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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 12.06.2006
Aktenzeichen: 1 WF 154/06
Rechtsgebiete: ZPO, SGB XII, DVO, BSHG


Vorschriften:

ZPO § 127 II
ZPO § 172
ZPO § 189
ZPO § 115
ZPO § 115 I Nr. 3
SGB XII § 82
SGB XII § 82 II Nr. 4
DVO § 3
BSHG § 76
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die gem. § 127 II ZPO statthafte Beschwerde gegen die Festsetzung von monatlichen Raten ist zulässig, insbesondere nicht verspätet. Nach dem Akteninhalt ist angeordnet worden, dass der angefochtene Beschluss dem Beklagten, also dem Beschwerdeführer, zuzustellen sei und seinen Prozessbevollmächtigten lediglich formlos eine Zweitmitteilung zuzusenden sei. Entsprechend ist verfahren worden. Dem Beschwerdeführer ist nach der vorliegenden Zustellungsurkunde der angefochtene Beschluss am 13.10.2005 durch Niederlegung zugestellt worden. Die Beschwerdefrist von hier einem Monat wäre danach grundsätzlich mit dem Ende des 13.11.2005 abgelaufen, und, weil dies ein Sonntag war, mit dem Ende des darauffolgenden Montag, den 14.11.2005. Die sofortige Beschwerde vom 15.11.2005 ist beim Amtsgericht im Original aber erst am 16.11.2005 eingegangen und als Telefax sogar erst am 17.11.2005. Die Beschwerde wäre danach verfristet gewesen.

Allerdings verstieß das Zustellungsverfahren gegen § 172 ZPO, zumal sich der Beklagte auch während der gesamten, dem angefochtenen Beschluss vorangegangenen Korrespondenz anwaltlich hatte vertreten lassen. Die Zustellung an die Partei selbst war wirkungslos (Zöller/Stöber, Rn 23 zu § 172 ZPO m.w.N.). Deshalb ist hier gem. § 189 ZPO auf den Tag des Zugangs der formlosen Mitteilung des angefochtenen Beschlusses bei den Prozessbevollmächtigten, also den 17.11.2005, für den Fristablauf mit der Folge abzustellen, dass die Beschwerde noch fristgerecht eingegangen und daher zulässig ist.

Die Beschwerde ist aber unbegründet.

Der Beklagte macht weiterhin erhöhte Betriebskosten geltend und ist der Ansicht, seine Fahrtkosten zur Arbeitsstätte seien analog der unterhaltsrechtlichen Leitlinien mit 0,24 € pro gefahrenen Kilometer bei der Berechnung ihres einsetzbaren Einkommens zu berücksichtigen, während die Rechtspflegerin ersichtlich die Lohnsteuerrichtlinien herangezogen und jeden Entfernungskilometer mit 0,25 € ( 21 Arbeitstage x 7 km x 0,25 € = 36,75 €) berücksichtigt hat. Dann ergab sich ein einsetzbares Einkommen von noch 212,90 € monatlich, das die angeordneten Raten von 60 € nach der Tabelle zu § 115 ZPO rechtfertigt.

Hinsichtlich der Betriebskosten hat die Rechtspflegerin in ihrer Nichtabhilfeentscheidung zutreffend ausgeführt, dass diese nicht zu berücksichtigen seien, weil es sich dabei nicht um die nach § 115 I Nr. 3 ZPO abzugsfähigen Kosten der Unterkunft und der Heizung handelt.

Im übrigen ist der Beklagte durch die Anwendung der steuerrechtlichen Bestimmungen nicht beschwert. Die ZPO äußert sich insoweit lediglich durch Bezugnahme auf § 82 II Nr. 4 SGB XII. Diese Bestimmung enthält aber ebenfalls keine konkreteren Angaben. Demzufolge finden sich auch in Literatur und Rechtsprechung verschiedene Auffassungen. Neben der Schätzung der Kosten, wozu im Ergebnis auch die Anwendung unterhaltsrechtlicher Leitlinienempfehlungen gehört, kommt die Anwendung steuerrechtlicher oder auch sozial(hilfe)rechlicher Bestimmungen in Betracht.

Eine Schätzung der Fahrtkosten analog der Unterhaltsrichtlinien erachtet der Senat nicht für angezeigt. Das gilt schon deshalb, weil das Unterhaltsrecht anders als das für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe maßgebliche Sozialhilferecht vornehmlich auf das Verhältnis der dort Beteiligten abstellt und dem Zahlungspflichtigen, gerade auch in beengten wirtschaftlichen Verhältnissen, die Geltendmachung von Fahrtkosten auch schon einmal versagen kann. Es gilt dort wie hier schlicht ein anderer Maßstab. Die Abrechnung nach Pauschalsätzen wie im Unterhaltsrecht, die etwa auch die Finanzierung von PKW mitabdecken, könnte gerade in Fällen wie dem vorliegenden, da Finanzierungskosten nicht entstehen und der Wertverlust des jetzt 20 Jahre alten PKW sich im überschaubaren Rahmen halten dürfte, die gesetzlich unerwünschte Folge haben, dass höhere als tatsächlich entstehende Kosten berücksichtigt würden. Dass hier tatsächlich Kosten für die allein zu berücksichtigenden beruflich bedingten Fahrten in der geltend gemachten Höhe entstehen, ist nicht näher dargelegt. Die Entfernung und der Autotyp allein lassen dies nicht nachvollziehen. Der Privatanteil dürfte den zur Gehaltserzielung erforderlichen Teil bei einer Entfernung zur Arbeitsstelle von lediglich 7 km übersteigen. Es ist daher nicht zu erinnern, wenn die Rechtspflegerin hier die Kosten anhand der steuerrechtlichen Richtlinien geschätzt hat.

Es kann hier offen bleiben, ob nicht die Pauschalsätze des Sozialhilferechts zugrundezulegen wären, die allerdings zu noch niedrigeren Abzugspositionen geführt hätten. Jedenfalls ist zweifelhaft, ob die Auffassung des Beklagten zutrifft, die in § 3 der DVO zu § 76 BSHG ausgewiesenen Beträge seien durch die Geldentwertung überholt. Denn die DVO, deren amtliche Überschrift nunmehr auf die aktuelle Bestimmung des § 82 SGB XII geändert worden ist, stammt zwar aus dem Jahr 1964, stellt aber auch nach der Anpassung der darin aufgezählten Beträge auf Euro nach wie vor geltendes Sozialhilferecht dar. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber trotz des Wechsels vom BSHG zum SGB XII ab 2004 und der dementsprechenden Anpassung des § 115 ZPO und trotz dessen mehrfacher, letztmalig im März 2005 erfolgter inhaltlicher Änderung sowie der redaktionellen Aktualisierungen der genannten DVO nach wie vor im Ergebnis darauf verweist, lässt auf einen entsprechenden gesetzgeberischen Willen schließen. Das braucht hier jedoch nicht abschließend entschieden zu werden, denn es steht fest, dass die Antragstellerin durch die Heranziehung der steuerrechtlichen Richtlinien gegenüber der noch rigideren sozialhilferechtlichen Bestimmungen nicht beschwert ist, weil sie dann nur einen noch niedrigeren monatlichen Pauschalbetrag geltend machen könnte.

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