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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 08.08.2007
Aktenzeichen: 12 U 26/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 254
BGB § 275
BGB § 275 Abs. 3
BGB § 323
BGB § 323 Abs. 1
BGB § 323 Abs. 6, 1. Alt.
BGB § 326 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der II. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld vom 20.02.2007 ... zurückgewiesen ...

Gründe:

I.

Die Klägerin ist eine Spezialfirma für Systemberatung. Sie hat eine Spezialsoftware entwickelt, die einen Datentransfer zwischen verschiedenen Computerprogrammen ermöglicht. Einen Auftrag der Beklagten über die Lieferung und die Installation einer Standard- und Spezialsoftware konnte die Klägerin nicht erfolgreich abschließen, weil der Software-Lieferant der Beklagten eine Zusammenarbeit mit der Klägerin verweigerte.

Mit ihrer Klage verlangt sie von der Beklagten die Zahlung der vereinbarten Vergütung. Die Beklagte verlangt nach Rücktritt vom Vertrag Rückzahlung ihrer Anzahlung.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

II.

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet, ... die Widerklage begründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten keine Vergütung für ihre im Jahr 2005 erbrachten EDV-Arbeiten verlangen. Der Vergütungsanspruch ist erloschen, weil die Beklagte wirksam von dem Vertrag zurückgetreten ist.

Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, unterliegt das als Einheit anzusehende Vertragsverhältnis der Parteien über die Lieferung und die Installation der Standard- und Spezialsoftware dem Werkvertragsrecht. Die Klägerin hatte es übernommen, durch die von ihr zu installierende Software den Datenaustausch zwischen dem Warenwirtschaftssystem der Beklagten und jenen ihrer Großkunden K. und B. zu ermöglichen. Der vertragliche Schwerpunkt lag in der Installation und Anpassung der gelieferten Software.

a) Der von der Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 08.11.2005 erklärte Rücktritt vom Vertrag ist wirksam. Die Beklagte konnte von dem Vertrag gemäß § 323 Abs. 1 BGB zurücktreten, weil die Klägerin ihre Leistung nicht vertragsgemäß erbracht hat.

Zwischen den Parteien ist nicht mehr im Streit, dass der von der Klägerin geschuldete Erfolg, die Ermöglichung des Datenaustauschs zwischen den Warenwirtschaftssystemen der Beklagten und ihren Großkunden, mit den vereinbarten Mitteln nicht vollständig erreicht worden ist und auch nicht uneingeschränkt bewirkt werden kann. Die von der Klägerin angebotene und von der Beklagten in Auftrag gegebene EDI-Lösung, bei der der Datenaustausch über sog. Datenschnittstellen erfolgen sollte, setzte bestimmte Datenstrukturen der betroffenen Warenwirtschaftssysteme voraus, die bei dem von der Beklagten eingesetzten System SELECTLINE teilweise fehlten. Die Anpassung der Dateistrukturen dieses Warenwirtschaftssystems, welche ohne Mitwirkung der Herstellerin von SELECTLINE nicht möglich war, schuldete die Klägerin unstreitig nicht.

b) Die Klägerin hat die fehlende Vertragsgemäßheit ihrer Leistung zu verantworten. Sie ist ihren Beratungs- und Aufklärungspflichten bei Abschluss des Vertrags nicht ausreichend nachgekommen. Als Fachfirma für Datenaustausch-Software oblag es der Klägerin, bereits bei Abschluss des Werkvertrags festzustellen, ob sämtliche Voraussetzungen für die erfolgreiche Umsetzung der ins Auge gefassten EDI-Lösung vorhanden waren. Hierzu gehörte insbesondere die Überprüfung der Kompatibilität der zu verbindenden Warenwirtschaftssysteme. Dieser Pflicht ist die Klägerin nicht nachgekommen. Zwar hat sie vor Vertragsschluss darauf hingewiesen, dass sie den In- und Output des von der Beklagten verwendeten Systems SELECTLlNE nicht kenne und es deshalb auf die Kooperationsbereitschaft dieser Softwarefirma bzw. des Software-Partners der Beklagten ankomme. Dieser Hinweis führte aber weder dazu, dass die Klägerin die Ermöglichung des Datenaustauschs nicht als Erfolg, sondern nur als Bemühen schuldete, noch dazu, dass die Überprüfung und Herbeiführung der Kompatibilität der Systeme in der Verantwortung der Beklagten lag. Die Klärung der Konditionen für die erfolgreiche Umsetzung der EDI-Lösung hätte - ggfls. gegen ein gesondert zu vereinbarendes Entgelt - durch die Klägerin erfolgen müssen, bevor sie die Herbeiführung des Erfolgs vertraglich zusagte. Die Klägerin durfte nicht aufgrund der - von ihr selbst formulierten - Erklärung der Beklagten, es lägen sämtliche Datensatzbeschreibungen vor, davon ausgehen, seitens der Beklagten seien sämtliche Kompatibilitätsvoraussetzungen der Systeme fachgerecht überprüft und festgestellt worden. Wollte die Klägerin die Feststellung der Kompatibilität der Bestellerin überlassen, hätte sie als Fachfirma für die Spezialmaterie des Datentransfers zwischen den verschiedenen Warenwirtschaftssystemen der Bestellerin detaillierte Vorgaben machen müssen. Auf Seiten der Beklagten, die nicht über eine eigene EDV-Abteilung verfügt, waren keine diesbezüglichen Vorkenntnisse zu erwarten. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beklagte ihre EDV durch einen Computer-Fachmann warten und pflegen ließ; denn hier ging es um eine Spezialmaterie des elektronischen Datenaustauschs.

Einen ausreichend präzisen Anforderungskatalog, der eine verlässliche Klärung der Kompatibilitätsvoraussetzungen durch die Beklagte hätte erwarten lassen, hatte die Klägerin nicht erstellt.

c) Im Übrigen ergibt sich der Rücktrittsgrund auch aus den §§ 275, 323, 326 Abs. 5 BGB. Die Herbeiführung des vertraglich geschuldeten Erfolgs, die Ermöglichung des Datenaustauschs zwischen den beteiligten Warenwirtschaftssystemen über sog. Datenschnittstellen, ist unstreitig nicht möglich. Die Unmöglichkeit der Leistung berechtigt gemäß § 275 Abs. 3 BGB den Gläubiger zum Rücktritt, ohne dass es darauf ankommt, ob der Schuldner die Unmöglichkeit zu vertreten hat.

d) Eine vorherige Fristsetzung zur vertragsgerechten Leistung war entbehrlich, § 326 Abs. 5 BGB.

e) Der Rücktritt ist auch nicht nach den §§ 326 Abs. 5, 323 Abs. 6, 1. Alt. BGB ausgeschlossen. Die Beklagte ist für den Umstand, der sie zum Rücktritt berechtigt, nicht allein oder weit überwiegend verantwortlich. Letzteres verlangte ein solches Übermaß an Verantwortlichkeit, welches im Fall eines Schadensersatzanspruchs nach § 254 BGB den Anspruch ausschließen würde. Eine derartige überwiegende Mitverantwortlichkeit der Beklagten für das Scheitern des Vertrags liegt nicht vor.

aa) Ob in der von der Klägerin vorformulierten Erklärung der Beklagten, ihr lägen sämtliche Datensatzbeschreibungen vor, überhaupt eine von ihr zu verantwortende Falschauskunft zu sehen ist, kann offen bleiben. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass dieser Erklärung allenfalls untergeordnete Bedeutung für den Abschluss und die Abwicklung des Geschäfts zukam.

bb) Wie bereits das Landgericht ausgeführt hat, war die Beklagte auch nicht verpflichtet - und ebenso wenig wie die Klägerin in der Lage -, die notwendigen Änderungen der Datenstrukturen in ihrem Warenwirtschaftssystem SELECTLINE herbeiführen. Dass die Herstellerin dieser Software nicht zur Kooperation bereit war, muss sich die Beklagte nicht zurechnen lassen. Die Softwarefirma ist im Verhältnis der Parteien nicht Erfüllungsgehilfin der Beklagten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin in der Berufung zitierten Entscheidung des OLG Köln (OLG-Report 2005, 642).

Ende der Entscheidung

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