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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 18.11.2003
Aktenzeichen: 15 W 395/03
Rechtsgebiete: WEG, BGB
Vorschriften:
WEG § 22 Abs. 1 | |
BGB § 154 Abs. 1 |
2) Für das Zustandekommen eines solchen Vertrages gilt die Auslegungsvorschrift des § 154 Abs. 1 BGB. Die Erklärung der grundsätzliche Bereitschaft eines Wohnungseigentümers zur Erteilung seiner Zustimmung löst keine vertragliche Bindungswirkung aus, wenn nach dem Willen der Beteiligten eine nähere Regelung über bauliche Einzelheiten erst noch getroffen werden sollte.
3) Bei Fehlen der vertraglichen Bindungswirkung kann aus der grundsätzlichen Bereitschaft zur Erteilung der Zustimmung kein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) hergeleitet werden.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS
15 W 395/03 OLG Hamm
In der Wohnungseigentumssache
betreffend die Wohnungseigentumsanlage
Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 18. November 2003 auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3) vom 24. September 2003 gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 25. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und die Richter am Oberlandesgericht Budde und Engelhardt
beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts vom 05.03.2003 werden jeweils mit Ausnahme der Wertfestsetzung aufgehoben.
Der Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 1) und 2) tragen als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Verfahrens. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet in allen Instanzen nicht statt.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die Eigentümer der im ersten und zweiten Obergeschoss der vorbezeichneten Anlage gelegenen Wohnungen. Eigentümer der Erdgeschosswohnung sind die Beteiligten zu 3), weiterer Eigentümer der im dritten Obergeschoss gelegenen Wohnung ist Herr Andreas H. Die Beteiligten zu 1) und 2) beabsichtigen, für ihre beiden Wohnungen an der Rückseite des Gebäudes nachträglich Balkone anzubauen und dort vorhandene Fenster zu Türöffnungen zu erweitern. Unterhalb des Bereichs, in dem die Balkone angebaut werden sollen, liegt eine sich an die Erdgeschosswohnung anschließende Terrassenfläche, an der ein Sondernutzungsrecht der Beteiligten zu 3) begründet ist. Über die Pläne der Beteiligten zu 1) und 2) wurde in der Eigentümerversammlung vom 30.09.2000, in der alle Eigentümer erschienen waren, verhandelt. Das Protokoll der Eigentümerversammlung lautet dazu wie folgt:
"Da einige Eigentümer den Wunsch haben, auf der Rückseite des Hauses Balkone anzubringen, wurde darüber länger diskutiert. Folgende einstimmig gefällte Vereinbarungen wurden getroffen:
Die Eigentümergemeinschaft hat keine grundsätzlichen Bedenken gegenüber der durch Balkone entstehenden baulichen Veränderungen an dem Gesamtgebäude.
Bei gegebenenfalls mit der baulichen Veränderung zu erwartenden Nutzungseinschränkungen für die Eigentümer ... ist mit diesen vorab über einen finanziellen Ausgleich zu verhandeln. Die baulichen Bedingungen der Balkone sind im Detail mit allen Eigentümern gemeinschaftlich zu verhandeln.
Es sollten möglichst alle Eigentümer gleichzeitig ihre Balkone anbauen. Wenn dies nicht der Fall ist, haben sich diejenigen, die erst zu einem späteren Zeitpunkt einen Balkon anbauen wollen, dabei an der Gestaltung der bereits gebauten Balkone zu orientieren."
In der Folgezeit holten die Beteiligten zu 1) Angebote von Fachunternehmen ein. Das von ihnen zuletzt ausgewählte Angebot der Firma O vom 26.02.2002 sieht eine Tragkonstruktion aus Stahl vor, die ohne Abstützung auf der Grundstücksfläche lediglich in der Außenwand des Gebäudes verankert wird. Über dieses Angebot wurde in der Eigentümerversammlung vom 26.03.2002 zu Tagesordnungspunkt 5 aufgrund folgenden Beschlussantrags der Beteiligten zu 2) verhandelt:
"Gem. Protokoll der Eigentümerversammlung am 30.09.2000 sind vor dem Anbau von Balkonen an der Rückseite des Gebäudes folgende Punkte zu klären:
1. Frage der Nutzunqsbeeinträchtiqung für die Eigentümer F
In diesem Punkt konnte bisher keine Einigung erzielt werden, auf Wunsch von Herrn F soll die Frage seines finanziellen Ausgleichs außerhalb der Eigentümerversammlung geklärt werden.
2. Die baulichen Bedingungen der Balkone sind im Detail mit allen Eigentümern gemeinschaftlich zu verhandeln:
Wir stellen den Antrag, hierzu folgenden Beschluss zu fassen: "Am 02.03.02 wurde allen Eigentümern eine Kopie des von den Eigentümern der Wohnungen 2 und 3 bevorzugten Angebotes überlassen. Wir bitten um Zustimmung aller Eigentümer zur baulichen Ausführung entsprechend dem vorliegenden Angebot der Firma O vom 26.02.2002. Die Balkone sollen hellgrau beschichtet werden, die Entwässerung soll durch Anschluss an das vorhandene Fallrohr erfolgen. Nach abschließender Klärung des Pktes. 1 kann der Auftrag an die o.a. Firma vergeben werden.
Im Zuge des Balkonanbaus werden die Küchenfenster im ersten und zweiten Obergeschoss durch identische weiße Balkontüren mit Oberlichtern ersetzt."
Im Protokoll der Eigentümerversammlung ist dazu festgehalten:
"Punkt 1)
Die Frage der Nutzungsentschädigung der Eigentümer F soll außerhalb der Eigentümerversammlung geklärt werden.
Punkt 2)
Unter der Voraussetzung, daß es unter 1) zu einer Einigung kommt, ist Herr F mit den gemachten konkreten Vorschlägen einverstanden - sofern baurechtlich und statisch alles okay ist. Diesen Ausführungen schloss sich Herr H an."
Eine Einigung über eine Entschädigung konnte zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) und den Beteiligten zu 3) nicht erzielt werden. Die Beteiligten zu 3) haben einen ihnen angebotenen Betrag von 7.000,00 DM abgelehnt.
Die Beteiligten zu 1) und 2) haben in dem vorliegenden Verfahren mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 10.06.2002 die Beteiligten zu 3) auf Duldung des Anbaus der beiden Balkone nach näherer Maßgabe des Angebots der Firma O vom 26.02.2002 in Anspruch genommen, und zwar Zug um Zug gegen Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Entschädigung. Zur Begründung haben sie die Auffassung vertreten, bereite in der Eigentümerversammlung vom 30.09.2000 sei eine bindende Vereinbarung getroffenen worden, in deren Rahmen auch die Beteiligten zu 3) dem Anbau der Balkone zugestimmt hätten. Auch der konkreten baulichen Gestaltung des Balkonanbaus sei in der Eigentümerversammlung vom 26.03.2002 zugestimmt worden. Durch die gewählte Konstruktion seien Beeinträchtigungen für die Nutzung der Terrassenfläche der Beteiligten zu 3) ausgeschlossen.
Die Beteiligten zu 3) sind dem Antrag mit der Begründung entgegengetreten, die Zustimmung zu dem Balkonanbau habe unter dem Vorbehalt einer Einigung über eine Nutzungsentschädigung gestanden, die nicht erzielt worden sei.
Das Amtsgericht hat durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen J zu der Frage Beweis erhoben, "welche Entschädigung für den Anbau eines Balkons am Objekt zu zahlen ist". In seinem Gutachten vom 10.02.2003 ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, dass aufgrund der großen Geschosshöhe der Anbau der Balkone nicht zu einer Beeinträchtigung der Terrassenfläche der Beteiligten zu 3) hinsichtlich des Lichteinfalls führen werde. Das Amtsgericht hat sodann durch Beschluss vom 05.03.2003 dem Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) stattgegeben, ohne eine Zug um Zug zu erbringende Entschädigungsleistung zu berücksichtigen.
Gegen diese Entscheidung haben die Beteiligten zu 3) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 02.04.2003 rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat mit den Beteiligten in öffentlicher Sitzung vom 25.07.2003 vor der vollbesetzten Zivilkammer mündlich verhandelt und durch den am Schluss der Sitzung verkündeten Beschluss die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3), die sie mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 24.09.2003 bei dem Amtsgericht eingelegt haben.
Die Beteiligten zu 1) und 2) beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 3) folgt bereits daraus, dass ihre erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.
In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG). Die sofortige weitere Beschwerde führt zur Zurückweisung des Antrags der Beteiligten zu 1) und 2).
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen sofortigen ersten Beschwerde der Beteiligten zu 3) ausgegangen. Verfahrensrechtlich bedenklich hat das Landgericht allerdings davon abgesehen, auch den weiteren Miteigentümer Herrn H zum Erstbeschwerdeverfahren hinzuziehen, nachdem das Amtsgericht ihn noch am Verfahren beteiligt und ihm seine Entscheidung bekannt gemacht hatte. Nach § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG sind in einem Verfahren nach Abs. 1 Nr. 1 der Vorschrift sämtliche Wohnungseigentümer materiell beteiligt und deshalb auch formell zum Verfahren hinzuzuziehen. Um ein solches Verfahren handelt es sich hier, weil die Beteiligten zu 1) und 2) einen Duldungsanspruch geltend machen, den sie auf eine das Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer betreffende Vereinbarung stützen. Die Stellung des weiteren Miteigentümers als materiell Beteiligter des Verfahrens wird nicht dadurch berührt, dass der von den Beteiligten zu 1) und 2) geltend gemachte Anspruch sich nur gegen die Beteiligten zu 3) richtet und dementsprechend die materielle Rechtskraft der ergehenden Entscheidung sich auf diesen Anspruch beschränkt, während die sachlichen Gründe der Entscheidung an der Wirkung der materiellen Rechtskraft nicht teilnehmen. Die Vorschrift des § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG beschränkt sich ihrem Zweck nach jedoch nicht auf die Fälle, in denen die materielle Rechtskraft der ergehenden Entscheidung sich auf sämtliche Wohnungseigentümer erstreckt. Die Beteiligung aller Wohnungseigentümer ist daneben ein Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs und der Sachaufklärung nach § 12 FGG. Sie soll insbesondere den übrigen Wohnungseigentümern die Möglichkeit zur Beteiligung am Verfahren geben, wenn über den unmittelbaren Verfahrensgegenstand hinaus tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte als Vorfrage für die Entscheidung rechtlich bedeutsam werden können, durch die auch die rechtlichen Interessen der übrigen Wohnungseigentümer berührt werden können (BayObLG NJW-RR 1990, 660, 661; Senat OLGZ 1994, 134, 138). So liegen die Dinge auch hier, weil die Beteiligten zu 1) und 2) den von ihnen geltend gemachten Duldungsanspruch auf eine von allen Wohnungseigentümern gleichzeitig getroffene Vereinbarung stützen. Die Frage, ob eine solche Vereinbarung zustande gekommen ist, kann also sachlich nur gegenüber allen Wohnungseigentümern einheitlich beurteilt werden.
Die unterbliebene Beteiligung eines Wohnungseigentümers führt an sich zwingend zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nach den §§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG, 547 Nr. 4 ZPO. Gleichwohl kann in einem solchen Fall von der Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung abgesehen werden, wenn durch die Sachentscheidung die rechtlichen Interessen des weiteren Wohnungseigentümers nicht berührt werden können, weil der gegen den anderen Wohnungseigentümer geltend gemachte Anspruch als unbegründet abgewiesen wird (Senat a.a.O.). Der Senat ist daher nicht gehindert, mit diesem Ergebnis abschließend in der Sache zu entscheiden.
Das Landgericht hat seine Entscheidung dahin begründet, die Beteiligten zu 3) hätten ihre nach § 22 Abs. 1 WEG erforderliche Zustimmung zu dem Balkonanbau durch ihre Erklärung in der Eigentümerversammlung vom 30.09.2000 erteilt. Aus dem Protokoll dieser Versammlung ergebe sich, dass die Beteiligten zu 3) ihr "grundsätzliches" Einverständnis mit dem Anbau der Balkone erklärt hätten. Der in dieser Erklärung enthaltene Vorbehalt, dass noch eine Regelung über eine ihnen etwa zu gewährende Nutzungsentschädigung zu treffen sei, sei als rechtsgeschäftliche Bedingung (§ 158 BGB) zu verstehen, die jedoch als solche der bindend erteilten Zustimmung nicht entgegenstehe. Dieses Verständnis entspreche dem Verhalten der Beteiligten zu 3) in der Eigentümerversammlung vom 26.03.2002, in der sie sich - wenn auch erneut unter dem Vorbehalt einer Vereinbarung über eine Nutzungsentschädigung - mit dem Bauvorhaben in seiner nunmehr konkret vorgeschlagenen Form einverstanden erklärt hätten. Die Bedingung für die Wirksamkeit der erteilten Zustimmung sei als eingetreten zu behandeln, weil die Beteiligten zu 3) durch ihre Weigerung, die ihnen von den Beteiligten zu 1) und 2) mit einem Betrag von 7.000,00 DM angebotene Entschädigung anzunehmen, den Eintritt der Bedingung gegen Treu und Glauben verhindert hätten. Sachlich stehe den Beteiligten zu 3) ohnehin eine Nutzungsentschädigung nicht zu, weil nach dem Ergebnis der vom Amtsgericht durchgeführten Beweisaufnahme feststehe, dass die Anbringung der Balkone in der geplanten Form nicht zu einer Beeinträchtigung des Wertes ihres Sondereigentums führen könne.
Die Feststellung, ob die Beteiligten zu 3) ihre nach § 22 Abs. 1 WEG erforderliche Zustimmung zu einer baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums erteilt haben, ist eine Frage der Auslegung einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung, die dem Tatrichter obliegt (BayObLG NZM 1999, 809). Diese Auslegung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur dahin überprüft werden, ob sie nach den Denkgesetzen und der feststehenden Erfahrung möglich ist, mit den gesetzlichen Auslegungsregeln in Einklang steht, dem klaren Sinn und Wortlaut der Erklärung nicht widerspricht und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FG, 15. Aufl., § 27, Rdnr. 49 m.w.N.). Dieser rechtlichen Nachprüfung hält die Entscheidung des Landgerichts nicht stand.
Bei der Zustimmung zu einer baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums handelt es sich grundsätzlich um eine einseitige Willenserklärung desjenigen Wohnungseigentümers, dessen Zustimmung nach den §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG erforderlich ist, weil er durch die bauliche Maßnahme über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt wird. Die Wirksamkeit der Zustimmung ist für jeden betroffenen Wohnungseigentümer gesondert zu beurteilen. Einer Beschlussfassung der Eigentümerversammlung bedarf es nicht (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 22, Rdnr. 113). Von der Erforderlichkeit der Zustimmung sämtlicher weiterer Miteigentümer ist hier im Hinblick auf den massiven Eingriff in das Gemeinschaftseigentum und die Veränderung des optischen Gesamteindrucks der Anlage durch den geplanten nachträglichen Balkonanbau ohne weiteres auszugehen.
Unabhängig davon sind die Wohnungseigentümer durch nichts gehindert, die Erteilung der Zustimmung durch eine von allen Beteiligten geschlossene vertragliche Vereinbarung zu regeln (§ 10 Abs. 2 WEG). Der Wortlaut des Protokolls der Eigentümerversammlung vom 30.09.2000 ergibt unzweideutig, dass hinsichtlich des geplanten Balkonanbaus eine vertragliche Vereinbarung geschlossen werden sollte. Dafür spricht nicht lediglich, dass die angestrebte Regelung als Vereinbarung bezeichnet ist, sondern insbesondere, dass von einer erforderlichen Einstimmigkeit dieser Vereinbarung und der Notwendigkeit ausgegangen wird, die bauliche Ausführung der geplanten Balkone im Detail mit allen Eigentümern "gemeinschaftlich zu verhandeln". Die Erforderlichkeit der Zustimmung jedes Wohnungseigentümers steht deshalb der Annahme einer Beschlussfassung der Eigentümerversammlung, die die Möglichkeit einer mehrheitlichen Entscheidung einschließt, entgegen.
Die vom Landgericht vorgenommene Auslegung der in dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 30.09.2000 festgehaltenen Erklärungen der Beteiligten berücksichtigt nach Auffassung des Senats nicht hinreichend, dass nach der Auslegungsregel des § 154 Abs. 1 S. 1 BGB ein Vertrag erst dann zustande kommt, wenn sich die Beteiligten über alle Punkte geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur eines Beteiligten eine Vereinbarung getroffen werden soll. Unter diesem Gesichtspunkt ergibt eine Gesamtbetrachtung der in der Niederschrift wiedergegebenen Vereinbarung, dass diese sich zunächst nur auf die Erklärung beschränkt, es bestünden "grundsätzlich" keine Bedenken gegen die geplante Anbringung von Balkonen. Die nach den Erklärungen der Beteiligten den künftig zu führenden Verhandlungen vorgehaltenen Punkte sind in dem folgenden Absatz gesondert genannt.
Diese betreffen zum einen die Verhandlung mit den Beteiligten zu 3) über einen finanziellen Ausgleich bei ggf. zu erwartenden Nutzungseinschränkungen infolge der baulichen Veränderung. Zum anderen - und insoweit vom Landgericht nicht berücksichtigt - waren gesonderte Verhandlungen mit allen Wohnungseigentümern über die Details der geplanten baulichen Maßnahme vorgesehen. Damit stimmt überein, dass nach dem unstreitigen Vorbringen der Beteiligten zum Zeitpunkt der Eigentümerversammlung vom 30.09.2000 konkrete Pläne für die bauliche Gestaltung der Balkone noch nicht vorlagen. Solche Pläne haben die Beteiligten zu 1) und 2) vielmehr erst im Vorfeld der Eigentümerversammlung vom 26.03.2002 vorgelegt. Daraus folgt, dass die nähere Gestaltung, also Größe und Lage der geplanten Balkone sowie die Art ihrer Abstützung zum Zeitpunkt der Eigentümerversammlung vom 30.09.2000 noch nicht bekannt waren. Unabhängig davon, wie der Vorbehalt zugunsten der Beteiligten zu 3) über einen finanziellen Ausgleich für etwaige Nutzungseinschränkungen zu verstehen ist, haben die Eigentümer sich jedenfalls ihre Zustimmung zu der näheren baulichen Gestaltung der geplanten Balkone vorbehalten. Von dieser Gestaltung musste gleichzeitig auch die Frage der Entstehung möglicher Nutzungseinschränkungen für die Beteiligten zu 3) abhängen.
Damit haben die Eigentümer im Sinne des § 154 Abs. 1 BGB zum Ausdruck gebracht, dass eine Einigung über alle wesentlichen Punkte des beabsichtigten Vertrages noch nicht erzielt worden ist. § 154 Abs. 1 BGB schließt nach dem Rechtscharakter der Vorschrift als Auslegungsregel nicht die Feststellung aus, dass sich die Parteien trotz der noch offenen Punkte erkennbar bereits vertraglich binden wollten. Zum Ausschluss der Auslegungsregel muss dann aber noch hinzukommen, dass sich die verbliebenen Vertragslücken ausfüllen lassen (BGH NJW-RR 2000, 1658, 1659). Eine solche Annahme würde hier jedoch voraussetzen, dass die Eigentümer die nähere Bestimmung der Art der baulichen Gestaltung der Balkone etwa im Sinne einer "allgemein" erteilten Zustimmung (vgl. BayObLG NJWE-MietR 1997, 13) in das Ermessen der Beteiligten zu 1) und 2) oder ggf. auch eines Dritten hätten stellen wollen. Eine solche Annahme wäre indessen mit der in dem Protokoll wiedergegeben Erklärung unvereinbar, dass "die baulichen Bedingungen der Balkone im Detail mit allen Eigentümern gemeinschaftlich zu verhandeln sind". Die Eigentümer wollten sich also erkennbar ein eigenes Bestimmungsrecht darüber vorbehalten, inwieweit die konkrete Gestaltung der Balkone ihren Interessen entsprach. Dies zeigt, dass in der Eigentümerversammlung vom 30.09.2000 eine abschließende vertragliche Einigung noch nicht zustande gekommen, vielmehr den Beteiligten zu 1) und 2) lediglich die Zustimmung zu der baulichen Veränderung nach Vorlage konkreter Pläne in Aussicht gestellt worden ist.
Auch in der Eigentümerversammlung vom 26.03.2002 ist eine vertragliche Einigung nicht zustande gekommen. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des Protokolls. Danach (Punkt 2) hat sich der hier zu 3) beteiligte Ehemann mit den nunmehr vorgelegten konkreten Bauplänen nur unter der Voraussetzung einverstanden erklärt, dass außerhalb der Eigentümerversammlung eine Einigung über die Frage einer Nutzungsentschädigung getroffen wird (Punkt 1). Die rechtsgeschäftliche Willenserklärung ist danach unzweideutig mit einem Vorbehalt verknüpft, dessen Voraussetzungen, wenn man ihn als rechtsgeschäftliche Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) versteht, nicht eingetreten sind. Eine Einigung über eine Nutzungsentschädigung ist nicht erzielt worden.
Auf der Grundlage seiner Auffassung, dass in der Eigentümerversammlung vom 30.09.2000 eine vertragliche Vereinbarung noch nicht zustande gekommen ist, kann der Senat in diesem Zusammenhang auch nicht der Auffassung des Landgerichts folgen, der Eintritt der Bedingung sei gem. § 162 Abs. 1 BGB zu fingieren, weil die Beteiligten zu 3) den Bedingungseintritt wider Treu und Glauben verhindert hätten. Denn wenn eine vertragliche Bindungswirkung noch nicht eingetreten war, waren die Beteiligten zu 3) in ihrer Entscheidung, den in Aussicht genommenen Vertrag zu schließen, weiterhin frei. Die Verweigerung des Vertragsabschlusses bedarf deshalb keiner besonderen Rechtfertigung. Der Umstand allein, dass auch die Beteiligten zu 3) in Verhandlungen mit den Beteiligten zu 1) und 2) über die Erteilung einer Zustimmung zu der baulichen Veränderung eingetreten sind, beseitigt ihre Vertragsfreiheit nicht und kann es deshalb allein auch unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht rechtfertigen, sie so zu behandeln, als hätten sie eine vertragliche Zustimmungserklärung abgegeben. Die Beteiligten zu 3) sind auch nicht ausnahmsweise aus dem Gemeinschaftsverhältnis unter dem Gesichtspunkt der Verpflichtung zu gegenseitiger Rücksichtnahme zur Erteilung ihrer Zustimmung verpflichtet. Das gilt selbst dann, wenn mit den Vorinstanzen aufgrund des Ergebnisses des eingeholten Sachverständigengutachtens davon ausgegangen wird, dass durch die Anbringung der geplanten Balkone eine messbare Beeinträchtigung ihrer Terrassenfläche insbesondere hinsichtlich der Lichtverhältnisse nicht eintreten wird. Denn die geplante Maßnahme führt unabhängig von Beeinträchtigungen solcher Art zu einem massiven Eingriff in das gemeinschaftliche Eigentum und zu einer Veränderung der optischen Gesamteindrucks der Anlage, die - wie ausgeführt - zum Erfordernis der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zu dieser Maßnahme führt. Es besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Erteilung der erforderlichen Zustimmung zu einer baulichen Veränderung (BayObLG NZM 1998, 1014). Diese gesetzliche Bewertung darf nicht durch die Annahme eines auf § 242 BGB beruhenden Abschlusszwangs in ihr Gegenteil verkehrt werden, solange nicht im Einzelfall ganz besondere Umstände vorliegen, die eine abweichende Bewertung rechtfertigen. Solche Umstände können jedoch nicht allein darin liegen, dass sich die Beteiligten nicht auf eine Ausgleichzahlung einigen, können.
Der Senat hat deshalb anstelle des Landgerichts den Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) zurückgewiesen.
Da der Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) danach im Ergebnis ohne Erfolg bleibt, entspricht es der Billigkeit, dass sie die Gerichtskosten in allen Instanzen zu tragen haben (§ 47 S. 1 WEG).
Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten hat es hingegen bei dem Grundsatz zu verbleiben, dass die Beteiligten im Verfahren nach dem WEG ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben. Besondere Umstände, die eine Ausnahme von diesem Grundsatz rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich, zumal der Senat eine von den Vorinstanzen abweichende Entscheidung getroffen hat.
Die Wertfestsetzung für das Verfahren dritter Instanz beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.
Sie folgt der unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung der landgerichtlichen Entscheidung.
Ende der Entscheidung
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