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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 12.02.2008
Aktenzeichen: 15 W 359/07
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 13g Abs. 2 Satz 1
1) Die Anforderungen des § 13g Abs. Satz 1 HGB sind erfüllt, wenn die vorgelegte Übersetzung durch einen ermächtigten Übersetzer vorgenommen worden ist. Dabei reicht es aus, dass die Ermächtigung auf der Grundlage der Rechtsvorschriften eines Bundeslandes erfolgt ist.

2) Ungenauigkeiten der Übersetzung können im Einzelfall die Erforderlichkeit weiterer tatsächlicher Feststellungen zur Bedeutung des fremdsprachigen Originaltextes nach sich ziehen.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 359/07 OLG Hamm

In der Handelsregistersache

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 12.02.2008 auf die weitere Beschwerde der Beteiligten vom 01.10.2007 gegen den Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Paderborn vom 04.09.2007

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts vom 05.07.2006 werden aufgehoben.

Das Amtsgericht wird angewiesen, die Zweigniederlassung der betroffenen Gesellschaft in das Handelsregister B beim Amtsgericht Paderborn wie folgt einzutragen:

Spalte 2

Unterspalte a) (Firma): D

Unterspalte b) (Sitz): T Zweigniederlassung der D mit Sitz in C D2 Nr. #######

Unterspalte c) (Gegenstand des Unternehmens):

Vertrieb von Dampfmaschinen (Modelle) im Internet (C)

Spalte 3 (Grund - oder Stammkapital): 100,- GBP

Spalte 4:

Unterspalte a) (allgemeine Vertretungsregelung):

Ist nur ein Director bestellt, vertritt er die Gesellschaft alleine. Sind mehrere Directors bestellt, vertreten diese die Gesellschaft gemeinsam.

Unterspalte b) (Vorstand u.a.):

Director: I, T, * ##########. Er ist zugleich ständiger Vertreter der Zweigniederlassung und als solcher einzelvertretungsbefugt.

Spalte 6

Unterspalte a) (Rechtsform): private limited company by shares Gründungsurkunde vom 02.05.2006

Der Geschäftswert des Verfahrens dritter Instanz wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligte wurde nach den von ihr zu den Akten gereichten Unterlagen als Privat Limited Company (Kapitalgesellschaft) nach dem Gesetz über Kapitalgesellschaften von 1985 in England am 02.05.2006 gegründet und dort in das "Registrar of companies for England and Wales" unter der Company No. ####### eingetragen. Geschäftsgegenstand der Gesellschaft ist laut Ziffer 3 (A) und (B) des "memorandum of association" die Abwicklung von Geschäften als allgemeines kommerzielles Unternehmen. Zudem kann die Gesellschaft alle Geschäfte aller möglichen Geschäftsbereiche tätigen, die nach dem Gutdünken der Geschäftsführung für die Gesellschaft von Vorteil sein könnten. Die Beteiligte begehrt die Eintragung einer Zweigniederlassung in das deutsche Handelsregister.

Der notariell beglaubigten (Notar T in T/ UR - Nr. ###/##) Anmeldung des Herrn I vom 15.05.2006 sind abschriftlich beigefügt ein "Certificate of incorporation of a private limited company" und ein "Accepted" des D2, ein "Memorandum of association" und die "Articles of Association" sowie die Beglaubigung einer englischen Notarin der Gründungsurkunde, des vorliegenden Gesellschaftsvertrages und der Übereinstimmung der Gründung mit den Voraussetzungen des englischen Rechts sowie eine Bestätigung der Notarin der Eintragung der Beteiligten in das D2. Diesen in englischer Sprache abgefassten Dokumenten schließt sich eine Übersetzung in die deutsche Sprache der Dolmetscherin X an. Diese ist ermächtigt zur Übersetzung von Schriftstücken am Landgericht Frankfurt und seit Oktober 2003 zur Beglaubigung von Schriftstücken am Landgericht Wiesbaden.

Zur Vertretungsberechtigung hat die Beteiligte Folgendes angemeldet:

"Vertritt die Gesellschaft nur ein alleiniger Geschäftsführer, ist dieser alleinvertretungsberechtigt. Die Gesellschafter oder die Geschäftsführerversammlung können einen oder mehrere Geschäftsführer bestellen und insgesamt oder hinsichtlich eines bestimmten Bereichs mit der alleinigen Vertretungsbefugnis ausstatten. Sofern nichts anderes per Gesellschafterbeschluss bestimmt ist, vertreten mehrere Geschäftsführer die Gesellschaft gemeinsam.

Die Geschäftsführer sind berechtigt, für die Gesellschaft Verträge abzuschließen und können dabei auch für sich selbst im eigenen Namen handeln oder als Vertreter Dritter auftreten."

Des weiteren fügte die Beteiligte der Anmeldung einen in deutscher Sprache gefassten Gesellschafterbeschluss zur Gründung einer Zweigniederlassung in T und der Bestellung des I als Director bei.

In den "Articles of Association" ist unter dem Kapitel Vollmacht, Pflichten und Abläufe bzgl. der Geschäftsführer nach der eingereichten Übersetzung in Ziffer 25 folgendes geregelt:

"Gemäß den Bestimmungen des Gesetzes über Kapitalgesellschaften können die Gesellschafter oder die Geschäftsführerversammlung einen oder mehrere Geschäftsführer bestellen, und insgesamt oder hinsichtlich eines bestimmten Bereichs oder insgesamt mit der alleinigen Vertretungsbefugnis für die Gesellschaft ausstatten. Sofern nichts anderes per Gesellschafterbeschluss bestimmt ist, vertreten mehrere Geschäftsführer die Gesellschaft gemeinsam."

Im englischen Original lautet der letzte Satz wörtlich:

"Unless so authorised by resolution, the Company shall be managed and represented jointly by all Directors."

Das Registergericht hat am 05.07.2006, nachdem die Beteiligte ihren weitergehenden Antrag auf Eintragung der Befreiung des Geschäftsführers von den Beschränkungen des § 181 BGB zurückgenommen hatte, die Anmeldung zurückgewiesen. Als Begründung hat das Registergericht ausgeführt, dass die Übersetzung ungenau sei. Im Übrigen hat das Registergericht Bezug genommen auf eine Zwischenverfügung vom 30.05.2006. In dieser hatte es beanstandet, dass die Übersetzung nicht von einer öffentlich bestellten oder vereidigten Dolmetscherin erstellt worden und die angemeldete abstrakte Vertretungsregelung durch mehrere Geschäftsführer ungenau sei, weil nicht angegeben werde, durch wie viele der bestellten Direktoren im Einzellfall die Gesellschaft vertreten werde.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht - Kammer für Handelssachen - mit Beschluss vom 04.09.2007 zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten, die sie mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten, vom 01.10.2007 bei dem Oberlandesgericht eingelegt hat.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten folgt bereits daraus, dass ihre erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG). Die weitere Beschwerde führt zur Anweisung an das Amtsgericht, die angemeldete Eintragung vorzunehmen.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der beteiligten Gesellschaft ausgegangen.

In der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts nicht in allen Punkten einer rechtlichen Nachprüfung durch den Senat stand.

Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass sich die Anmeldung der Eintragung der Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung wie einer "Private Limited Company" in das deutsche Handelsregister nach den §§ 13d, 13e und 13g HGB richtet. Zwar beziehen sich diese Vorschriften dem Wortlaut nach nicht auf eine englische "Private Limited Company"; diese ist aber insoweit der deutschen GmbH gleichgestellt ( vgl. Senat in FG Prax 2006, 276; OLG München NZG 2006, 512; OLG Frankfurt NZG 2006, 515; KG NZG 2004, 49f). Dies bedeutet, dass das Eintragungsverfahren hinsichtlich der Zweigniederlassung grundsätzlich deutschem Verfahrensrecht als lex fori unterliegt (KG a.a.O.; OLG Jena NZG 2006 434; Ebenroth/ Boujong u.a., HGB, 2. Aufl., § 13d Rz. 15, 16; Keidel - Schmidt, FG, 15. Aufl., Einl. Rz. 64).

Vom Ausgangspunkt nicht zu beanstanden ist daher, dass die Vorinstanzen gemäß § 13g Abs. 2 Satz 1 HGB die Anmeldung von dem Einreichen einer beglaubigten Übersetzung der Satzung in deutscher Sprache abhängig gemacht haben. Im Unterschied zur Regelung des § 142 Abs. 3 ZPO steht dies nicht im Ermessen des Registergerichts. Der Begriff der beglaubigten Übersetzung ist nicht gesetzlich definiert. Erforderlich aber auch genügend ist, dass die Richtigkeit der Übersetzung durch einen gerichtlich bestellten oder vereidigten Übersetzer oder Dolmetscher bestätigt wird. Die Einzelheiten des Verfahrens zur gerichtlichen Bestellung oder Vereidigung richten sich nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften (Röhricht, Graf von Westphalen - Ammon, 2. Aufl., HGB, § 13 f Rz. 6; Heymann/ Sonnenschein - Weitmayer, 2. Aufl., HGB, § 13 f Rz. 4, 13 g Rz. 3; LG Leipzig NZG 2005, 759). Daran ändert sich nichts, weil durch Art. 87 des 1. Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz vom 19.04.2006 (BGBl I 2006, 866, 878) die Verordnung zur Vereinfachung des Verfahrens auf dem Gebiet des Beurkundungsrechts vom 21.10.1942 (RGBl. I 1942, 609) aufgehoben worden ist. Diese Verordnung regelte nicht die Voraussetzungen der öffentlichen Bestellung eines Sachverständigen, sondern setzte sie voraus. Der so beschriebenen formellen Voraussetzung der Vorlage einer beglaubigten Übersetzung der Satzung hat die Beteiligte genügt, indem sie die von der Dolmetscherin für die englische Sprache X beglaubigte Übersetzung eingereicht hat. Die Übersetzerin ist vom Präsidenten des Landgerichts Frankfurt zur Übersetzung von Schriftstücken und vom Präsidenten des Landgerichts Wiesbaden ermächtigt zur Beglaubigung von Schriftstücken und daher nach den im Bundesland Hessen einschlägigen Rechtsvorschriften gerichtlich bestellte Dolmetscherin. Diese Ermächtigungen sind bislang nicht widerrufen worden. Alleine ein unsorgfältiges Arbeiten in der Vergangenheit führt nicht zu der Aberkennung der Bestellung als gerichtlich bestellte Dolmetscherin. Nicht erforderlich ist, dass die Übersetzerin gesondert nach den in Nordrhein - Westfalen geltenden Regelungen durch einen Präsidenten eines Land- oder Oberlandesgerichts bestellt und vereidigt wurde. Dies ist nur Voraussetzung für die Bestellung und Vereidigung eines Dolmetschers im Land NRW. Für die prozessrechtlichen Voraussetzungen ist es indes ohne Bedeutung, in welchem Bundesland der Übersetzer bestellt wurde, solange deren landesrechtlichen Bestellungsvorschriften eingehalten wurden (vgl. LG Chemnitz NZG 2006, 517).

Ungenauigkeiten der Übersetzung können lediglich im Einzelfall nach § 12 FGG die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen nach sich ziehen. Sie rechtfertigen aber nicht die Zurückweisung der Anmeldung wegen des Fehlens einer beglaubigten Übersetzung. Nur in diesem Zusammenhang spielt der Beweiswert des Beglaubigungsvermerks eine Rolle. Auch im Übrigen hat die Betroffene die formellen Einragungsvoraussetzungen einer Zweigniederlassung einer "Private Limited Company" erbracht. Die Betroffene hat insbesondere eine öffentliche beglaubigte Abschrift des Gesellschaftsvertrages (memorandum of association sowie articles of association), § 13 g Abs. 2 Satz 1 HGB, und einen beglaubigten Registerauszug (certificate of incorporation), § 13 e Abs. 2 Satz 2 HGB, vorgelegt. Dabei ist ausreichend, dass die Beglaubigung durch einen englischen Notar erfolgte (vgl. Krafka/ Willer, Registerrecht, 7. Aufl., Rz. 323). Ist - wie hier - die Bestellung des director nicht in der Gründungssatzung erfolgt, bedarf es grundsätzlich der Vorlage des Bestellungsbeschlusses der Generalversammlung (Senat a.a.O. m.w.N.), § 13 g Abs. 2 Satz 2 HGB, 8 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 GmbHG. Diesem Erfordernis hat die Betroffene durch die Vorlage des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 02.05.2006 entsprochen.

Von der Frage der formal einzureichenden Unterlagen ist diejenige zu unterscheiden, ob die Vertretungsverhältnisse - wie beantragt - in der Gründungssatzung in Übereinstimmung mit der Anmeldung geregelt wurden. Diese Frage unterliegt der Prüfungskompetenz des Registergerichts (vgl. BayObLG DB 1993, 156). Wörtlich hat die Betroffene beantragt, dass - sofern nichts anderes per Gesellschafterbeschluss bestimmt ist - mehrere Geschäftsführer die Gesellschaft gemeinsam vertreten. Ob diese Anmeldung mit der gesellschaftsvertraglichen Vertretungsregelung übereinstimmt, ist anhand der englischen Originalfassung zu überprüfen. Die deutsche Übersetzung dient dem Registergericht lediglich als Hilfsmittel, um die Übereinstimmung der Anmeldung mit dem Inhalt der Urkunden überprüfen zu können. Von daher kommt es nicht auf die Ungenauigkeit der Übersetzung an, wenn das Gericht den Inhalt der Regelung bereits anhand der englischsprachigen Originalfassung feststellen kann. In einem solchen Fall gebietet § 12 FGG nicht die Einholung einer weiteren Übersetzung. Die Satzung der Gesellschaft kann das Rechtsbeschwerdegericht selbst auslegen, an die Auslegung der Vorinstanz ist es nicht gebunden (Keidel - Meyer-Holz, FG, 15. Aufl., § 27 Rz. 50). Daher kann das Rechtsbeschwerdegericht - wie das Tatsachengericht (Keidel - Zimmermann, a.a.O., § 9 Rz. 8) - auch selbst eine fremdsprachige Urkunde übersetzen. Auch ohne Kenntnisse des Wirtschaftsenglischen erschließt sich dem Senat ohne weiteres die Bedeutung des Satzes "Unless so authorised by resolution, the Company shall be managed and represented jointly by all Directors." Gemeint ist damit, dass die Gesellschaft, falls kein anderweitiger Beschluss getroffen wurde, durch alle bestellten Directors gemeinsam vertreten wird und nicht durch einige von mehreren.

In diesem Sinne ist auch die Anmeldung zu verstehen. Es besteht kein Anhaltspunkt, dass die Beteiligte die Vertretungsverhältnisse abweichend von der Satzung anmelden wollte. Im Gegenteil hat sie mit Schreiben vom 20.06.2007 sogar erklärt, dass kein Übersetzungsfehler vorliege, also der dem Übersetzungstext nachgebildete Antrag sich mit dem englischen Original decke. Dies wiederum lässt sich zwanglos damit erklären, dass die Betroffene meint, bereits durch die von ihr gewählte Formulierung "... mehrere Geschäftsführer vertreten die Gesellschaft gemeinsam ..." werde die von dem Senat angenommene Vertretungsregelung zum Ausdruck gebracht.

Eine im Sinne der Auslegung des Senats verstandene Vertretungsregelung ist auch eindeutig, weil stets die Anzahl der Directors der Anzahl der die Betroffene gemeinsam vertretenden Personen entspricht.

Um im Rechtsverkehr keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, hat der Senat den Fassungsvorschlag der Betroffenen hinsichtlich der Eintragung der Vertretungsverhältnisse nicht wortgetreu übernommen, sondern die eindeutige Formulierung "Sind mehrere Directors bestellt, vertreten diese die Gesellschaft gemeinsam." gewählt. Das Gericht ist nicht an den Fassungsvorschlag eines Beteiligten gebunden (Vgl. OLG Köln FGPrax 2004,86; Krafka/ Willer a.a.O. Rz. 173).

Da die Eintragung auch im Übrigen den Anforderungen nach den §§ 13 e, 13 g HGB entspricht und damit dem Vollzug der Anmeldung keine weiteren Hindernisse entgegenstehen, hat der Senat selbst in der Sache entschieden und das Registergericht angewiesen, die angemeldete Eintragung zu vollziehen.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 und 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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