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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 15.11.1999
Aktenzeichen: 15 W 476/99
Rechtsgebiete: BGB, BeurkG
Vorschriften:
BGB § 2232 | |
BeurkG § 22 | |
BeurkG § 24 Abs. 1 | |
BeurkG § 24 Abs. 3 | |
BeurkG § 25 | |
BeurkG § 31 |
Leitsatz:
1. Der Senat hält nach der Entscheidung des BVerfG v. 19.01.1999 (NJW 1999, 1553) daran fest, daß ein schreibunfähiger Stummer ein Testament nicht durch reine Gebärden oder Bewegungszeichen errichten kann.
2. Belange der Rechtssicherheit und des Schutzes dieses Personenkreises gebieten es, die vom BVerfG vorgesehene Übergangsregelung für die künftige Errichtung letztwilliger Verfügungen auch auf bereits errichtete notarielle letztwillige Verfügungen als Mindeststandard anzuwenden. Danach bedarf es wie bei Rechtsgeschäften unter Lebenden der in §§ 22, 24 BeurkG vorgesehenen Mitwirkung einer Vertrauensperson und eines Zeugen oder zweiten Notars.
15 W 476/99 OLG Hamm 5 T 177/99 LG Paderborn 6 VI 45/97 AG Warburg
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS
in der Nachlaßsache
betreffend die Erteilung eines Erbscheins nach dem 1996 in Bad Driburg verstorbenen Herrn
Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts-Hamm hat am 15. Mai 2000 auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 13. Dezember 1999 gegen den Beschluß der 5. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn vom 15. November 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und die Richter am Oberlandesgericht Kayser und Engelhardt
beschlossen:
Tenor:
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 1) hat die den Beteiligten zu 2) und 3) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Wert des Gegenstandes der weiteren Beschwerde wird auf 142.000,00 DM festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten sind die Kinder des am 20. Dezember 1996 verstorbenen Erblassers mit seiner Ehefrau
Diese lebte von dem Erblasser getrennt; das Scheidungsverfahren war rechtshängig. Die Beteiligten zu 1) und 2) streiten darum, ob der Beteiligte zu 1) aufgrund notariellen Testaments vom 04. Dezember 1996 (UR-Nr.) Notar A den Erblasser allein beerbt hat oder ob gesetzliche Erbfolge eingetreten ist, weil der Erblasser bei der Errichtung des notariellen Testaments testierunfähig war oder das Testament des mehrfach behinderten Erblassers nicht in der gehörigen Form errichtet worden ist. Das Testament hat folqenden Wortlaut:
"Vor mir, dem unterzeichnenden Notar mit dem Amtssitz zu P erschien heute zum Zwecke der Errichtung einer letztwilligen Verfügung, aufgesucht in der Intensivstation der Rentner J geb. 1935 und wohnhaft dem Notar vorgestellt zur Person von dem diensthabenden Stationsarzt Dr. G.
Wie eine Unterredung mit J ergab, ist dieser zwar am Unterschreiben gehindert, aber in der Lage, seinen Willen zu äußern durch Reaktionen auf Fragen und Antworten.
Wegen der Schreibbehinderung des Erblassers zog der Notar als Zeugen zu Dr. von Person bekannt.
Der Notar überzeugte sich durch die Verhandlung von der Geschäftsfähigkeit des Erblassers. Der Erschienene erklärte, ein Testament durch mündliche Erklärung errichten zu wollen und durch frühere Verfügungen von Todes wegen hieran nicht gehindert zu sein.
Er erklärte, deutscher Staatsangehöriger zu sein. Die Zuziehung des Zeugen wurde gewünscht.
Der Erblasser erklärte dem Notar mündlich seinen letzten Willen wie folgt:
§ 1
Für den Fall meines Todes berufe ich als meinen Alleinerben meinen Sohn M.
§ 2
Meine Töchter B und J und auch meine Ehefrau E schließe ich von der Erbfolge aus.
§ 3
Der Notar soll beglaubigte Abschrift zurückbehalten und die Urschrift in amtliche Verwahrung beim Amtsgericht Paderborn geben.
Vorstehende Verhandlung wurde vom Notar dem Erschienenen in Gegenwart des Verhandlungszeugen vorgelesen, vom Erblasser genehmigt und alsdann vom Verhandlungszeugen und dem Notar unterschrieben wie folgt:
Dr.
(LS) A Notar."
Zum Nachlaß gehören neben einem hälftigen Miteigentumsanteil an einem 3-Familienhaus zwei Sparbücher. Zur Höhe der Sparguthaben sowie zum Verbleib der Sparbücher haben die Vorinstanzen keine Feststellungen getroffen.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1) vom 15. Januar 1997, den das Amtsgericht entsprechend seinen Vorbescheiden vom 09. Mai 1997 und 01. Juni 1999 erteilen will.
Das Landgericht hat den Beschluß des Amtsgerichts vom 09. Mai 1997 aufgehoben und die Sache zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen, weil die erste Instanz der Frage der Testierfähigkeit des Erblassers nicht ansatzweise nachgegangen sei. Die dagegen gerichtete weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat der Senat durch Beschluß vom 30. Juli 1998 - 15 W 472/97 - zurückgewiesen. Das Amtsgericht hat in der Sitzung vom 26. Oktober 1998 die Ehefrau des Erblassers und die Beteiligten zu 1) bis 3) persönlich angehört sowie weitere Personen aus dem Lebensumfeld des Erblassers als Zeugen vernommen. Es hat sodann zur Testierfähigkeit des Erblassers ein schriftliches Sachverständigengutachten eingeholt, welches der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. V unter dem 12. März 1999 erstattet hat. Unter dem 01. Juni 1999 hat das Amtsgericht erneut einen Erbschein angekündigt, der den Beteiligten zu 1) als testamentarischen Alleinerben ausweist. Auf die hiergegen gerichtete (wiederholte) erste Beschwerde hat das Landgericht diesen Vorbescheid durch Beschluß vom 15. November 1999 mit der Begründung aufgehoben, daß das notarielle Testament als formunwirksam anzusehen sei, weil es - ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Testamentserrichtung durch schreibunfähige Stumme - der Hinzuziehung einer Vertrauensperson des Erblassers bedurft hätte.
Gegen diese Entscheidung des Landgerichts hat der Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 13. Dezember 1999 erneut weitere Beschwerde eingelegt, der die Beteiligte zu 2) entgegengetreten ist.
II.
Die nicht fristgebundene weitere Beschwerde des Beteiligten
zu 1) ist formgerecht eingelegt und auch sonst zulässig (§§ 29, 27 FGG). Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt daraus, daß das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts zu seinem Nachteil abgeändert hat.
Die weitere Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO).
1.
Das Landgericht hat offengelassen, ob der Erblasser bei Errichtung des notariellen Testaments am 04. Dezember 1996 testierfähig i.S.d. § 2229 Abs. 4 BGB war. Für das zweite Verfahren der weiteren Beschwerde ist deshalb zugunsten des Beteiligten zu 1) die Testierfähigkeit des Erblassers zu unterstellen.
2.
Die Entscheidung über das Erbrecht des Beteiligten zu 1) hängt sonach entscheidend davon ab, ob das Testament vom 04. Dezember 1996 ordnungsgemäß errichtet worden ist.
a)
Hierzu meint das Landgericht im Ausgangspunkt: Die Formvorschrift des § 2232 BGB, wonach ein öffentliches Testament zur Niederschrift eines Notars nur durch mündliche Erklärung oder durch Übergabe einer Schrift, die den letzten Willen enthalte, errichtet werden könne, sei nicht eingehalten worden. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Erblasser am 04. Dezember 1996 weder sprechen noch schreiben können. Die Testamentserrichtung sei deshalb in der Weise erfolgt, daß der Erblasser auf entsprechende Fragen des Notars mit Kopfschütteln oder Kopfnicken reagiert habe.
Diese Feststellungen des Landgerichts sind rechtlich unangreifbar und werden von der weiteren Beschwerde auch nicht in Zweifel gezogen. Die hieraus gezogenen rechtlichen Schlußfolgerungen treffen zu. Sie entsprechen der insoweit nicht überholten Rechtsprechung des Senats (NJW-RR 1994, 593 = FamRZ 1994, 993), nach der Kopfnicken und -schütteln keine mündlichen Erklärungen darstellen und eine Testamentserrichtung in der Form des § 2232 BGB bei Mehrfachbehinderungen der vorliegenden Art ausscheidet (vgl. auch die erste Senatsentscheidung in dieser Sache vom 30. Juli 1998 - 15 W 472/97 -). Dies hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 19. Januar 1999 (NJW 1999, 1853, 1855 = DNotZ 1999, 409) ausdrücklich bestätigt, in der im vorliegenden Zusammenhang ausgeführt wird, §§ 2232, 2233 BGB, § 31 BeurkG verlangten entweder eine mündliche Äußerung des Testierenden oder seine eigenhändige schriftliche Erklärung, so daß ein Testament jedenfalls nicht durch reine Gebärden oder Bewegungszeichen errichtet werden könne.
b)
Das Bundesverfassungsgericht hat in der zitierten Entscheidung allerdings ausgesprochen (a.a.O. S. 1855 f.), daß die genannten Formvorschriften fortan nicht mehr auf letztwillige Verfügungen schreib- und sprechunfähiger Personen, die geistig und körperlich zu einer Testamentserrichtung in der Lage sind, angewendet werden dürfen, soweit sie diese Personen von jeder Testierung ausschließen. Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung könnten schreib- und sprechunfähige Personen künftig mit notarieller Hilfe letztwillige Verfügungen errichten, und zwar nach den Vorschriften der §§ 22 - 26 BeurkG über rechtsgeschäftliche Erklärungen unter Lebenden i.V.m. den §§ 27 - 29, 34 und § 35 BeurkG. Die Übergangsvorschrift erfasse allerdings nicht in der Vergangenheit von schreib- und sprechunfähigen Personen bereits errichtete letztwillige Verfügungen. In diesen Fällen sei es Aufgabe der Rechtsprechung, die durch die Unvereinbarkeitserklärung entstandene Regelungslücke zu schließen und Maßstäbe für die Beurteilung der Wirksamkeit solcher Testamente zu entwickeln. Aufgrund der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Testierfreiheit könnten die von schreibunfähigen Stummen in der Vergangenheit errichteten Testamente nicht allein wegen Verletzung des gesetzlichen Formzwangs als unwirksam angesehen werden. Vielmehr müßten jedenfalls solche letztwillige Verfügungen als rechtswirksam anerkannt werden, die von schreibunfähigen Stummen in Ermangelung anderer Regelungen entsprechend den Anforderungen der §§ 22 - 26 BeurkG errichtet worden seien (BVerfG a.a.O. S. 1856).
In Anwendung dieser Grundsätze hat das Landgericht im Kern ausgeführt: Bereits bei einer sogenannten Einfachbehinderung des Urkundsbeteiligten sei nach § 22 BeurkG ein Zeuge oder ein zweiter Notar hinzuzuziehen, es sei denn, alle Beteiligten verzichteten hierauf. Sei mit der sprachunfähigen Person auch keine schriftliche Verständigung möglich, so fordere § 24 Abs. 1 BeurkG für die Formwirksamkeit des Beurkundungsakts ferner die Hinzuziehung einer Vertrauensperson, die sich mit dem Beteiligten zu verständigen vermöge. Dabei folge aus § 24 Abs. 3 BeurkG, wonach das Erfordernis, nach § 22 BeurkG einen Zeugen oder zweiten Notar zuzuziehen, hiervon unberührt bleibe, daß es sich bei dieser Vertrauensperson um eine von dem Urkundsnotar oder zweiten Notar personenverschiedene, weitere Person handeln müsse. An der Hinzuziehung einer solchen Vertrauensperson fehle es vorliegend. Der der Testamentserrichtung allein hinzugezogene behandelnde Arzt Dr. sei ausweislich des Wortlauts des Testaments vom Urkundsnotar wegen der Schreibbehinderung des Erblassers als Schreibzeuge i.S.d. § 25 BeurkG hinzugezogen worden. Selbst wenn man ihm mit Rücksicht auf den letzten Absatz des Testaments, in dem er vom Notar als Verhandlungszeuge bezeichnet werde, nicht als bloßen Schreibzeugen ansehen wollte, könnte er allein als Zeuge i.S.d. § 22 Abs. 1 BeurkG angesehen werden, nicht aber als Vertrauensperson i.S.d. § 24 Abs. 1 BeurkG. Auch wenn sich der Erblasser ausweislich des Wortlautes des Testaments ausdrücklich mit der Hinzuziehung des Zeugen einverstanden erklärt habe, sei vorliegend die Hinzuziehung einer dritten Person nach § 22 Abs. 1 BeurkG nicht entbehrlich gewesen. Gem. § 24 Abs. 1 und 3 BeurkG hätte es damit für die Beurkundung noch der Hinzuziehung einer dritten Person neben dem beteiligten Zeugen bedurft. Auf die Hinzuziehung einer Vertrauensperson könne bei schreibunfähigen Stummen auch nicht verzichtet werden. Gerade mit der Hinzuziehung der Vertrauensperson, bei der es sich neben Taubstummendolmetschern regelmäßig um mit den Vorstellungen des Erblassers vertraute Angehörige oder Bekannte handeln werde, solle besonders sichergestellt werden, daß der Wille des Behinderten von dem Urkundsnotar zuverlässig und richtig ermittelt und in der Urkunde festgehalten werde. Diese Funktion erfülle der vom Notar zugezogene Stationsarzt nicht.
Diese Begründung trägt die angefochtene Entscheidung. Nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NJW 1999, 1853, 1854) verfolgt der Gesetzgeber mit der Anwendung von Formvorschriften auf schreibunfähige Stumme zum Schutz der Rechtssicherheit und zum Schutz des Testierenden legitime Gemeinwohlziele, wobei bei selbstbestimmungsfähigen Personen lediglich die starre Regelung der §§ 2232, 2233 BGB, § 31 BeurkG als nicht erforderlich beanstandet wird, weil als milderes Mittel - wie sich aus § 24 BeurkG ergebe - Beurkundungsverfahren denkbar seien, die zu einer zuverlässigen Feststellung des letzten Willens führten. Hierbei hat der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts herausgestrichen, daß der Gesetzgeber das im Erbrecht gegebene höhere Bedürfnis nach Rechtssicherheit in bezug auf die Echtheit und Authenzität einer Willenserklärung als bei Rechtsgeschäften unter Lebenden über die in den §§ 22, 24 BeurkG vorgesehene Mitwirkung einer Vertrauensperson und eines Zeugen oder zweiten Notars hinaus z.B. durch das Erfordernis besonderer Qualifikationen der beigezogenen Personen ausgleichen könne (BVerfG a.a.O., S. 1854 f.). Die Belange der Rechtssicherheit und des Schutzes schreib- und sprechunfähiger Personen vor vermeidbaren Irrtums- und Kommunikationsrisiken gebieten es nach Auffassung des Senats, die vom Bundesverfassungsgericht vorgesehene Regelung für die künftige Errichtung letztwilliger Verfügungen bis zu einer gesetzlichen Neuregelung auch auf bereits errichtete notarielle letztwillige Verfügungen als Mindeststandard anzuwenden. Eine Vertrauensperson ist schon deshalb unverzichtbar, weil das Erbrecht vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten vorsieht und sich der letzte Wille des Erblassers nicht auf Erbeinsetzungen beschränken muß. Deshalb wird es einem Notar, der mit der familiären Situation und den erbrechtlichen Vorstellungen des Erblassers nicht im einzelnen vertraut ist, regelmäßig unmöglich sein, den letzten Willen des Erblassers herauszufinden, indem er Fragen stellt, die nicht verbal, sondern nur mit Kopfbewegungen beantwortet werden können. Dieser Mangel kann entgegen der Auffassung der weiteren Beschwerde durch eine entsprechende Sachverhaltsaufklärung z.B. im Erbscheinserteilungsverfahren nicht ausgeglichen werden, weil eine hinreichend zuverlässige, den differenzierten erbrechtlichen Vorstellungen des Erblassers entsprechende urkundliche Grundlage als Ausgangspunkt für die Ermittlungen des Erblasserwillens fehlt.
Dies gilt gerade auch im vorliegenden Fall. Nach den Angaben des vom Amtsgericht vernommenen Notars sowie des behandelnden Arztes Dr. beschränkte sich der Dialog zwischen dem Notar und dem Erblasser auf das Durchgehen von Familienangehörigen unter dem Gesichtspunkt ihrer Einsetzung als (Allein-)Erbe. Im Blick auf das nicht unbeträchtliche Vermögen des Erblassers (Anteil an einem Mehrfamilienhaus; Sparbücher),wären auch differenzierte erbrechtliche Regelungen in Betracht gekommen. Diese sind ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 26. Oktober 1998 nicht zur Sprache gekommen, weil sich der Notar nach seinen eigenen Angaben an den Vorgaben unbekannter Herkunft orientiert hat, die ihm zuvor telefonisch von den jetzigen Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) übermittelt worden waren. Im Blick auf das rechtshängige Scheidungsverfahren und den Ausschluß des gesetzlichen Ehegattenerbrechts nach § 1933 BGB ist auch fraglich, ob der Erblasser der ihm angetragenen Testamentserrichtung letztlich nur in dem Rechtsirrtum nicht entgegengetreten ist, nur durch ein Testament könne er das von ihm möglicherweise nicht gewünschte gesetzliche Erbrecht seiner Ehefrau ausschließen.
Aus den Erwägungen der landgerichtlichen Entscheidung ist die Zuziehung eines Schreibzeugen (§ 25 BeurkG) ungeachtet der Regelung in § 24 Abs. 3 BeurkG kein geeignetes Mittel, um die Schwierigkeitenlei der Erforschung des Erblasserwillens hinreichend auszugleichen. Der Schreibzeuge wirkt bei der Errichtung einer öffentlichen Urkunde in der Weise mit, daß er dem Vorgang des Vorlesens und der Genehmigung der Niederschrift seine Aufmerksamkeit widmet und der Verhandlung im Bewußtsein dieser Verantwortung beiwohnt (vgl. Keidel/Winkler, BeurkG, 14. Aufl., § 25 Rdn. 11); er kann nicht gleichzeitig Vertrauensperson sein (vgl. Keidel/Winkler, a.a.O.). Aus der Funktion des Schreibzeugens, den äußeren Beurkundungsvorgang zu verfolgen, ergibt sich, daß es nicht zu seinen Aufgaben zählt, durch ein aktives Eingreifen in den Dialog mit dem schreibunfähigen Stummen und dem Notar zu einer zuverlässigen Feststellung des letzten Willens beizutragen. Dies ist aber in den Fällen eines in mehrfacher Hinsicht behinderten Erblassers - ebenso wie bei Geschäften unter Lebenden - unverzichtbar.
Das notarielle Testament vom 04. Dezember 1996 ist daher formunwirksam. Die Unwirksamkeit eines Testaments infolge der Verletzung der vorgeschriebenen Form nimmt das Gesetz ausdrücklich hin. Dieses Ergebnis wird auchh vom Bundesverfassungsgerich (a.a.O. S. 1856) für die Fälle der bereits vor Erlaß der Entscheidung vom 19. Januar 1999 errichteten letztwilligen Verfügungen durch schreib- und sprechunfähige Personen nicht in Frage gestellt (ebenso: Rossak DNotZ 1999, 420).
Die Entscheidung über die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde folgt aus der zwingenden Vorschrift des § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG.
Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 KostO. Dabei bemißt sich der Wert des zweiten Rechtsbeschwerdeverfahrens nach dem Interesse des Beteiligten zu 1) an dem von ihm beantragten Erbschein (= 2/3 des Nachlaßwertes).
Ende der Entscheidung
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