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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 28.02.2002
Aktenzeichen: 3 U 347/01
Rechtsgebiete: UWG
Vorschriften:
UWG § 25 |
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluß
verkündet am: 28. Februar 2002
In dem Rechtsstreit
hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. Februar 2001 durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth
beschlossen:
Tenor:
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens ist gleich der Summe der in erster Instanz entstandenen Kosten.
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin, ein Pharmaunternehmen, vertrieb ein Arzneimittel mit einer Gebrauchsinformation, die nicht den nach § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG erforderlichen Hinweis enthielt, "daß der Patient aufgefordert werden soll, dem Arzt oder Apotheker jede Nebenwirkung mitzuteilen, die in der Packungsbeilage nicht aufgeführt ist" (Anlage AS 2).
Die Antragstellerin, eine Parallelimporteurin, hat nach vergeblicher Abmahnung am 21. August 2001 eine einstweilige Verfügung erwirkt. Die Antragsgegnerin hat im Widerspruchsverfahren eine strafbewehrte Verpflichtungserklärung abgegeben.
Daraufhin hat die Antragstellerin das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Antragsgegnerin hat dem mit der Begründung widersprochen, es fehle an der Dringlichkeit. weil die beanstandete Gebrauchsinformation der Antragstellerin bereits seit mehr als sechs Monaten vorgelegen habe.
Das Landgericht hat die Erledigung der Hauptsache festgestellt. Im Berufungsverfahren hat sich die Antragsgegnerin der Erledigungserklärung der Antragstellerin angeschlossen.
II.
Nachdem die Parteien übereinstimmend das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist nur noch gemäß § 91 a ZPO über die Kosten beider Instanzen zu entscheiden. Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entspricht es billigem Ermessen, die Kosten der Antragsgegnerin aufzuerlegen.
Der Verfügungsantrag war zulässig und begründet. Insbesondere war die Dringlichkeit gegeben, wie bereits das Landgericht zutreffend angenommen hat.
Die gemäß § 25 UWG vermutete Eilbedürftigkeit entfällt, wenn der Antragsteller in Kenntnis der maßgebenden Umstände längere Zeit abgewartet hat, bevor er gerichtlich vorgeht, so daß aus seinem Abwarten geschlossen werden kann, ihm sei die Angelegenheit nicht eilig. Im vorliegenden Falle trifft das nicht zu.
Wie die Antragstellerin glaubhaft gemacht hat (Anlage AS 1), hat sie erst kurz vor Einleitung des Verfügungsverfahrens - Anfang August 2001 - bemerkt, daß die Gebrauchsinformation der Antragsgegnerin die beanstandete Lücke enthielt, und zwar anläßlich einer Gegenabmahnung der Antragsgegnerin. Diese hatte bei einem anderen parallelimportierten Präparat einen anderen Mangel in der Gebrauchsinformation der Antragstellerin gerügt, die diese von der Antragsgegnerin übernommen hatte. Das nahm die Antragstellerin zum Anlaß, andere Gebrauchsinformationen zu überprüfen.
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, daß sie die Gebrauchsinformation der Antragsgegnerin bereits vor etwas mehr als sechs Monaten - im Januar 2001 - erlangt hatte. Sie benötigte diese nämlich für ihre Parallelimporte; sie hat sie durch Einscannen übernommen, sie lediglich auf Änderungen überprüft, die wegen des Parallelimports erforderlich waren, und solche Änderungen vorgenommen.
Grundsätzlich kann allerdings ein Antragsteller, der eine Werbung des Antragsgegners bereits längere Zeit kennt, insbesondere einen Teil dieser Werbung beanstandet hat, später nicht mehr geltend machen, er habe den Text im übrigen nicht sogleich zur Kenntnis genommen. Vielmehr ist anzunehmen, daß sich seine Kenntnis auf den gesamten vorhandenen Inhalt des Textes bezieht, so wie er ihm vorliegt.
Das gilt aber nicht auch für eine Lücke im Text, wie sie hier vorhandenen ist, nämlich für einen Fall, in dem etwas fehlt, was das Gesetz vorschreibt, in dem der Parallelimporteur die Gebrauchsinformation des Antragsgegners im wesentlichen durch Einscannen schlicht übernimmt und nur auf durch den Parallelimport notwendige Änderungen achtet, sich im übrigen aber, ohne eine inhaltliche Überprüfung vorzunehmen, auf die Gesetzmäßigkeit der übernommenen Gebrauchsinformation des Originalherstellers verläßt. Insoweit besteht ein Unterschied zwischen einer vorhandenen falschen Angabe und einer fehlenden, aber vorgeschriebenen Angabe. In einem solchen, besonders gelagerten Ausnahmefall liegt die erforderliche Kenntnis der Lücke nicht automatisch schon mit dem Vorliegen der Gebrauchsinformation vor. Die Antragstellerin hat dazu glaubhaft gemacht, daß sie die Lücke erst später bemerkt hat. Das ist angesichts der Umstände ohne weiteres plausibel. Ob sie eine Sorgfaltspflicht verletzt hat und die Lücke hätte erkennen müssen, ist unerheblich. Daraus folgt nicht die erforderliche Kenntnis.
Demnach war die Sache dringlich, als die Antragstellerin ihren Verfügungsantrag einreichte.
Ende der Entscheidung
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