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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 02.09.2004
Aktenzeichen: 15 W 83/04
Rechtsgebiete: AuslG, AsylVfG
Vorschriften:
AuslG § 57 Abs. 2 S. 2 | |
AsylVfG § 34 a Abs. 1 S. 3 |
Entscheidung wurde am 12.01.2005 korrigiert: die Rechtsgebiete, Vorschriften und der Verfahrensgang wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz hinzugefügt
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS
15 W 83/04 OLG Hamm
In der Freiheitsentziehungssache
Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 02.09.2004 auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen vom 09.02.2004 gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 15.01.2004 durch
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Entscheidung des Landgerichts im Kostenpunkt abgeändert wird.
Der Kreis H hat die dem Betroffenen im Verfahren der sofortigen ersten und weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 103 Abs. 2 AuslG, 7 Abs. 1, 3 S. 2 FEVG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Der Statthaftigkeit des Rechtsmittels steht § 20a Abs.1 S. 1 FGG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist eine Anfechtung der Entscheidung über den Kostenpunkt unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Das Landgericht hat eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen, indem es unter Zurückweisung der weitergehenden Erstbeschwerde dem Feststellungsantrag des Betroffenen teilweise stattgegeben hat. Als Nebenentscheidung dazu hat die Kammer über den Kostenpunkt befunden und eine Erstattung außergerichtlicher Kosten des Betroffenen ausgeschlossen. Der Senat muss davon ausgehen, dass sich die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen gegen die Entscheidung des Landgerichts insgesamt richtet. Denn nach dem gestellten Antrag wird die Entscheidung des Landgerichts angegriffen, soweit die Kammer die Anträge des Betroffenen zurückgewiesen hat. Zwar richtet sich die Begründung der sofortige weiteren Beschwerde ausdrücklich nur gegen die Entscheidung zum Kostenpunkt. Dieser Gesichtspunkt tritt jedoch gegenüber dem ausdrücklich gestellten Antrag zurück, zumal die Zulässigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde nicht notwendig eine Begründung erfordert.
In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts in der Hauptsache nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG). Der Senat hat jedoch die ebenfalls zu überprüfende Kostenentscheidung des Landgerichts abgeändert und eine Verpflichtung des Kreises H zur Erstattung der außergerichtlichen Kostend des Betroffenen ausgesprochen.
Zutreffend ist das Landgericht von einer zulässigen Erstbeschwerde des Betroffenen ausgegangen. Der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde stand die Erledigung der Hauptsache nicht entgegen, nachdem der Betroffene sein Rechtsmittel zulässig auf das Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit der getroffenen Maßnahmen umgestellt hatte (BVerfG NJW 2002, 2456).
Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschiebungshaft auf den Zeitraum bis zu der am 26.09.2003 erfolgten Zustellung des Bescheids des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 17.09.2004 beschränkt. Mit der Zustellung dieses Bescheids lagen, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, die Voraussetzungen für eine Haftanordnung nach § 57 Abs.2 S.2 AuslG vor. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift setzt zwar die Haftanordnung voraus, dass die Ausreisefrist abgelaufen ist. Demgegenüber entsteht die Ausreisepflicht des Betroffenen in dem hier gegebenen Fall des Abschlusses eines Asylverfahrens gem. § 34 a AsylVfG ohne weiteres bereits durch die Zustellung des Bescheides des Bundesamtes, durch die die Abschiebung des Betroffenen in den Drittstaat nach der genannten Vorschrift angeordnet wird. Die Vorschrift des § 57 Abs. 2 S. 2 AuslG ist jedoch hier gleichwohl anwendbar, weil ihre Auslegung in Übereinstimmung mit dem Landgericht zu dem Ergebnis führt, dass das Tatbestandsmerkmal "Ablauf der Ausreisefrist" lediglich klarstellen soll, dass sämtliche Voraussetzungen für eine Abschiebung erfüllt sein müssen. Insbesondere handelt es sich entgegen der Ansicht des Betroffenen nicht um einen selbständigen Haftgrund. Dies ergibt sich nach Auffassung des Senats mit hinreichender Deutlichkeit aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 12/2062 S. 45 f.), wo es heißt:
"Der neu eingefügte Satz 2 regelt einen fakultativen Haftgrund, der voraussetzt, dass sämtliche Abschiebungsvoraussetzungen erfüllt sind... Die Vorschrift soll vor allem bei Sammelabschiebungen und in sonstigen Fällen, in denen die Abschiebung einen erheblichen organisatorischen Aufwand erfordert oder nur - z.B. im Hinblick auf die Gültigkeitsdauer der Reisedokumente - in einem begrenzten Zeitraum möglich ist, den Vollzug der Abschiebung sichern."
Da bei einer Rückschiebung nach dem Dubliner Übereinkommen bzw. der dieses nunmehr ersetzenden EG-Verordnung sowohl von einem erheblichen Abstimmungsaufwand zwischen den nationalen Behörden auszugehen ist als auch für die Rückschiebung zu beachtende Fristen gelten, wird die Anordnung von Haft nach § 57 Abs. 2 S. 2 AuslG auch in diesen Fällen durch den Gesetzeszweck gedeckt.
Die Anordnung der Haft ist in § 57 Abs. 2 S. 2 AuslG allerdings durch das Wort "kann" in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt. Diese Ermessensausübung hat unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgebots im Hinblick auf den Eingriff in die persönliche Freiheit des Betroffenen unter Abwägung mit dem Zweck der gesetzlichen Vorschrift zu erfolgen, im Allgemeininteresse eine zügige Durchführung der vollziehbaren Abschiebung des Betroffenen zu sichern. Die Ermessenentscheidung des Landgerichts lässt unter diesem Gesichtspunkt keinen Rechtsfehler erkennen. Der Betroffene hatte sich zu seiner Einreise nach eigenen Angaben einer Schlepperorganisation bedient und sich zunächst, wenn auch nur kurzfristig, illegal in Deutschland aufgehalten. Bei dieser Sachlage konnte nicht mit einer so hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, der Betroffene werde sich bis zum Abschluss seines Asylverfahrens zur Verfügung der Behörden halten, dass die Anordnung der nur kurzfristigen Sicherungshaft unverhältnismäßig wäre.
Auf einem Rechtsfehler beruht die angefochtene Entscheidung hingegen, soweit das Landgericht davon abgesehen hat, die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Betroffenen anzuordnen. Über die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Betroffenen ist nach § 16 FEVG zu entscheiden. Danach hat das Gericht, wenn es den Antrag der Verwaltungsbehörde auf Anordnung der Freiheitsentziehung ablehnt, zugleich die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zu zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, der Gebietskörperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört, wenn das Verfahren ergeben hat, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrages nicht vorlag. Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn die Haftanordnung sich als solche anderweitig erledigt, dann aber eine feststellende Entscheidung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme ergeht.
Ob ein begründeter Anlass zur Antragstellung vorgelegen hat, ist dabei nach dem Sachverhalt zu beurteilen, der von der Behörde zur Zeit der Antragstellung unter Ausnutzung aller ihr nach den Umständen des Einzelfalls zumutbaren Erkenntnisquellen festgestellt werden konnte; ein schuldhaftes Verhalten von Verwaltungsbediensteten wird nicht vorausgesetzt (vgl. Marschner/Volckart, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 4. Aufl., § 16 FEVG, Rdnr. 3; Senatsbeschluss vom 26.02.2002 -15 W 53/02- = OLGR 2002, 332). Vorliegend hätte seitens des Beteiligten zu 2) die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht, mithin auch die Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge geprüft werden müssen. Hierbei hätte ohne weiteres festgestellt werden können, dass die Zustellung bei Beantragung der Haft noch nicht erfolgt, der Betroffene zu diesem Zeitpunkt also noch nicht ausreisepflichtig war. Davon geht auch das Landgericht aus. Entgegen seiner Auffassung kommt es im vorliegenden Zusammenhang jedoch nicht darauf an, dass die Haftvoraussetzungen nur wenige Tage später erfüllt waren, da § 16 FEVG gerade an den Zeitpunkt der Antragstellung anknüpft.
Ende der Entscheidung
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