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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 09.07.2004
Aktenzeichen: 5 U 181/03
Rechtsgebiete: UWG, BGB


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 13 Abs. 2 Nr. 2 a.F.
BGB § 280 Abs. 1
1. Ein Verlagsunternehmen verstößt bei der Preisbindung von Zeitschriften gegen die ihm im Verhältnis zu den preisgebundenen Händlern aus § 242 BGB obliegenden Leistungstreue und Rücksichtnahmepflichten, wenn es selbst bei der Abonnentenwerbung unter erheblicher Anlockwirkung mit Preisvorteilen und Zugaben wirbt, die über die Grenzen hinausgehen, die sich die betreffende Branche in Wettbewerbsregeln im Wege der Selbstbindung selbst gesetzt hat (im Anschluss an OLG Hamburg OLGRep 04, 35 - 13 Hefte Stern und OLG Hamburg MD 04, 156 - Mini-Abo).

2. Ein Verstoß gegen die vom Bundeskartellamt genehmigten "VDZ-Wettbewerbsregeln für den Vertrieb von abonnierbaren Publikumszeitschriften" kann sich gleichzeitig als sittenwidriges Wettbewerbsverhalten i.S.v. § 1 UWG a.F. darstellen (Fortführung der unter Ziff. 1 genannten Rechtsprechung des Senats).

3. Die mit dem Remissionsrecht im Presse-Vertrieb einhergehenden Eingriffs- und Direktionsrechte der Verlage rechtfertigen keine treuwidrig herbeigeführten Verschiebungen im Verhältnis zwischen Einzel- und Abonnementvertrieb.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 181/03

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 9. Juli 2004

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter Betz, Rieger, Dr. Koch nach der am 07. Juli 2004 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 28.10.2003 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe € 60.000.- abwenden, sofern nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger zu 1. ist ein Dachverband, der - weitgehend über Landesverbände - die in Deutschland im Geschäftsverkehr tätigen LOTTO-TOTO-Verkaufsstellen vertritt. In dem Verlag der Beklagten erscheint u.a. die Wochenzeitschrift "Stern". Anfang 2002 warb die Beklagte in ihrer Zeitschrift u.a. unter der Überschrift "13 x stern testen, über 40 % sparen" um neue Abonnenten, denen sie ein kostengünstiges Probeabonnement über 13 Hefte sowie eine attraktive Zugabe (u.a. einen BODUM Kaffeebereiter bzw. eine BODUM Bistro Vacuum Isolierkanne) in Aussicht stellte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlagen K7 und K8 Bezug genommen.

Dieses Verhalten beanstanden die Kläger u.a. als Verstoß gegen die Preisbindung im Zeitschriftenhandel als vertrags- bzw. wettbewerbswidrig. Der Kläger zu 2. ist der Vorstandsvorsitzende des Klägers zu 1. und seinerseits Betreiber eines Zeitschriftenladens.

Das Landgericht hatte gegen die Beklagte in einem vorangegangenen Verfügungsverfahren, in dem nur der Kläger zu 1. Antragsteller war, entsprechend den Anträgen des Klägers zu 1. eine Unterlassungsverfügung erlassen und diese auf den Widerspruch der Beklagten mit Urteil vom 07.05.02 aufrechterhalten. Die Berufung der Beklagten hat der Senat mit Urteil vom 27.02.03 (5 U 85/02) zurück gewiesen (OLGRep 04, 35).

Die Kläger verfolgen ihre Ansprüche vorliegend im Hauptsacheverfahren weiter. Sie haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall bis zu € 250.000.-., Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu unterlassen,

1. in Zeitschriftenanzeigen oder sonstigen Mitteilungen, die sich an einen größeren Personenkreis richten anzukündigen, bei Eingehen eines Abonnementsverhältnis erhalte man 13 Hefte des "Stern" mit einer mehr als 40 %igen Preisermäßigung gegenüber dem gebundenen Preis sowie zzgl. ohne besondere Berechnung einen Kaffeebereiter oder eine Thermoskanne oder eine Uhr, so wie sich das aus den mit diesem Urteil in Kopie verbundenen Anlagen ersichtlich ergibt,

2. entsprechend der vorstehenden Ankündigung zu verfahren, mithin neuen Abonnenten 13 Hefte des "Stern" zum Preis von € 19,00 statt € 32,50 nebst einem Kaffeebereiter bzw. einer Thermoskanne bzw. einer Uhr ohne besondere Berechnung zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht Hamburg hat die Beklagten mit Urteil vom 28.10.2003 antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten. Die Beklagten verfolgen in zweiter Instanz ihr Klagabweisungsbegehren unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags weiter. Die Kläger verteidigen das landgerichtliche Urteil auf der Grundlage der bereits erstinstanzlich gestellten Anträge.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht zur Unterlassung verurteilt. Ihr Berufungsvorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:

1. Die Aktivlegitimation des Klägers zu 2. für vertrags- und wettbewerbsrechtliche Ansprüche ergibt sich ohne weiteres aus seiner unmittelbaren Betroffenheit als der Preisbindung unterworfener Zeitschriftenhändler. Der Kläger zu 1. ist als Verband aus § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG zur Verfolgung der Unterlassungsansprüche aktivlegitimiert. Hierzu hat bereits das Landgericht in dem Verfügungsurteil vom 07.05.02 in der Sache 312 O 47/02 das Erforderliche ausgeführt. Die hiergegen auch in der Berufungsinstanz gerichteten Angriffe der Beklagten verfangen nicht. Es ist allgemein - und auch dem Senat - bekannt, dass eine große Zahl zumeist kleinerer Gewerbebetriebe bundesweit den Verkauf von Zeitungen/Zeitschriften kombiniert mit der Funktion einer Lotto-Toto-Annahmestelle wahrnehmen. Die Gefahr einer missbräuchlichen Anspruchsverfolgung durch einen nicht unmittelbar als Wettbewerber betroffenen Verband, der die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG entgegenwirken sollen (BGH GRUR 96, 804, 806 - Preisrätselgewinnauslobung III), kann sich im vorliegenden Fall erkennbar nicht realisieren. Denn der Kläger zu 1. vertritt bundesweit eine erhebliche Zahl der betroffenen Gewerbetreibenden. Hieran ändert der Umstand nichts, dass auch solche Unternehmen Mitglieder des Klägers zu 1. sind, die keine Presseerzeugnisse vertreiben. Soweit die Beklagte darauf hinweist, der Kläger zu 1. repräsentiere gerade einmal 1 % der 116.000 Pressevertriebsstellen in Deutschland, spricht dies selbst dann nicht gegen die Aktivlegitimation, wenn die Richtigkeit dieser Behauptung zu Gunsten der Beklagten unterstellt wird. Denn es ist allgemein bekannt, dass Presseerzeugnisse als - für den Gesamtumsatz eher unbedeutendes - Nebenprodukt in einer Vielzahl unterschiedlicher Einzelhandelsgeschäfte vertrieben werden. Hierzu gehören nicht nur z.B. nahezu alle Bäckereifachgeschäfte und Kaufhäuser, sondern praktisch alle Tankstellen sowie Supermärkte bzw. Lebensmitteleinzelhandelgeschäfte. Der Beklagten-Vertreter hat in der Senatssitzung zwar einschränkend erklärt, in der genannten Zahl seien nur diejenigen Vertriebsstellen enthalten, die eine gewisse Sortimentsbreite im Pressevertrieb aufweisen. Diese Voraussetzung trifft indes auf die weit überwiegende Zahl dieser Unternehmen (allenfalls mit Ausnahme der Bäckerfachgeschäfte) zu. Demgegenüber repräsentiert der Kläger zu 1. gerade diejenigen Gewerbebetreibenden, die ihren Hauptumsatz mit Presseerzeugnissen und Tabakwaren erzielen, in überproportionalem Umfang, denn diese Verkaufsstellen - wie Zeitschriftenkioske, Bahnhofskioske usw. - sind typischerweise mit Lotto-Toto-Annahmestellen verbunden. Auch wenn die Beklagte bestritten hat, dass zwischenzeitlich - wie die Kläger mit Schriftsätzen vom 17./25.06.04 vorgetragen haben - auch der Bundesverband des Tabakwaren-Einzelhandels e.V. sowie die ERMURI Händlervereinigung als Mitglied beigetreten sind, kann die Aktivlegitimation zur Verfolgung von Ansprüchen der hier streitigen Art, deren Durchsetzung gerade für kleine Zeitschriftenhändler von existenzieller Bedeutung sein können, nach Auffassung des Senats nicht ernsthaft streitig sein, zumal die Beklagte die organisatorische und finanzielle Befähigung zur Anspruchsverfolgung des Klägers zu 1. nicht ernsthaft in Zweifel zieht. Denn der Kläger zu 1. vertritt zumindest mittelbar - über die ihm beigetretenen Verbände - eine "erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden". Dies gilt bei einer bundesweiten Anspruchsdurchsetzung selbst dann, wenn der Kläger zu 1. nicht in allen Bundesländern vertreten ist. Ein solches Erfordernis ist § 13 Abs. 2 Satz 2 UWG nicht zu entnehmen. Insoweit stellt sich selbst eine unstreitige Repräsentanz über Landesverbände in 12 von 16 Bundesländern ohne weiteres als ausreichend dar. Dies gilt auf Grund der von dem Kläger zu 1. mehrfach betonten Besonderheiten der von ihm vielfach vertretenen Kleingewerbetreibenden nach Auffassung des Senats selbst dann, wenn es im Bereich des Presse- und Tabakwaren-Einzelhandels mit dem BDZ (Bundesverband des Deutschen Zeitungs- und Zeitschrifteneinzelhandels e.V.) sowie dem BTWE (Bundesverband des Tabakwaren-Einzelhandels) konkurrierende Verbände gibt, die u.U. mitgliederstärker und verbreitungsintensiver sind. Die von dem Kläger zu 1. vertretenen Gewerbetreibenden bieten ihre Erzeugnisse auch auf "demselben Markt" wie die Beklagte an. Jedenfalls wettbewerbsrechtlich begegnen sich die unterschiedlichen Absatzformen des Einzelverkaufs und das Abonnement von Zeitschriften auf demselben Markt i.S.v. § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG, weil der Warenbezug in einem unmittelbar Substitutions- und Konkurrenzverhältnis steht. Abweichende Definitionen des Marktbegriffs im Kartellrecht sind insoweit nicht relevant.

2. Das beanstandete Verhalten der Beklagten ist als Verstoß gegen ihre Leistungstreue- und Rücksichtnahmepflichten gegenüber ihren jeweiligen Vertragspartnern - gegenüber dem Kläger zu 2. unmittelbar - im Vertrieb der preisgebundenen Zeitschrift "stern" vertragswidrig.

a. Die Beklagte ist mit den Zeitschriftenhändlern, die von ihr mit der Zeitschrift "stern" beliefert werden, entweder unmittelbar oder mittelbar - über die Presse-Grossisten - durch eine beidseitig zu unterzeichnende, vorformulierte Verpflichtungserklärung nach der Art der Anlage K6 verbunden, mit der sich der Einzelhändler unter Androhung des Abbruchs einer Belieferung verpflichtet, die preisgebundenen Zeitschriften nur zu den jeweils aufgedruckten Endverkaufspreisen zu verkaufen. Die Verpflichtungserklärung umfasst zudem die Versicherung, dass die Preisbindung auch nicht "indirekt" verletzt werden darf. Es steht zwischen den Parteien nicht im Streit, dass die von dem Kläger zu 1. vertretenen Einzelhändler (u.a. der Kläger zu 2.) durch solche oder inhaltsgleiche Erklärungen - wie sie etwa auch das "Sammelrevers 2000 für den Verkauf preisgebundener Verlagserzeugnisse in Deutschland" enthält - gebunden sind. Soweit eine solche Bindung im unmittelbaren Vertragsverhältnis gegenüber dem Presse-Grossisten besteht, sind diese gegenüber der Beklagten verpflichtet, die von ihnen belieferten Einzelhändler auf die ihnen selbst obliegende Preisbindung zu verpflichten. Diese Erklärung ergänzt bestehende Belieferungsvereinbarungen und ist damit Vertragsbestandteil.

b. Gegen die sich aus dieser vertraglichen Bindung im Rahmen von Treu und Glauben, § 242 BGB, ergebenden wechselseitigen Rücksichtnahme- und Leistungstreuepflichten verstößt die Beklagte mit der Folge, dass dem jeweiligen Vertragspartner aus ihrem Verhalten unter dem Gesichtspunkt einer positiven Forderungsverletzung bzw. einer vertraglichen Pflichtverletzung gem. § 280 Abs. 1 BGB (n.F.) Unterlassungsansprüche des mit dem Verfügungsantrag geltend gemachten Inhalts entstehen.

aa. Der konkreten Abonnentenwerbung liegt insoweit eine Besonderheit zugrunde, als die Beklagte den gebundenen Preis nicht schlicht unterschreitet, sondern den von ihr versprochenen Preisvorteil in die besondere Form eines "Testabos" für 13 Wochen kleidet. Hiervon geht eine erhebliche Anlockwirkung aus, durch die dem Zeitschriftenhandel - im Sinne der Auffassung des Bundeskartellamtes - "in gewichtigem Umfang Zeitschriftenkunden verloren gehen" bzw. zumindest eine derartige konkrete Gefahr besteht. Denn geworben wird nicht mit den "normalen" Vorteilen eines Abonnements, bei dem der Abonnent als Gegenverpflichtung z.B. in der Regel auch eine mindestens einjährige Bindung in Kauf nehmen muss. Vielmehr ebnet die Beklagte potenziellen Abonnements-Interessenten, die sich möglicherweise zu den üblichen Bedingungen bislang zu diesem Schritt noch nicht haben entschließen können und den Erwerb der Zeitschrift im Ladengeschäft vorgezogen haben, mit einer überaus attraktiven Kombination aus kurzer Laufzeit, günstigen Heftpreisen und begehrten Zusatzgeschenken den Weg in ein möglicherweise längerfristiges Abonnement hinein. Da das Probe-Abonnement mangels Kündigung stillschweigend in ein reguläres Abonnement übergeht, macht sich die Beklagte hierbei auch in gewissem Maße die "Trägheit" oder Unentschlossenheit der Zeitschrifteninteressenten zunutze, die - über ein günstiges Test-Abo angelockt - die Kündigungsfrist vor dem Übergang in ein reguläres Abonnement versäumen oder verstreichen lassen.

bb. Ein solches Verhalten ist im Zusammenhang mit der Preisbindung nicht von vornherein als Vertragsverstoß gegenüber dem gebundenen Vertragspartner - sei es der Presse-Grossist oder ein Einzelhändler - treuwidrig. Der Bereich einer zulässigen Abonnentenwerbung wird allerdings dann verlassen, wenn der mit einem Test-Abo verbundene Erprobungszweck erkennbar überschritten ist und sich das Verhalten als treuwidrige Umleitung von Kunden unter Umgehung des Preisgebundenen unmittelbar auf den Preisbinder darstellt. Dies ist auch so im vorliegenden Fall bei dem ausgesprochen attraktiven Angebot der Beklagten. Hierzu hat das Landgericht in dem beiden Parteien bekannten Urteil in dem Verfügungsverfahren zutreffende Ausführungen gemacht, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nehmen kann.

cc. Für die Beurteilung, in welchem Umfang die am Wettbewerb beteiligten Verkehrskreise selbst das Versprechen besonderer - zeitlich begrenzter - Vorteile bei dem Vertrieb preisgebundener Waren als Motivation für die Gewinnung neuer Kunden als zulässig ansehen, bieten die im Sinne einer Selbstbindung für unterschiedliche Geschäftszweige einvernehmlich aufgestellten "Verhaltens- und Wettbewerbsregeln" einen entscheidenden Anhaltspunkt.

(1) Die von den Klägern als Anlage K13 vorgelegten "VDZ-Wettbewerbsregeln für den Vertrieb von abonnierbaren Publikumszeitschriften" sehen in Ziff. 3 zwar ein Kurz- bzw. Probeabonnement von max. 3 Monaten mit erheblichem Preisvorteil vor. Dieser Nachlass ist aber ausdrücklich auf 35 % des kumulierten Einzelheftpreises begrenzt. Schon diesen Rahmen überschreitet die Beklagte, die selbst mit einer Ersparnis von "über 40%" allein über den (regulären) Abonnementpreis wirbt. An dieser Werbeaussage muss sich die Beklagte auch im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits festhalten lassen. Sie kann nicht mit dem Argument gehört werden, dass der Preisvorteil ihres Angebots bei einem im Regelfall erfolgenden Übergang in ein mehrjähriges Vollabonnement nur noch 16% bzw. 12% betrage. Denn sie wirbt mit der nur kurzen Bindungsdauer und lockt gerade hierdurch Interessenten an. Wenn diese dann - aus welchen Gründen auch immer - in ein Vollabonnement übergehen, so vermag dieser Umstand den Umfang des in Aussicht gestellten besonderen Preisvorteils nicht zu beeinflussen. Im übrigen entnimmt der Senat der Formulierung "kumulierter Einzelheftpreis" im Äußerungszusammenhang von Ziff. 3 der VDZ-Wettbewerbsregeln, dass hiermit ausschließlich die Heftpreise während der Dauer des Probeabonnements gemeint sein können. Bei der 35 % - Grenze aus Ziff. 3 der VDZ-Wettbewerbsregeln mag es sich zwar kartellrechtlich nur um eine Untergrenze des Einschreitensermessens handeln. Vorliegend steht aber nicht eine Maßnahme der Kartellaufsicht, sondern ein vertrags- bzw. wettbewerbswidriges Verhalten in Frage. Insoweit kommt den Regelungen einer "maximalen Rabattierung von 35 %" der Charakter einer Obergrenze zulässigen Wettbewerbsverhaltens zu.

(2) Hinzu kommt in der angegriffenen Werbung noch eine zusätzlich erhebliche Wertsteigerung durch die Gratiszugabe. Die versprochenen Gegenstände verkörpern mit ca. € 15.- Ladenverkaufspreis bei der BODUM Thermoskanne einen erheblichen Wert und sollen sich - unbeschadet eines günstigeren Einkaufspreises für die Beklagte - in den Augen der angesprochenen Verkehrskreise auch als besonders werthaltig darstellen, da diese hier - anders als bei vielen anderen Werbeaktionen - mit bekannten Markenprodukten als Zugabe wirbt. Unbeschadet der wesentlich günstigeren Erwerbsmöglichkeiten der Beklagten beinhalten die versprochenen Geschenke aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise eine erhebliche Wertanmutung, die - gemessen an den für die Beurteilung allein relevanten Ladenverkaufspreisen vergleichbarer Produkte - jedenfalls eine Schwelle von € 10.- übersteigt. Diese Feststellungen vermag der Senat aufgrund der eigenen Sachkunde seiner Mitglieder - die zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören - zu treffen. Zwar weiß der Verkehr, dass ein Wirtschaftsunternehmen "nichts zu verschenken" hat. Dieser Umstand nimmt der Ankündigung der Gratis-Zugabe nicht ihre positive Wertanmutung und damit ihre entscheidungserhebliche Relevanz. Insbesondere rechtfertigt eine derartige Kenntnis nicht den Schluss, dass die angesprochenen Verbraucher den Gratiszugaben keinen besonderen Wert beimessen würden. Wäre dies richtig, dann stellte sich jede Werbeaktion der streitgegenständlichen Art mit einer derartigen Gratiszugabe von vornherein als untaugliches Werbemittel dar. Der Umstand, dass nicht nur die Beklagte, sondern auch andere Verlage dieses Mittel der Kundengewinnung in erheblichem Umfang offensiv einsetzen und ihre Produkte als hochwertig bewerben ("schon ein kleines Kunstwerk", "Elegante Optik gepaart mit einem Höchstmaß an Zuverlässigkeit" usw.), zeigt eindrucksvoll, dass sie selbst durchaus von der Erwartung ausgehen, der potenzielle Kunde werde dem Versprechen eines erheblichen Werts erliegen. Die Tatsache, dass der Einstandspreis möglicherweise deutlich geringer und die Qualität der Ware schlechter ist, als dies den Anschein hat, kann in diesem Zusammenhang keine ausschlaggebende Rolle spielen. Im übrigen weiß der verständige Verbraucher auch, dass viele Unternehmen wertvolle "Lockangebote" in der Erwartung ausgeben, dass sich die hiermit verbundenen Kosten durch eine längerfristige Kundenbindung - sei es im Wege des Abonnements, sei es über eine erhoffte "Markentreue" - ohne weiteres amortisieren werden. Sogar die Gruppe der schmarotzenden "Prämien-Shopper" wird hierbei bewusst noch in Kauf genommen, weil aus der Sicht der Wirtschaftskreise der erwartete positive Kundenbindungseffekt in der Regel noch so hoch ist, dass selbst diese Ausfälle mit getragen werden können, ohne dass die Rentabilität der Maßnahme einbricht.

(3) Diese Fallgruppe wird zwar nicht von Ziff. 3 der Wettbewerbsregeln mit umfasst, sondern in Ziff. 4 gesondert geregelt. Danach muss das Sachgeschenk in einem angemessenen Verhältnis zum Erprobungsaufwand stehen. Aus dem Sinn und Zweck der wettbewerbsregelnden Selbstbindung folgt nach Auffassung des Senats ein Kumulationsverbot dergestalt, dass ein Verlag die Rabattierung von 35% nach Ziff. 4 nicht durch die zusätzliche Gewährung von Zugaben entsprechend Ziff. 4 ergänzen darf. Andernfalls wären die klaren Wertgrenzen bedeutungslos. Denn jeder Vergünstigungstatbestand für sich schöpft bereits den Rahmen des wettbewerblich Zulässigen aus, wenngleich dies nur in Ziff. 4 ausdrücklich beschrieben ist ("angemessenen Verhältnis zum Erprobungsaufwand"). Auch wenn solche Sachgeschenke zuweilen z.B. als "Dankeschön-Prämien" bezeichnet werden, sind sie gleichwohl Zugaben im eigentlichen Sinne. Sie haben bei der Frage der Wettbewerbswidrigkeit nicht etwa deshalb unberücksichtigt zu bleiben, weil sie nur eine Gegenleistung für die "Mühe" des Kunden sein sollen, die Zeitschrift zu testen. Einer derartigen Sichtweise vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Denn sie steht mit den Erwartungen des verständigen Verbrauchers nicht im Einklang. Denn dieser erkennt, dass er von den Verlagen nicht als "Tester" angesprochen wird, der sich einer zu honorierenden Mühe unterzieht, wie dies z.B. bei Tests noch nicht ausgereifter Software-Programme oder noch nicht auf dem Markt zugelassener Medikamente der Fall ist. Der "Testzweck" besteht hier nur in dem Anliegen des Zeitschrifteninteressenten, sich darüber klar zu werden, ob die Zeitschrift ihm zusagt. Damit unterzieht er sich aber keinen "Mühen", für die der Verlag einen Anlass hätte, ihm ein Dankbarkeitsgeschenk zu überreichen. Der Interessent versteht deshalb selbst eine als "Dankeschön" apostrophierte Zugabe zutreffend als "Werbegeschenk", um seine Abschlussbereitschaft zu fördern. Und bei dieser Zielrichtung ist die Zugabe - in dem skizzierten Umfang - für die Beurteilung einer wettbewerbswidrigen Anlockwirkung im Widerspruch zu den selbst bindenden Grundsätzen des VDZ ohne weiteres - neben dem Preisvorteil - beurteilungsrelevant. Mit ihrer Kombination beider Vergünstigungen erreicht die Beklagte für die maßgebliche Dauer des Test-Abonnements einen wesentlich höheren Preisvorteil, den der Kläger mit ca. 80 % beziffert hat. Hiermit überschreitet die Beklagte die vorgesehenen Wertgrenzen bei weitem und stellt sich damit außerhalb des Rahmens, den sich die am Wettbewerb Beteiligten im Wege der Selbstbindung auferlegt haben. Die Überschreitung der Wertgrenzen in einem derartigen Umfang stellt sich zugleich im Rahmen des konkreten Vertragsverhältnisses zu dem preisgebundenen Abnehmer als treuwidrig dar, ohne dass es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits darauf ankommt, dass bzw. wie der Bundesgerichtshof erst vor kurzem die rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit von Kopplungsangeboten und Wertzugaben grundlegend neu definiert hat (BGH WRP 02, 1256, - Kopplungsangebot I; BGH WRP 02, 1259, - Kopplungsangebot II).

(4) Diese Rechtsauffassung des Senats liegt zwischenzeitlich auch der Bewertung der VDZ-Wettbewerbsregeln durch die Genehmigungsbehörde zu Grunde. Das Bundeskartellamt hat sich in seinem Beschluss vom 30.03.04, mit dem die VDZ-Regeln i.S.v. § 24 Abs. 3 GWB genehmigt worden sind, u.a. mit der Senatsrechtsprechung aus dem Verfügungsverfahren 5 U 85/02 sowie dem Parallelverfahren 5 U 53/03 auseinander gesetzt und ist zu dem Ergebnis gekommen (S. 17): "Nach Sinn und Zweck der Wettbewerbsregeln, die einem den Grundsätzen lauteren Wettbewerbs zuwiderlaufenden Verhalten entgegen wirken sollen, kann eine Kumulation der Vergünstigungen in Ziffer 2 bzw. 3 und 4 nur dann erfolgen, wenn nicht bereits durch Anwendung einer der Vorschriften die nach dem UWG maximale Vergünstigung gewährt wird. Im Einzelfall kann dies zu einem Kumulationsverbot führen"). So verhält es sich im vorliegenden Fall. Bei diesem Verständnis, das Grundlage der Genehmigung der VDZ-Wettbewerbsregeln war, kann die Beklagte, die als Verlegerin diesen Wettbewerbsregeln unterworfen ist und an ihrer Aufstellung selbst bzw. mittelbar durch den VDZ als ihren Verband unstreitig maßgeblich mitgewirkt hat, mit ihrer abweichenden Auffassung nicht mehr gehört werden. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob die Anerkennung durch das Bundeskartellamt nach § 24 Abs. 3 GWB rechtskräftig oder - wie die Beklagte im Senatstermin vorgetragen hat - mit der Beschwerde angefochten worden ist. Ebenso wenig ist entscheidend, dass die eigentliche Zielrichtung der VDZ-Wettbewerbsregeln nicht das Verhältnis der Verlage zu ihren Abnehmern, sondern der Verlage untereinander betreffen. Denn es wäre nicht erklärlich, warum die Kriterien, die die Verlage untereinander als Maßstab für lauteres und wettbewerbskonformes Verhalten definieren, gegenüber ihren Abnehmern nicht gleichermaßen Geltung zu beanspruchen hätten, zumal sie gerade als Regeln für den Vertrieb aufgestellt worden sind.

cc. Durch dieses Verhalten hat die Beklagte selbst gegen das Kernstück der von ihr ihren Vertriebspartnern auferlegten Beachtung der Preisbindung verstoßen. Die Beklagte ist aus Rechtsgründen gehindert, diejenige "Kardinalpflicht", die praktisch ausschließlicher Regelungsgegenstand der preisbindungsrechtlichen Verpflichtungserklärungen ist, ihrerseits zu umgehen. Dieser Verstoß wiegt umso gravierender, als sie ihren Vertragspartner nicht nur unmittelbare, sondern selbst - nicht näher definierte - mittelbare Verstöße gegen die Preisbindung untersagt. Zumindest als ein solcher stellt sich aber das im vorliegenden Rechtsstreit zur Entscheidung stehende Verhalten der Beklagten dar. Da sie ihrerseits in dem von dem Kläger vorgelegten Preisbindungsrevers (Anlage K6) bzw. entsprechender Verpflichtungserklärungen keine eigenen Vertragspflichten übernimmt, scheidet zwar ein vertraglicher Verstoß gegen Hauptleistungspflichten aus. Der hierdurch verwirklichte Verstoß gegen Leistungstreue- und Rücksichtnahmepflichten wiegt daher umso schwerer und steht in seinem Gewicht einem Verstoß gegen eine Hauptleistungspflicht gleich. Deshalb kann es der Senat dahinstehen lassen, ob das Revers etwa ein ungeschriebenes, an die Beklagte gerichtetes Pflichtenmerkmal des "Behinderungsverbots" enthält. Es macht auch keinen Unterschied, dass - worauf die Beklagte hingewiesen hat - der Vertrieb im Abonnement-Geschäft anders als der Verkauf über Einzelhändler formell keiner Preisbindung unterliegt. Denn den Vertragspartnern der Beklagten ist eine Einhaltung der ihnen auferlegten Preisbindung ausschließlich dann zuzumuten, wenn sich die Beklagte ihrerseits hieran gebunden fühlt und nicht über eine deutlich günstigere Preisgestaltung im Abonnement erhebliche Geschäftsanteile an sich zieht.

dd. Die in der Senatssitzung vorgetragene Auffassung der Beklagten, ihr oblägen auf Grund der Besonderheiten der Vertragsgestaltung im Presse-Vertrieb Leistungstreue- und Rücksichtnahmepflichten - wenn überhaupt - nur in einem gegenüber dem vertraglichen Regelfall sehr eingeschränkten Umfang, vermag der Senat nicht zu teilen. Es mag sein, dass im Rechtsverhältnis der Parteien - unter Einschluss des Presse-Grossos - die Grundsätze eines Kommissionsgeschäfts nach § 383 ff HGB entsprechend anzuwenden sind, weil das bestehende Remissionsrecht das Risiko der Abnehmer auf die Handelsspanne begrenzt und das Absatzrisiko auf den Verlag verlagert, wie dies das OLG Karlsruhe angenommen hat (OLG Karlsruhe WRP 80, 635, 636 - Pressevertriebswesen auf der Großhandelsstufe). Mit diesen besonderen Rechtsbeziehungen mögen auch stärkere Eingriff- und Direktionsrechte des Verlages gegenüber dem "Absatzmittler" verbunden sein. Dies ändert hingegen nichts an der Treuwidrigkeit des zur Entscheidung stehenden Verhaltens. Denn der Kläger zu 2. sowie die Mitglieder des Klägers zu 1. erzielen ihren wesentlichen Umsatz zumeist aus den Veräußerungserlösen von Presseerzeugnissen, bei denen die Handelsspanne - anders als etwa beim Vertrieb von Oberbekleidung - bekanntlich eher knapp bemessen ist. Deshalb wirken sich treuwidrig herbeigeführte Verschiebungen im Verhältnis zwischen Einzel- und Abonnementvertrieb zu ihren Lasten unmittelbar und nachhaltig für die Wirtschaftlichkeit ihrer Unternehmensführung aus, die ohnehin nur unter der Voraussetzung eines bestehenden Remissionsrechts kalkuliert ist. Derartige Verhaltensweisen sind auch in einem kommissionsähnlichen Rechtsverhältnis nicht durch erweiterte Eingriffs- und Direktionsrechte der Beklagten als Verlagsunternehmen gerechtfertigt, wenn sie die wirtschaftliche Existenz des Vertragspartners gefährden können.

ee. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, selbst das Bundeskartellamt habe in dem von den Klägern als Anlage Bb3 eingereichten Beschluss vom 30.03.04 anerkannt, dass die kostenlose Abgabe von Werbeexemplaren durchaus auch eine Förderung des Einzelverkaufs zu Gunsten der Mitglieder des Klägers bewirken könne, trifft dies ohne weiteres zu. Auch das von der Beklagten in der Senatssitzung hervorgehobene Bestreben, durch eine Abonnentenbindung die - für die Akquisition von Werbekunden bedeutsame - Reichweitensicherung zu betreiben, ist für sich genommen nicht zu beanstanden. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist deshalb auch nicht die Frage, ob ein Probe-Abonnement der angegriffenen Art stets vertrags- bzw. wettbewerbsrechtlich zu beanstanden ist. Vielmehr steht zur Entscheidung ausschließlich die konkrete, von der Beklagten gewählte Gestaltungsform. Und diese ist u.a. dadurch geprägt, dass das Probe-Abonnement nach Ablauf der kostengünstigen Erprobungsphase automatisch und ohne das Erfordernis einer weiteren Willensbekundung in ein - wenngleich kündbares - reguläres Abonnement übergeht. Gerade hierin verwirklicht sich - wie oben unter Ziff. 2.b.aa. näher ausgeführt - der treu- bzw. wettbewerbswidrige Charakter der beanstandeten Werbemaßnahme. Eine solche Situation hatte das Bundeskartellamt in der von der Beklagten zitierten Passage gerade nicht im Blick ("Nach dem Bezug des Werbeexemplars, das dem Kennenlernen einer Zeitung dient, hat der Leser die Möglichkeit, ein normales Abonnement abzuschließen oder die Zeitung nach Bedarf über den Einzelhandel zu beziehen.... Ist der Leser des Werbeexemplars vom Titel und der Bezugsform Abonnement überzeugt, wird er sich für ein normales Abonnement entscheiden..."). Deshalb kann die Beklagte hieraus nichts Positives für ihren Rechtsstandpunkt ableiten.

ff. Unerheblich für die Beurteilung des Verhaltens der Beklagten als Vertragsverstoß ist der Umstand, dass die streitgegenständliche Art der Werbung mit besonderen Vergünstigungen für Test-Abonnements mittlerweile eine erhebliche Verbreitung gefunden hat. Die Beklagte hatte als Anlage AG1 in dem Verfügungsverfahren eine Reihe von Anzeigen von Mitbewerbern vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass auch die Zeitschriften anderer Verlage mit ähnlichen - zum Teil noch attraktiveren - Preisvergünstigungen und Zugaben beworben werden. Es kann schon nicht überzeugen, dass die weit verbreitete Missachtung wettbewerbsrechtlicher Lauterkeitsmaßstäbe diesem Verhalten die Sittenwidrigkeit zu nehmen geeignet ist (vgl. BGH GRUR 00, 911, 914 - Computerwerbung). Im übrigen steht im konkreten Beurteilungszusammenhang nicht die Frage der Wettbewerbswidrigkeit, sondern diejenige einer Vertragsverletzung durch einen Verstoß gegen individuelle Treue- und Rücksichtnahmepflichten in Rede. Hierfür ist das wettbewerbswidrige Verhalten Dritter bedeutungslos.

gg. Ebenso wenig ist es für die Entscheidung von Belang, ob aufgrund der beanstandeten Werbung die von dem Kläger befürchteten Umsatzrückgänge seiner Mitglieder bereits eingetreten sind oder nicht.

aaa. Soweit die Beklagte behauptet, die bei dem Kläger zu 1. organisierten Einzelhändler seien ebenfalls Nutznießer des Mini-Abos, weil sich die Zahl der Einzelverkäufe sogar erhöht habe, vermag der Senat diese Argumentation schon im Ansatz nicht nachzuvollziehen. Denn über die Bewerbung von Test- bzw. Probe-Abos soll erkennbar der - u.a. für die Attraktivität aus Sicht der Werbekunden maßgebliche - Anteil von fest gebundenen Lesern des beklagten Verlags erhöht werden. Deshalb muss sich die durch solche Maßnahmen bewirkte stärkere Abonnementbindung an die Verlage zumindest mittel- bzw. langfristig zu Lasten des Einzelhandels auswirken. Ansonsten widersprächen derartige Aktionen jeglicher kaufmännischen Vernunft, gerade wenn man auch die nicht unerheblichen "Streuverluste" berücksichtigt, die durch die Gruppe der "Prämien-Shopper" entstehen. Die gegenteilige Argumentation der Beklagten zu der verkaufsfördernden Wirkung von Test- bzw. Probe-Abos könnte möglicherweise dann überzeugen, wenn das Test-Abo nach Fristende ohne weitere Bindung auslaufen würde. Dann - und nur dann - wäre der Kunde nicht nur frei zu entscheiden, ob er den Bezug der Zeitschrift "stern" nach Ablauf des Testphase fortsetzt, sondern auch wo (auf welchem Vertriebsweg) dies geschehen soll. Dies hat aber die Beklagte aus guten Gründen nicht getan, weil eine solche Möglichkeit in nicht unerheblichem Umfang den Verlust gerade gewonnener Neu-Abonnenten wieder an den stationären Einzelhandel zur Folge haben könnte. Nur so lässt sich der vorgesehene "stillschweigende" Übergang des Test-Abonnements in ein normales Abonnement mangels Kündigung plausibel erklären. Sie nimmt einem erheblichen Teil der Interessenten durch die Überleitung ihres Test-Abos in ein reguläres Abonnement deshalb eben diese Entschließungsfreiheit, indem sie den Kunden faktisch als Abonnenten unmittelbar an ihr Haus zu binden versucht. Schon hieraus ergibt sich eine nachhaltige Gefährdung der wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder des Klägers zu 1. sowie des Klägers zu 2. durch die beanstandete Maßnahme.

bbb. Im übrigen sind auch die für die Entwicklung der IVW-Verkaufszahlen entscheidenden Marktparameter praktisch vollständig unbekannt, so dass allein eine Veränderung der absoluten Verkaufszahlen schon keinen tragfähigen Rückschluss auf die behauptete Tatsache zulässt. Zudem erscheint es dem Senat nicht als hinreichend plausibel, dass das behauptete Ansteigen der Verkaufszahlen während der Laufzeit des zeitlich begrenzt angebotenen Test-Abos auf dieses zurückzuführen ist. Denn während dieser Zeit haben die Abonnenten gerade keinen zusätzlichen Erwerbsbedarf. Soweit die mit der Werbung für das Test-Abonnement einhergehende allgemein hervorgerufene erhöhte Aufmerksamkeit auch dem Einzelverkauf im Ladengeschäft zugute kommt, ist dies eine mittelbare, reflexhafte Folge, die das vertragswidrige Verhalten der Beklagte nicht zu rechtfertigen vermag. Denn erklärtes Ziel ihrer Werbeaktion war - aus den oben dargelegten Gründen - gerade nicht die Belebung des Einzelverkaufs, sondern die Steigerung ihrer Abonnentenzahlen und eine langfristige Bindung des Lesers an ihren Verlag. Ansonsten hätte es die Beklagte dem Interessenten freistellen können, wo und in welcher Weise er den "stern" nach Ablauf des Test-Abonnements weiterhin erwirbt.

ccc. Es kommt für die Vertragswidrigkeit des Verhaltens auch nicht darauf an, ob eine Verschiebung der Verkaufszahlen zwischen dem Abonnement- und dem Einzelverkaufs-Anteil bereits eingetreten ist. Hierauf hatte der Senat bereits in dem Verfügungsurteil vom 27.02.03 abgestellt. Entscheidend ist allein, ob eine solche Gefahr konkret droht, selbst wenn sie sich kurzfristig (noch) nicht realisiert. Schon in diesem Fall stellt sich das Verhalten der Beklagten als treuwidrig dar. Dieses ist aufgrund der hohen Attraktivität des Angebots nach Auffassung des Senats aber ohne weiteres der Fall. Jedenfalls diejenigen Leser, die sich zu dem Test-Abonnement entschlossen haben, gehen dem Einzelhändler zumindest für die Dauer des Kurz-Abonnements oder sogar auf Dauer als Kunden verloren. Deshalb hat der Senat auch im vorliegenden Fall keine Veranlassung, auf die von der Beklagten unter Bezugnahme auf die IVW-Statistiken vorgetragenen Veränderungen bzw. Verstetigungen der Nachfragesituation näher einzugehen. Selbst wenn der Senat die von der Beklagten vorgetragenen Zahlen zu Grunde legt, ergibt sich kein abweichendes Ergebnis. Dies folgt unter anderem auch daraus, dass insbesondere die Einflussfaktoren für Veränderungen der IVW-Zahlen bei den Abonnementexemplaren und Einzelverkäufen so vielfältig sein können, dass hieraus tragfähige Anhaltspunkte für (nicht vorhandene) dauerhafte Nachfrageverschiebungen in dem hier relevanten kurzen Zeitraum von ca. 2 Jahren kaum verlässlich abzulesen sind. Dies umso weniger, wenn nicht zugleich auch alle übrigen für eine Veränderung der IVW-Zahlen potenziell relevanten Parameter angemessen in Betracht gezogen werden können. Hinzu kommt, dass auch die "VDZ-Wettbewerbsregeln für den Vertrieb von abonnierbaren Publikumszeitschriften" die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Probeabonnements ohne Rücksicht auf den zahlenmäßigen Nachweis von Nachfrageverschiebungen aufstellen. Die Gefahr von Verschiebungen zu Lasten der Mitglieder des Klägers wird schließlich bei der rechtlichen Bewertung auch nicht dadurch kompensiert, dass andere Interessenten zwar erst durch das Probe-Abonnement angelockt werden, sich dann später aber (nur) für den Kauf der Zeitschrift im Einzelhandel entscheiden.

c. Bei diesem Vertragsverstoß gegen die Preisbindung handelt es sich - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch nicht lediglich um die Verletzung einer Obliegenheit, aus der der Vertragspartner keine eigenen Rechtsansprüche herleiten kann. Zwar trifft es zu, dass in der kartellrechtlichen Literatur die Auffassung vertreten wird, die Einhaltung einer (gleichmäßigen) Preisbindung stelle sich vertraglich nur als Obliegenheit des preisbindenden Vertrages dar (Emmerich in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 15 Rdn. 24). Hieraus kann die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit jedoch nichts für sich herleiten. Zum einen betrifft diese Auffassung nur - hier nicht gegebene - Ansprüche aus Kartellrecht (dazu noch später). Im übrigen mag das Verständnis (lediglich) einer vertraglichen Obliegenheit zutreffend sein, wenn es etwa in den erörterten Fallgestaltungen darum geht, ob der Preisgebundene den Preisbinder zur Aufrechterhaltung der Preisbindung als solcher oder zur Verpflichtung vertragswidrig handelnder Händler/Grossisten auf die Einhaltung der Preisbindung in Anspruch nehmen kann (vgl. Baumbach/Hefermehl, UWG, 22. Aufl., § 1 Rdn. 759). Um solche Fälle, in denen die Aufrechterhaltung der (lückenlosen) Preisbindung in erster Linie im Interesse des bindenden Verlages liegt und der betroffene Wettbewerber im Falle von Verstößen gegebenenfalls seinerseits aus der Preisbindung frei wird, geht es hier aber nicht. Vielmehr tritt die Beklagte mit ihrem Verhalten nicht nur in direkte Konkurrenz zu den Einzelhändlern - was im Abonnentengeschäft ohnehin der Fall ist -, sondern verschafft sich durch das beanstandete Verhalten einen treuwidrigen Wettbewerbsvorteil, mit dem sie die vertraglich vorausgesetzte geschäftliche Entfaltungsmöglichkeit des Zeitschriftenhändlers unangemessen und dem Vertragszweck zuwider beeinträchtigt. Die Vermeidung einer solchen Vertragsverletzung stellt sich nicht lediglich als Obliegenheit dar, sondern kann von dem jeweiligen Vertragspartner als positive Forderungsverletzung im Wege des Unterlassungsverlangens auch (gerichtlich) durchgesetzt werden.

d. Dementsprechend müssen sich die Kläger auch nicht darauf verweisen lassen, es bestehe für den einzelnen Zeitschriftenhändler allenfalls ein Anspruch auf Entlassung aus der Preisbindung. Diese Sichtweise mag kartellrechtlich zutreffend sein. Auch der Kläger zu 2. macht - dies übersehen die Beklagten im Rahmen ihrer Argumentation - ausdrücklich keine kartellrechtlichen Ansprüche, etwa auf der Grundlage von § 20 GWB geltend. Um einen diesbezüglichen Anspruch geht es hier aber nicht. Seine Voraussetzungen sind auch weder unmittelbar noch mittelbar auf die individualvertraglichen Beziehungen zu der Beklagten zu übertragen. Vertraglich haben die Grossisten bzw. Zeitschriftenhändler gegen den beklagten Verlag einen durchsetzbaren Anspruch, vertragswidriges Verhalten zu unterlassen. Zwar ist der Preisbinder in der Entscheidung der Aufrechterhaltung seines Preisbindungssystems frei. Hält er es aufrecht, so muss er es diskriminierungs- und behinderungsfrei durchführen. Das Begehren der Mitglieder des Klägers zu 1. bzw. des Kläger zu 2. geht nicht dahin, selbst aus der Vertrags- bzw. Preisbindung entlassen zu werden. Hieran haben sie naturgemäß kein Interesse, da dies nahe liegend die Einstellung der Belieferung durch die Beklagte bzw. den Verlust des Remissionsrechts zur Folge haben würde. Der stationäre Zeitschriften-Einzelhandel ist aber darauf angewiesen, möglichst viele Publikationen im Sortiment vorrätig zu halten. Deshalb richtet sich der zivilrechtliche Anspruch der Kläger zu Recht auf vertragstreues Verhalten. Solange die Verletzungshandlung andauert - oder Wiederholungsgefahr für gleichartige Handlungen besteht - kann sich auch nach neuem Recht aus § 280 Abs. 1 BGB hiergegen ein Unterlassungsanspruch ergeben (Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 280, Rdn. 33). Soweit sich die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf beruft, die Kläger seien nicht befugt, ihr Verhalten in einem Drittgeschäft (Abonnementvertrieb) zu beanstanden, sie könnten allenfalls verlangen, dass sie bei der Abwicklung des Einzelvertriebshandels diskriminierungsfrei vorgehe, insbesondere den Preis nicht spalte, beurteilt sie wiederum - nach Ansicht des Senats unzulässigerweise - originär einzelvertragliche Rechtsverhältnisse nach kartellrechtlichen Grundsätzen. Der Senat teilt die Auffassung der Beklagten nicht, dem Kläger zu 1. und seinen Mitgliedern stünden zur Abwehr ausschließlich - im vorliegenden Rechtsstreit nicht geltend gemachte - kartellrechtliche Ansprüche zur Seite, die nur über §§ 15 Abs. 3, 20 GWB durchsetzbar seien (ebenso, auch für den Bereich der Preisbindung: vgl. Baumbach/Hefermehl, UWG, 22. Aufl., § 1 UWG, Rdn. 760 m.w.N.). Denn diese Normen haben eine abweichende Zielrichtung. Die dargelegte Verletzung vertraglicher Pflichten (u.a. gegenüber dem Kläger zu 2.) begründet zugleich einen Verstoß gegen § 1 UWG und stellt sich damit als sittenwidriges Wettbewerbsverhalten dar.

aa. Grundsätzlich vermag ein solcher Verstoß im Verhältnis zweier Vertragspartner allerdings keine deliktischen Ansprüche zu begründen. Dies gilt jedoch ausnahmsweise dann nicht, wenn dieser Verstoß Wirkungen über das konkrete Vertragsverhältnis hinaus mit sich bringt, weil der Verletzer hiermit zugleich nachhaltig in den Wettbewerb eingreift. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn die vertragliche Bestimmung unmittelbar den Wettbewerb regelt. Dieser Grundsatz entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG Hamburg WRP 88, 114, 116 m.w.N. - Bestatterwerbung).

bb. So liegt der Fall auch hier. Durch die Vielzahl der mit der konkreten Form des Test-Abonnements verwirklichten individuellen Vertragsverstöße im Verhältnis zu ihren Vertriebspartnern im Rahmen der Preisbindung greift die Beklagte in einer Weise in das wettbewerbliche Marktgeschehen ein, welches weit über den Einzelfall hinausgeht und geeignet ist, eine bestehende wirtschaftliche Gleichgewichtslage zwischen Abonnement-Vertrieb und Einzelhandelsverkauf nachhaltig und bundesweit zu ihren Gunsten und zu Lasten der Zeitschriften-Einzelhändler zu verschieben. Da ein relevanter Vertragsverstoß aufgrund der angegriffenen Abonnement-Werbung praktisch in jedem Vertragsverhältnis vorliegt, das die Beklagte mit Vertriebspartnern unterhält, die sie ihrerseits auf die Preisbindung verpflichtet, greift sie hierdurch selbst aktiv in das um den Vertrieb ihrer Zeitschrift "stern" bestehende Wettbewerbsverhältnis ein. Hierdurch erlangt ihr individualvertraglicher Verstoß gegen Treuepflichten eine unmittelbar wettbewerbsbezogene Dimension, die sich nicht nur als Reflex darstellt, sondern mit der Maßnahme auch unmittelbar beabsichtigt ist. Denn die Beklagte macht ihr vertragswidriges Verhalten gezielt zum Mittel ihres eigenen Wettbewerbs. Deshalb beschränken sich die Auswirkungen ihres Handelns nicht auf den unmittelbaren Vertragspartner, sondern wirken sich auf den Wettbewerb im Vertrieb mit "stern"-Zeitschriften insgesamt aus (vgl. Baumbach-Hefermehl, UWG, 22. Aufl., § 1 Rdn. 695). Dabei steht der Umstand, dass sich der konkrete Vertragsverstoß der Beklagten - wie ausgeführt - mangels einer übernommenen Hauptleistungspflicht "nur" als Verletzung einer Leistungstreue- und Rücksichtnahmepflicht darstellt, einer Verwirklichung des § 1 UWG nicht entgegen.

cc. Für die Verwirklichung eines Verstoßes gegen § 1 UWG ist es ohne Bedeutung, ob der Vertragsverstoß der Beklagten in einem unmittelbaren Vertragsverhältnis zu einem bzw. mehreren Zeitschriften-Einzelhändlern oder aber in ihrer Rechtsbeziehung zu Presse-Grossisten realisiert wird, die sodann ihrerseits die ihnen auferlegte Preisbindung an die Einzelhändler weitergeben. Denn die verletzten Einzelhändler werden - wie bei der Erörterung der Aktivlegitimation ausgeführt - jedenfalls in einem erheblichem Umfang durch den klagenden Verein vertreten. Damit steht vorliegend nicht der einzelne Vertragsverstoß zur Beurteilung, sondern eine Vielzahl von Verstößen, aufgrund derer ein ursprünglich ausschließlich vertraglich sanktioniertes Fehlverhalten ein im Rahmen von § 1 UWG wettbewerbsrelevantes Gewicht erreicht. Der Kläger zu 1. nimmt im vorliegenden Rechtsstreit keine Individualinteressen wahr, sondern verfolgt vielmehr einen aus individualvertraglichen Verstößen resultierenden eigenständigen Wettbewerbsanspruch auf der Grundlage von § 1 UWG. Hierfür ist er auch sachlich anspruchsberechtigt, weil seine Mitglieder - sowie der Kläger zu 2. - unmittelbar Betroffene dieses Wettbewerbsverstoßes sind.

dd. Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen zur Verletzung vertraglicher Treuepflichten ergibt sich der mit der Klage geltend gemachte Verstoß - anders als noch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verfügungsverfahrens - nunmehr auch unmittelbar als originäre Verletzung von § 1 UWG in Verbindung mit den "VDZ-Wettbewerbsregeln für den Vertrieb von abonnierbaren Publikumszeitschriften". Vor diesem Hintergrund bedarf es nicht notwendigerweise eines Rückgriffs auf die Verletzung vertraglicher Rücksichtnahme- und Treuepflichten. Derartige Wettbewerbsregeln sind von Wirtschafts- und Berufsvereinigungen aufgestellte Bestimmungen, die das Verhalten von Unternehmen im Wettbewerb regeln, um einen den Grundsätzen des lauteren oder der Wirksamkeit eines leistungsgerechten Wettbewerbs zuwiderlaufenden Verhalten im Wettbewerb entgegenzuwirken und ein diesen Grundsätzen entsprechendes Verhalten im Wettbewerb anzuhalten. Diese Regeln der Selbstbindung missachtet die Beklagte nachhaltig. Zwar ist eine Wettbewerbshandlung nicht schon deshalb unlauter, weil sie gegen eine eingetragene Wettbewerbsregel verstößt. Das Unwerturteil eines Verstoßes gegen die guten Sitten im Wettbewerb hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und lässt sich nicht schematisieren (Baumbach-Hefermehl, UWG, 22. Aufl., § 1 UWG Rdn. 691). Die Beklagte hat in der Senatssitzung zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass die Anerkennung der Regeln durch das Bundeskartellamt gem. § 24 Abs. 3 UWG eine Lauterkeitsprüfung nicht ersetzen könne, da die Aufsichtsbehörde vornehmlich kartellrechtliche Fragen zu beurteilen habe. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte indes bewusst und nachhaltig gegen diese selbstbindenden Regeln verstoßen und damit diejenigen Grundsätze missachtet, die sie selbst - vermittelt durch den VDZ - als Ausdruck lauteren Wettbewerbshandelns ansieht. Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten davon ausgeht, dass erhebliche Vergünstigungen mit einer nachhaltigen Anlockwirkung im Rahmen von Probeabonnements in der Zeitschriftenbranche weit verbreitet sind und die zu beachtenden rechtlichen Grenzen in der Vergangenheit nicht immer klar gezogen waren, hat sich spätestens mit dem Beschluss des Bundeskartellamts vom 30.03.094 eine abweichende Situation ergeben. Bei der Genehmigung der neuen "VDZ-Wettbewerbsregeln für den Vertrieb von abonnierbaren Publikumszeitschriften" waren die einzuhaltenden Grenzen - wie auch dem Tatbestand des Beschlusses zu entnehmen ist, Gegenstand eingehender und kontroverser Erörterungen der Beteiligten. Insbesondere hatte das BKartA bei der Genehmigung auch zum dem auch hier streitigen Kumulationsverbot eindeutig - im Sinne der Senatsrechtsprechung - Stellung bezogen. In dem die Beklagte, obwohl sie zumindest (mittelbar) über ihren Verband an dem Zustandekommen dieser Regeln mitgewirkt hat und ihnen unterworfen ist, dem Unterlassungsantrag des Klägers unverändert bestreitend entgegen tritt, nimmt sie für sich auch für die Zukunft in Anspruch, sich regelwidrig verhalten zu dürfen. Ein solches Verhalten ist jedenfalls auf Grund der konkreten Umstände des Sachverhalts wettbewerblich unlauter.

ee. Schließlich können die beeinträchtigten Wettbewerber auch nicht durch eigene Maßnahmen dem Wettbewerbsverstoß der Beklagte begegnen und hierdurch ihre wirtschaftlichen Interessen aus eigener Kraft angemessen zur Geltung bringen. Zwar steht es den Zeitschriften-Einzelhändlern theoretisch frei, ihre Kunden etwa durch attraktive Zugaben ebenfalls an sich zu binden. Dieser Möglichkeit fehlt allerdings aufgrund der Besonderheiten des Zeitschrifteneinzelverkaufs jegliche praktische Relevanz. Zum einen werden Zeitschriften häufig - je nach bei konkretem Bedarf - bei ganz unterschiedlichen Verkaufsstellen erworben, so dass schon deshalb eine dauerhafte Kundenbindung erschwert ist. Im übrigen stünde die Auslobung attraktiver Zugaben auch angesichts des geringen Einzelverkaufspreises von Zeitschriften hierzu in keinem vertretbaren wirtschaftlichen Verhältnis. Eine solche verkaufsfördernde Maßnahme bleibt letztlich allein der Beklagten im Rahmen langfristiger Abonnementsverhältnisse vorbehalten, zumal dem Zeitschrifteneinzelhandel wegen der bestehenden Preisbindung die Möglichkeit einer Preisermäßigung gerade verschlossen ist. Das von der Beklagten hierzu geschilderte Gegenbeispiel betrifft eine Zugabe-Aktion der bundesweit erheblich verbreiteten ARAL-Tankstellen. Der insoweit gegebenen Sachlage fehlt schon deshalb jegliche Vergleichbarkeit, weil sich die an einer Tankstelle gewährte Zugabe nicht nur als Anreiz für den gleichzeitigen Erwerb des - wesentlich ertragreicheren - Hauptprodukts Mineralöl, sondern im Sinne einer Kundenbindung auch zu Gunsten aller anderen bundesdeutschen Filialen des Unternehmens auswirkt und deshalb wirtschaftlich durchaus vernünftig sein kann. Die tatsächliche Situation der weit überwiegenden Zahl der Mitglieder des Klägers zu 1. stellt sich als grundlegend anders dar, da es sich hierbei um Einzelbetriebe handelt, die an einem Standort - neben Tabakwaren - ihren Hauptertrag aus Presseerzeugnissen erlösen. Nichts anderes gilt in Ansehung der weiteren von der Beklagten genannten Kundenbindungssysteme z.B. von Shell, Total Fina Elf usw. (Anlagen B1 bis B3).

e. Originär kartellrechtliche Ansprüche machen die Kläger im vorliegenden Rechtsstreit nicht geltend, so dass sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen. Dementsprechend erweisen sich auch die umfangreichen kartellrechtlichen Ausführungen der Beklagten als nicht zielführend. Soweit die Beklagte meint, die kartellrechtlichen Vorschriften aus §§ 14, 15 GWB enthielten insbesondere mit § 15 Abs. 3 GWB eine spezialgesetzliche Ausformung der im Rahmen von Preisbindungssystemen bestehenden vertraglichen Treuepflichten und Sanktionsmöglichkeiten und schlössen eine Anspruchsverfolgung auf zivil- bzw. wettbewerbsrechtlicher Grundlage aus, vermag der Senat dieser Auffassung aus den ausgeführten Gründen nicht anzuschließen. Der Senat hat auch keine Veranlassung, sich im Einzelnen mit der abweichenden Begründung des Urteils des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17.03.04 (Anlage Bb2) auseinander zu setzen. Dieser Entscheidung ist aber jedenfalls im Ergebnis zuzustimmen.

2. Entsprechend des gestellten Antrags zu Ziff. 2 hat die Beklagte nicht nur die Ankündigung, sondern auch die Gewährung des Probe-Abos des "stern" zu den beanstandeten Konditionen zu unterlassen.

a. Der Kläger hat in der Senatssitzung am 07.07.2004 hierzu (kostenneutral) klargestellt, dass sein dahingehender Unterlassungsantrag nicht als Durchführungsverbot für abgeschlossene und bereits in Vollzug gesetzte Verträge verstanden werden soll. Vielmehr richtet sich sein Unterlassungsbegehren nur gegen den Abschluss neuer Verträge, die durch die beanstandete Werbung angebahnt worden sind.

b. Insoweit besteht unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen vertragliche Treuepflichten aus positiver Forderungsverletzung bzw. § 280 Abs. 1 BGB kein relevanter Unterschied zwischen der Ankündigung und der Durchführung vertragswidriger Maßnahmen. Der vertragliche Unterlassungsanspruch ist gegen beide Arten von Handlungen begründet, ohne dass es - anders als bei rein wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen - von Bedeutung ist, ob die Gewährung des angekündigten Vorteils selbst gem. §§ 134, 138 BGB zu beanstanden ist bzw. ihrerseits den lauteren Wettbewerb unmittelbar beeinträchtigt (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht WRP 96, 314, 321 - Schmuckset). Denn im Verhältnis zu ihren - unmittelbaren und mittelbaren - Vertragspartnern im Rahmen der Preisbindung hat die Beklagte jegliches Verhalten zu unterlassen, das treuwidrig den Vertragszweck gefährdet oder vereitelt. Der Umstand, dass der Kläger zu 1. diese individualvertraglichen Verstöße im Gewand eines wettbewerbsrechtlichen Anspruchs aus § 1 UWG verfolgt, vermag an dieser Rechtsfolge nichts zu ändern.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat lässt die Revision gegen diese Entscheidung gem. § 543 Abs. 2 ZPO zu. Der Rechtsstreit hat grundsätzliche Bedeutung. Der zur Entscheidung stehende Sachverhalt bedarf einer höchstrichterlichen Entscheidung zur Fortbildung des Rechts.

Ende der Entscheidung

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