschüre, in der die Wirkweise der "BF-100 ALA-Rezeptur" beschrieben wurde (Anlage K 7). Außerdem hielt sie Bestellscheine (vgl. Anlage K 8) für den Bezug von "5-ALA Nanoemulsion Gel 3%" von den oben genannten Apotheken nebst weiterer Informationen bereit.

Daraufhin beantragte die Klägerin, die dies für die Bewerbung eines nicht zugelassenen Arzneimittels hielt, beim Landgericht Hamburg den Erlass einer entsprechenden einstweiligen Verfügung, Az. 312 O 334/07. Nach Zurückweisung dieses Antrags durch das Landgericht, erließ das Hanseatische Oberlandesgericht auf die sofortige Beschwerde der Klägerin unter dem 12. Oktober 2007 (Az. 3 W 148/07) eine entsprechende Beschlussverfügung, mit welcher der (hiesigen) Beklagten zu 1. bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs das Arzneimittel BF-200 ALA Rezeptur mit Nanoemulsion wie aus den beiden diesem Beschluss beigefügten Anlagenkonvoluten ersichtlich zu bewerben.

Bei den genannten Anlagenkonvoluten handelte es sich um die hiesigen Anlagen K 7 und K 8 (vgl. Anlage K 6).

In der Begründung dieser Entscheidung vertrat der Senat die Auffassung, die Beklagte bewerbe mit den beanstandeten Unterlagen ein Fertigarzneimittel, das der Pflicht zur Zulassung unterliege, aber nicht zugelassen sei, was nach § 3 a HWG in Verbindung mit §§ 3, 4 Nr. 11 UWG wettbewerbswidrig sei. Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift aus § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG lägen nicht vor, weil eine Herstellung von Arzneimitteln zum Zwecke des bundesweiten Vertriebs im Versandhandel keine Herstellung im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs im Sinne der genannten Norm sei. Privilegiert werde die Herstellung ansonsten zulassungspflichtiger Fertigarzneimittel nur für diejenigen Mengen, die unter den weiteren Voraussetzungen der Norm im Betrieb der Apotheke gleichsam als offenem Ladengeschäft üblicherweise abgefordert würden. Dies seien nur die Mengen, die im räumlichen Einzugsbereich der Apotheke nachgefragt würden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses vom 12. Oktober 2007 in dem Verfahren 3 W 148/07 = 312 O 334/07 (Magazindienst 2008, 650 f.) Bezug genommen.

Nachfolgend war die Beklagte zu 1. nicht bereit, eine entsprechende Abschlusserklärung abzugeben (Anlagen K 9 bis K 12). Zudem legte sie -nach Erhebung der vorliegenden Hauptsacheklage- Widerspruch gegen die Beschlussverfügung des Senats vom 12. Oktober 2007 ein. Mit Urteil vom 26. August 2008, Az. 312 O 334/07, bestätigte das Landgericht Hamburg die einstweilige Verfügung des Senats. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte zu 1. Berufung ein (Az. 3 U 196/08), über die noch nicht entschieden worden ist.

Auf der 1. Stuttgarter Adventsfortbildung, die vom 30. November 2007 bis zum 1. Dezember 2007 stattfand, boten die Beklagten zu 1. und 2. für interessierte Ärzte sog. Informationsmappen an, die wie aus den Anlagen K 16 bis K 19 ersichtlich Informationsbroschüren über die Anwendung der "BF-200 ALA-Rezeptur" im Rahmen einer PDT enthielten und über die Bezugsmöglichkeiten des Arzneimittels über die A.-Apotheke in Burscheid und die S.-Apotheke in Berlin informierten. Es wurden zwar keine Bestellformulare verteilt, jedoch darauf hingewiesen, dass die bereits versandten Bestellformulare weiter verwendet werden könnten.

Nach erfolgloser Abmahnung (Anlagen K 13 und K 14) erwirkte die Klägerin die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 11. Januar 2008 (Az. 312 O 7/08), mit welcher den Beklagten zu 1. und zu 2. unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten wurde,

"für das Arzneimittel BF-200 ALA gegenüber Fachkreisen zu werben, solange eine Zulassung für das Fertigarzneimittel nicht vorliegt, insbesondere

1. durch unaufgeforderte Abgabe von Unterlagen wie nachstehend aufgeführt an Ärzte, z.B. anlässlich medizinischer Kongresse: Anleitungen zur Anwendung von BF-200 ALA im Rahmen der photodynamischen Therapie (PDT) gemäß Anlage AST 10 (Kurzanleitung) oder Anlage AST 11;

2. durch unaufgeforderte Abgabe von Unterlagen wie nachstehend aufgeführt an Ärzte, z.B. anlässlich medizinischer Kongresse: Informationsblatt "Magistralrezepturen" gemäß Anlage AST 12 mit dem Hinweis, dass die BF-200 ALA Rezeptur bei bestimmten Apotheken bezogen werden kann, sowie Angaben über die BF-200 ALA Rezeptur, über "Garantierte Qualität" und "Geprüfte Wirksamkeit";

3. durch unaufgeforderte Abgabe von Unterlagen wie nachstehend aufgeführt an Ärzte, z.B. anlässlich medizinischer Kongresse:

Informationsblatt gemäß Anlage AST 13 mit Informationen über die Produkteigenschaften von BF-200 ALA."

Bei den vorstehend genannten Anlagen AST 10 bis AST 13 handelte es sich um die hiesigen Anlagen K 16 bis K 19 (vgl. Anlage K 15).

Nachfolgend waren die Beklagten zu 1. und zu 2. auch hinsichtlich dieser einstweiligen Verfügung nicht bereit, eine entsprechende Abschlusserklärung abzugeben (Anlagen K 20 bis K 22). Zudem legten sie -nach Erhebung der vorliegenden Hauptsacheklage- Widerspruch gegen die Beschlussverfügung des Landgerichts vom 11. Januar 2008 ein. Mit Urteil vom 26. August 2008, Az. 312 O 7/08, bestätigte das Landgericht Hamburg seine einstweilige Verfügung. Gegen dieses Urteil legten die Beklagten zu 1. und zu 2. Berufung ein (Az. 3 U 194/08), über die noch nicht entschieden worden ist.

Am 21. April 2008 erhob die Klägerin die vorliegende Hauptsacheklage. Nunmehr nimmt sie sowohl die Beklagten zu 1. und 2., als auch deren Geschäftsführer, den Beklagten zu 3., in Anspruch. Zum einen verlangt sie, den Beklagten allgemein zu verbieten, für das Arzneimittel BF-200 ALA zu werben, solange dieses nicht als Fertigarzneimittel zugelassen ist. Zum anderen macht sie Auskunfts- und Schadenersatzansprüche geltend.

Die Klägerin hat ausgeführt, dass sämtliche der vorstehend dargestellten Marktaktivitäten der Beklagten als Werbung für deren noch nicht zugelassenes Medikament BF-200 ALA anzusehen seien. Der Vertrieb von BF-200 ALA über die Kooperationsapotheken sei insbesondere nicht nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG von der Zulassungspflicht befreit. Die Herstellung von BF-200 ALA gehe über den üblichen Apothekenbetrieb hinaus; die Ausnahme in § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG gelte nur für ein regional begrenztes Gebiet. Die Werbung für dieses Arzneimittel verstoße deshalb gegen § 3 a HWG und sei nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG wettbewerbswidrig.

Die Klägerin hat behauptet, das von den Beklagten beworbene und durch die Apotheken in Verkehr gebrachte Arzneimittel "BF-200 ALA Rezeptur" bzw. "BF-200 ALA Rezeptur mit Nanoemulsion" sei identisch mit dem zurzeit noch in der klinischen Prüfung befindlichen Arzneimittel "BF-200 ALA". Die Beklagten bezeichneten ihr Produkt in den Werbeunterlagen lediglich unterschiedlich, um zu verschleiern, dass noch keine Zulassung erfolgt sei, trotzdem solle aber - wie sich aus dem Börsenprospekt der Beklagten ergebe (vgl. Anlage K 4) - das Produkt bereits jetzt vermarktet werden. Tatsächlich werde in den Informationsschriften den Fachkreisen nur ein einziges konkretes Produkt vorgestellt, nämlich ein Arzneimittel mit dem Wirkstoff Aminolävulinsäure (ALA), kombiniert mit der für die Beklagten patentierten Nanoemulsion BF-200. Die Behauptung der Beklagten, es seien auch andere Nanoemulsionen für die Herstellung von ALA-Rezepturen erhältlich, hat die Klägerin bestritten. Diese Behauptung sei schon dadurch widerlegt, dass Arzneimittel, welche ALA mit einer mit BF-200 vergleichbaren Nanoemulsion kombinierten, das Patent der Beklagten (Anlage K 25)verletzen müssten. Zudem gebe es keine allgemein bekannte ALA-Rezeptur mit Nanoemulsion (Anlage K 26). Nach Durchführung der Dosisfindungsstudie werde auch nur noch die 10%ige Wirkstoffdosis weiter verfolgt.

In Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG hat die Klägerin mit Nichtwissen bestritten, dass die "wesentlichen Herstellungsschritte" zur Fertigung von BF-200 ALA durch die beiden Kooperationsapotheken der Beklagten erbracht würden. Sie hat behauptet, ausweislich der Produktinformationen der Beklagten bestehe die Besonderheit von BF-200 ALA darin, dass der Wirkstoff ALA in eine Nanoemulsion - nämlich BF-200 - eingebracht werde. Die BF-200 Nanoemulsion werde von den Beklagten selbst als der besondere und innovative Bestandteil der Arzneimittelgrundlage bezeichnet (Anlage K 24), womit sie auch als wesentliche Komponente des hergestellten Arzneimittels anzusehen sei. Diese für das Produkt maßgebliche Nano-Emulsion werde -unstreitig- von den Beklagten zugeliefert, nicht jedoch in der Apotheke hergestellt. Weiter hat die Klägerin mit Nichtwissen bestritten, dass die Herstellung "auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher Verschreibung", und "in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag" erfolge.

Darüber hinaus hat die Klägerin behauptet, dass die Beklagten an jeder der von der S.-Apotheke bzw. der A.-Apotheke hergestellten Charge von BF-200 ALA eine Qualitätskontrolle durchführten. Auch dies sei ein wesentlicher Herstellungsschritt, der nicht von den Apotheken durchgeführt werde.

Berücksichtige man weiter, dass die Apotheken allein auf Grundlage der mit den Beklagten bestehenden Lizenzvereinbarung zur Herstellung und zum Vertrieb von BF-200 ALA berechtigt und technisch in der Lage seien, die - nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG erforderliche - häufige Nachfrage ausschließlich aufgrund von Marketing- und Vertriebsaktivitäten der Beklagten geschaffen worden sei, und die Beklagten für sich selbst Haftungsrisiken im Zusammenhang mit der Abgabe von BF-200 ALA über die Apotheken sähen (vgl. Börsenprospekt Anlage K 29), sei offensichtlich, dass die beiden Apotheken nur als verlängerter Vertriebsarm der Beklagten tätig seien, was nicht dem Sinn von § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG entspreche.

Zu der Frage, ob BF-200 ALA bei den Kooperationsapotheken der Beklagten im "üblichen Apothekenbetrieb" i.S.d. § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG hergestellt werde, hat die Klägerin außerdem darauf hingewiesen, dass Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits nicht die Frage sei, ob grundsätzlich Defekturarzneimittel dem Versandhandel der Apotheken zugänglich seien. Entscheidungserheblich sei ausschließlich die Frage, ob sich die Beklagten durch die Vermarktung ihres Medikaments unter dem Deckmantel einer "apothekenüblichen Defektur" noch vor Abschluss der Zulassungsprüfung einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen pharmazeutischen Unternehmern verschaffen dürften, die sich an die gesetzgeberische Grundsatzentscheidung hielten, wonach nur zugelassene Arzneimittel beworben und in Verkehr gebracht werden dürften. Werde dieses Vorgehen als zulässig angesehen, sei damit zu rechnen, dass sich viele Pharmaunternehmen das zeit- und kostenintensive, sowie im Ausgang ungewisse Zulassungsverfahren ersparen und mit Hilfe von Kooperationsapotheken und entsprechender Bewerbung einen bundesweiten Absatz von nicht zugelassenen Arzneimittel vornehmen würden. Mit mehreren Kooperationsapotheken könnten erhebliche Absatzmengen pro Tag, und damit eine flächendeckende Versorgung erreicht werden. Dies werde das in § 21 AMG vorgesehene Regel-Ausnahme-Verhältnis umkehren.

Darüber hinaus sei § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG nach Wortlaut, Systematik, Historie sowie Sinn und Zweck der Norm dahingehend auszulegen, dass Defekturarzneimittel nur im räumlich beschränkten Versorgungs- und Einzugsbereich der einzelnen Apotheke abgegeben werden dürften. Aufgrund der derzeitigen gesetzlichen Regelung, nach der die Offizinapotheke die Regel und der Versandhandel die Ausnahme sei, gehöre nur dies zum "üblichen Apothekenbetrieb" im Sinne der Norm.

Da das Tatbestandsmerkmal "Abgabe im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs" in der 14. AMG-Novelle beibehalten worden sei, müsse ihm auch eine eigenständige Bedeutung zukommen, die gerade darin bestehe, eine räumliche Beschränkung für die Abgabe von Defekturarzneimitteln zu schaffen. Würde der Gesetzgeber alle Abgabemöglichkeiten als üblich angesehen haben, die rechtlich erlaubt seien (inkl. Versandhandel), komme dem Tatbestandsmerkmal kein Bedeutungsgehalt mehr zu.

Nach dem systematischen Verhältnis von § 43 Abs. 1 S. 1 AMG sowie § 17 ApoBetrO und § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG dürften nur solche Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden, die den allgemeinen Anforderungen an die Verkehrsfähigkeit und damit den Voraussetzungen des § 21 AMG entsprächen. Darum könne die Frage, ob die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift für die Abgabe des Arzneimittels BF-200 ALA als Defekturarzneimittel vorlägen, nicht mit einem Hinweis auf die Vorschrift über den Versandhandel beantwortet werden. Denn auch diese stellten eine Ausnahmeregelung dar.

Da der Gesetzgeber nach dem Contergan-Skandal den Grundsatz der Zulassungspflicht für Medikamente strikt habe durchsetzten wollen, seien Ausnahmen von der Zulassungspflicht in § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG auch aus entstehungsgeschichtlichen Gesichtspunkten restriktiv zu handhaben. Dies werde durch die letzten Änderungen des AMG bestätigt. Nach der Einführung des Versandhandels mit Arzneimitteln durch das GKV-Modernisierungsgesetz im Jahr 2003 sei das AMG bereits in 13. und 14. Novelle geändert worden. Dabei habe die Einführung des Versandhandels den Gesetzgeber nicht zu einer Änderung der Regelung für Defekturarzneimittel veranlasst. Erst im Hinblick auf die Zulassung von Filialapotheken mit der 14. AMG-Novelle im Jahr 2005 sei es für erforderlich angesehen worden, die Regelung des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG zu ändern, ohne aber an dem räumlich beschränkten Charakter der Defekturabgabe etwas ändern zu wollen. Hauptzweck des AMG sei nach § 1 AMG die Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit, bei der das Zulassungserfordernis eine Schlüsselfunktion habe. Bei der Auslegung dieser Norm müsse darum die Arzneimittelsicherheit im Vordergrund stehen. Der Gesetzgeber habe mit § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG eine Möglichkeit für die zum üblichen Tätigkeitsfeld der Apotheken gehörende Abgabe von selbst hergestellten Arzneimitteln schaffen und dabei die unter pharmazeutischen Gesichtspunkten zweckmäßige Vorratsherstellung mit einschließen wollen. In einem überschaubaren Versorgungsgebiet sei dieses Apothekenprivileg vertretbar. Allein die "100er-Regelung" trage dem Sicherheitsbedürfnis aber nicht ausreichend Rechnung. Der Mengenbegrenzung liege ein Rationalisierungsgedanke zugrunde, der bei der Einschränkung des Versorgungsgebietes angemessen sei. Falle diese Einschränkung weg, könne von einer Risikobeschränkung nicht mehr die Rede sein.

In diesem Zusammenhang hat die Klägerin auf den -zwischen den Parteien unstreitigen- Umstand hingewiesen, dass die Kooperationsapotheken der Beklagten BF-200 ALA neben der 10%-ALA-Dosierung auch in einer 3%-Dosierung in Verkehr gebracht hätten. Zwischenzeitlich habe sich in der durchgeführten Dosisfindungsstudie die Überlegenheit der 10%-Dosierung herausgestellt, so dass die klinische Prüfung in der Phase III der Studie nur noch mit der 10%-Dosierung fortgesetzt worden sei. Aufgrund des Kooperationsmodells sei aber bereits eine unbekannt große Anzahl von Patienten mit der nicht hinreichend wirksamen 3%-Dosierung behandelt worden. Dies zeige, dass im Hinblick auf die zurzeit im Rahmen der Defektur hergestellten BF-200 ALA-Rezepturen erhebliche Sicherheitsbedenken bestünden.

Die Klägerin hat weiter die Auffassung vertreten, die Beklagten könnten sich im Hinblick auf die von ihnen vorgelegten behördlichen Stellungnahmen nicht auf einen Vertrauensschutz berufen. Zum einen seien die Schreiben der Behörden sämtlich erst nach dem Erlass des Beschlusses des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 12. Oktober 2007 ergangen. Zum anderen handele es sich bei diesen Schreiben nicht um Verwaltungsakte, die allenfalls einen Vertrauensschutz bewirken könnten.

In Bezug auf die Antragsfassung hat die Klägerin ausgeführt, ein allein auf die konkreten Verletzungsformen bezogener Unterlassungsanspruch trage den tatsächlichen Gegebenheiten nicht ausreichend Rechnung. Letztlich sei jede Werbung der Beklagte für BF-200 ALA vor der Zulassung des Medikaments unzulässig. Die benannten Werbeunterlagen dienten darum nur der Konkretisierung des Verbots.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagten zu 1. und zu 3. zu verurteilen,

a) es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für das Arzneimittel BF-200 ALA zu werben, solange eine Zulassung für das Fertigarzneimittel nicht vorliegt, insbesondere durch unaufgeforderte Abgabe der nachstehend aufgeführten Unterlagen an Ärzte z.B. anlässlich medizinischer Kongresse:

(1) Leporello "BF-200 ALA-Rezeptur" wie geschehen in Anlage K 7 mit Informationen über die "innovative Technologie von BF-200 ALA", die "gleich bleibende, kontrollierte Qualität", die "hohe Stabilität" die "gute Penetration", die "sparsame und einfache Anwendung", die "einfache Bestellung", die Anwendung" und die "Abrechnung"

und/oder (2) Bestellformulare für ALA-Rezeptur wie geschehen in Anlage K 8;

b) der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die unter den Ziffern 1 bezeichneten Handlungen begangen haben, wobei die Auskunft in Form eines verbindlichen und vollständigen Verzeichnisses zu erfolgen hat, welches insbesondere enthalten muss Angaben über die beschriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbemitteln, Verbreitungsgebiet, Verbreitungszeitraum und Auflagenhöhe;

2. festzustellen, dass die Beklagten zu 1. und zu 3. verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzten, welcher dieser durch die unter Ziffer 1 a) (1) und (2) bezeichneten Handlungen entstanden ist und/oder künftig noch entstehen wird; 3. die Beklagten zu 1., zu 2. und zu 3. zu verurteilen,

a) es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für das Arzneimittel BF-200 ALA zu werben, solange eine Zulassung für das Fertigarzneimittel nicht vorliegt, insbesondere durch unaufgeforderte Abgabe der nachstehend aufgeführten Unterlagen an Ärzte z.B. anlässlich medizinischer Kongresse:

(1) Anleitung zur Anwendung von BF-200 ALA im Rahmen der photodynamischen Therapie (PDT) wie geschehen in Anlagen K 16 und 17,

und/oder

(2) Informationsblatt "Magistralrezepturen" wie geschehen in Anlage K 18 mit dem Hinweis, dass die BF-200 ALA Rezeptur bei bestimmten Apotheken bezogen werden kann sowie Angaben zur BF-200 ALA Rezeptur über "Garantierte Qualität" und "Geprüfte Wirksamkeit",

und/oder

(3) Informationsblatt "Nanoemulsion BF-200" wie geschehen in Anlage K 19 mit Informationen über die Produkteigenschaften von BF-200 ALA,

b) der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die unter den Ziffern 1 bezeichneten Handlungen begangen haben, wobei die Auskunft in Form eines verbindlichen und vollständigen Verzeichnisses zu erfolgen hat, welches insbesondere enthalten muss Angaben über die beschriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbemitteln, Verbreitungsgebiet, Verbreitungszeitraum und Auflagenhöhe; 4. festzustellen, dass die Beklagten zu 1., zu 2. und zu 3 verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzten, welcher dieser durch die unter Ziffer 3 a) (1) - (3) bezeichneten Handlungen entstanden ist und/oder künftig noch entstehen wird.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, dass die Verwendung der streitgegenständlichen Unterlagen keine Werbung für ihr im Zulassungsverfahren befindliches Arzneimittel "BF-200 ALA" darstelle.

In sämtlichen von der Klägerin angegriffenen Unterlagen werde ausschließlich auf die "BF-200 ALA-Rezeptur" Bezug genommen. ALA-Rezepturen mit Nanoemulsion würden aber unabhängig von ihren auf das Präparat BF-200 ALA bezogenen Zulassungsaktivitäten seit Jahren von Ärzten nachgefragt und als Defekturarzneimittel von Apotheken sowohl in der Schweiz, wie auch in Deutschland hergestellt und versandt.

Darüber hinaus haben die Beklagten die Auffassung vertreten, für die BF-200 ALA-Rezeptur mit Nanoemulsion seien die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG erfüllt, so dass im Hinblick auf die angegriffene Werbung § 3 a HWG nicht eingreife, weil nicht für ein zulassungspflichtiges Arzneimittel geworben worden sei.

Grundsätzlich dürfe für Defekturarzneimittel geworben werden, wobei es gleichgültig sei, ob dies durch die herstellende Apotheke oder durch ein pharmazeutisches Unternehmen geschehe. Dass ein pharmazeutisches Unternehmen parallel ein ähnliches oder auch gleiches Fertigarzneimittel entwickle, und dafür die arzneimittelrechtliche Zulassung anstrebe, sei unerheblich. Gleichgültig sei auch, wie bzw. von wem und aufgrund welcher rechtlichen Grundlagen die Apotheke die Wirkstoffe und Hilfsstoffe zur Herstellung des Defekturarzneimittels bezöge. Die S.-Apotheke in Berlin und die A.-Apotheke in Burscheid stellten die BF-200 ALA Rezeptur "im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes" i.S.d. § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG her (Anlagen B 7 und B 8).

Bei der Formulierung "üblicher Apothekenbetrieb" handele es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, was deutlich mache, dass der Gesetzgeber die Reichweite des Privilegs in § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG nicht statisch, sondern rechtlichen Entwicklungen angepasst habe sehen wollen. Was unter einem "üblicher Apothekenbetrieb" zu verstehen sei, müsse darum ausschließlich anhand normativer Aspekte und nicht nach empirisch-traditionellen Wertungen ermittelt werden. Eine normative Wertung schließe mangels einer rechtlichen Vorgabe die vom Hanseatischen Oberlandesgericht vorgenommen räumlich-eingrenzende Auslegung aus. Insbesondere enthalte der sich aus § 1 ApoG ergebende Auftrag zur ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln keine normative räumliche Grenze. Werde der Begriff des "üblichen Apothekenbetriebs" bereits im Sinne einer räumlichen Einschränkung verstanden, verbleibe keine Notwendigkeit für das weitere Tatbestandsmerkmal "zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis". Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, dass nach der Neufassung des § 43 AMG und § 17 ApoG die Versendung von Arzneimitteln ein zulässiger und inzwischen auch üblicher Bestandteil des Betriebs einer Apotheke sei.

Darüber hinaus haben sie die Auffassung vertreten, dem Bedürfnis, das Risiko einer breiten Streuung potentiell risikobehafteter Arzneimittel überschaubar und einschätzbar zu halten, habe der Gesetzgeber durch die Mengenbeschränkung auf 100 abgabefertige Packungen am Tag bereits Rechnung getragen. Darüber hinaus sei durch die Beschränkung auf eine Abgabe "im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis" sichergestellt, dass die Defekturarzneimittel nur an eigene Kunden der Apotheke (vor Ort, in den Filialen und per Versand) erfolge, was eine unübersichtliche Streuung von Defekturarzneimitteln ausschließe. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bei der Zulassung des Versandhandels von Arzneimitteln von einem unterschiedlichen Schutzniveau im regionalen und im bundesweiten Versand ausgegangen sei.

Dies ergebe sich auch nicht aus § 11 a ApoG, der nach der amtlichen Begründung ausschließlich der Schaffung der Voraussetzungen für eine Versandhandelserlaubnis habe dienen sollen, und damit einen anderen Zweck als § 21 AMG verfolge. Mit der Forderung, dass der Versand von Arzneimitteln "zusätzlich zu dem üblichen Apothekenbetrieb" erfolgen müsse, werde lediglich klargestellt, dass reine Versandapotheken nicht zulässig seien.

Aus den Regelungen §§ 11 a ApoG und § 43 Abs. 1 AMG ergebe sich auch, dass Defekturarzneimittel vom bundesweiten Versand nicht ausgeschlossen seien. Im Gegenteil müssten Versandapotheken nach diesen Regelungen gerade sicherstellen, dass sie ein Vollsortiment liefern könnten, zu dem auch Defekturarzneimittel gehörten.

Darum sei nach Auffassung des Bundesverbandes Deutscher Versandapotheken (BVDVA) der Versand von Defekturarzneimitteln nicht nur zulässig, sondern sogar obligatorisch (vgl. Anlage B 1). Gleiches werde in der Literatur (Anlagen B 2 und B 3) und von der Apothekenkammer Nordrhein (Anlage B 4) vertreten. Da auch verschiedene Aufsichtsbehörden (Rheinisch-Bergischer Kreis, Anlage B 5; Landesamt für Soziales und Versorgung Brandenburg, Anlage B 6) dieser Ansicht seien, sei ohnehin ein Wettbewerbsverstoß aus Gründen des Vertrauensschutzes ausgeschlossen.

Darüber hinaus haben die Beklagten die Auffassung vertreten, dass die S.-Apotheke in Berlin und die A.-Apotheke in Burscheid bei der Produktion der BF-200 ALA-Rezeptur mit Nanoemulsion die wesentlichen Herstellungsschritte selbst vollzögen, und zwar auf der Grundlage entsprechender Verordnungen (Anlagen B 7 und B 8). Bis auf die BF-200 Nanoemulsion seien alle weiteren Inhaltsstoffe des Produkts im freien Handel erhältlich. Die Herstellung der Rezeptur erfordere erhebliches Fachwissen und geeignete Geräte. Die Produktkontrolle werde, was bei Defekturarzneimittel nach der ApoBetrO zulässig sei, durch externe Analyselabors durchgeführt.

Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Auf das Urteil wird Bezug genommen. Gegen dieses Urteil haben die Beklagten frist- und formgerecht Berufung eingelegt und diese auch frist- und formgerecht begründet.

Sie wiederholen und vertiefen ihren Vortrag erster Instanz.

Ergänzend beziehen sie sich zur Stützung ihrer Rechtsansicht auf das Urteil des LG München I vom 31. Januar 2008, Az. 7 O 11242/07, (Anlage B 9) sowie die Veröffentlichung von Kieser, Beschränkte Versandmöglichkeit von Defekturarzneimitteln, in PharmaR 2008, 413 ff. (Anlage B 10).

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des am 26. August 2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Hamburg, Az. 312 O 226/08, die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Ergänzend weist die Klägerin darauf hin, dass sich die fortbestehende Tradition des regionalen Versorgungsauftrages der Apotheke im Hinblick auf Defekturen und Rezepturen auch gemeinschaftsrechtlich belegen lasse. Die Regelung des Art. 3 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel nehme nur "in der Apotheke nach Vorschrift einer Pharmakopöe zubereitete Arzneimittel, die für die unmittelbare Abgabe an die Patienten bestimmt sind, die Kunden dieser Apotheke sind (sog. formula officinalis)" von der Anwendbarkeit des Humanarzneimittelkodex und damit dem Zulassungserfordernis nach Art. 6 der Richtline aus. Diese Formulierung mache deutlich, dass auch nach den gemeinschaftsrechtlichen Regelungen lediglich die persönliche Abgabe in der Offizin-Apotheke, nicht aber die Abgabe im Versandwege privilegiert sein solle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die angefochtene Entscheidung, die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 14. Mai 2009 Bezug genommen.

B.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Die Klägerin kann von den Beklagten gemäß §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 UWG i.V.m. § 3 a HWG, 21 AMG verlangen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für das Arzneimittel BF-200 ALA zu werben, solange eine Zulassung für das Fertigarzneimittel nicht vorliegt. Die von der Beklagten zu 1) im Rahmen der 44. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft im April 2007 erfolgte Werbung sowie die durch die Beklagten zu 1) und zu 2) anlässlich der 1. Stuttgarter Adventsfortbildung im Dezember 2007 vorgenommene Werbung waren unlauter. Daher sind sowohl die zuerkannten Unterlassungsansprüche, als auch die entsprechenden Annexansprüche begründet. Der Beklagte zu 3) haftet als unmittelbar handelnder Geschäftsführer der Beklagten zu 1) und zu 2).

Die bei den genannten Tagungen erfolgte Werbung für das bei der S.-Apotheke in Berlin und der A.-Apotheke in Burscheid zu beziehende Arzneimittel BF-200 ALA verstößt gegen § 3 a HWG, da das Arzneimittel nicht nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG von der Zulassungspflicht befreit ist. Dies stellt ein nach § 4 Nr. 11 UWG unlauteres Marktverhalten dar, das, da die Gesundheit der Verbraucher auf dem Spiel steht, auch gemäß § 3 UWG erheblich ist (vgl. BGH GRUR 2005, 778, 780 - Atemtest).

1.

Die zuerkannten Unterlassungsansprüche zu I. 1. a) und I. 3. a) sind begründet.

a)

Gegenstand der beiden zuerkannten Unterlassungsanträge ist das abstrakte Verbot, für das Arzneimittel BF-200 ALA zu werben, solange eine Zulassung für das entsprechende Fertigarzneimittel nicht vorliegt.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, haben die Beklagten in den angegriffenen Werbeunterlagen für das noch in der Zulassungsprüfung befindliche Arzneimittel BF-200 ALA geworben, so dass insoweit Wiederholungsgefahr besteht. Ihr Vorbringen, wonach sie lediglich für eine "BF-200 ALA-Rezeptur", nicht jedoch für das streitgegenständliche, noch im Zulassungsverfahren befindliche Fertigarzneimittel BF-200 ALA geworben hätten, greift nicht durch.

Zwar ist in den von der Klägerin angegriffenen Unterlagen weitgehend von der "BF-200 ALA-Rezeptur" oder einer "BF-200 ALA-Rezeptur in einer Nanoemulsion" die Rede. Das Landgericht hat jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass sich in der mit der Anlage K 7 vorgelegten Werbeunterlage (Seite 2) auch die Angabe "In Apotheken als Defektur hergestelltes BF-200 ALA wird in diesem Leporello mit seinen Eigenschaften und Vorteilen beschrieben" findet. Schon daraus ergibt sich -wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat-, dass die Beklagten selbst keinen Unterschied zwischen den Bezeichnungen "BF-200 ALA-Rezeptur" bzw. "BF-200 ALA-Rezeptur in einer Nanoemulsion" und dem Namen ihres sich im Zulassungsverfahren befindlichen Arzneimittels BF-200 ALA machen.

Die nicht weiter substantiierte Behauptung der Beklagten, zwischen der "BF-200 ALA-Rezeptur" bzw. der "BF-200 ALA-Rezeptur in einer Nanoemulsion" und ihrem Arzneimittel BF-200 ALA bestehe ein Unterschied, ist darüber hinaus auch schon deshalb nicht glaubhaft, weil in dem mit der Anlage K 4 vorgelegten Wertpapierprospekt der B. AG auf Seite 82 gerade angekündigt wird, dass die Firmengruppe plane, "die Grundsubstanzen für die Rezeptur" deutschen Apotheken zugänglich zu machen, um ... "Ärzten die Möglichkeit zu geben, .... mit BF-200 ALA Erfahrungen zu sammeln". Erfahrungen mit BF-200 ALA können die Ärzte nur dann sammeln, wenn ihnen auch genau dieses Arzneimittel, nicht jedoch ein davon abweichendes Präparat zur Verfügung gestellt wird. Die Beklagte hat demgegenüber keinen substantiierten Sachvortrag, etwa durch die Benennung von konkreten Unterschieden hinsichtlich der Inhaltsstoffe oder der Herstellungsweise, gehalten. b)

Die zuerkannten Unterlassungsansprüche sind gemäß §§ 3, 4 Nr. 11, 21 AMG begründet.

aa)

Gemäß § 21 Abs. 1 AMG dürfen Fertigarzneimittel, die Arzneimittel i.S. des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG sind, grundsätzlich nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie über eine entsprechende Zulassung oder Genehmigung verfügen. Das streitgegenständliche Präparat "BF-200 ALA" soll im Rahmen der photodynamischen Therapie zur Behandlung von oberflächlichen, bösartigen, krankhaften Veränderungen der Oberhaut verwendet werden. Somit handelt es sich um eine Zubereitung aus Stoffen, die dazu bestimmt ist, durch Anwendung am menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG). "BF-200 ALA" ist zudem als Fertigarzneimittel im Sinne des § 4 Abs. 1 AMG anzusehen, denn es wird unstreitig im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht. Zwischen den Parteien ist weiter unstreitig, dass für das Inverkehrbringen von "BF-200 ALA" weder eine Zulassung noch eine Genehmigung im Sinne des § 21 Abs. 1 S. 1 AMG vorliegt.

bb)

Bei dem von den Beklagten beworbenen bundesweiten Vertrieb von BF-200 ALA über die Apotheken in Berlin und Burscheid handelt es sich nicht um die Abgabe eines nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG zulässigen Defekturarzneimittels, so dass die Beklagten i.S.d. § 3 a HWG für ein nicht zugelassenes aber zulassungspflichtiges Arzneimittel geworben haben.

Die Abgabe eines zwar zulassungspflichtigen, aber nicht zugelassenen Arzneimittels im Wege der sog. Defektur oder "verlängerten Rezeptur" ist nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG nur zulässig, wenn das Arzneimittel

- aufgrund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung,

- in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke,

- in einer Menge bis zu 100 abgabefertiger Packungen an einem Tag,

- im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt wird und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt ist.

Sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen sind zwischen den Parteien streitig. Da zumindest das zuletzt genannte Tatbestandsmerkmal bei dem von den Beklagten zum Bezug in den Kooperationsapotheken beworbenen Arzneimittel nicht erfüllt ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob die weiteren -zwischen den Parteien streitigen- Tatbestandsmerkmale erfüllt sind.

aaa)

Nach der bislang herrschenden Meinung wird mit der Formulierung "Herstellung im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs" i.S. des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG zum Ausdruck gebracht, dass die Ausnahmeregelung für ein regional begrenztes Gebiet, nämlich für den üblichen Versorgungs- und Einzugsbereich einer Apotheke, gilt (Kloesel/Cyran, AMG, § 21 Anm. 31; Rehmann, AMG, § 21 Rn. 4; dem hat sich die Rechtsprechung angeschlossen, vgl. LG Hamburg, Urt. v. 14.2.02, Az. 315 O 402/01 - 13-C-Harnstoff; LG Koblenz, Urt. v. 28.6.02, Az. 8 O 254/01; OLG Hamburg, Urt. v. 13.09.2007, Az. 3 U 127/06; OLG Hamburg, Beschl. v. 12.10.2007, Az. 3 W 148/07).

Dieser Auffassung, der sich der Senat bereits angeschlossen hatte (s.o.), ist auch weiterhin zu folgen:

(1)

Für diese Auslegung spricht zunächst der Wortlaut der Vorschrift. Denn die Wendung "üblicher Apothekenbetrieb" beinhaltet keine normative, sondern eine empirisch-traditionelle Komponente. Es ist zwischen den Parteien unstreitig und auch den Mitgliedern des Senats bekannt, dass Apotheken jedenfalls herkömmlich jahrzehntelang Arzneimittel ausschließlich in ihrem Versorgungs- und Einzugsbereich abgegeben haben, nämlich regelmäßig in der Apotheke selbst. Nichts anderes gilt für sog. verlängerte Rezepturen i.S. des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG.

Allerdings geht das Gesetz von der "Herstellung" im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs aus, während die Frage des räumlichen Versorgungsbereichs auf den ersten Blick eher die Frage des Vertriebs und nicht die der Herstellung zu betreffen scheint. Eine solche Sichtweise lässt jedoch den funktionalen Zusammenhang zwischen Herstellung und Vertrieb außer Acht, denn jede Herstellung erfolgt mit dem Zweck der späteren Abgabe. Beides lässt sich nicht trennen.

Dies kam auch in der alten Fassung der Vorschrift zum Ausdruck, nämlich in der Voraussetzung "... zur Abgabe in dieser Apotheke". Die Neufassung des Gesetzes durch die 14. AMG Novelle dahin, dass das Arzneimittel nunmehr "zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt" sein muss, ändert daran inhaltlich nichts. Denn der Gesetzgeber wollte durch die Änderung des Gesetzestextes nicht das bis dahin herrschende räumlich-begrenzende Verständnis der Vorschrift aufgeben, sondern allein dem Umstand Rechnung tragen, dass nach geänderter Gesetzeslage mit einer Apothekenbetriebserlaubnis nunmehr bis zu vier Apotheken betrieben werden dürfen. Es sollte erlaubt werden, dass die in der Hauptapotheke hergestellten Defekturarzneimittel nunmehr auch an die Filialapotheken abgegeben werden dürfen (vgl. BT-Drs 15/5316).

(2)

Für diese Auslegung sprechen weiter Sinn und Zweck des Gesetzes.

Zweck des zentralen Zulassungserfordernisses des § 21 Abs. 1 AMG ist die Arzneimittelsicherheit (vgl. z.B. Rehmann, AMG, vor § 21 Rn. 2). Der Vertrieb von nicht im Rahmen des strengen Zulassungsverfahrens geprüfter Arzneimittel ist potentiell risikobehaftet. Deshalb ist die Ausnahmeregelung des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG restriktiv auszulegen (Kloesel/Cyran, AMG, § 21 Anm. 31; Rehmann, AMG, § 21 Rn. 4), es gilt, das Risiko der breiten Streuung potentiell risikobelasteter Arzneimittel überschaubar und einschätzbar zu halten (Kloesel/Cyran, AMG, § 21 Anm. 31). Dementsprechend geht auch der BGH davon aus, dass der Gesetzgeber die Ausnahme des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG "ersichtlich auf die traditionelle 'verlängerte Rezeptur' beschränken und die industrielle Fertigung ausschließen wollte (BGH GRUR 2005, 778, 779 - Atemtest).

(3)

Soweit die Beklagen aus der Versandhandelserlaubnis ihrer beiden Kooperationsapotheken sowie den gesetzlichen Vorschriften zur Zulässigkeit des Versandhandels durch Apotheken eine andere Auslegung ableiten wollen, steht dies nach Auffassung des Senats weder mit der Systematik des Gesetzes noch mit teleologischen Erwägungen im Einklang.

Bereits im systematischen Ansatzpunkt ist die Frage der Zulässigkeit des Versandhandels von Apotheken mit Arzneimitteln, also die grundsätzliche Problematik der Zulässigkeit dieser Vertriebsart für Apotheken, von der hier interessierenden Problematik der Frage der Zulassungsfreiheit des Inverkehrbringens von Arzneimitteln, die im Wege der verlängerten Rezeptur hergestellt worden sind, zu trennen. Insbesondere bedeutet die hier vertretene Auffassung, wonach das Merkmal "üblicher Apothekenbetrieb" räumlich-eingrenzend auszulegen ist, kein Leerlaufen einer Versandhandelserlaubnis des Apothekers. Denn selbstverständlich ist ein Apotheker, der eine Versandhandelserlaubnis besitzt, nicht gehindert, die von ihm im Rahmen der verlängerten Rezeptur hergestellten Arzneimittel i.S. des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG, also solche, die für den räumlichen Einzugs- und Versorgungsbereich hergestellt wurden, auch in diesem Einzugs- und Versorgungsbereich zu versenden. Maßgebend für dieses auf die Herstellung abstellende Merkmal ist eben nicht die generelle Frage der zulässigen Vertriebsform (Abgabe in der Apotheke selbst oder Versendung an Empfänger), sondern der Gesichtspunkt, dass das vom Apotheker hergestellte Arzneimittel aus Gründen der Minimierung von Risiken für die Arzneimittelsicherheit nur für den räumlichen Versorgungsbereich hergestellt und in diesem Bereich abgegeben werden darf, in welcher Vertriebsform auch immer. Damit ist es auch unerheblich, dass der Gesetzgeber die verlängerte Rezeptur nicht ausdrücklich vom zulässigen Arzneimittelversand ausgenommen hat.

Dagegen ist relevant, dass der Gesetzgeber nicht zugleich mit der Regelung der Vorschriften über den Versand von Arzneimitteln das Erfordernis der Herstellung "im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs" abgeschafft oder neu gefasst hat. Dies kann nur bedeuten, dass der Gesetzgeber für die Frage der Zulassungsfreiheit der verlängerten Rezeptur unabhängig von der Frage der Zulässigkeit eines Versandhandels am Kriterium des räumlichen Versorgungs- und Einzugsbereichs festhalten wollte. Es ist nicht ersichtlich, welche eigenständige Bedeutung das Merkmal der Herstellung "im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs" noch hätte, wenn die Auffassung des Beklagten richtig wäre, wonach die Zulässigkeit des (bundesweiten) Versandhandels zugleich die Zulassungsfreiheit von zur bundesweiten Abgabe hergestellten verlängerten Rezepturen nach sich ziehen muss.

Dass der Versand im Übrigen vom Gesetzgeber offenbar nicht dem "üblichen Apothekenbetrieb" zugerechnet wird, ergibt sich aus § 11 a Nr. 1 ApoG, der im Hinblick auf die Anforderungen für einen zulässigen Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln gerade den "Versand" von dem "üblichen Apothekenbetrieb" unterscheidet.

(4)

Auch der Grundsatz der verfassungskonformen Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis. Es ist nicht ersichtlich, dass die grundrechtlich abgesicherten Freiheitsrechte der Beklagten, insbesondere Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG, es gebieten, die räumlich-restriktive Auslegung von § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG aufzugeben. Es wurde bereits dargelegt, dass gewichtige Gründe der Arzneimittelsicherheit es gerechtfertigt erscheinen lassen, die Frage der Zulassungsfreiheit der verlängerten Rezeptur restriktiv dahingehend zu beantworten, dass der Verzicht einer zentralen Zulassung einschließlich der insoweit vorzunehmenden strengen Überprüfung von Wirkungen und Risiken eines Arzneimittels nur dann gerechtfertigt erscheint, wenn die Risiken regional begrenzt werden können. Dem steht nicht entgegen, dass eine Versandhandelserlaubnis gemäß § 11 a ApoG ebenfalls von einer Reihe von Voraussetzungen abhängt, die der Arzneimittelsicherheit dienen. Es handelt sich insoweit ersichtlich um Vorschriften, die zum Ziel haben, speziell diejenigen Risiken einzugrenzen, welche zusätzlich zu den generellen Risiken von Arzneimitteln, wie sie Gegenstand der Zulassung sind, bei der Vertriebsform "Versand" auftreten.

Diese räumlich-begrenzte Auslegung des Tatbestandsmerkmals des "üblichen Apothekenbetriebs" steht auch im Einklang mit Art. 3 Nr. 2 der RL 2001/83/EG, welche nur die "in der Apotheke nach Vorschrift einer Pharmakopöe zubereiteten Arzneimittel, die für die unmittelbare Abgabe an die Patienten bestimmt sind, die Kunden dieser Apotheke sind (sog. formula officinalis)", von der Anwendbarkeit des Humanarzneimittelkodex und damit vom Zulassungserfordernis (Art. 6) ausnimmt.

Das Vorgehen der Beklagten stellt sich somit schon deshalb als unzulässig dar, weil die Bewerbung des bundesweiten Vertriebs des Präparats BF-200 ALA durch die beiden Kooperationsapotheken den räumlich-begrenzten Rahmen des "üblichen Apothekenbetriebs" überschritten hat.

bbb)

Darüber hinaus ist das Vorgehen der Beklagten -worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat- aber auch deshalb unzulässig, weil die konkrete Art und Weise der Zusammenarbeit mit den Beklagten für die beiden Kooperationsapotheken nicht als Tätigkeit im Rahmen ihres "üblichen Betriebs" angesehen werden kann.

Mit der Ausnahmeregelung des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG wollte der Gesetzgeber nur die traditionelle "verlängerte Rezeptur" zulassen, eine industrielle Herstellung aber gerade ausschließen (vgl. BGH GRUR 2005, 778, 779 - Atemtest). Bei der Beantwortung der Frage, ob eine Defektur im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt und vertrieben wird, ist darum auch der weitere Kontext, in dem dies geschieht, von Bedeutung.

Das Vorgehen der Beklagten bzw. die Zusammenarbeit mit den beiden Kooperationsapotheken ist dadurch geprägt, dass die Beklagten die Bewerbung des bundesweiten Vertriebs des Präparats BF-200 ALA vornehmen, und zwar unter Einschluss der Benennung der beiden Kooperationsapotheken. Weiter ist maßgeblich, dass die Herstellung des beworbenen Präparats unter Zulieferung der patentgeschützten Nano-Emulsion auf der Grundlage einer von den Beklagten erteilten Lizenz erfolgt. Bei einer Gesamtbetrachtung dieser Kooperation ist festzustellen, dass die Beklagten das Geschehen maßgeblich in Händen halten.

Bei Berücksichtigung der besonderen Umstände dieser Zusammenarbeit zwischen einem Pharmakonzern und einzelnen Apothekern erfolgt die Herstellung des Arzneimittels BF-200 ALA nicht mehr im Rahmen einer üblichen Defektur, sondern ist im eigentlichen Sinne als ausgelagerter Produktionsbetrieb des Pharmaunternehmens, hier der Beklagten zu 2., für die der Beklagte zu 3. als Geschäftsführer einzustehen, und für die die Beklagte zu 1. geworben hat.

Selbst wenn die von der Beklagten benannten beiden Apotheken im pharmazeutischen Sinne die wesentlichen Schritte zur Herstellung von BF-200 ALA selbst ausführen sollten und die Beklagten nicht unmittelbar an der Endkontrolle des Produkts beteiligt ist, handelt es sich bei der nur aufgrund einer ausgesuchten Apothekern erteilten Erlaubnis zulässigen, von der Beklagten maßgeblich initiierten und bundesweit beworbenen Herstellung eines Arzneimittels, nicht um eine "traditionelle verlängerte Rezeptur" die im üblichen Apothekenbetrieb ausgeführt wird. Zum üblichen Apothekenbetrieb gehört es zwar inzwischen, dass der Apotheker weitgehend als Verkäufer tätig wird, "Fertigungshandlanger" pharmazeutischer Unternehmen ist er jedoch üblicherweise nicht (vgl. dazu OLG Köln GRUR 1990, 691, 692 - Herstellungsset).

Mithin liegt das Tatbestandsmerkmal des "üblichen Apothekenbetriebs" auch im Hinblick auf die Art und Weise der Zusammenarbeit zwischen den Beklagten und den Kooperationsapotheken nicht vor. Dies gilt unabhängig davon, dass sich das Arzneimittel BF-200 ALA zudem parallel im arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren befindet und in absehbarer Zeit auf den Markt gebracht werden soll.

Mithin sind die zuerkannten Unterlassungsanspüche gemäß §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 UWG i.V.m. § 3 a HWG, 21 AMG begründet.

cc)

Demgegenüber können sich die Beklagten auch nicht auf die von ihnen mit den Anlagen B 4 bis B 6 vorgelegten behördlichen Stellungnahmen berufen. Insoweit fehlt es schon an einem Verwaltungsakt, der auf Seiten der Beklagten einen Vertrauenstatbestand im Hinblick auf die Lauterkeit ihres Vorgehens hätte schaffen können (BGH GRUR 2005, 778 ff. - Atemtest).

3.

Der zuerkannte Auskunftsanspruch ergibt sich aus §§ 9 UWG, 242 BGB, der zuerkannte Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht beruht auf §§ 9, 3, 4 Nr. 11 UWG. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen.

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Dabei hat der Senat -von Amts wegen (Zöller-Herget, ZPO, 27. Auflage, 2009, § 97 Rn. 6) und in Abweichung von der landgerichtlichen Kostenentscheidung- berücksichtigt, dass die Beklagte zu 2) lediglich hinsichtlich der Klaganträge zu I. 3. a), zu I. 3 b) und zu I. 4. in Anspruch genommen worden ist. Ihre Kostenhaftung besteht nur hinsichtlich dieser Ansprüche, nicht jedoch hinsichtlich der weiteren Klaganträge.

Dieser Umstand war auch im Hinblick auf die vorläufige Vollstreckbarkeit der Entscheidung zu berücksichtigen. III.

Die Zulassung der Revision erfolgt unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Sache (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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