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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 16.04.2007
Aktenzeichen: 15 W 108/06
Rechtsgebiete: WEG
Vorschriften:
WEG § 24 Abs. 2 | |
WEG § 25 Abs. 3 | |
WEG § 25 Abs. 4 |
2) Die Ursächlichkeit der Nichteinhaltung der Einberufungsfrist für eine zu geringe, zur Feststellung der Beschlussunfähigkeit führende Teilnahme an der Erstversammlung kann zu verneinen sein, wenn auch in der daraufhin einberufenen Wiederholungsversammlung trotz des nach § 25 Abs. 4 S. 2 WEG erteilten besonderen Hinweises das allgemeine Quorum für die Beschlussfähigkeit nicht erreicht worden ist.
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde werden dem Beteiligten zu 1) auferlegt. Er hat die in dieser Instanz den Beteiligten zu 2) etwa entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 4.500 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten zu 1) und 2) bilden die o.a. Eigentümergemeinschaft. Der Beteiligte zu 3) war zu deren Verwalter bestellt, die Beteiligte zu 4) ist durch einstweilige Anordnung des Amtsgerichts vom 01.12.2006 zur Notverwalterin bestellt worden.
Der Beteiligte zu 1) hat vorliegend die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 22.04.2004 betreffend die Genehmigung der Jahresabrechnungen 1997 bis 2003, die Entlastung des Verwalters sowie die Ermächtigung zur gerichtlichen Geltendmachung von rückständigen Wohngeldzahlungen gerichtlich angefochten. Das Amtsgericht hat den Beschluss betreffend die Jahresabrechnung 2000 insoweit für ungültig erklärt, als zwei Zahlungen nicht berücksichtigt worden seien, und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat das Landgericht die amtsgerichtliche Entscheidung abgeändert und zusätzlich den Eigentümerbeschluss betreffend die Entlastung des Verwalters für ungültig erklärt. Die weitergehende sofortige Beschwerde hat die Kammer zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1) mit der sofortigen weiteren Beschwerde.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die nicht ergänzungsbedürftige Darstellung in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt.
Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) ergibt sich daraus, dass seine Erstbeschwerde überwiegend ohne Erfolg geblieben ist.
In der Sache ist die sofortige weitere Beschwerde unbegründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 FGG.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde des Beteiligten zu 1) ausgegangen. Auch in der Sache hält die landgerichtliche Entscheidung der rechtlichen Prüfung stand.
Das Landgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Beschlussfassung der Eigentümerversammlung vom 22.04.2004 leide nicht an einem Einladungsmangel. Die in der Teilungserklärung vorgesehene 2-Wochen-Frist für die Einladung sei eingehalten worden, da der Beteiligte zu 3) die Einladungen am 07.04.2004 zur Post gegeben habe. Da es für die Einhaltung der Frist auf die normalen Postlaufzeiten ankomme und mit einem Zugang am nächsten Tag gerechnet werden konnte, sei die Frist gewahrt.
Die Eigentümerversammlung sei auch beschlussfähig gewesen, da es sich um eine Wiederholungsversammlung gehandelt habe. Ob die Einladungsfrist auch hinsichtlich der Erstversammlung am 07.04.2004 eingehalten worden sei, sei in diesem Zusammenhang unerheblich, da der Zweck der Zweitversammlung die Behebung einer sonst drohenden Blockade der Verwaltung sei. Im Übrigen sei die Kammer aufgrund des Gesamtablaufs davon überzeugt, dass eine mögliche Fristunterschreitung auf das Teilnahmeverhalten der Miteigentümer ohne Einfluss geblieben sei.
Die Beschlussfassung betreffend die Genehmigung der Jahresabrechnung sei ebenfalls nicht für ungültig zu erklären. Unerheblich sei, ob die seitens des Beteiligten zu 1) gerügten Ausgaben zu Recht erfolgt seien. Soweit die Abrechnungen keine Darstellung des Vermögensstatus in Form von Anfangs- und Endbeständen enthielten, begründe dies zwar einen Ergänzungsanspruch, führe jedoch nicht zur Ungültigkeit der Beschlussfassung. Auch der angewandte Verteilungsschlüssel sei nicht zu beanstanden. Er widerspreche insbesondere nicht dem seitens der teilenden Eigentümerin gefassten "Beschlusses" betreffend eine weitgehende Kostenfreistellung des Beteiligten zu 1). Dieser Beschluss sei vor der rechtlichen Invollzugsetzung der Eigentümergemeinschaft gefasst worden und dieser gegenüber daher ohne Rechtswirkung.
Schließlich sei auch die Beschlussfassung über die Ermächtigung des Verwalters zur gerichtlichen Verfolgung von Wohngeldansprüchen in der Einladung hinreichend angekündigt worden. Die Ankündigung eines Tagesordnungspunktes "Befugnis zur gerichtlichen Geltendmachung von rückständigem Wohngeld bis auf Widerruf" lasse für alle Miteigentümer hinreichend deutlich werden, dass auch über eine widerrufliche Ermächtigung des Verwalters im Sinne des § 27 Abs.2 Nr. 5 WEG abgestimmt werden könne.
Die Begründung der landgerichtlichen Entscheidung ist insoweit nicht ganz widerspruchsfrei, als die Kammer für die Wahrung der Einladungsfrist zu der Wiederholungsversammlung vom 22.04.2004 maßgebend auf die am 07.04.2004 erfolgte, als rechtzeitig zu behandelnde Absendung des Einladungsschreibens abgestellt und im Rahmen von Hilfserwägungen festgestellt hat, eine ggf. verspätet erfolgte Einladung habe sich nicht ursächlich auf die Teilnahme der Miteigentümer an dieser Versammlung ausgewirkt. Indessen war nach dem vom Landgericht zutreffend wiedergegebenen Sachvortrag der Beteiligten die Rechtzeitigkeit der Einladung zu dieser Wiederholungsversammlung nicht im Streit, insbesondere der Beteiligte zu 1) hat in diesem Punkt keine Beanstandungen erhoben. Sein Angriff richtet sich allein dagegen, dass die Einladung zu der Erstversammlung vom 07.04.2004 sowohl ihm als auch den übrigen Wohnungseigentümern nicht rechtzeitig zugegangen sei, die gleichwohl durchgeführte Versammlung keine ordnungsgemäße Grundlage für die Einberufung einer Wiederholungsversammlung habe sein können und deshalb die Beschlussfähigkeit dieser Versammlung nicht aufgrund der Sondervorschrift des § 25 Abs. 4 WEG habe festgestellt werden dürfen. Die Wahrung der Einberufungsfrist zu der Erstversammlung vom 07.04.2004 hat das Landgericht hingegen offen gelassen. Die rechtliche Bewertung ergibt, dass die Einladungsfrist für die Erstversammlung nicht eingehalten worden ist, die Feststellung der Beschlussfähigkeit der Versammlung vom 22.04.2004 als Wiederholungsversammlung dadurch jedoch im Ergebnis nicht berührt wird.
Da die Teilungserklärung hier keine nähere Regelung für die Berechnung der auf zwei Wochen bestimmten Einladungsfrist enthält, muss diese Berechnung aufgrund der gesetzlichen Vorschrift des § 24 Abs. 4 S. 2 WEG erfolgen. Den Lauf der Einladungsfrist hat das Landgericht im Rahmen der Hauptbegründung seiner Entscheidung betreffend die Einberufung der Wiederholungsversammlung in Anlehnung an die Entscheidung des BGH vom 30.03.1987 (BGHZ 100, 264 = NJW 1987, 2580) berechnet. Danach ist bei der Einberufung der Gesellschafterversammlung einer GmbH für den Beginn der Frist des § 51 Abs. 1 S. 2 GmbHG auf den Zeitpunkt abzustellen, an dem mit einem Zugang des Schreibens bei dem letzten Adressaten normalerweise zu rechnen ist. Der Senat kann offen lassen, ob im Hinblick auf den abweichenden Wortlaut der genannten gesetzlichen Vorschriften diese Entscheidung in dem Sinne auf das Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer übertragbar ist, dass die Frist bereits unter Berücksichtigung allgemeiner Postlaufzeiten ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Zugang bei den einzelnen Wohnungseigentümern in Lauf gesetzt werden kann (ablehnend Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 24, Rdnr. 35; Staudinger/Bub, BGB, 13. Bearb., § 24 WEG, Rdnr. 82; Drasdo, Die Eigentümerversammlung nach dem WEG, 3. Aufl., Rdnr. 102). Denn selbst wenn von einem bei normalen Verhältnissen bereits am 24.03.2004 erfolgenden Zugang des Einladungsschreibens bei allen Wohnungseigentümern auszugehen wäre, hätte dadurch die zweiwöchige Frist bis zu der auf den 07.04.2004 einberufenen Eigentümerversammlung nicht mehr gewahrt werden können. Denn bei der Berechnung dieser Frist, deren Beginn in den Lauf des 24.03.2004 fällt, tritt das Fristende erst mit dem Ablauf des entsprechenden Wochentages, hier also des 07.04.2004, ein (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB).
Die Frage, inwieweit Fehler der Einberufung der Erstversammlung eine Fernwirkung im Hinblick auf die Feststellung der besonderen Beschlussfähigkeit einer Wiederholungsversammlung im Sinne des § 25 Abs.4 WEG haben können, ist in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt. Der Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift setzt für die Einberufung einer Wiederholungsversammlung mit den besonderen Folgen für die dortige Beschlussfähigkeit lediglich voraus, dass vorausgehend eine Eigentümerversammlung durchgeführt worden ist, in der die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer nicht mehr als die Hälfte der im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteile vertreten haben (Abs. 3 der Vorschrift). Von diesem Ausgangspunkt erscheint es zweifelhaft, ob dem weitgehenden Standpunkt von Drasdo (a.a.O., Rdnr. 205. 206) zugestimmt werden kann, nur eine ordnungsgemäß einberufene Erstversammlung könne den Weg für die rechtliche Zulässigkeit einer Wiederholungsversammlung mit der Anwendbarkeit der Sonderregelung der Beschlussfähigkeit nach § 25 Abs. 4 eröffnen. Unabhängig davon kann nach Auffassung des Senats ein Einberufungsmangel der Erstversammlung nur dann zur Verneinung der Beschlussfähigkeit der Wiederholungsversammlung führen, wenn bei lebensnaher Betrachtung festgestellt werden kann, dass dieser Mangel sich ursächlich dafür ausgewirkt hat, dass der Erstversammlung Wohnungseigentümer in einem solchen Umfang ferngeblieben sind, dass die Beschlussfähigkeit nach Maßgabe des § 25 Abs. 3 WEG nicht erreicht worden ist. Die Anforderungen an die Feststellung dieser Ursächlichkeit können in Anlehnung an diejenigen Maßstäbe bemessen werden, die für die Ursächlichkeit eines Einberufungsmangels für die in einer durchgeführten Eigentümerversammlung zustande gekommenen Eigentümerbeschlüsse Anwendung finden. Da es sich bei der Regelung der Einberufungsfrist in § 24 Abs. 4 WEG nur um eine Sollvorschrift handelt, kann die Missachtung der Frist allein noch nicht zur Ungültigkeit des Beschlusses führen (Staudinger/Bub, a.a.O., § 24 WEG, Rdnr. 160; Bärmann/Pick/Merle, § 24, Rdnr. 33). Vielmehr begründet die Verletzung der Einberufungsfrist nur dann einen Anfechtungsgrund, wenn die Beschlussfassung darauf beruht (BGH NJW 2002, 1647, 1651). In diesem Rahmen kann auch den von der weiteren Beschwerde heraufbeschworenen Gefahren einer manipulativen Durchführung einer Erstversammlung hinreichend Rechnung getragen werden. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts zu den Verhältnissen in der hier vorliegenden Eigentümerversammlung besteht jedoch konkret kein greifbarer Anlass, dass andere Wohnungseigentümer als der Beteiligte zu 1) nur deshalb der Eigentümerversammlung vom 07.04.2004 ferngeblieben sind, weil sie das Einladungsschreiben nicht innerhalb der in der Eigentümerversammlung vorgesehenen Frist von zwei Wochen erhalten haben. Nachdem die Absendung des Einladungsschreibens am 23.03.2004 nicht streitig ist, geht es in dem vorliegenden Zusammenhang nur um eine Verzögerung von wenigen Tagen. Die von der Kammer hervorgehobenen Gesichtspunkte, nämlich die weite Entfernung der Anlage zu den in Süddeutschland gelegenen Wohnorten der übrigen Wohnungseigentümer sowie der Umstand, dass auch für die Wiederholungsversammlung vom 22.04.2004 trotz des erteilten Hinweises auf die besondere Regelung des § 25 Abs. 4 WEG das allgemein geltende Quorum für die Beschlussfähigkeit nicht erreicht worden ist, sprechen mit Deutlichkeit dafür, dass auch ein fristgerechter Zugang des Einladungsschreibens nicht zu einer signifikant höheren Beteiligung an der Eigentümerversammlung vom 07.04.2004, jedenfalls nicht in einem solch höheren Maß geführt hätte, dass die allgemeine Beschlussfähigkeit nach § 25 Abs. 3 WEG erreicht worden wäre.
Zu Recht hat die Kammer die Anfechtbarkeit des Beschlusses betreffend die Genehmigung der Jahresabrechnung aus sachlichen Gründen verneint. Der Senat nimmt Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, denen nichts hinzuzufügen ist. Soweit die sofortige weitere Beschwerde geltend macht, die Entnahmen für die Verwaltergebühren seien unrechtmäßig und nach den Umständen des Einzelfalles nicht in die Abrechnung einzustellen, ist dies in tatsächlicher Hinsicht nicht nachvollziehbar. Der Vortrag bedarf jedoch keiner weiteren Aufklärung, da er bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen unbeachtlich ist. Da der Beteiligte zu 1) in den Vorinstanzen keine derartigen besonderen Umstände geltend gemacht hat, ist sein jetziger Vortrag nicht geeignet, einen Rechtsfehler (§ 27 Abs.1 S.1 FGG) des Landgerichts aufzuzeigen und damit im Rechtsbeschwerdeverfahren unbeachtlich.
Zutreffend hat das Landgericht weiter ausgeführt, dass die für die Gemeinschaft maßgebenden Kostenverteilungsregeln durch den "Beschluss" der teilenden Eigentümerin nicht verändert oder festgelegt worden sind. Eigentümerbeschlüsse im wohnungseigentumsrechtlichen Sinne setzen zumindest das Entstehen einer sog. werdenden Eigentümergemeinschaft voraus. "Ein-Mann-Beschlüsse" des teilenden Eigentümers sind dem gegenüber wohnungseigentumsrechtlich wirkungslos (vgl. aus jüngster Zeit OLG München FGPrax 2006, 63f m.w.N.).
Nicht zu beanstanden ist schließlich auch, dass das Landgericht die Bezeichnung des Beschlussgegenstandes "Befugnis zur gerichtlichen Geltendmachung von rückständigem Wohngeld bis auf Widerruf" als ausreichend für eine sachgerechte Information und Vorbereitung der Miteigentümer angesehen hat. Da die sofortige weitere Beschwerde insoweit keine Einwendungen erhebt, nimmt der Senat auch insoweit Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts.
Da die sofortige weitere Beschwerde ohne Erfolg bleibt, entspricht es der Billigkeit, dass der Beteiligte zu 1) die Gerichtskosten des Verfahrens trägt (§ 47 S.1 WEG). Auch entspricht es hier der Billigkeit, dass der Beteiligte zu 1) den Beteiligten zu 2) die in dieser Instanz entstandenen außergerichtlichen Kosten erstattet (§ 47 S.2 WEG). Das Landgericht hat seine Entscheidung in allen Punkten ausführlich begründet und seine Auffassung jeweils belegt. Mit der sofortigen weiteren Beschwerde sind keine Gesichtspunkte aufgezeigt worden, die eine anderslautende Entscheidung ernstlich nahegelegt hätten.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 48 Abs.3 WEG.
Ende der Entscheidung
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