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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 17.02.2004
Aktenzeichen: 15 W 312/03
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 20 Abs. 1 S. 1 Halbsatz 2
KostO § 20 Abs. 1 S. 2 Halbsatz 1
1) Der Senat hält an seiner Auffassung fest, daß eine Bauverpflichtung, die in Erwerber als Teil seiner Gegenleistung in einem mit einer Gemeinde geschlossenen Grundstückskaufvertrag zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung übernimmt, im Rahmen des § 20 Abs. 1 S. 1 Halbsatz 2 KostO regelmäßig mit dem Regelwert des § 30 Abs. 2 KostO zu bewerten ist.

2) Davon unberührt bleibt, daß nach § 20 Abs. 1 S. 2 Halbsatz 1 KostO ein den vereinbarten Kaufpreis übersteigender Verkehrswert des Grundstücks berücksichtigt werden muß, wenn sich dieser aus konkreten Anhaltspunkten (hier dem Verkauf von Grundstücken durch einen Privatmann in demselben Baugebiet zu vergleichbaren Bedingungen) erschließt.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 312/03 OLG Hamm

In der Notariatskostensache

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 17. Februar 2004 auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) vom 31. Juli 2003 gegen den Beschluß der 5. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 20. Juni 2003 durch

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die erste Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Landwirt M war Eigentümer umfangreichen landwirtschaftlichen Grundbesitzes im Plangebiet der Bebauungspläne M I und II der Gemeinde S, die eine Wohnhausbebauung vorsehen. Mit notariellem Vertrag vom 16.06.1998 (UR-Nr. ... Notar T in M) veräußerte er mehrere näher bezeichnete Teilflächen dieses Grundbesitzes an die Gemeinde S, behielt jedoch Grundstücksflächen im Umfang von etwa 15 künftigen Baugrundstücken zur privaten Vermarktung zurück. In diesem Vertrag übernahm er die Verpflichtung, die zurückbehaltenen Parzellen innerhalb einer bestimmten Frist mit Wohnhäusern entsprechend dem Bebauungsplan zu bebauen und diese Verpflichtung bei der Veräußerung der einzelnen Parziellen den Erwerbern aufzuerlegen. Dementsprechend wurde bei dieser privaten Veräußerung verfahren, indem die Erwerber in einer unmittelbar die Gemeinde berechtigenden Weise die Verpflichtung zur Bebauung des Grundstücks sowie zum Abschluss eines Vertrages mit dieser über die Abgeltung der Erschließungs- und Kanalanschlußkostenbeiträge übernahmen.

Mit notariellem Vertrag vom 02.11.1999 (UR-Nr. ... Notar T) hat die Gemeinde S das Grundstück G1, an die Beteiligten zu 2) verkauft und aufgelassen. Der Kaufpreis ist mit einem Betrag von insgesamt 87.075,00 DM vereinbart und setzt sich wie folgt zusammen:

a) Kaufpreis für Bauland 483 qm x 84,98 DM 41.045,34 DM b) Kaufpreis für Grünfläche 63 qm x 50,00 DM 3.150,00 DM c) Erschließungskostenbeiträge 32.129,16 DM d) Kanalanschlussbeiträge 6.520,50 DM e) Vermessungskosten 2.730,00 DM f) Prüfschacht 1.500,00 DM

Notar T hat den Beteiligten zu 2) eine notarielle Kostenberechnung erteilt, in der er den Geschäftswert wie folgt ermittelt hat:

a) Kaufpreis 87.075,00 DM b) Bebauungsverpflichtung (gem. § 30 I KostO; 10 % der voraussichtlichen Baukosten, geschätzt 300.000,00 DM) 30.000,00 DM Summe 117.075,00 DM

Der Präsident des Landgerichts hat aus Anlass einer Geschäftsprüfung den Ansatz des Geschäftswertes in der vorgenannten Kostenberechnung beanstandet und mit Verfügung vom 23.08.2001 Notar T angewiesen, insoweit die Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen. Seiner Auffassung nach darf der Geschäftswert für die Bauverpflichtung lediglich mit dem Regelbetrag gem. § 30 Abs. 2 KostO von (zum Zeitpunkt der Beurkundung) 5.000,00 DM bemessen werden.

Entsprechend der ihm erteilten Anweisung hat Notar T mit Schreiben vom 03.09.2001 bei dem Landgericht die Beschwerde erhoben, der er aus eigenem Recht entgegengetreten ist. Zur Begründung hat er mit näheren Ausführungen den Standpunkt vertreten, die Gemeinde habe mit der Auferlegung der Bauverpflichtung eigene wirtschaftliche Interessen im Hinblick auf eine an die Erhöhung der Einwohnerzahl gebundene Besserstellung bei den staatlichen Finanzzuweisungen angestrebt. Im übrigen ergebe sich ein nach § 20 Abs. 1 S. 2 KostO zu berücksichtigender, den vereinbarten Kaufpreis übersteigender Verkehrwert des Grundstücks daraus, dass der Alteigentümer M die von ihm zurückbehaltenen Grundstücke zu einem Kaufpreis von 140,00 DM/qm für das Bauland und 80,00 DM/qm für das Grünland veräußert habe; der Inhalt der Kaufverträge ergebe sich aus den im Einzelnen bezeichneten Grundakten.

Die Kammer hat eine Stellungnahme des Präsidenten des Landgerichts eingeholt, die dieser mit Verfügung vom 06.12.2001 abgegeben hat und auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

Durch Beschluss vom 20.06.2003 hat das Landgericht die angefochtene Kostenberechnung aufgehoben und die Sache zur Erstellung einer neuen Kostenberechnung an den Notar zurückverwiesen. Ferner hat das Landgericht in seiner Entscheidung die weitere Beschwerde zugelassen.

Gegen diese Entscheidung richtet sie die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) vom 31.07.2003, der als Notariatsverwalter (§ 56 BNotO) des zwischenzeitlich erloschenen Amtes des Notars T bestellt ist.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach § 156 Abs. 2 S. 2 KostO infolge Zulassung durch das Landgericht statthaft sowie fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 3) folgt daraus, dass das Landgericht die angefochtene Kostenberechnung zu seinem Nachteil aufgehoben hat.

In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 156 Abs. 2 S. 3 KostO). Die weitere Beschwerde führt zur Zurückweisung der Anweisungsbeschwerde und damit zur Wiederherstellung der angefochtenen Kostenberechnung.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer gem. § 156 Abs. 6 S. 1 KostO zulässigen Anweisungsbeschwerde des Notars T ausgegangen. Der Gegenstand der diesem erteilten Anweisung des Präsidenten des Landgerichts vom 23.08.2001 bezieht sich auf die erhobene Beanstandung des Geschäftswertes in der Kostenberechnung, und zwar hinsichtlich des Ansatzes der Teilposition von 30.000,00 DM für die Bauverpflichtung. Dementsprechend beschränkt sich die sachliche Prüfungsbefugnis des Beschwerdegerichts auf diese Beanstandung.

Im Verfahren nach § 156 KostO kann eine sachliche Entscheidung über die von dem Notar berechneten Kosten nur dann ergehen, wenn er dem Kostenschuldner eine den förmlichen Anforderungen des § 154 Abs. 1 und 2 KostO entsprechende Kostenberechnung mitgeteilt hat (Senat DNotZ 1971, 756). In diesem Zusammenhang kann der Senat dahin gestellt bleiben lassen, ob die Kostenberechnung des Beteiligten zu 3) in ihrer ursprünglichen Fassung diesen Anforderungen genügte, wobei Bedenken allenfalls hinsichtlich der Zitierweise bei den Auslagenpositionen bestehen konnten. Jedenfalls hat der Beteiligte zu 3) im Verfahren der weiteren Beschwerde seiner Kostenberechnung mit Schreiben vom 11.02.2004 eine Neufassung gegeben, die gemessen an dem Informationsbedürfnis der Kostenschuldner durch die Hinzufügung von Sachbezeichnungen solche Bedenken ausräumt. Eine verfahrensrechtlich beachtliche Neufassung der - hinsichtlich ihrer Form vom Landgericht nicht beanstandeten - Kostenberechnung konnte auch noch im Verfahren der weiteren Beschwerde erfolgen (Senat JMBl. NW 1994, 226, 227).

Die Sachentscheidung hat sich auf die Überprüfung des in der angefochtenen Kostenberechnung angesetzten Geschäftswertes zu beschränken. Dieser bestimmt sich nach der Bewertungsvorschrift des § 20 Abs. 1 S. 1 Halbsatz 1 KostO beim Kauf von Sachen, also auch eines Grundstücks, nach dem vereinbarten Kaufpreis. Dabei wird gem. Halbsatz 2 der Vorschrift der Wert der vom Käufer übernommenen oder ihm sonst infolge der Veräußerung obliegenden Leistungen hinzugerechnet. Ist der Kaufpreis niedriger als der nach § 19 KostO festzustellende Wert, so ist nach § 20 Abs. 1 S. 2 KostO dieser heranzuziehen. Die Entscheidung hängt deshalb davon ab, ob und in welcher Höhe bei der Berechnung des Geschäftswertes über die unbeanstandet gebliebenen Ansätze für den Kaufpreis und die sonstigen Käuferleistungen für Erschließungskosten pp. (87.075,00 DM) hinaus ein Betrag für die von den Beteiligten zu 2) übernommene Bauverpflichtung (bisheriger Ansatz: 30.000,00 DM) zu berücksichtigen ist (nachstehend a.) und ein etwaige Herabsetzung dieses Ansatzes ggf. kompensiert wird durch einen den Kaufpreis übersteigenden Grundstückswert (nachstehend b.). Für die Gebührenberechnung ist maßgebend, ob der Gesamtgeschäftswert den Betrag von 100.000,00 DM übersteigt, ab dem erst nach der Gebührentabelle eine Erhöhung der Beurkundungsgebühr um weitere 60,00 DM auf den berechneten Betrag von 580,00 DM eintritt.

a.

Eine vom Käufer übernommene Bauverpflichtung ist regelmäßig als zusätzliche Leistung für die Überlassung des Grundstücks im Sinne des § 20 Abs. 1 S. 1 Halbsatz 2 KostO anzusehen und daher wertmäßig dem Kaufpreis hinzuzurechnen, sofern sie von eigenem wirtschaftlichen oder ideellen Wert ist (vgl. OLG Düsseldorf DNotZ 1994, 723 = Rpfleger 1994, 520 m.w.N.). Nach allgemein anerkannter Auffassung ist für die Bewertung einer solchen Bauverpflichtung allein das Interesse des Berechtigten, dem gegenüber die Verpflichtung übernommen worden ist, an der Errichtung des Gebäudes maßgebend (Senat JurBüro 1979, 419, 420; Rohs/Wedewer, KostO, § 30 Rdnr. 14; Göttlich/Mümmler, KostO, 14. Aufl., "Bauverpflichtung" Anm. 2). Das Interesse des Verkäufers kann wirtschaftlicher oder ideeller Art oder aus beiden Gesichtspunkten zusammengesetzt sein. Im ersteren Fall ist der Wert nach freiem Ermessen gemäß § 30 Abs. 1 KostO, im zweiten Fall gemäß § 30 Abs. 2, Abs. 3 KostO und im dritten Fall durch Zusammenrechnen der Werte beider Interessen zu bestimmen (Senat, JurBüro 1979, 419, 420; JMBl. NW 2003, 183 = MittBayNot 2004, 65; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 15. Aufl., § 30, Rdnr. 17).

Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, die Bauverpflichtung diene ausschließlich ideellen Interessen der berechtigten Gemeinde, die nach § 30 Abs. 3 KostO zu bewerten seien, und zwar mangels konkreter abweichender Anhaltspunkte mit dem in Abs. 2 S. 1 der Vorschrift vorgesehenen Regelbetrag von 5.000,00 DM. Die Ausführungen des Landgerichts enthalten Erwägungen zur Ausübung des Ermessens bei der Festsetzung des Geschäftswertes gem. § 30 KostO. Die Entscheidung unterliegt insoweit im Rechtsbeschwerdeverfahren nur einer eingeschränkten Nachprüfung dahin, ob das Beschwerdegericht von seinem Ermessen einen rechtlich fehlerhaften, Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht hat, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist oder wesentliche Umstände nicht berücksichtigt hat (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FG, 15. Aufl., § 27, Rdnr. 27; Rohs/Wedewer, § 30, Rdnr. 3). Insoweit hält die Entscheidung des Landgerichts rechtlicher Nachprüfung stand.

Die Bewertung des Landgerichts deckt sich mit der bisherigen Auffassung des Senats, die er in seinem Beschluss vom 01.04.1982 (Rpfleger 1982, 315) zusammengefaßt hat. Der Senat hat sich der Auffassung angeschlossen, dass von einem vermögensrechtlichen Interesse dann nicht auszugehen ist, wenn bei der Erfüllung von im Interesse der Allgemeinheit liegenden öffentlichen Aufgaben ideelle Interessen eindeutig im Vordergrund stehen gegenüber dem Interesse an der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile (vgl. auch OLG Köln, JurBüro 1986, 589; SchlHOLG, JurBüro 1974, 1416; KG, Rpfleger 1968, 298; OLG Stuttgart, Rpfleger 1964, 132). An diesen Grundsätzen hat der Senat in seinem Beschluss vom 12. April 1994 (JurBüro 1994, 555), der die Übernahme einer Investitionsverpflichtung gegenüber der Treuhandanstalt betraf, festgehalten.

So liegen die Dinge auch hier. Die Bauverpflichtung dient erkennbar lediglich der Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung bei der Erschließung und Bebauung eines neuen Bebauungsplangebietes. Demselben Ziel dient der Ausschluss der freien Veräußerlichkeit des Grundstücks bis zur Erfüllung der Bauverpflichtung, der den Möglichkeiten der spekulativen Ausnutzung des Grundstückserwerbs entgegenwirken soll. Eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt die Gemeinde mit der Auferlegung der Bauverpflichtung ersichtlich nicht. An dieser Beurteilung hält der Senat auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Beteiligten zu 3) fest, die Gemeinde verfolge mit ihrer Siedlungspolitik das Ziel der Erhöhung ihrer Einwohnerzahl auf 8.000, von deren Erreichen sie sich finanzielle Vorteile in Bezug auf staatliche Finanzzuweisungen verspreche. Diesen Bewertungsansatz hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 01.04.1982 abgelehnt, weil es sich (bei der in der damaligen Sache in den Vordergrund gestellten Aussicht auf erhöhte Steuereinnahmen) nicht um eine unmittelbare Auswirkung der vertraglichen Vereinbarung, sondern lediglich um entfernte, mittelbare Folgewirkungen aus der Erfüllung einer Bauverpflichtung handelt. An dieser Auffassung hält der Senat weiterhin fest.

Die Bewertung des ideellen Interesses der Gemeinde hängt maßgebend davon ab, ob im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für eine konkrete Schätzung bestehen; ansonsten hat es nach § 30 Abs. 2 S. 1 KostO bei dem Regelwert von 5.000,00 DM zu verbleiben. Die Einbeziehung der geschätzten Kosten für die Bebauung des Grundstücks hat der Senat bereits als ungeeignetes Kriterium abgelehnt, weil es sich um Aufwendungen handelt, die der Erwerber in eigenem Interesse vornimmt und deren Gegenwert in Form der Werterhöhung des Grundstücks allein ihm zukommt. Das Interesse der Gemeinde beschränkt sich demgegenüber auf das städtebauliche Ergebnis einer geschlossenen Bebauung entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans, sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalls eine andere Schlussfolgerung nahe legen (JurBüro 1979, 419, 420; ebenso BayObLGZ 1992, 335, 337 = MittBayNot 1993, 226; OLG Köln a.a.O.; OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Zweibrücken FGPrax 1999, 76, 77; Rohs/Wedewer, KostO, 3. Aufl., § 30, Rdnr. 14 a; a.A. OLG Frankfurt DNotZ 1977, 502). Solche besonderen Umstände sind hier jedoch nicht erkennbar. Ebenso ungeeignet erscheint dem Senat die Orientierung der Bewertung mit einer Quote von bis zu 50 % an dem Rückkaufpreis, den die Gemeinde für den Fall aufwenden muss, dass sie bei einem Verstoß gegen die Bauverpflichtung von ihrem Anspruch auf Rückerwerb des Grundstücks Gebrauch macht (so BayObLG a.a.O.; OLG Zweibrücken FGPrax a.a.O; OLG Celle NdsRpfl. 1995, 268; OLG Oldenburg NdsRpfl. 1996, 37 und 1997, 137). Denn der durch Vormerkung gesicherte Rückauflassungsanspruch stellt sich lediglich als Sicherungsmittel der Gemeinde für den Fall der Nichterfüllung der Bauverpflichtung dar. Beschränkt sich -wie hier - das Interesse der Gemeinde an der Bauverpflichtung auf eine geordnete städtebauliche Entwicklung, so kann sich dieses Interesse weder in einem Prozentsatz des Grundstückswertes noch des (für den Rückkauf) vereinbarten Kaufpreises ausdrücken (so zutreffend Rohs/Wedewer, a.a.O.). Dann sprechen aber keine zwingenden Gründe dafür, aus dieser Bezugsgröße Anhaltspunkte für eine vom Regelwert abweichende Bewertung zu entwickeln. Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich daher unter diesem Gesichtspunkt als ermessensfehlerfrei.

Die von der Rechtsprechung der genannten Oberlandesgerichte abweichende rechtliche Beurteilung des Senats führt hier nicht dazu, dass die Sache gem. §§ 156 Abs. 4 S. 4 KostO, 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen ist, weil der Senat unter dem nachfolgend erörterten Gesichtspunkt abschließend in der Sache entscheiden kann.

b.

Die Kammer hat nicht näher geprüft, ob der Verkehrswert des Grundstücks über dem vereinbarten Kaufpreis liegt und - wenn auch nunmehr unter einem anderen Gesichtspunkt - gem. § 20 Abs. 1 S. 2 Halbsatz 1 KostO der Geschäftswert gleichwohl auf einen 100.000,00 DM übersteigenden Betrag festgesetzt werden muss. Die Berücksichtigung dieses von dem Beteiligten zu 3) ausdrücklich vorgetragenen Gesichtspunktes war nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Notar bei der Geschäftswertberechnung für die Bauverpflichtung einen selbständigen Teilbetrag angesetzt hat, der nachfolgend Gegenstand der Anweisungsbeschwerde geworden ist. Denn die gem. § 156 Abs. 6 S. 1 KostO erteilte Anweisung des Dienstvorgesetzten führt lediglich zu einer betragsmäßigen Beschränkung des Prüfungsumfangs im Beschwerdeverfahren, nicht jedoch zu einer Beschränkung der zu prüfenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte. Es entspricht deshalb anerkannter Auffassung, dass das Beschwerdegericht im Verfahren nach § 156 KostO ohne Verstoß gegen das Verbot der Schlechterstellung des Beschwerdeführers berechtigt und verpflichtet ist, bei der Geschäftswertberechnung einzelne Wertteile gegen eine Ermäßigung bei anderen Wertteilen zu erhöhen, solange der Gesamtgeschäftswert nicht über den der Kostenberechnung ursprünglich zugrunde gelegten Betrag hinausgeht; dasselbe gilt für die Auswechselung nicht gerechtfertigter gegen eine andere berechtigte Kostenposition (Senat JurBüro 1992, 343, 345; Rohs/Wedewer, a.a.O., § 156, Rdnr. 38).

Bei der Anwendung des § 20 Abs. 1 S. 2 KostO ist der mit der Vorschrift des § 20 Abs. 1 S. 1 KostO angestrebte Vereinfachungszweck zu berücksichtigen. Für den Regelfall kann deshalb davon ausgegangen werden, dass der vereinbarte Kaufpreis des Grundstücks dessen Verkehrswert entspricht. Der Wert der verkauften Sache ist demgegenüber nur dann festzustellen, wenn deutlich zutage tritt, dass der Kaufpreis nicht annähernd so hoch ist wie der sich bei Anwendung des § 19 KostO ergebende Wert der Sache (BayObLG MittBayNot 1999, 494).

Anhaltspunkte für einen den Kaufpreis übersteigenden Verkehrswert des Grundstücks können sich ergeben, wenn eine Gemeinde Baugrundstücke mit der Maßgabe verkauft, dass auf den Verkehrswert ein Preisnachlass (meistens im Rahmen eines sog. Einheimischenmodells) gewährt wird (OLG Zweibrücken, JurBüro 1998, 202, 203.; BayObLG JurBüro 2001, 653 = MittBayNot 2002, 58). In diesem Zusammenhang kann der Senat offen lassen, inwieweit die für eine Grundstücksvergabe im sog. Einheimischenmodell typischen vertraglichen Vereinbarungen, die üblicherweise über die hier allein vorgesehene Bauverpflichtung des Erwerbers deutlich hinausgehen, allein den Schluss auf einen höheren Verkehrswert des veräußerten Grundstücks zulassen. Immerhin führen Bauverpflichtungen und darüber hinausgehende Veräußerungs- und Nutzungsbeschränkungen zu erheblichen Belastungen für den Grundstückserwerber sowie - gewollt - dazu, dass das Grundstück für einen längeren Zeitraum dem Grundstücksmarkt faktisch nicht zur Verfügung steht, so dass der Vergleich mit einem frei verkäuflichen Grundstück erschwert ist. Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass nach dem Vorbringen des Notars der ursprüngliche Grundstückseigentümer L seine im Bebauungsplangebiet gelegenen Grundstücksflächen zwar an die Gemeinde S veräußert, jedoch Grundstücksflächen im Umfang von etwa 15 künftigen Baugrundstücken zur privaten Vermarktung zurückbehalten hat. Diese Bauparzellen hat er seinerseits zu einem Kaufpreis von 140,00 DM/qm für das Bauland und 80,00 DM/qm für die anteilige Grünfläche an private Grundstückserwerber veräußert, und zwar mit der Maßgabe, dass die Erwerber zusätzlich die Erschließungs- und Kanalanschlusskosten im Rahmen eines abzuschließenden Vertrages mit der Gemeinde S tragen sowie eine die Gemeinde unmittelbar berechtigende Bauverpflichtung übernehmen mussten, die inhaltlich derjenigen entsprach, die in den von der Gemeinde selbst geschlossenen Kaufverträgen vorgesehen war. Dieses Vorbringen hätte das Landgericht ohne weitere tatsächliche Ermittlungen bei seiner Entscheidung berücksichtigen können und müssen, weil es von den anderen Verfahrensbeteiligten in keiner Weise in Abrede gestellt worden ist. Auf diese Weise können die Kaufverträge der Gemeinde einerseits und diejenigen des ursprünglichen Grundstückseigentümers andererseits ohne weiteres miteinander verglichen werden. Es liegt damit klar zutage, dass die Gemeinde in den von ihr abgeschlossenen Kaufverträgen den Erwerbern einen Preisvorteil eingeräumt hat, der in der von der Gemeinde beabsichtigten Förderung des von ihr ausgewählten Personenkreises ihren Grund hat. Bei dieser Förderung handelt es sich um persönliche Verhältnisse im Sinne des § 19 Abs. 1 S. 2 Halbsatz 2 KostO, die bei der Geschäftswertfestsetzung unberücksichtigt zu bleiben haben (OLG Zweibrücken a.a.O.).

Der Geschäftswert ist danach wie folgt zu berechnen:

a) Kaufpreis für Bauland 483 qm x 140,00 DM 67.620,00 DM b) Kaufpreis für Grünfläche 63 qm x 80,00 DM 5.040,00 DM c) Erschließungskostenbeiträge 32.129,16 DM d) Kanalanschlussbeiträge 6.520,50 DM e) Vermessungskosten 2.730,00 DM f) Prüfschacht 1.500,00 DM gesamt 115.539,66 DM

Der Senat kann deshalb durch Zurückweisung der Anweisungsbeschwerde abschließend in der Sache entscheiden.

Eine Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde ist im Hinblick auf den Erfolg des Rechtsmittels entbehrlich.

Ende der Entscheidung

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