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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 04.02.2005
Aktenzeichen: 10 UF 82/04
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 194 | |
BGB § 197 | |
BGB § 209 Abs. 2 Nr. 5 a.F. |
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
10 UF 82/04 OLG Hamm
Verkündet am 04. Februar 2005
In der Familiensache
hat der 10. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 04. Februar 2005 durch
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 24. März 2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Recklinghausen wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
I.
Im Streit der Parteien ist die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus den vollstreckbaren Urkunden des Jugendamts der Stadt Hamm jeweils in der Fassung vom 17.03.1983 (59/83 und 60/83). In diesen Urkunden hat sich der Kläger als Vater der mittlerweile volljährigen Kinder K1, geboren am 27.06.1969, und L2, geboren am 25.09.1970, für die Zeit vom 01.04.1983 an verpflichtet, einen Unterhaltsbetrag von jeweils 297,00 DM zu zahlen. Wegen der Erfüllung der Verbindlichkeit aus dieser Urkunde hat er sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen.
Der Kläger leistete in der Folge Zahlungen auf den geschuldeten Kindesunterhalt. Im Verlauf des Jahres 1985 folgten Zahlungen seitens des Klägers jedoch nicht mehr. Insbesondere für den Zeitraum zwischen dem 15.08.1985 und dem 31.07.1987 erbrachte der Kläger den geschuldeten Kindesunterhalt nicht. Es liefen für diesen Zeitraum Unterhaltsrückstände in Höhe von insgesamt 6.410,60 € auf. Beginnend mit dem Vollstreckungsauftrag vom 02. August 1988 versuchte die Beklagte, diese Beträge beizutreiben. Unter dem 08.01.1999 wurde in dem Verfahren 39 M 203/99 AG Recklinghausen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß erlassen. Mit diesem Beschluß hat die Beklagte gegen den Kläger wegen der Ansprüche aus den Urkunden des Jugendamtes vom 17.03.1983 per 04.01.1999 insgesamt aufgelaufenen Unterhaltsansprüche nebst Kosten den angeblichen Anspruch des Klägers gegen die Landesversicherungsanstalt Westfalen auf Zahlung der gesamten gegenwärtigen und zukünftigen Geldleistungen - Übergangsgeld - Berufsunfähigkeitsrente, Erwerbsunfähigkeitsrente, Hinterbliebenenrente, Altersrente - gem. § 850 d ZPO gepfändet. Dieser Beschluß ist der Drittschuldnerin am 19.01.1999 zugestellt worden, dem Kläger am 23.01.1999. Danach hat die Beklagte Vollstreckungshandlungen gegenüber dem Kläger nicht mehr vorgenommen.
Seit dem 01.07.2003 bezieht der Kläger von der Drittschuldnerin Altersrente in Höhe von monatlich 744,00 €.
Die Beklagte hat aus den vorbezeichneten Urkunden die Zwangsvollstreckung gegen den Kläger wegen der Unterhaltsansprüche für die Zeit vom 15.08.1985 bis zum 31.07.1987 betrieben.
Mit der seit dem 08.08.2003 anhängigen Klage hat der Kläger die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus den Urkunden der Beklagten verlangt. Er hat die Einrede der Verjährung erhoben und dazu vorgetragen, die streitgegenständlichen Ansprüche seien zum Zeitpunkt der Pfändung der Altersrente verjährt gewesen. Die Auffassung der Beklagten, die Verjährung von Ansprüchen aus diesen vollstreckbaren Urkunden betrage 30 Jahre, da es sich bei den Unterhaltsforderungen um "Rückstände" handele, sei unzutreffend.
Der Kläger beantragt,
die Zwangsvollstreckung aus den vollstreckbaren Urkunden des Jugendamts der Stadt Hamm (50.10.15.190) jeweils in der Fassung vom 17.03.1983 (59/83 und 60/83) ist unzulässig.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, eine Verjährung sei nicht eingetreten. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, sei es dem Kläger nach Treu und Glauben versagt, sich auf Verjährung zu berufen. Er habe in der Vergangenheit immer seine wahren Einkommens- und Vermögensverhältnisse verschleiert. Dies gelte für den Zeitraum zwischen 1983 und 1998. Nicht nachvollziehbar sei, wie er einen Anspruch auf Altersrente in Höhe von rd. 744,00 € habe erwirtschaften können, wenn er seit 1983, wie er behauptet habe, nicht mehr erwerbstätig gewesen sei.
Das Amtsgericht hat dem Klageantrag entsprochen. Dazu hat es im wesentlichen ausgeführt, die Zwangsvollstreckung aus diesen Urkunden sei unzulässig. Gegenüber der grundsätzlich bestehenden Verpflichtung, seinen beiden Töchtern für den Zeitraum vom 15.08.1985 bis zum 31.07.1987 Unterhalt in Höhe von rd. 6.410,60 € zu zahlen, berufe er sich zu Recht auf die Einrede der Verjährung. Durch die verschiedentlichen Vollstreckungshandlungen habe die Beklagte die Verjährung der Unterhaltsansprüche bis Januar 1999 verhindern können. Die letzte Vollstreckungshandlung im Sinne des § 209 Abs. 2 Nr. 5 BGB a. F. sei jedoch der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 08.01.1999 gewesen. Die erste Leistung der Drittschuldnerin, die als Zwangsvollstreckungsmaßnahme im Sinne des § 209 Abs. 2 Nr. 5 BGB a. F. zu bewerten sei, sei mit der Auszahlung der monatlichen Altersrente seit dem 01.07.2003 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt sei die nach altem Recht geltende Verjährungsfrist von 4 Jahren bereits abgelaufen gewesen. Diese habe spätestens am 03.02.1999 zu laufen begonnen, nachdem am 02.02.1999 die Drittschuldnererklärung vom 29.01.1999 bei der Beklagten eingegangen sei. Wegen fehlender Vollstreckungshandlungen im Sinne des § 209 Abs. 2 Nr. 5 BGB a. F. sei eine verjährungsunterbrechende Wirkung nicht eingetreten. Dem Kläger sei auch nicht verwehrt, sich auf Verjährung zu berufen. Insoweit könne dahinstehen, ob dem Kläger in dem Zeitraum zwischen 1983 und 1998 treuwidriges Verhalten vorzuwerfen sei, weil er, wie die Beklagte behauptet habe, möglicherweise falsche Angaben über seine damaligen Einkommens- und Vermögensverhältnisse gemacht oder sein Einkommen verschleiert habe. Der Einwand der Treuwidrigkeit nach § 242 BGB im Zusammenhang mit dem Einwand der Verjährung sei nur dann beachtlich, wenn das Verhalten des Vollstreckungsschuldners kausal dafür gewesen sei, daß der Vollstreckungsgläubiger Fristen im Zusammenhang mit der Verjährung versäumt habe. So liege es hier nicht, denn die Beklagte habe selbst vorgetragen, daß treuwidriges Verhalten lediglich in einem Zeitraum bis 1998 in Betracht komme. Für den hier maßgeblichen Zeitraum zwischen Februar 1999 und dem 01. Juli 2003 werde derartiges nicht behauptet. Ein treuwidriges Verhalten sei auch nicht ersichtlich.
Gegen das Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie meint, Verjährung sei zwischen der letzten Vollstreckungshandlung vom 02.02.1999 und dem möglichen Zugriff auf die Rente des Klägers ab 01.07.2003 nicht eingetreten. Bezüglich der Rente seien weitere Vollstreckungsmaßnahmen nicht erforderlich gewesen. Für den Kläger sei mit der Pfändung deutlich geworden, daß seine Forderung gegen die Drittschuldnerin zu Gunsten der Beklagten beschlagnahmt worden sei und die Auszahlung an die Beklagte erst mit der Zahlung der Rente an ihn stattfinden würde. Nach Treu und Glauben könne sich der Kläger ebenfalls nicht auf die Einrede der Verjährung berufen. Sein Verhalten in früheren Jahren sei für das Unterbleiben von weiteren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen kausal gewesen. Er habe seine Einkünfte jahrelang verschleiert. Das jahrelange Leben auf Kosten seiner Lebensgefährtin sei nicht nachvollziehbar. Eine Rentenauskunft werde ergeben, daß er in den Jahren ab 1983 verschwiegene Erwerbstätigkeiten ausgeübt habe. Nachdem sie mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 08.01.1999 erstmalig erfolgreich eine Vollstreckungsmaßnahme habe durchführen und die Rentenforderung des Klägers habe beschlagnahmen können, habe für sie durch das vorangegangene Verhalten des Klägers keine Veranlassung mehr bestanden, weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bezüglich anderer Forderungen oder der Möglichkeit des Auffindens größerer Vermögensgegenstände durchzuführen. Es sei nicht zu erwarten gewesen, daß sich bei weiteren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eine andere Forderung, eine pfändbare Vermögensmasse oder pfändbare Gegenstände hätten finden lassen. Da mit einer früheren Durchsetzung der Unterhaltsansprüche im Wege der Zwangsvollstreckung auf Grund des vorhergehenden Verhaltens des Klägers nicht zu rechnen gewesen sei, sei dessen Verhalten bis zum Jahre 1998 auch kausal für die nicht erfolgte Durchführung weiterer Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gewesen.
Die Beklagte beantragt,
die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil mit der Begründung, im Gesetz finde sich keine Stütze für die Auffassung der Beklagten, die verjährungsunterbrechende Wirkung der Pfändung setze sich bis zum Auszahlungszeitpunkt fort. Als Ausgleich für die Pfändbarkeit zukünftiger Rentenansprüche sei als korrektiv die Verjährung gegeben. Die Beklagte habe weitere Möglichkeiten der Vollstreckung besessen, von denen sie hätte Gebrauch machen können. Ihm sei auch nicht der Vorwurf treuwidrigen Verhaltens zu machen. Von einer Verschleierung könne nicht ausgegangen werden. Er habe vor dem Eintritt seiner Arbeitslosigkeit durch langjährige Arbeit Rentenanwartschaften erworben. Die behauptete Verschleierung von Einkünften habe die Beklagte nicht von weiteren Vollstreckungsmaßnahmen abgehalten; dieses sei die erwartete Erfolglosigkeit gewesen.
II.
1.
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Amtsgericht hat zu Recht der Vollstreckungsgegenklage des Klägers gem. § 767 ZPO stattgegeben. Die Zwangsvollstreckung aus den Urkunden des Jugendamts vom 17.03.1983 (59/83 und 60/83) hinsichtlich der darin titulierten Unterhaltsansprüche für die Zeit vom 15.08.1985 bis zum 31.07.1987 ist unzulässig. Die Unterhaltsansprüche sind verjährt. Zu Recht hat der Kläger die Einrede der Verjährung erhoben.
Die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO ist die richtige Klageart, um die Vollstreckbarkeit der Urkunden des Jugendamts der Stadt Hamm vom 17.03.1983 zu beseitigen. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen Bedenken nicht, solche werden auch von Seiten der Beklagten nicht erhoben.
2.
Die Vollstreckungsgegenklage ist begründet, denn der Kläger hat zu Recht eine Einwendung geltend gemacht, die den durch die vollstreckbare Urkunde festgestellten Unterhaltsanspruch selbst betrifft. Er hat sich zu Recht auf die Verjährung der in den Urkunden festgestellten Unterhaltsansprüchen berufen.
a.
In den Urkunden des Jugendamts vom 17.03.1983 sind Unterhaltsansprüche der Töchter des Klägers für die Zeit ab April 1983 tituliert. Gegenstand der Urkunden des Jugendamts waren somit keine zum Zeitpunkt der Titulierung rückständigen Unterhaltsbeträge. Die Titel hatten jeweils künftige, nach Errichtung entstehende Unterhaltsansprüche zum Gegenstand.
b.
Die Voraussetzungen der Verjährung bestimmen sich nach dem bis zum 31.12.2001 geltenden Recht (zur Umgestaltung der Verjährungsvorschriften durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vgl. Büttner FamRZ 2002, 361 ff.; Knittel FF 2002, 49 ff.). Nach Artikel 229 EGBGB § 6 Abs. 4 S. 2 ist nicht die 3-jährige Verjährungsfrist des § 197 Abs. 2 BGB maßgeblich, die für die Zeit ab 01.01.2002 für Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen/Unterhaltsleistungen Anwendung findet. Es verbleibt vielmehr bei der Verjährungsfrist von 4 Jahren, die vor diesem Zeitpunkt galt. Die ab 01.01.2002 beginnende 3-jährige Verjährungsfrist des § 197 Abs. 2 BGB würde am 21.12.2004 enden. Bereits im Januar 2003 hätte jedoch die 4-jährige Verjährungsfrist nach altem Recht geendet. Aus Artikel 229 EGBGB § 6 Abs. 1 S. 2 leitet sich ab, daß u. a. der Neubeginn der Verjährung durch deren Unterbrechung der Anwendung alten Rechts unterliegt.
aa.
Wie das Amtsgericht zutreffend dargelegt hat, und von den Parteien auch unangegriffen geblieben ist, hat die Beklagte durch verschiedene Vollstreckungshandlungen im Sinne des § 209 Abs. 2 Nr. 5 BGB a. F. den Eintritt der Verjährung verhindert. Als Folge des Erlasses des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses am 08.01.1999 ist erneut der Lauf der 4-jährigen Verjährungsfrist in Gang gesetzt worden. Der Erlaß des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hat die Verjährung unterbrochen. Die Verjährungsfrist von 4 Jahren hat unmittelbar mit dieser Vollstreckungshandlung eingesetzt, sie hat nicht erst zum Ablauf des Jahres 1999 begonnen (BGH NJW-RR 1990, 665; NJW 1998, 1058, 1059). Sie endete dann damit zum 08.01.2003.
bb.
Bis zu diesem Zeitpunkt hat die Beklagte keine Vollstreckungshandlung im Sinne des § 209 Abs. 2 Nr. 5 BGB a. F. vorgenommen. Als verjährungsunterbrechende Vollstreckungshandlung im Sinne dieser Bestimmung kann allenfalls die Zahlung der Altersrente per 01.07.2003 bewertet werden (BGH NJW 1998, 1058, 1059). Zu diesem Zeitpunkt war die Verjährungsfrist jedoch bereits abgelaufen.
Wie der BGH in der zuvor genannten Entscheidung ausgeführt hat, liegt auch bei der Pfändung künftiger Forderungen wie hier der zukünftigen Rentenansprüche des Klägers die Vollstreckungshandlung allein im Pfändungs- und Überweisungsbeschluß und nicht erst im Entstehen oder Fälligwerden der Forderungen. Der Erlaß des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hat eine punktuelle Unterbrechungswirkung und keine Dauerwirkung. So geht auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 2003, 1457) zur Pfändbarkeit zukünftiger Ansprüche aus gesetzlicher Rentenversicherung davon aus, daß als Korrektiv der Zulässigkeit einer unbegrenzten Pfändbarkeit zukünftiger Ansprüche aus der gesetzlichen Altersversicherung das Verjährungsrecht für rechtskräftig festgestellte Ansprüche heranzuziehen ist.
Der alten wie der neuen Rechtslage kann weder eine durch Analogie auszufüllende Regelungslücke noch ein anders lautender Wille des Gesetzgebers entnommen werden. Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz zum 01.01.2002 die Unterbrechungstatbestände des § 209 BGB a. F. in den § 204 BGB übertragen. Die in § 204 BGB enthaltenen Tatbestände bewirken eine zeitlich beschränkte Hemmung der Verjährung, führen indessen nicht mehr zu einer Unterbrechung. Mit dem § 212 BGB hat der Gesetzgeber in Abs. 1 lediglich zwei Tatbestände aufgenommen, die den Neubeginn der Verjährung bewirken können. Danach beginnt die Verjährung erneut, wenn eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird. Dies erhellt, daß hinsichtlich des Erlasses von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen nach wie vor nur eine punktuelle Unterbrechungswirkung eintritt und diese Vollstreckungshandlung keine Dauerwirkung im Sinne des § 204 BGB erzeugt. Der Vollstreckungsgläubiger ist daher nicht davon entbunden, die durch den Erlaß eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluß erneut in Lauf gesetzte Verjährungsfrist durch eine weitere Vollstreckungshandlung zu unterbrechen. Dies steht mit dem Rechtsgedanken des § 209 BGB in Einklang. Der Vollstreckungsgläubiger ist gehalten, dem Vollstreckungsschuldner vor Augen zu führen, daß er sich nach wie vor seiner Rechte berühmt und diese dauerhaft durchsetzen will. Nur die Vornahme einer Vollstreckungshandlung im Sinne des § 209 BGB soll dem Vollstreckungsschuldner die Einrede der Verjährung nehmen. Der Vollstreckungsgläubiger ist bereits dadurch begünstigt, daß ihm der Zugriff auf künftig fällig werdende Leistungen ermöglicht wird.
3.
Dem Kläger ist es nach Treu und Glauben nicht verwehrt, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen.
Der Einwand der Treuwidrigkeit gem. § 242 BGB im Zusammenhang mit dem Einwand der Verjährung ist nur dann beachtlich, wenn das Verhalten des Vollstreckungsschuldners kausal dafür gewesen ist, daß der Vollstreckungsgläubiger Fristen im Zusammenhang mit der Verjährung versäumt hat. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen (BGH NJW 1988, 2247). Es muß ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Verhalten des Vollstreckungsschuldners und der Fristversäumung des Vollstreckungsgläubigers bestehen (BAG NJW 1997, 3461). Das bloße Schweigen begründet keinen Vertrauenstatbestand zu Gunsten des Vollstreckungsgläubigers.
An diesen Voraussetzungen gemessen hat das Amtsgericht bereits zutreffend den Einwand der Beklagten als unbeachtlich bewertet. Ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Untätigbleiben nach Erlaß des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bis zum Eintritt der Verjährung und dem in diesem Zeitraum geübten Verhalten des Klägers ist weder vorgetragen noch aus den Gesamtumständen ersichtlich. Nach Aktenlage hat der Kläger keinerlei Kontakt mit der Beklagten gepflegt. Dies gilt in gleicher Weise für das Verhalten der Beklagten gegenüber dem Kläger.
Wie die Beklagte in der Berufungsbegründung selbst dargestellt hat, hat sie nach der ersten erfolgreichen Vollstreckungsmaßnahme in Gestalt des Erlasses des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses keine Veranlassung gesehen, weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen vorzunehmen. Dabei war nicht die Verhaltensweise des Klägers nach Erlaß des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses maßgeblich, vielmehr bezog sich diese Einschätzung auf das dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vorausgegangene frühere Verhalten. Entscheidend ist jedoch, ob sich die Beklagte durch ein nach diesem Zeitpunkt erfolgtes positives Tun oder ein pflichtwidriges Unterlassen seitens des Klägers von weiteren Vollstreckungsmaßnahmen hat abhalten lassen. Dazu fehlt indes Vortrag der Beklagten. Daß sie möglicherweise der Auffassung war, mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß einen erfolgreichen Zugriff zur Realisierung ihrer Forderung vorgenommen zu haben, und sie weitere erfolgreiche Zugriffsmöglichkeiten konkret nicht sah, rechtfertigt nicht die Beurteilung, der Kläger habe sie von weiteren Vollstreckungshandlungen abgehalten. Der Vortrag der Beklagten im Senatstermin, bei vollständiger Kenntnis des Versicherungsverlaufs und der Rentenhöhe, die sie nach der Pfändung seitens des Rentenversicherungsträgers nicht habe erhalten können, hätte sie möglicherweise weitere Vollstreckungsmaßnahmen vorgenommen, rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht. Zum einen ist schon nicht vorgetragen, daß sie den Kläger zur Darlegung des Versicherungsverlaufs und der Rentenhöhe aufgefordert und aus welchen Gründen der Kläger die erbetene Information abgelehnt hat. Zum anderen hat die Beklagte auch nicht aufzeigen können, welche Vollstreckungshandlungen sie bei Kenntnis vorgenommen hätte, die sie nunmehr infolge eines treuwidrigen Verhaltens des Klägers nach Erlaß des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses unterlassen hat.
4.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10 ZPO.
Ende der Entscheidung
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