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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 05.05.2000
Aktenzeichen: 2 Ws 60/2000
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 56 f Abs. 2
StPO § 473 Abs. 1
Zum Widerruf von Strafaussetzung zur Bewährung, wenn neue Verurteilungen zu Bewährungsstrafen vorliegen.
OBERLANDESGERICHT HAMM

BESCHLUSS

2 Ws 59/2000 OLG Hamm 2 Ws 60/2000 OLG Hamm 2 Ws 81/2000 OLG Hamm StVK S 1343/93 LG Bochum 72 VRs 1112/92 StA Köln StVK 1342/93 LG Bochum 72 VRs 1960/88 StA Köln StVK S 1572/94 LG Bochum 3 Js 251/94 StA Wuppertal 3 AR 339, 340 und 526/00 GStA Hamm

Strafsache

gegen H.S.,

wegen Diebstahls u.a.

(hier: Sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Widerruf von Strafaussetzung zur Bewährung in drei Fällen).

Auf die sofortigen Beschwerden des Verurteilten vom 3. Februar 2000 gegen die Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 24. Januar 2000 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 5. Mai 2000 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Regul und

die Richter am Oberlandesgericht Burhoff und Eichel

nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft

beschlossen:

Tenor:

Die sofortigen Beschwerden werden auf Kosten des Verurteilten verworfen.

Gründe:

I.

Der Verurteilte, der in der Vergangenheit schon erheblich strafrechtlich in Erscheinung getreten war - der Strafregisterauszug weist insgesamt 21 Eintragungen auf -, ist durch Urteil des Landgerichts Köln vom 20. März 1992 wegen Diebstahls in 8 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Nach Verbüßung von 2/3 dieser Strafe wurde der Strafrest durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 22. September 1993 zur Bewährung ausgesetzt. Die zunächst auf vier Jahre festgesetzte Bewährungszeit ist inzwischen bereits wegen neuer Straftaten des Verurteilten um zwei Jahre verlängert worden. Der Verurteilte ist außerdem durch Urteil des LG Köln vom 13. September 1988 wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten verurteilt worden. Nach Verbüßung von 2/3 ist der verbliebene Strafrest ebenfalls durch Beschluss vom 22. September 1993 zur Bewährung ausgesetzt worden. Die Bewährungszeit betrug zunächst ebenfalls 4 Jahre und wurde inzwischen um 2 Jahre verlängert. Der Verurteilte ist schließlich noch durch Urteil des AG Wuppertal vom 20. September 1994 wegen Beihilfe zum Handel mit BtM zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt worden. Die Bewährungszeit betrug zunächst 3 Jahre, ist zwischenzeitlich aber bereits um 1 1/2 Jahre verlängert worden.

Während der Bewährungszeiten ist der Verurteilte erneut straffällig geworden. Insgesamt sind gegen ihn sieben Verurteilungen, u.a. auch wegen Diebstahls, verhängt worden, bei denen Geldstrafen festgesetzt worden sind. Der Verurteilte ist außerdem dreimal zu Freiheitsstrafen, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, verurteilt worden. U.a. wurde durch Urteil des AG Köln vom 16. Dezember 1998 eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten festgesetzt, deren Vollstreckung auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Am 20. Mai und am 12. Juli 1999 beging der Verurteilte aber neue Straftaten, die zu einer Verurteilung durch das AG Köln am 3. Februar 2000 geführt haben. Die von den Gerichten gewährten Bewährungen sind jeweils nur mit einem Satz bzw. formelhaft begründet.

Die Strafvollstreckungskammer hat im angefochtenen Beschluss die durch Beschluss vom 22. September 1993 gewährten Strafaussetzungen und die durch das AG Wuppertal gewährte widerrufen. Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit seinen sofortigen Beschwerden. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerden zu verwerfen.

II.

Die sofortigen Beschwerden sind zulässig, haben in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Zutreffend geht die Strafvollstreckungskammer davon aus, dass die dem Verurteilten im Beschluss vom 22. September 1993 und am 20. September 1994 gewährten Strafaussetzungen zur Bewährung zu widerrufen waren. Der Verurteilte ist nämlich innerhalb der Bewährungszeit mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten und deshalb u.a. auch zu Freiheitsstrafen verurteilt worden. Dies zeigt, dass sich die in den Verurteilten bei der Strafaussetzung zur Bewährung gesetzte Erwartung, er werde sich in Zukunft straffrei führen, nicht erfüllt hat.

Eine andere Beurteilung ergibt sich, worauf die Generalstaatsanwaltschaft zu Recht hinweist, nicht daraus, dass die gegen den Verurteilten verhängten Freiheitsstrafen noch einmal zur Bewährung ausgesetzt worden sind. Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung ist es zwar in der Regel geboten, sich wegen der besseren Erkenntnismöglichkeiten des letzten Tatgerichts dessen sach- und zeitnaherer Prognose anzuschließen (zu vgl. BVerfG, NStZ 1985, 357; ständige Rechtsprechung aller Senate des OLG Hamm, vgl. u.a. Beschluss des Senats vom 12. Oktober 1996 in 2 Ws 410/96, Beschluss des hiesigen 3. Strafsenats vom 01.9.1998 - 3 Ws 360 und 361/99 -, und vom 29. Dezember 1999 in 3 Ws 764/99 - http://www.burhoff.de - OLG Köln, StV 1993, 429 m.w.N., jeweils mit weiteren Nachweisen; Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 56 f StGB Rn. 3 c). Dieses hat in der Hauptverhandlung einen persönlichen Eindruck von dem Verurteilten gewinnen können; diesem kommt in der Regel bei der Frage, ob eine Strafaussetzung zu widerrufen ist, (mit-)entscheidende Bedeutung zu. Dies kann jedoch nur dann der Fall sein, wenn die Prognose auf einer nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit den Gründen, die zur erneuten Strafaussetzung zur Bewährung geführt haben, beruht (Tröndle/Fischer, a.a.O.).

Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Tatgerichte haben ihre erneuten Bewährungsentscheidungen nur mit einem - feststellenden - Satz bzw. nur mit formelhaften Ausführungen begründet. Die Prognoseentscheidungen - soweit überhaupt eine Prognose getroffen worden ist - lassen eine Auseinandersetzung damit, dass der Verurteilte in mehreren Verfahren unter Bewährung stand, als er die jeweils neuen Straftaten beging, vermissen. Sie setzen sich auch nicht im einzelnen mit den zahlreichen Vorverurteilungen des Verurteilten auseinander. In der Verurteilung vom 3. Februar 2000 wird zudem übersehen, dass der Verurteilte die dieser Verurteilung zugrundeliegenden neuen Straftaten nur rund 5 bzw. 7 Monaten begangen hat, nachdem ihm in der Verurteilung durch das AG Köln vom 16. Dezember 1998 "letztmalig" eine Bewährungschance eingeräumt worden ist.

Nach allem sind die (neuen) Bewährungsentscheidung daher nicht nachvollziehbar. Damit kommt ihnen im Widerrufsverfahren keine entscheidende Bedeutung zu. Vielmehr ist allein schon aufgrund der schnellen Rückfallgeschwindigkeit und des Umstandes, dass der Verurteilte die der Verurteilung durch das Amtsgericht Köln vom 3. Februar 2000 zugrunde liegenden Taten während zwei laufender Bewährungen und nur 5 bzw. 7 Monate nach der Verurteilung durch das AG Köln vom 16. Dezember 1998 beging, die Annahme gerechtfertigt, dass der Verurteilte - wenn überhaupt - nur noch durch konsequente Vollstreckung der gegen ihn verhängten Strafen zu beeindrucken ist. Der Senat übersieht insofern nicht, dass in den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen eine gewisse Konsolidierung eingetreten zu sein scheint. Angesichts der Vielzahl der in den Bewährungszeiten begangenen Straftaten und der schnellen Rückfallgeschwindigkeiten kommt dieser jedoch ausschlaggebende Bedeutung nicht zu.

Bei dieser Sachlage kamen auch mildere Maßnahmen nach § 56 f Abs. 2 StGB nicht in Betracht. Eine (nochmalige) Verlängerung der Bewährungszeiten schied schon deshalb aus, weil die Bewährungszeiten bereits schon jeweils auf die nach der Rechtsprechung des Senats höchst mögliche Zeit verlängert worden sind.

III.

Da nach allem die gewährten Strafaussetzungen zur Bewährung zu Recht widerrufen worden sind, waren die sofortigen Beschwerden mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO zu verwerfen.

Ende der Entscheidung

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