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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 20.12.2001
Aktenzeichen: 3 U 212/01
Rechtsgebiete: ZPO, UWG


Vorschriften:

ZPO § 256
UWG § 13 Abs. 4
1) Der Zulässigkeit einer negativen Feststellungklage steht in der Regel nicht entgegen, daß der Kläger nach Zustellung einer gegen ihn gerichteten einstweiligen Verfügung zugleich einen Antrag nach § 926 ZPO eingereicht hat.

2) Ein Holding-Unternehmen haftet nur dann für Werbemaßnahmen eines einzelnen Konzern-Konzernehmens, wenn es seinen beherrschenden Einfluß tatsächlich auf dem Gebiete der Werbung einzelner Konzern-Unternehmen - allgemein oder wenigstens im konkreten Fall - ausübt.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluß

3 U 212/01

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, am 20. Dezember 2001 durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth

beschlossen:

Tenor:

1) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

2) Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf zunächst 500.000 DM festgesetzt. Vom Zeitpunkt der Erledigungserklärung an bemißt er sich nach der Summe der bis dahin entstandenen Kosten in beiden Instanzen.

Gründe:

Nachdem die Parteien übereinstimmend das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist nur noch gemäß § 91 a ZPO über die Kosten beider Instanzen zu entscheiden. Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entspricht es billigem Ermessen, diese Kosten der Beklagten aufzuerlegen. Der Senat sieht keine Veranlassung, das Urteil des OLG Frankfurt am Main im Hauptverfahren abzuwarten.

Die negative Feststellungsklage war zulässig und begründet.

1) Die Zulässigkeit der Klage ergibt sich aus § 256 ZPO.

In ihrer Abmahnung vom 20. Dezember 2000 ( Anlage JS 1 ) hatte sich die Beklagte berühmt, gegen die Klägerin den Unterlassungsanspruch zu haben, der Gegenstand der negativen Feststellungsklage ist.

Der Zulässigkeit der am 27. Dezember 2000 eingereichten und am 8. Januar 2001 zugestellten negativen Feststellungsklage steht nicht entgegen, daß die Klägerin zeitgleich, am 28. Dezember 2000, einen Antrag nach § 926 ZPO eingereicht hat, wie bereits das Landgericht zutreffend angenommen hat. Eine Unterlassungsklage, wie sie die Klägerin verlangt hat, führt zwar in der Regel dazu, daß sich die negative Feststellungsklage erledigt, sobald der Beklagte die Unterlassungsklage - nach Stellung der Anträge - nicht mehr einseitig zurücknehmen kann. Bis zu diesem Zeitpunkt war für die Klägerin aber nicht gewiß, ob es zu einer Sachentscheidung über die Unterlassungsklage vom 22. Januar 2001 kommen wird. Sie durfte daher den Weg einer negativen Feststellungsklage beschreiten, um mit Sicherheit eine Sachentscheidung herbeizuführen.

Die Klägerin hat nicht rechtsmißbräuchlich gehandelt, nämlich die negative Feststellungsklage erhoben, um der Beklagten durch eine Verdoppelung der Klagen im Falle des Unterliegens unnötige Mehrkosten zu verursachen. Sie mußte nicht etwa mit der Einreichung einer negativen Feststellungsklage abwarten, bis für sie klar war, wie sich die Beklagte auf die Klagfristsetzung hin und nach Einreichung einer Unterlassungsklage bis zur Stellung der Anträge verhalten würde. Die damit verbundene Ungewißheit brauchte die Klägerin nicht hinzunehmen, sondern durfte von allen ihr zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten Gebrauch machen, um sich gegen die Beklagte zu wehren. Die Verdoppelung der Klagen ist demgegenüber hinzunehmen. Auch die Beklagte konnte eine Verdoppelung der Klagen verhindern, indem sie die Unterlassungsklage als Widerklage im Rahmen der negativen Feststellungsklage erhob.

2) Der Senat hat davon auszugehen, daß der Beklagten der gegen die Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zustand.

a) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob der beanstandete Rundfunk-Spot ( Anlage B 7 ) wettbewerbswidrig war, was das Landgericht verneint, das OLG Frankfurt dagegen in seinem Urteil vom 13. September 2001 im Verfügungsverfahren ( Anlage BK 8 ) bejaht hat. Das Landgericht hat angenommen, daß die Werbeaussage, Weihnachten könne für 0 Pfennig telefoniert werden, - trotz fehlenden Hinweises auf weitere Bestandteile des Tarifs - nicht irreführend sei. Der Verkehr geht nämlich bei der Würdigung solcher Werbeaussagen als selbstverständlich davon aus, daß eine monatliche Grundgebühr und bei einem Wechsel möglicherweise sonstige Kosten anfallen. Allerdings ist im vorliegenden Fall zu überlegen, ob mit dem OLG Frankfurt am Main ein Verstoß gegen § 1 PreisangabenVO zu bejahen ist.

b) Jedenfalls hat die Beklagte nicht genügend dargelegt, daß die Klägerin für einen etwaigen Verstoß insbesondere gemäß § 13 Abs. 4 UWG passivlegitimiert war, was das OLG Frankfurt angenommen hat.

Zunächst bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin an dem konkreten Rundfunk-Spot in irgendeiner Weise tatsächlich beteiligt und deshalb für diesen Spot mitverantwortlich war. Das folgt nicht etwa aus dem Artikel in der Wirtschaftswoche Nr. 14/2001 ( Anlage B 10 ), in dem es heißt "Nur die bundesweit beworbenen Angebote und deren Preise werden vorgegeben.".

Die Beklagten hat nicht genügend dargelegt, daß die Klägerin gemäß § 13 Abs. 4 UWG mitverantwortlich war.

Aus der Stellung der Klägerin als Holding-Unternehmen folgt, wovon auch das OLG Frankfurt am Main ausgeht, noch nicht, daß sie für die Werbung einzelner Konzern-Unternehmen mitverantwortlich ist, nämlich das Unternehmen, das die beanstandete Rundfunk-Werbung durchgeführt hat, ihre Beauftragte im Sinne des § 13 Abs. 4 UWG ist. Voraussetzung ist vielmehr, daß die Klägerin ihren beherrschenden Einfluß auch tatsächlich ausübt, und zwar gerade auf dem Gebiete der Werbung einzelner Konzern-Unternehmen. Dem Vorbringen der Beklagten läßt sich nicht entnehmen, daß die Klägerin allgemein deren Werbung durch Weisungen oder dergleichen steuert oder sonst daran mitwirkt.

Aus dem Rundschreiben vom 13. März 1997 und den diesem Rundschreiben beigefügten "Grundsätzlichen Verhaltensregeln bei wettbewerbsrechtlichen Verstößen von Konkurrenzunternehmen" vom 21. März 1997 ( Anlage BK 5 ) ergibt sich das nicht. Diese befassen sich allein mit dem Verhalten bei Wettbewerbsverstößen von Wettbewerbern; dagegen sagen sie nichts zur eigenen Werbung der Konzern-Unternehmen. Beides hat nichts miteinander zu tun. Daher läßt sich aus diesen Verhaltensregeln nicht allgemein herleiten ( anders OLG Frankfurt a.a.O. S. 4f. ), daß die Klägerin "die geschäftlichen Aktivitäten aller Unternehmen der 'Media-Markt/Saturn'-Gruppe bis in die Einzelheiten bestimmt und koordiniert". Wie ohne weiteres einleuchtend ist, war es aus der Sicht der Klägerin sinnvoll, das Verhalten gegenüber Wettbewerbern zu regeln, um ein einheitliches Vorgehen zu erreichen. Daraus ergibt sich nicht zugleich, daß sie auch die Werbung der Konzern-Unternehmen vor ihrem Erscheinen überprüfen wollte und/oder diese sich nach bestimmten, von ihr vorgegebenen Regeln richten sollten.

Dem Senat genügt auch nicht der Artikel in der Wirtschaftswoche. Danach ist die Klägerin zwar mehr als eine bloße Holding. Der Artikel belegt aber nicht genügend spezifiziert, wie sie sich im Verhältnis zur Werbung der Konzern-Unternehmen verhält.

Soweit sich die Beklagte auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes in GRUR 2000, 907 "Filialleiterfehler" beruft, ist darauf hinzuweisen, daß es sich dort um eine rechtlich unselbständige Filiale handelte, deren Mitarbeiter ohne weiteres als Beauftragte im Sinne des § 13 Abs. 4 UWG anzusehen sind. Im vorliegenden Rechtsstreit ging es dagegen um die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Holding für die Werbung rechtlich selbständiger Konzern-Unternehmen insbesondere gemäß § 13 Abs. 4 UWG mitverantwortlich ist. Die Beantwortung dieser Frage erfordert zusätzliche Feststellungen.

Ende der Entscheidung

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