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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 19.03.2009
Aktenzeichen: 2 Ws 40/09
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 68 f |
Beschluss
Strafsache
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern,
(hier: Beschwerde gegen eine Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht).
Auf die Beschwerde des Verurteilten vom 21. Januar 2009 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen vom 13. Januar 2009 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 19. 03. 2009 durch die Richterin am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Beschwerde, an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Mit Urteil des Landgerichts Paderborn vom 18. November 2004 ist der Verurteilte wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 66 Fällen unter Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil des Landgerichts Paderborn vom 1. Dezember 1998 nach Auflösung der Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt worden.
Hinsichtlich der einbezogenen Strafe handelt es sich um eine Verurteilung wegen Betruges in 281 Fällen; der Verurteilte war als Anlagevermittler tätig geworden.
Nach Vollverbüßung der Strafe hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen mit Beschluss vom 14. Februar 2008 die Führungsaufsicht mit näheren Weisungen angeordnet.
Im November 2008 regte der Bewährungshelfer an, dem Verurteilten eine weitere Weisung dergestalt zu erteilen, dass es ihm untersagt ist, jegliche Art von Finanzdienstleistungen zu tätigen. Der Bewährungshelfer begründete dies damit, dass nach seinen Erkenntnissen der Angeklagte wieder als Anlagevermittler tätig werden könnte. Nach schriftlicher Anhörung des Verurteilten hat die Kammer mit Beschluss vom 13. Januar 2009 dem Verurteilten die Weisung erteilt, jegliche Art von Finanzdienstleistungen zu unterlassen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Verurteilte mit seiner Beschwerde vom 21. Januar 2009 mit näherer Begründung.
II.
Der gemäß §§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 StPO statthaften und im Übrigen auch zulässigen Beschwerde ist in der Sache ein vorläufiger Erfolg nicht zu versagen.
Das Rechtsmittel kann nur darauf gestützt werden, dass eine Führungsaufsichtsanordnung gesetzwidrig gewesen ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn die getroffene Anordnung im Gesetz nicht vorgesehen, wenn sie unverhältnismäßig oder unzumutbar ist oder sonst die Grenzen des dem erstinstanzlichen Gericht eingeräumten Ermessens überschreitet (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl., § 453 Randziffer 12). Ansonsten verbleibt es bei der Regel, die mit Führungsaufsichtsanordnungen verbundenen Ermessensentscheidungen der ersten Instanz zu überlassen (vgl. OLG Stuttgart NStZ 2000, 500 m.w.N.). Unter Zugrundelegung dieses Überprüfungsmaßstabes kann die angefochtene Weisung keinen Bestand haben. Der angefochtene Beschluss enthält keinerlei Begründung, lässt demnach schon dem Grunde nach eine Abwägung maßgeblicher Umstände und damit eine Ermessensausübung vermissen. Dies genügt den Anforderungen an eine zielgerichtete und ermessensfehlerfreie Ausgestaltung der Führungsaufsicht nicht. Die Strafvollstreckungskammer hat vielmehr im Rahmen ihrer Amtsaufklärungspflicht die für ihre Entscheidungsfindung maßgeblichen Tatsachen festzustellen und in eine ordnungsgemäße Ermessensabwägung einzubeziehen. Das Institut der Führungsaufsicht nach § 68 f StGB hat nämlich die Aufgabe, gefährliche oder rückfallgefährdete Täter in ihrer Lebensführung in Freiheit über gewisse kritische Zeiträume hinweg zu unterstützen und zu überwachen, um sie von weiteren Straftaten abzuhalten (vgl. BVerfGE 55, 28, 29). Die Führungsaufsicht soll damit nicht nur Lebenshilfe für den Übergang von der Freiheitsentziehung in die Freiheit geben, sondern auch den Verurteilten führen und überwachen. Wenn diese umfassende Sozialisierungshilfe wirksam sein soll, setzt dies Weisungen voraus, die auf den Täter, die Taten, deretwegen er verurteilt wurde und damit zusammenhängend auf die von ihm ausgehende Gefährlichkeit hinsichtlich der Begehung weiterer Straftaten möglichst genau abzustimmen sind. Um dieser kriminalpolitischen Zielsetzung gerecht zu werden, ist eine Schematisierung der zu erteilenden Weisung nicht möglich (vgl. OLG Dresden, StV 2008, 317; Thür. OLG, Beschluss vom 2. März 2006 in 1 Ws 66/06, zitiert nach juris).
Die Strafvollstreckungskammer hat deshalb bei der Auswahl der erforderlichen Weisungen einen Ermessensspielraum. Die Ausübung dieses pflichtgemäßen Ermessens auf Grundlage festgestellter Tatsachen muss jedoch in einer Anordnungsbegründung enthalten sein. Fehlt sie wie hier, kann das Beschwerdegericht die Rechtsfehlerfreiheit der Weisungen nicht prüfen, weshalb bereits aus diesem Grund die Beschwerde begründet ist, auch wenn die angeordnete Weisung nach dem bisherigen Akteninhalt sachgerecht sein könnte.
Dem Beschwerdegericht ist es als Folge des § 453 Abs. 2 S. 2 StPO aus Rechtsgründen verwehrt, sein Ermessen an die Stelle desjenigen der Strafvollstreckungskammer zu setzen, so dass der angefochtene Beschluss nur aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückverwiesen werden musste.
Ende der Entscheidung
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