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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 24.01.2002
Aktenzeichen: 3 U 330/01
Rechtsgebiete: MarkenG
Vorschriften:
MarkenG § 14 | |
MarkenG § 24 |
Ein solches Umpacken ist nicht erforderlich, wenn statt der neuen die bisherige äußere Umverpackung für das Inland entsprechend etikettiert und der Packungsinhalt auf- oder abgestockt werden kann. Das gilt auch dann, wenn es der Markeninhaber hinnehmen muss, dass der Parallelimporteur daneben für die Reste aus den abgestockten Packungsinhalten neue äußere Umverpackungen erstellt.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 24. Januar 2002
In dem Rechtsstreit
hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, von Franqué, Spannuth nach der am 10. Januar 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Antragsgegnerinnen gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 7. August 2001 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Antragsgegnerinnen wie Gesamtschuldner.
und beschlossen:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 127.823 € (= 250.000.- DM) festgesetzt.
Tatbestand:
Die Antragstellerin - ein Pharmaunternehmen - vertreibt in Deutschland das Arzneimittel "SXXXX 200 mg", ein verschreibungspflichtiges Präparat mit dem Wirkstoff Amisulprid, an dessen Bezeichnung "SXXXX" sie als Markeninhaberin Markenrechtsschutz genießt (vgl. wegen der Klagemarke "SXXXX" Nr. 48 30 04: Anlage AS 1).
Die Antragsgegnerinnen befassen sich mit dem Parallelimport von Arzneimitteln. Sie beabsichtigen, das von ihnen nach Deutschland importierte französische Arzneimittel "SXXXX 200 mg" in von ihnen selbst gefertigte äußere Umverpackungen umzupacken und im Inland in den Packungsgrößen zu 50 und 100 Tabletten zu vertreiben (Anlagen AS 2-3).
Die Antragstellerin beanstandet das Umpacken des Arzneimittels "SXXXX" in neue äußere Umverpackungen - ausgenommen solche Umverpackungen, die ausschließlich dem Vertrieb der den Originalpackungen entnommenen, anderweitig nicht verwertbaren Durchdrückpackungen (Blister) dienen - als Markenrechtsverletzung und nimmt die beiden Antragsgegnerinnen im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch.
Die Antragstellerin vertreibt im Inland das Arzneimittel "SXXXX 200 mg" in Packungsgrößen zu 50 Tabletten (N 2) und zu 100 Tabletten (N 3), die Packungsgröße N 2 enthält 5 Blister mit jeweils 10 Tabletten. In dem Ausfuhrland Frankreich - aus dem das parallelimportierte Arzneimittel "SXXXX" vorliegend stammt - ist das Arzneimittel in den Packungsgrößen zu 60 Tabletten (6 Blister mit jeweils 10 Tabletten) und zu 150 Tabletten (Klinikpackung) auf dem Markt. Bisher haben die Antragsgegnerinnen das Arzneimittel "SXXXX" nur in der Packungsgröße zu 60 Tabletten, nicht aber die Klinikpackungen zu 150 Tabletten importiert (vgl. Schutzschrift Landgericht Hamburg 312 AR 232/01, Anlage 1).
Das Landgericht hatte mit seiner Beschlussverfügung vom 30. Mai 2001 den Antragsgegnerinnen unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten,
das aus Frankreich importierte Arzneimittel "SXXXX", welches dort in Packungen à 60 und 150 Tabletten vertrieben wird, in Deutschland in neu gefertigten Eigenverpackungen à 50 und 100 Tabletten feilzuhalten, anzubieten und/oder zu vertreiben,
ausgenommen solche Umverpackungen, welche ausschließlich dem Vertrieb der ansonsten nicht mehr verwertbaren Blister dienen, die den Originalpackungen entnommen werden mussten.
Mit dem Urteil vom 7. August 2001 hat das Landgericht seine einstweilige Verfügung bestätigt.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerinnen, die Antragstellerin verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Antragsgegnerinnen hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht seine einstweilige Verfügung bestätigt.
I.
Das Landgericht ist zutreffend von der Dringlichkeit ausgegangen. Für Markenrechtsstreitigkeiten gilt die Vermutung der Eilbedürftigkeit unter Anwendung des § 25 UWG, diese haben die Antragsgegnerinnen nicht widerlegt.
Die Antragstellerin hat vorgetragen, sie habe von der beanstandeten Verwendung eigener "SXXXX"-Umverpackungen durch die Musterübersendung gemäß Schreiben der Antragsgegnerinnen vom 27. März 2001 erfahren (Anlage AS 2). Demgegenüber haben die Antragsgegnerinnen ohne nähere Darlegung oder gar Glaubhaftmachung in der Schutzschrift (dort Seite 5) behauptet, die Gegenseite habe davon Kenntnis "seit Ende Februar 2001". Näheres ist auch in der Berufungsinstanz dazu von den Antragsgegnerinnen nicht vorgetragen worden. Es ist demgemäß nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin das Verfügungsverfahren nicht hinreichend zügig betrieben hat.
II.
Der Unterlassungsantrag gegen die Antragsgegnerin zu 1) gemäß dem Verbotsausspruch der Beschlussverfügung ist auch nach Auffassung des Senats aus den §§ 3, 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3-5 MarkenG begründet.
1.) Gegenstand des Unterlassungsantrages ist das Anbieten und Vertreiben des aus Frankreich parallelimportierten Arzneimittels "SXXXX" in den Packungsgrößen zu 50 und zu 100 Tabletten in Deutschland, und zwar unter Verwendung des Packungsinhalts der französischen Packungen zu 60 und/oder zu 150 Tabletten, soweit die Antragsgegnerinnen hierzu eine eigene (von ihnen hergestellte) äußeren Umverpackung (Eigenverpackung) benutzen.
Ausgenommen vom Verbot ist antragsgemäß die Verwendung solcher (eigener) Umverpackungen, die ausschließlich zur Verwendung der aus den Originalpackungen stammenden, sonst nicht mehr verwertbaren, überzähligen Durchdrückpackungen (Blister) dienen.
Der Unterlassungsantrag nimmt ausdrücklich auf den Umstand Bezug, dass das Arzneimittel "SXXXX" im Ursprungsland Frankreich in den Packungsgrößen zu 60 und zu 150 Tabletten auf dem Markt ist. Nach dem Wortlaut des Verbotsausspruchs ist dieser damit nicht etwa auf den Fall des Parallelimports in der Packungsgröße zu 60 Tabletten beschränkt. In der Berufungsverhandlung hat die Antragstellerin ausdrücklich klarstellen lassen, dass sich das Verbot auch auf den - von den Antragsgegnerinnen bisher nicht vorgenommenen - Parallelimport von "SXXXX"-Packungen zu 150 Tabletten (Klinikpackungen) beziehen soll.
Bei der Verbotsausnahme wird auf den Umstand abgestellt, dass bei der Verwendung einer französischen Ursprungspackung mit 60 Tabletten jeweils ein Blister mit 10 Tabletten übrig bleibt, wenn sie auf die deutsche Packungsgröße N 2 mit 50 Tabletten umgepackt wird, entsprechendes gilt beim Umpacken in die deutsche Packungsgröße N 3 mit 100 Tabletten. Auch bei Verwendung der französischen Ursprungspackung mit 150 Tabletten (Klinikpackung) bleiben nach dem Umpacken auf die deutschen Packungsgrößen Blister übrig.
Nach Auffassung des Senats ist den Ausführungen des Landgerichts in seiner Begründung zur Beschlussverfügung vom 30. Mai 2001 dahingehend zuzustimmen, dass dem Parallelimporteur jedenfalls grundsätzlich nicht verwehrt werden kann, sämtliche Blister zum Parallelimport zu verwenden. Dem trägt die Verbotsausnahme hinreichend Rechnung, weil insoweit die Verwendung selbst hergestellter Umverpackungen nicht untersagt ist. Inwieweit solche Packungen wegen Besonderheiten ihrer Aufmachung oder ihres konkreten Packungsinhalts zu beanstanden wären, ist nicht Streitgegenstand.
2.) Nach 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren zu benutzen, die mit derjenigen identisch sind, für die die Marke Schutz genießt. Die Verwirklichung dieses gesetzlichen Tatbestand ist dadurch gegeben, dass das französische Arzneimittel "SXXXX" nach Deutschland importiert und hier nach Erstellen einer neuen (eigenen) äußeren Umverpackung unter der gleichnamigen Klagemarke angeboten und vertrieben werden soll (vgl. § 14 Abs. 3 Nr. 2 und 4 MarkenG).
Die durch das Umkonfektionieren für den Inlandsmarkt vom Parallelimporteur vorgenommenen Veränderungen auf bzw. an der Packung sind an sich markenrechtliche Verletzungstatbestände des Versehens mit einer Marke oder des "Wieder-Anbringens" (vorliegend durch das Anbringen der Bezeichnung "SXXXX" auf der neuen äußeren Umverpackung).
3.) Das parallelimportierte Arzneimittel "SXXXX" ist ursprünglich in Frankreich und damit in der Europäischen Union mit Zustimmung des dortigen Markeninhabers in den Verkehr gebracht worden; demgemäß ist das Markenrecht grundsätzlich erschöpft (vgl. § 24 Abs. 1 MarkenG), wenn sich der Markenrechtsinhaber (hier die Antragstellerin betreffend die Klagemarke) der Markenbenutzung im Zusammenhang mit dem weiteren Vertrieb der Ware durch die Antragsgegnerinnen aus berechtigten Gründen nicht widersetzen kann (§ 24 Abs. 2 MarkenG).
Die Bestimmung des § 24 MarkenG beruht auf der entsprechenden Regelung in Art. 7 der ersten Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken 89/104/EG vom 21. Dezember 1988 (ABl. 1989 Nr. L 40/1). Die hierzu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist zur Auslegung des § 24 MarkenG heranzuziehen.
Nach der EuGH-Rechtsprechung tritt unter bestimmten, kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen wegen des gemäß Art. 28, 30 EG (damals: Art. 30, 36 EG-Vertrag) zu gewährleistenden freien Warenverkehrs innerhalb der Europäischen Union eine gemeinschaftsrechtliche Erschöpfung ein, so dass der Parallelimporteur insoweit auch ohne Zustimmung des Markeninhabers zum Umkonfektionieren fremder Markenware befugt ist (EuGH WRP 1996, 867 - Eurim Pharm, WRP 1996, 874 - MPA Pharma, WRP 1996, 880 - Bristol-Myers Squibb; vgl. auch EuGH WRP 1999, 1264 - Pharmacia & Upjohn).
4.) Die Verwendung der beanstandeten, neu hergestellten, äußeren "SXXXX"-Umverpackungen - abgesehen von der Verbotsausnahme - entspricht nicht den Voraussetzungen der EuGH-Rechtsprechung, weil das Umpacken in eine neue äußere Umverpackung auch nach Auffassung des Senats nicht erforderlich ist, um das parallelimportierte Arzneimittel im Inland vertreiben zu können. Demgemäß ist im Hinblick auf die Klagemarke keine markenrechtliche Erschöpfung (§ 24 MarkenG) eingetreten. Das gilt zunächst für die Verwendung der französischen Ursprungspackung mit 60 Tabletten (wegen der Ursprungspackung zu 150 Tabletten siehe unter 5.).
Wie der Senat bereits entschieden hat, ist der Parallelimporteur nach der EuGH-Rechtsprechung im Grundsatz gehalten, in das Kennzeichnungsrecht des Markeninhabers so wenig wie möglich einzugreifen. So kann sich der Markenrechtsinhaber dem Umpacken der Ware in eine neue äußere Umverpackung widersetzen, wenn es dem Importeur möglich ist, eine im Einfuhrmitgliedstaat vertriebsfähige Verpackung zu schaffen, indem er statt dessen z. B. auf der äußeren Originalverpackung neue Etiketten in der Sprache des Einfuhrmitgliedstaates anbringt und/oder eine Bündelung der Originalverpackungen (mit oder ohne Aufstocken des Packungsinhalts) vornimmt. Das gilt auch in den Fällen, in denen - wie vorliegend beim Arzneimittel "SXXXX" - das Arzneimittel in den für das Inland maßgeblichen Packungsgrößen im Ausfuhrmitgliedstaat nicht vertrieben wird (vgl. zu den Grundsätzen: HansOLG Hamburg, Urt. v. 24. August 2000 - 3 U 51/99, MagazinDienst 2000, 1176). Hieran ist festzuhalten.
(a) Es ist technisch und in der praktischen Handhabung bei dem Arzneimittel "SXXXX" ohne weiteres möglich, den Packungsinhalt der französischen Original-Packungen à 60 Tabletten auf 50 Tabletten abzustocken, um so die in Deutschland gängigen Packungsgrößen zu 50 Tabletten (N 2) und - gebündelt - zu 100 Tabletten (N 3) zu erhalten. Dabei können die Original-Umverpackungen mit entsprechenden Aufklebern versehen werden. Demgemäß bedarf es insoweit keiner eigenen, neu von den Antragsgegnerinnen hergestellten Umverpackung.
(b) Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die Antragstellerin - entsprechend dem insoweit eingeschränkten Verbot - hinnimmt, dass die beim Abstocken überzähligen Blisterstreifen (bei jeder französischen Packung à 60 Tabletten bleiben 10 Tabletten ungenutzt) in neuen Eigenverpackungen der Antragsgegnerinnen verwendet werden.
Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass dem Parallelimporteur - wie ausgeführt - grundsätzlich nicht verwehrt werden kann und nach der Verbotsausnahme auch vorliegend für "SXXXX" unbenommen bleibt, überzählige Blister ebenfalls beim Parallelimport zu verwenden, bleibt es dabei, dass das Abstocken und damit eine Verwendung der Original-Umverpackungen möglich ist und insoweit keine eigenen, vom Parallelimporteur selbst hergestellten Umverpackungen erforderlich sind. Dass für die restlichen Blister eigene Umverpackungen erstellt werden, steht der Verwendung der Original-Umverpackungen im übrigen nicht entgegen.
Dass bei der Umsetzung dieser "Resteverwertung" dann andere Umverpackungen als die umkonfektionierten (überklebten) französischen Original-Faltschachteln in Einsatz kommen, belastet den Parallelimport nicht in beachtlicher Weise. Dem Verkehr begegnen im Bereich des Parallelimports Packungen, die zwar "ordentlich" sind, aber wegen der Umkonfektionierung im Erscheinungsbild von den Original-Umverpackungen abweichen. So ist das Publikum schon in Ansehung des Vertriebs von Arzneimitteln "direkt" vom Hersteller einerseits und des Parallelimports andererseits seit langem und in großem Umfang daran gewöhnt, dass es von ein und demselben Arzneimittel in einer bestimmten Packungsgröße durchaus verschiedene Ausgestaltungen der Packungen auf dem Markt gibt. Entsprechendes gilt für unterschiedliche Packungsgrößen; Bündelpackungen gibt es im Bereich des Parallelimports seit längerem, der Verkehr wird keinen nachhaltigen Anstoß nehmen, dass Bündelpackungen in großer Packungsgröße anders aussehen als ungebündelte Faltschachteln in kleiner Packungsgröße.
Aus der maßgeblichen Sicht der Abnehmer ist es mithin nicht bedeutsam, wenn die Packungen eines parallelimportierten Arzneimittels unterschiedlich ausfallen, indem bei ihnen überklebte Original-Faltschachteln (gebündelt und ungebündelt) und teilweise auch neu erstellte Umverpackungen zum Einsatz kommen. Dass das die Patienten verunsichern könnte oder generell den Ruf der Parallelimport-Arzneimittel oder der Parallelimporteure schädigen könnte, ist entgegen der Ansicht der Antragsgegnerinnen nicht zu besorgen; Greifbares tragen die Antragsgegnerinnen hierzu auch nicht vor.
Die Lebenserfahrung spricht jedenfalls gegen den Standpunkt der Antragsgegnerinnen. Es bleibt dem Parallelimporteur unbenommen, das Nebeneinander der Verpackungen ansprechend zu gestalten. Der von den Antragsgegnerinnen herangezogene Gegensatz zwischen "schöner Europackung" (dem von ihnen gewünschten Auftritt mit eigenen Packungen) und unschönen überklebten abgestockten Packungen muss daher nicht zwangsläufig bestehen. Entsprechendes gilt für den noch geltend gemachten Gesichtspunkt unterschiedlicher Packungsgrößen, dem ebenfalls mit geeigneten Maßnahmen ohne weiteres begegnet werden kann. Schon deswegen kann auch von einem Handelshemmnis im Sinne der EuGH-Rechtsprechung keine Rede sein.
Wie der Senat schon mehrfach entschieden hat, kann der Parallelimporteur einen einheitlichen Marktauftritt in Form selbst hergestellter Neuverpackungen nicht beanspruchen, soweit er damit in die vorrangigen Belange des Markenrechtsinhabers eingreift. Dass der wirtschaftliche Vorteil des Parallelimporteurs zur Begründung der "Erforderlichkeit" des Umpackens in neue Umverpackungen allein nicht ausreicht, hat der EuGH bereits entschieden (EuGH, a. a. O., Rz. 19, 42-45 - Pharmacia & Upjohn). Dem hat sich der Senat angeschlossen.
(c) Da nach alledem die Verwendung von einer eigenen äußeren Umverpackung beim Parallelimport von "SXXXX" nicht "erforderlich" ist, muss die Antragstellerin als Markenrechtsinhaberin auch ein solches Umpacken - abgesehen von der eingeräumten Verwertung überschüssiger Blisterstreifen - nicht hinnehmen.
5.) Auch der Einsatz der beanstandeten, neu hergestellten, äußeren "SXXXX"-Umverpackungen im Falle der Verwendung der französischen Ursprungspackung mit 150 Tabletten (Klinikpackung) entspricht nicht - abgesehen von der Verbotsausnahme - den Voraussetzungen der EuGH-Rechtsprechung, weil das Umpacken in eine neue äußere Umverpackung auch insoweit nach Auffassung des Senats nicht erforderlich ist, um das parallelimportierte Arzneimittel im Inland vertreiben zu können. Demgemäß ist auch insoweit im Hinblick auf die Klagemarke keine markenrechtliche Erschöpfung (§ 24 MarkenG) eingetreten.
Es ist technisch und in der praktischen Handhabung bei dem Arzneimittel "SXXXX" ohne weiteres möglich, den Packungsinhalt der französischen Original-Packungen à 150 Tabletten auf 50 Tabletten oder auf 100 Tabletten abzustocken, um so die in Deutschland gängigen Packungsgrößen zu 50 Tabletten (N 2) oder zu 100 Tabletten (N 3) zu erhalten. Dabei können die Original-Umverpackungen mit entsprechenden Aufklebern versehen werden. Auf die obigen Ausführungen unter 4. wird entsprechend Bezug genommen. Demgemäß bedarf es insoweit keiner eigenen, neu von den Antragsgegnerinnen hergestellten Umverpackung.
6.) Die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs sind ebenfalls gegeben.
Der Unterlassungsantrag beschreibt die konkrete Verletzungsform. Es besteht auch Begehungsgefahr, und zwar für beide Fallgestaltungen, dass der Parallelimport von "SXXXX" unter Verwendung der französischen Ursprungspackungen zu 60 und zu 150 Tabletten stattfinden wird.
Die Antragsgegnerin zu 1) hat den Parallelimport von "SXXXX" aus Frankreich unter Verwendung neu hergestellter Umverpackungen angekündigt (Anlagen AS 2-3); insoweit besteht Begehungsgefahr. Der Umstand, dass die Antragsgegnerinnen bisher nur die Packungsgröße zu 60, nicht aber die zu 150 Tabletten importiert haben, führt nicht zu einer unterschiedlichen Bewertung der Begehungsgefahr. Beide Größen sind in Frankreich auf dem Markt, ihr Bezug ist demgemäß hinreichend greifbar zu besorgen.
II.
Der Unterlassungsantrag ist auch gegen die Antragsgegnerin zu 2) begründet (§§ 3, 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3-5 MarkenG).
Die Antragsgegnerin zu 2) ist als Mitvertriebs-Unternehmen beim Parallelimport von "SXXXX" - gemeinschaftlich mit der Antragsgegnerin zu 1) - beteiligt, wie sich schon aus den bei der Importankündigung vorgelegten Faltschachteln ergibt (Anlage AS 3). Im übrigen wird auf die obigen Ausführungen unter I. entsprechend Bezug genommen.
III.
Nach alledem war die Berufung der Antragsgegnerinnen als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 analog ZPO.
Ende der Entscheidung
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